BT-Drucksache 15/613

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger, Hermann Gröhe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU -15/353- Gegen Terror, Völkermord und Hungerkatastrophe in Simbabwe, um Destabilisierung des südliches Afrikas zu vermeiden b) zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Walter Riester, Karin Kortmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten der Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele, Katrin Dagmar Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -15/428- Hungerkatastrophe in Simbabwe weiter bekämpfen - Internationalen Druck auf die Regierung Simbabwes aufrechterhalten c) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Ulrich Heinrich, Rainer Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP -15/429- Gemeinsame europäisch-afrikanische Initiative zur Lösung der Krise in Simbabwe starten

Vom 17. März 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/613
15. Wahlperiode 17. 03. 2003

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
(18. Ausschuss)

a) zu dem Antrag der Abgeordneten Dr. Christian Ruck, Dr. Friedbert Pflüger,
Hermann Gröhe, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der CDU/CSU
– Drucksache 15/353 –

Gegen Terror, Völkermord und Hungerkatastrophe in Simbabwe,
um Destabilisierung des südlichen Afrikas zu vermeiden

b) zu dem Antrag der Abgeordneten Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Walter Riester,
Karin Kortmann, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Thilo Hoppe, Hans-Christian Ströbele, Katrin Dagmar
Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 15/428 –

Hungerkatastrophe in Simbabwe weiter bekämpfen – Internationalen Druck auf
die Regierung Simbabwes aufrechterhalten

c) zu dem Antrag der Abgeordneten Markus Löning, Ulrich Heinrich, Rainer
Brüderle, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 15/429 –

Gemeinsame europäisch-afrikanische Initiative zur Lösung der Krise
in Simbabwe starten

A. Problem
Simbabwe, das noch vor wenigen Jahren als Hoffnungsträger im südlichen
Afrika galt, droht nach der Zerschlagung der wirtschaftlichen Infrastruktur eine
furchtbare Hungerkatastrophe. Die Situation der hungernden Bevölkerung wird
dadurch weiter verschärft, dass durch die Enteignung und Vertreibung der wei-
ßen Farmer und die Besetzung der landwirtschaftlichen Betriebe durch regime-

Drucksache 15/613 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

treue Kräfte das Land nicht bestellt wird. Die Rechtsstaatlichkeit im Land ist
durch massive Menschenrechtsverletzungen ausgehöhlt. Korruption und Klien-
telismus sind fundamentale Bestandteile des Herrschaftssystems Simbabwes.

B. Lösung
Zusammenführung der Anträge unter der Überschrift „Internationalen Druck
auf die Regierung Simbabwes aufrechtzuerhalten, um eine Destabilisierung des
südlichen Afrikas zu vermeiden“ und Annahme in der vom Ausschuss vorge-
schlagenen Fassung.
Einstimmigkeit im Ausschuss

