BT-Drucksache 15/651

Rechtsverordnung nach der Luftverkehrsverordnung umgehend erlassen - Rückübertragung der Flugsicherung über süddeutschem Gebiet

Vom 17. März 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/651
15. Wahlperiode 17. 03. 2003

Antrag
der Abgeordneten Thomas Dörflinger, Siegfried Kauder (Bad Dürrheim),
Hans-Peter Repnik, Dirk Fischer (Hamburg), Eduard Oswald, Georg Brunnhuber,
Dr. Wolf Bauer, Renate Blank, Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Paul Breuer, Hubert
Deittert, Alexander Dobrindt, Maria Eichhorn, Enak Ferlemann, Dr. Michael Fuchs,
Georg Girisch, Peter Götz, Markus Grübel, Bernd Heynemann, Klaus Hofbauer,
Volker Kauder, Norbert Königshofen, Werner Kuhn (Zingst), Peter Letzgus,
Eduard Lintner, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Klaus Minkel, Henry Nitzsche,
Günter Nooke, Marion Seib, Gero Storjohann, Volkmar Uwe Vogel, Gerhard
Wächter, Elke Wülfing und der Fraktion der CDU/CSU

Rechtsverordnung nach der Luftverkehrsordnung umgehend erlassen –
Rückübertragung der Flugsicherung über süddeutschem Gebiet

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Bundesrepublik Deutschland hat im Oktober 2001 mit der Schweizerischen
Eidgenossenschaft eine Vereinbarung über die Durchführung der Flugverkehrs-
kontrolle über deutschem Hoheitsgebiet und über die Auswirkungen des
Betriebes des Flughafens Zürich auf das Hoheitsgebiet der Bundesrepublik
Deutschland geschlossen. Darin gestattet Deutschland der Schweiz die Ab-
wicklung des Luftverkehrs in einem Teil des süddeutschen Luftraums. In dem
im Vertrag genau bezeichneten Luftraum führt die Schweizerische Eidgenos-
senschaft die Flugverkehrskontrolle durch. Dies umfasst den Flugverkehrs-
kontrolldienst, den Fluginformationsdienst und den Flugalarmdienst. In dem
deutsch-schweizerischen Vertrag sind darüber hinaus Modalitäten des An- und
Abflugs über deutschem Gebiet im Zusammenhang mit dem Betrieb des Flug-
hafens Zürich-Kloten geregelt.
Gegen das vom Deutschen Bundestag am 31. Mai 2002 beschlossene Zustim-
mungsgesetz zum Vertrag hat der Bundesrat am 19. Juni 2002 Einspruch erho-
ben und mit Beschluss vom 21. Juni 2002 den Vermittlungsausschuss angeru-
fen. Durch Ablauf der 14. Legislaturperiode des Deutschen Bundestages ist das
weitere Ratifikationsverfahren der Diskontinuität anheimgefallen.
Der Schweizer Ständerat hat seine für Ende September 2002 vorgesehene Ent-
scheidung zum Staatsvertrag auf unbestimmte Zeit verschoben. Bei Sondie-
rungsgesprächen zwischen dem Bundesminister für Verkehr, Bau- und Woh-
nungswesen, Dr. Manfred Stolpe, dem schweizer Bundesrat Moritz Leuenber-
ger und dem baden-württembergischen Ministerpräsidenten Erwin Teufel Mitte
Februar 2003 wurde deutlich, dass von schweizer Seite nicht mehr mit einer
Ratifikation gerechnet werden kann.

Drucksache 15/651 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Von Seiten der Bundesregierung wurde mehrfach (so z. B. vom damaligen Par-
lamentarischen Staatssekretär Stephan Hilsberg auf einer öffentlichen Ver-
anstaltung in Lauchringen) zum Ausdruck gebracht, dass die Bundesregierung
die im deutsch-schweizer Staatsvertrag angesprochenen Fragen durch ein-
seitige Rechtsverordnung regele, wenn das Scheitern des Ratifikationsverfah-
rens offensichtlich wird.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,
l ihrer Ankündigung nachzukommen und eine einseitige Rechtsverordnung

umgehend zu erlassen;
l die Flugverkehrskontrolle in die deutsche Verantwortung zurückzunehmen,

was auch im Hinblick auf die derzeit offenbar ungeklärte Frage der Haftung
für Schäden aus Flugunfällen über deutschem Hoheitsgebiet zwingend er-
forderlich ist. Die Flugverkehrskontrolle muss künftig – unter Berücksich-
tigung eines hohen Sicherheitsniveaus – nach Maßgabe der verfassungs-
rechtlichen Bestimmungen (Artikel 24 Abs. 1, Artikel 87d Grundgesetz)
wahrgenommen werden, z. B. durch die deutsche Flugsicherung oder eine
zwischenstaatliche Einrichtung;

