BT-Drucksache 15/750

Stadtumbau Ost - ein wichtiger Beitrag zum Aufbau Ost

Vom 2. April 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/750
15. Wahlperiode 02. 04. 2003

Antrag
der Abgeordneten Joachim Günther (Plauen), Horst Friedrich (Bayreuth) Rainer
Brüderle, Angelika Brunkhorst, Jörg van Essen, Otto Fricke, Rainer Funke,
Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger,
Gudrun Kopp, Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia
Pieper, Marita Sehn, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion
der FDP

Stadtumbau Ost – ein wichtiger Beitrag zum Aufbau Ost

Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der 3. Leerstandskongress des Bundesverbandes deutscher Wohnungsunterneh-
men (GdW) gemeinsam mit Deutschem Städtetag und Deutschem Verband für
Wohnungswesen, Städtebau und Raumordnung am 18. März 2003 in Halle hat
nachdrücklich bestätigt, dass der Stadtumbau Ost untrennbar mit dem Gelingen
des Aufbaus Ost verbunden ist, was wiederum auch die gesamtwirtschaftliche
Entwicklung Deutschlands in nicht unerheblichemMaße beeinflusst. Deshalb ist
dieses Herzstück des Aufbau Ost – der Stadtumbau – nicht nur eine regionale,
sondern auch eine gesamtgesellschaftlich zu lösende Aufgabe.
Die Zahl leerstehender Wohnungen in den neuen Bundesländern ist seit dem
Beginn des Programms „Aufbau Ost“ im Jahr 2001 von 1 Million um weitere
300 Tausend auf nunmehr 1,3 Millionen leere Wohneinheiten zu Anfang des
Jahres 2003 angewachsen. Die davon betroffenen Wohnungsbaugesellschaften
und Wohnungsgenossenschaften, aber auch eine Vielzahl privater Hauseigentü-
mer in den neuen Bundesländern stehen vor der Insolvenz. Folge davon wäre
der weitere Verfall der Wohnsubstanz und damit ganzer Stadtquartiere. Schon
jetzt ist die Zahl der Abwanderung aus den neuen Bundesländern sehr hoch. Sie
wird sich weiter erhöhen, wenn neben fehlenden Arbeitsplätzen auch noch das
Wohnen unattraktiv wird. Dieser Kreislauf muss gestoppt werden. Die Schaf-
fung neuer Arbeitsplätze setzt die Ansiedlung neuer Unternehmen, insbeson-
dere kleiner und mittlerer Betriebe voraus. Dies wiederum wird – und zwar in
nicht geringem Umfang – von der Attraktivität des Standortes beeinflusst. Da-
mit gewinnen die Stadtentwicklung, stadtplanerische und soziale Aspekte so-
wie deren Verknüpfung mit einer zielgerichteten regionalen und kommunalen
Wirtschaftspolitik immer mehr an Bedeutung. Die Städte in den neuen Bundes-
ländern haben nur dann eine Chance zu überleben und in neue Strukturen zu
wachsen, wenn das gegenwärtige Hauptübel – der hohe Wohnungsleerstand –
zurückgedrängt werden kann. Der Stadtumbauprozess muss deshalb umgehend
beschleunigt und die Verfahren vereinfacht werden.
1. Die Verwaltungsvereinbarung für das Jahr 2003 soll eine flexible Verwen-

dung der für den Stadtumbau Ost bereitgestellten Mittel sicherstellen, d. h.

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es soll möglich sein, von der jetzigen Aufteilung der Fördermittel – 50 % für
Abriss und 50 % für Aufwertung – entsprechend der konkreten Erforder-
nisse abzuweichen. Gegenwärtig werden in erster Linie Mittel für den Ab-
riss benötigt.

2. Die Härtefallregelung des § 6a Altschuldenhilfegesetzes (AHG) soll für alle
Wohnungsunternehmen anwendbar sein, die sich an dem Programm „Stadt-
umbau Ost“ beteiligen. Dies ist notwendig, um sie von den hohen Leer-
standskosten zu entlasten und sie damit handlungsfähig zu erhalten.

3. Die Antragsfrist nach § 3 der Altschuldenhilfeverordnung (AHGV) soll bis
zum 31. Dezember 2005 verlängert werden. Nach Einschätzung der Woh-
nungsunternehmen hat in den nächsten zwei bis drei Jahren der Abriss von
leerstehenden Wohneinheiten Priorität. Der Antrag dafür muss de lege lata
bis zum 31. Dezember 2003 bei der KfW gestellt sein, um die Härtefallrege-
lung nach § 6a des AHG in Anspruch nehmen zu können. Diese Frist ist in
Anbetracht des schnellen Wachstums im Bereich des Leerstands nicht halt-
bar.

4. Die Vorschriften der §§ 192 ff. des Baugesetzbuchs (BauGB) werden bis
zum Jahre 2010 in den neuen Bundesländern ausgesetzt. Diese Vorschriften
regeln die Bildung von Gutachterausschüssen und die Ermittlung der Bo-
denrichtwerte.
Ein offensichtliches Interesse am Stadtumbau haben die Kommunen, denn
sie sind nicht nur betroffen von der Verödung der Städte durch Abwande-
rung, sondern sie sind selber auch Betroffene als Eigentümer städtischer
Wohnungsbaugesellschaften. Um die Abwanderung zu stoppen, die potenzi-
ellen Wohnungseigentümer und Mieter wieder für die innerstädtische Lage
zu interessieren, müssen die aufgrund veralteter Werteinschätzungen über-
höhten Baulandpreise auf ein realistisches Maß gesenkt werden. Durch die
von den Gutachterausschüssen ermittelten Bodenrichtwerte sind die Grund-
stückspreise erstarrt. Die teuren Baulandpreise haben eine teure Infrastruktur
zur Folge. Diese Verkrustungen können beseitigt werden, wenn der Markt
die Preise neu bestimmen kann. Dann sind die durch den Abriss entstande-
nen Freiflächen für die Kommunen finanzierbar und sie können bedarfsori-
entiert gestaltet werden (Grünanlagen, Spielplätze, aufgelockerte Neubebau-
ung, Parklätze usw.). Die Investitionen in die städtische Infrastruktur darf
nicht vernachlässigt werden, denn darin besteht ein großer Vorteil der Stadt
im Vergleich zu den Gemeinden im Umland.
Das Aussetzen der genannten Regelungen bis 2010 entspricht in etwa der
geplanten Laufzeit des Programms „Stadtumbau Ost“. Die Beschränkung
auf die neuen Länder ergibt sich aus der dortigen akuten Leerstandssituation.

5. Es soll ein Sonderkündigungsrecht im Rahmen von Abrissmaßnahmen ge-
ben. Zwar haben in jüngster Zeit das AG Halle und das AG Jena die Kündi-
gungen von Wohnungsunternehmen bestätigt, dennoch würde es eine klare
Regelung diesbezüglich Rechtssicherheit für alle Beteiligten geben und auf
diese Weise der Abrissprozess weiter beschleunigt werden.

6. Eine weitere finanzielle Belastung der privaten Hauseigentümer, etwa durch
die Wiedereinführung der Vermögenssteuer oder eine Mehrbelastung durch
Erbschafts- oder Schenkungssteuer im Wege der Änderung der Besteue-
rungsgrundlage (Bewertungsgesetz) soll ausgeschlossen bleiben.

Berlin, den 2. April 2003
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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