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/613

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
die Anträge – Drucksachen 15/353, 15/428, 15/429 – zusammenzuführen und
unter der Überschrift „Internationalen Druck auf die Regierung Simbabwes
aufrechterhalten, um eine Destabilisierung des südlichen Afrikas zu vermei-
den“ in folgender Fassung anzunehmen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Noch vor wenigen Jahren galt Simbabwe als ein wichtiger Hoffnungsträger im
südlichen Afrika. Um sich und seine Gefolgsleute an der Macht zu halten, ist
Präsident Robert Mugabe aber anscheinend jedes Mittel recht. Dem fruchtbaren
Land droht nach der Zerschlagung der landwirtschaftlichen Infrastruktur eine
furchtbare Hungerkatastrophe. Vor allem durch die Enteignung und Vertreibung
der weißen Farmer und die Besetzung der landwirtschaftlichen Betriebe durch
regimetreue Kräfte wird das Land nicht bestellt und dadurch die Situation der
hungernden Bevölkerung weiter verschärft.
Die Rechtsstaatlichkeit im Land ist durch massive Menschenrechtsverletzun-
gen ausgehöhlt. Korruption und Klientelismus sind fundamentale Bestandteile
des Herrschaftssystems Mugabes. Die Präsidentschaftswahlen, die im März
2002 in Simbabwe stattfanden, sind u. a. nach den Einschätzungen einer Beob-
achtergruppe von SADC-Parlamentariern und des regierungsunabhängigen
Wahlunterstützungsnetzwerkes manipuliert worden. Auch die EU stellte in
einer entsprechenden Erklärung fest, dass die Präsidentschaftswahlen weder
frei noch fair waren. Unterstützt durch Sicherheits- und Militärkräfte und durch
in Militärlagern ausgebildete Jugendliche bekämpft das Regime Opposition
und Kritik mit brutaler Gewalt.
Die Rückwirkungen dieser politischen Entwicklungen auf die wirtschaftliche
Situation des Landes sind fatal: das Bruttoinlandsprodukt ging 2002 um 12 Pro-
zent zurück, die Auslandsschulden liegen bei 5 Mrd. US-Dollar, die Inflations-
rate lag Ende 2002 bei 198 Prozent, die Realeinkommen sind um ein Drittel ge-
sunken und nach Informationen des UN Office for the Coordination of Huma-
nitarian Affairs leben inzwischen 75 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Ar-
mutsgrenze. Die Arbeitslosigkeit im formellen Sektor wird auf 80 Prozent
geschätzt. Ungefähr eine Million arbeitslos gewordene Landarbeiter und ihre
Familienangehörigen gelten als interne Vertriebene. Diese katastrophalen so-
zio-ökonomischen Entwicklungen sind durch die chaotisch und ohne Rücksicht
auf die wirtschaftlichen Folgen sowie unter Missachtung rechtsstaatlicher
Grundsätze durchgeführte Landreform und durch die aktuellen klimatischen
Verhältnisse weiter verschärft worden. Die gegenwärtige Nahrungsmittel-
knappheit ist die schlimmste seit der Dürre von 1992.
Nach letzten Schätzungen des Welternährungsprogramms der Vereinten Natio-
nen (WFP) sind 7,2 Millionen der insgesamt 13 Millionen Einwohner Simbab-
wes von Hunger bedroht. Nirgends in den Hungergebieten im südlichen Afrika
ist der Anteil der Hungernden an der Gesamtbevölkerung so hoch. Seit Anfang
Januar 2003 hat die Unruhe in der simbabwischen Bevölkerung aufgrund der
Nahrungsmittelknappheit spürbar zugenommen, nicht zuletzt auch weil das Re-
gime Mugabes Nahrungsmittellieferungen nach politischen Kriterien verteilt
und sich Mitglieder der politischen Elite an der aktuellen Notlage der Bevölke-
rung bereichern. Vereinzelt kam es zu gewaltsamen Auseinandersetzungen.
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklungen hat Deutschland bereits im Mai
2000 weitestgehend und ab Juni 2002 vollständig die bilaterale staatliche Ent-
wicklungszusammenarbeit mit Simbabwe eingestellt. Die Bundesregierung för-

Drucksache 15/613 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

dert jedoch weiterhin Projekte von Nichtregierungsorganisationen und Kirchen
in den Bereichen Armuts- und HIV/Aids-Bekämpfung, Demokratieförderung,
Krisenprävention sowie humanitäre Hilfsprojekte einschließlich Nahrungsmit-
telprogramme. Sie hat hierfür zusätzliche Mittel bereitgestellt. Dies soll verhin-
dern, dass die Bevölkerung noch mehr unter der wirtschaftlichen Krise Simbab-
wes leidet.
Mit dem Verhängen von Sanktionen gegen führende Mitglieder von Regierung
und Regierungspartei ZANU-PF im Februar 2002 hat die EU auf die unerträgli-
chen Vorgänge reagiert und massiv den politischen Zusammenhang zwischen
unverantwortlicher Regierungsführung und der Verschärfung der Hungerkrise
herausgestellt. Ebenso wurde die Mitgliedschaft Simbabwes in den Gremien
des Commonwealth im März 2002 vorläufig für ein Jahr suspendiert. Der
Deutsche Bundestag begrüßt ausdrücklich, dass die EU-Sanktionen inzwischen
verlängert wurden.
Im südlichen Afrika hat die Situation in Simbabwe allerdings noch nicht zu
einer Isolation der Regierung Mugabes geführt. Bemühungen Nigerias und
Südafrikas zur Verbesserung der Lage in Simbabwe, auch im Auftrag des
Commonwealth, haben noch nicht zu greifbaren Ergebnissen geführt.
Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– sich bei den Regierungen der Entwicklungsgemeinschaft des südlichen Afri-

ka (SADC) und insbesondere bei der Regierung Südafrikas, die in diesem
Zusammenhang eine besondere Verantwortung hat, dafür einzusetzen, auf
die Regierung Simbabwes Druck auszuüben, um einen Kurswechsel in
Richtung Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Wiederherstellung der land-
wirtschaftlichen Infrastruktur zu erreichen,

– sich gemeinsam mit den Regierungen der Entwicklungsgemeinschaft des
südlichen Afrika (SADC) dafür einzusetzen, dass eine Ausweitung der Krise
über Simbabwe hinaus verhindert wird,

– die südafrikanischen Regierungen darauf aufmerksam zu machen, dass ein
konsequentes Eintreten der NEPAD-Partnerstaaten für die Durchsetzung
von Menschenrechten, Demokratie und guter Regierungsführung erforder-
lich ist,

