BT-Drucksache 15/66

Einsetzung einer Kommission der Bundesregierung zur Fortsetzung der Bahnreform

Vom 13. November 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 15/66
15. Wahlperiode 13. 11. 2002

Antrag
der Abgeordneten Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Brüderle, Jörg van Essen,
Hans-Michael Goldmann, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Cornelia Pieper,
Dr. Rainer Stinner, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Einsetzung einer Kommission der Bundesregierung zur Fortsetzung
der Bahnreform

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
eine Kommission einzusetzen,
um die Bahnreform fortzuführen. Dies beinhaltet:
1. die Bahnreform nach den Grundzügen des Gutachtens des wissenschaft-

lichen Beirats zur Bahnstrukturreform fortzusetzen. Dies bedeutet
– die Trennung von Netz und Betrieb, um für einen diskriminierungsfreien

Zugang für andere Anbieter zu sorgen und
– die Auflösung der Holding DB AG und die tatsächliche Privatisierung

der Transportbereiche;
2. im Hinblick auf die EU-Osterweiterung und die Liberalisierung des europäi-

schen Eisenbahnverkehrs die Öffnung des deutschen Schienennetzes für alle
in der EU zugelassenen Eisenbahnunternehmen voranzutreiben.

Berlin, den 12. November 2002
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Hans-Michael Goldmann
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Cornelia Pieper
Dr. Rainer Stinner
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Drucksache 15/66 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Begründung
Wichtige Vorhaben der Bahnreform von 1994 wurden realisiert, bei einigen
Punkten ist die Reform ins Stocken geraten. Zwar wurden die Zugangsmöglich-
keiten für Dritte zum nationalen Schienennetz geöffnet und Regelungen zur
Einführung eines möglichst diskriminierungsfreien Trassenpreissystems schritt-
weise getroffen. Doch kürzlich wurde im Bundesrat eine Neuordnung der
Auftragsvergabe bei Regionalstrecken verabschiedet, durch die der Wettbewerb
im Regionalverkehr zum Teil wieder eingeschränkt wurde. Im Personenfern-
verkehr wird der einzige andere Anbieter immer noch diskriminiert.
Bei dem neuen Tarifsystem der Deutschen Bahn AG, das am 15. Dezember
2002 gültig wird, sind die Konsequenzen der Monopolstellung des Konzerns
noch deutlicher geworden. Die Kunden der Bahn haben keine andere Wahl, als
auf die Verteuerung der Preise für ihre Fahrkarten einzugehen, da es keine
Alternative gibt. Auch das Bundeskartellamt mahnt, dieses Monopol zu zer-
schlagen, um wirklichen Wettbewerb auf der Schiene zuzulassen.
Es moniert ebenfalls, dass die DB AG mit der Monopolstellung bei Netz und
Schiene in einer Holding die Möglichkeit zu Quersubventionierungen und Kos-
tenvertuschungen hat. Auch wenn 1999 durch die Umwandlung der Geschäfts-
bereiche in fünf rechtlich selbständige Aktiengesellschaften die zweite Stufe
der Bahnreform vollzogen wurde, so verblieben sie doch unter einer Manage-
mentholding mit koordinierenden und auch kontrollierenden Aktivitäten. For-
malrechtlich bestehen die fünf Aktiengesellschaften noch, faktisch sind sie aber
wieder Geschäftsbereiche mit an den Holdingvorstand weisungsgebundenen
Gremien. Das Netz ist unter den Geschäftsbereichen ein herausragendes strate-
gisches Element und wird entsprechend gehandhabt. Aber eine unabhängige
Netzgesellschaft könnte für eine optimale Investitionspolitik sorgen, die sich
am Bedarf aller Eisenbahnverkehrsunternehmen orientiert.
Die starke Marktposition des Unternehmens einerseits führt jedoch andererseits
nicht zu einem akzeptablen Betriebsergebnis. Der Verkehrsträger Schiene ist im
Vergleich zu anderen Verkehrsträgern noch immer nicht hinreichend wettbe-
werbsfähig. Der Anteil der Schiene im gesamten Verkehrsaufkommen ist nicht
gestiegen, während der motorisierte Individualverkehr zunimmt.
Der wissenschaftliche Beirat beim Bundesminister für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen hat im November 1997 bereits aufgezeigt, welche weitere Ent-
wicklung die Bahnstrukturreform in Deutschland zu nehmen hat. Dabei hat er
sich im Wesentlichen auf Empfehlungen zur Weiterentwicklung der DB AG
und Vorschläge zur Verbesserung des Wettbewerbsrahmens auf dem Schienen-
netz beschränkt. Der wissenschaftliche Beirat hat empfohlen,
– die Netz- und die Betriebsgesellschaften zu trennen, um die Diskriminie-

rungspotentiale zu Lasten Dritter zu verringern und
– auch die Betriebsgesellschaften nicht im Unternehmensverbund zu führen,

weil dann der Wettbewerb um knappe Trassenzugänge zu Lasten der Markt-
verstellung des Netzbetreibers behindert wird.

Diesen Empfehlungen ist zu folgen. Je zügiger die notwendigen Prozesse in
Gang gesetzt werden, umso besser für den Verkehrsträger Schiene.
Der wissenschaftliche Beirat hat gleichzeitig die Wichtigkeit eines liberalisier-
ten europäischen Schienenverkehrsmarktes betont. Auch im Hinblick auf die
EU-Osterweiterung wäre es in Deutschland dringend notwendig, die Liberali-
sierung des Schienenmarktes in die Praxis umzusetzen.
Der Verkehrsträger Schiene wird seine Leistungsfähigkeit nur steigern und an
Attraktivität gewinnen, wenn die Bahnreform konsequent fortgesetzt wird und
sich zukünftig mehrere Unternehmen im Wettbewerb um den potentiellen
Eisenbahnkunden bemühen.

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