l bei dem Erlass der Rechtsverordnung die im Interesse der süddeutschen Be-
völkerung liegenden Forderungen besonders zu beachten. Dazu gehören ins-
besondere folgende Punkte:
1. Kontingentierung
Angesichts der Topographie in der betroffenen Region mit Höhen bis zu
1 500 m (Schwarzwald) ist die im Staatsvertrag festgelegte Untergrenze
(Flugfläche 100) für Landeanflüge eindeutig zu niedrig. Die Flugfläche 150
sollte die definitive Untergrenze sein, wobei eine mögliche Anhebung zu
prüfen wäre.
Die Zahl der zulässigen Anflüge kann nach neueren Erkenntnissen ohne Be-
einträchtigung des Flughafens reduziert werden. Im Zuge der Unter-
suchungen für ein neues Betriebsreglement hat die Betreiberin des Flug-
hafens selbst Betriebsvarianten vorgelegt, aus denen sich ergibt, dass die
Schweiz auf das im Staatsvertrag festgelegte Kontingent von 100 000 An-
flügen bei weitem nicht angewiesen ist.
Die Anzahl der Flugbewegungen unterhalb der Flugfläche 150 zum Flug-
hafen Zürich über deutschem Hoheitsgebiet ist auf ein Drittel der Gesamt-
zahl der Anflüge und auf maximal 60 000 Anflüge pro Jahr zu begrenzen.
2. Nachtflugregelung
In der Zeit von 21.00 Uhr bis 7.00 Uhr darf über deutschem Hoheitsgebiet
kein Anflugverkehr unterhalb der Flugfläche 150 geführt werden.
3. Wochenendregelung
Über deutschem Hoheitsgebiet dürfen an Wochenenden von Freitag
21.00 Uhr bis Montag 7.00 Uhr und an baden-württembergischen Feiertagen
von 7.00 Uhr bis 21.00 Uhr keine Landeanflüge unterhalb der Flugfläche
150 stattfinden.
4. Warteverfahren über deutschem Hoheitsgebiet
Warteverfahren für den Anflug zum Flughafen Zürich dürfen zukünftig nur
über Schweizer Gebiet stattfinden. Es muss sichergestellt sein, dass Anflüge
aus diesen Warteräumen über deutschem Hoheitsgebiet nicht stattfinden.
Bis entsprechende Warteverfahren der Schweiz eingerichtet sind, darf die
bisherige Praxis, auch Flüge, die nicht originär aus geographisch nördlichen

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/651

Richtungen kommen, zunächst nach Deutschland in die Warteräume zu schi-
cken, umkehren und von Norden landen zu lassen, nicht praktiziert werden.
Ebenso eine Pistennutzung, die die Warteräume in Deutschland in besonde-
rer Weise beansprucht, um schweizer Gebiet zu schonen (z. B. ab 21.00 Uhr
Starts nach Norden und Landungen auf Piste 16). Eine mögliche Übergangs-
regelung sollte ein halbes Jahr nicht überschreiten.
5. Anflüge auf die Pisten 14 und 16
Die derzeit geltenden Anflughöhen (4 000 Fuß auf der Piste 14, bzw. 3 600
Fuß auf der Piste 16) sind, jedenfalls für das weitere deutsche Einzugsgebiet,
zu überprüfen. Die Anflugverfahren auf die Pisten 14 und 16 sind so auszu-
gestalten, dass die Lärmbelästigung über deutschem Hoheitsgebiet so gering
wie möglich gehalten wird. Dies bedeutet:
– die Anflughöhe ist – nach Entfernung zum Aufsetzpunkt gestaffelt – nur

so niedrig festzusetzen, wie dies für einen Anflug auf die Pisten 14 bzw.
16 erforderlich ist,

– die Anflugsverteilung und -führung auf die Pisten 14 und 16 muss ent-
sprechend Ziffer II, Nr. 8, 9 und 11 des Schreibens der Bundesregierung
vom 22. Mai 2000 erflogen.

6. Anflüge auf Piste 28
Anflüge aus Osten auf die Piste 28 für einen Direktanflug müssen frühzeitig
über schweizer Gebiet geführt werden.
7. Abflüge
Ablugverfahren von den Pisten 32 und 34 sind so festzulegen, dass die Flüge
mindestens drei nautische Meilen südlich der deutsch-schweizerischen
Grenze (je nach Bestimmungsort in Richtung Westen oder Osten) weiterfüh-
ren.
Der Einflug in deutsches Hoheitsgebiet darf nicht unterhalb der Flugfläche
150 erfolgen. Abflüge nach Osten sind über den Orientierungspunkt „Bo-
dan“ in das deutsche Luftstraßennetz einzuspeisen.
8. Ausnahmeregelung
Die Ausnahmeregelung ist auf zwingend notwendige Fälle zu beschränken.
Sie betrifft wie im o. g. Schreiben der Bundesregierung vom 22. Mai 2000
nur
– Such- und Rettungsflüge,
– Flüge zur Rettung von Menschenleben und im Einsatz zum Katastro-

phenschutz,
– Ausweichlandungen aus zwingenden meteorologischen und technischen

Sicherheitsgründen.
9. Übergangsregelung
Eine mögliche Übergangsregelung sollte ein halbes Jahr nicht überschreiten.

Berlin, den 17. März 2003
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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