BT-Drucksache 15/752

Statistiken reduzieren - Unternehmen entlasten - Bürokratie abbauen

Vom 2. April 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/752
15. Wahlperiode 02. 04. 2003

Antrag
der Abgeordneten Birgit Homburger, Rainer Funke, Rainer Brüderle, Daniel Bahr
(Münster), Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Dr. Christel Happach-Kasan,
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Günter Rexrodt,
Marita Sehn, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Statistiken reduzieren – Unternehmen entlasten – Bürokratie abbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Ungefähr 350 Bundesstatistiken werden jährlich vom Statistischen Bundesamt
erstellt. Für jede einzelne Statistik gibt es ein eigenes Gesetz als Rechtsgrund-
lage. Der Bund stellt dafür rund 500 Mio. Euro an Steuermitteln zur Verfügung.
Das Statistische Bundesamt beschäftigt rund 2 800 Mitarbeiter.
Der Bundesrechnungshof hat die Arbeit des Statistischen Bundesamtes wieder-
holt kritisiert und die Verschwendung von Steuergeldern angemahnt. In den
vergangenen 5 Jahren wurden insgesamt nur 9 Statistiken abgeschafft.
Die Erstellung einer Statistik bedeutet einen großen bürokratischen Aufwand.
Die statistischen Ämter müssen feststellen, wer im Rahmen der Erhebung zu
befragen ist, sie müssen die Erhebungsunterlagen drucken und versenden, die
rückläufigen Fragebogen auf Vollständigkeit und plausible Angaben prüfen,
Fehler korrigieren, die Angaben auf elektronische Datenträger übernehmen und
die einzelnen Datensätze maschinell zu statistischen Ergebnissen aufbereiten.
62 jährliche und unterjährliche Erhebungen richten sich an Unternehmen. Vor
dem Hintergrund steigender Informationsbedürfnisse der Nutzer und zuneh-
mender Anforderungen der Europäischen Union sind die Belastungen der Un-
ternehmen durch amtliche und freiwillige Erhebungen erheblich. Besonders für
kleine und mittlere Unternehmen bedeuten statistische Erhebungen eine beson-
dere Kostenbelastung. Monats-, Vierteljahres- und Jahresstatistiken werden von
den Unternehmen, die zu diesen Auskünften verpflichtet sind, als belastend
empfunden. Gut jedes dritte Unternehmen empfindet die hieraus resultierende
Belastung als hoch. Insbesondere die mittleren Unternehmen fühlen sich in ers-
ter Linie durch die Pflichten zur Berichterstattung für die amtliche Statistik be-
lastet. Industrie und Handwerk, mit Einschränkungen auch der Handel, stufen
die Belastung deutlich höher ein als das Dienstleistungsgewerbe. Bei den Lohn-
und Gehaltskosten etwa gibt es alleine vier Erhebungen: Kostenstrukturerhe-
bung, Verdiensterhebung, Arbeitskostenerhebung, Gehalts- und Lohnstruk-
turerhebung. Immer wieder kommt es zu Doppelerhebungen. Häufig werden
Daten abgefragt, die den Unternehmen selbst nicht vorliegen. Hier ist dann ein

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enormer verwaltungstechnischer Ermittlungsaufwand notwendig, um der Be-
richtspflicht nachzukommen. Unterläuft ihnen dabei ein Fehler oder halten sie
die von den Behörden gesetzten Fristen nicht ein, riskieren sie gemäß § 23 Bun-
desstatistikgesetz ein Bußgeld. Pflichtverstöße wertet das Gesetz als Ordnungs-
widrigkeiten.
Handwerksbetriebe sind von den statistischen Erhebungen besonders betroffen.
Handwerksbetriebe werden einerseits zu statistischen Auskünften herangezo-
gen, andererseits finden sich ihre Daten in den amtlichen Branchenstatistiken
nicht wieder.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,
1. alle Bundesstatistiken einer genauen Prüfung zu unterziehen, ob ihr Fortbe-

stand zwingend notwendig ist oder ob Statistiken abgeschafft werden kön-
nen;

2. Maßnahmen zu ergreifen, um Doppelerhebungen, insbesondere bei Unter-
nehmen, zu verhindern;

3. eine Evaluierung vorzunehmen über die Frage, inwieweit die durch die Sta-
tistiken erhobenen Informationen tatsächlich in das Handeln der Behörden
einfließen;

4. sich auf europäischer Ebene für eine drastische Reduzierung von statisti-
schen Erhebungen einzusetzen und deren Ausweitung zu verhindern;

5. konkrete Maßnahmen zu ergreifen, damit Unternehmen von statistischen Er-
hebungen entlastet werden;

6. sich auf europäischer Ebene dafür einzusetzen, dass die Abschneidegrenzen
für unterjährige Berichtspflichten, unterhalb derer Unternehmen nicht be-
richtspflichtig sind, nicht abgeschafft werden;

7. generell alle Unternehmensstatistiken dahin gehend zu überprüfen, ob nicht
Abschneidegrenzen eingeführt oder wenn bereits vorhanden, angehoben
werden können;

8. zu prüfen, in welchen Bereichen Statistiken generell in Stichprobenerhebun-
gen umgewandelt werden können;

9. eine Bestandsaufnahme über die kostenmäßige Belastung von Unternehmen
durch amtliche und freiwillige statistische Erhebungen vorzulegen.

Berlin, den 17. März 2003
Birgit Homburger
Rainer Funke
Rainer Brüderle
Daniel Bahr (Münster)
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin

Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Günter Rexrodt
Marita Sehn
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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