– die bilaterale staatliche Entwicklungszusammenarbeit ruhen zu lassen, aber
gleichzeitig weiter Hilfsmaßnahmen von Nichtregierungsorganisationen und
Kirchen zur Linderung der Not der Bevölkerung zu fördern,

– eine verstärkte Entwicklungszusammenarbeit insbesondere bei der Förde-
rung einer funktionstüchtigen Landwirtschaft und der Förderung regierungs-
unabhängiger Organisationen in den Bereichen der Nothilfe, der Konflikt-
lösung und der Verbesserung der Menschenrechtssituation anzubieten für
den Fall, dass rechtsstaatliche und demokratische Verhältnisse im Land
wiederhergestellt werden,

– als Mitglied im UN-Sicherheitsrat darauf hinzuwirken, dass die Krise in
Simbabwe im Sicherheitsrat auf die Tagesordnung gesetzt wird, um den
Konflikt in der Region einzudämmen und einer Lösung näher zu bringen. In
diesem Zusammenhang sollten folgende Forderungen besondere Beachtung
geschenkt werden: sofortige Beendigung der politischen Verfolgung von
Oppositionellen, Aufklärung politischer Morde und Folterfälle unter Beteili-
gung internationaler Menschenrechtsorganisationen, die ungehinderte Ver-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/613

teilung von Nothilfe durch unabhängige nationale und internationale
Hilfsorganisationen,

– darüber hinaus sollte die Bundesregierung den Dialog mit Opposition, Zivil-
gesellschaft, Nichtregierungsorganisationen und Kirchen ausbauen.

Berlin, den 12. März 2003

Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung
Rudolf Kraus
Vorsitzender
und Berichterstatter

Brigitte Wimmer (Karlsruhe)
Berichterstatterin

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

Markus Löning
Berichterstatter

Drucksache 15/613 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Brigitte Wimmer (Karlsruhe), Rudolf Kraus,
Hans-Christian Ströbele und Markus Löning

I. Zum Beratungsverfahren
Der Deutsche Bundestag hat den Antrag der Fraktion der
CDU/CSU „Gegen Terror, Völkermord und Hungerkatast-
rophe in Simbabwe, um Destabilisierung des südlichen Af-
rikas zu vermeiden“ – Drucksache 15/353 –, den Antrag der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN „Hun-
gerkatastrophe in Simbabwe weiter bekämpfen – Internatio-
nalen Druck auf die Regierung Simbabwes aufrechterhal-
ten“ – Drucksache 15/428 – sowie den Antrag der Fraktion
der FDP „Gemeinsame europäisch-afrikanische Initiative
zur Lösung der Krise in Simbabwe starten“ – Drucksache
15/429 – in seiner 25. Sitzung am 13. Februar 2003 zur Fe-
derführung an den Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung und zur Mitberatung an den
Auswärtigen Ausschuss, den Ausschuss für Menschen-
rechte und humanitäre Hilfe und den Ausschuss für die An-
gelegenheiten der Europäischen Union überwiesen.
Der Auswärtige Ausschuss, der Ausschuss für Men-
schenrechte und humanitäre Hilfe sowie der Ausschuss
für die Angelegenheiten der Europäischen Union haben
die Anträge in ihren Sitzungen am 12. März 2003 beraten
und diese in der vom Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung vorgeschlagenen Fassung ein-
stimmig angenommen.
Der federführende Ausschuss für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung hat die Anträge in seiner
8. Sitzung am 19. Februar 2003 und in seiner 9. Sitzung am
12. März 2003 beraten und einstimmig beschlossen, die An-
träge zu einem gemeinsamen Antrag zusammenzuführen
und die Annahme dieses Antrags zu empfehlen.

II. Zum Inhalt der Beratungen
Die Mitglieder des Ausschusses für wirtschaftliche Zusam-
menarbeit und Entwicklung begrüßten übereinstimmend,
dass es gelungen sei, einen gemeinsamen Antrag aller Frak-
tionen vorzulegen. Dies sei auch ein Signal an die Regie-
rung in Simbabwe und zeige, dass der gesamte Deutsche
Bundestag eine übereinstimmende Auffassung habe. Die
Ausschussmitglieder waren gemeinsam der Auffassung,
dass alle geeigneten Maßnahmen für eine Verbesserung in
Richtung Rechtsstaatlichkeit, Demokratie und Herstellung
der landwirtschaftlichen Infrastruktur ergriffen werden soll-
ten. Die Sorge um Simbabwe werde von allen Fraktionen
geteilt. Die Entwicklung in Simbabwe werde auch in Zu-
kunft aufmerksam verfolgt werden.

Berlin, den 12. März 2003
Brigitte Wimmer (Karlsruhe)
Berichterstatterin

Rudolf Kraus
Berichterstatter

Hans-Christian Ströbele
Berichterstatter

Markus Löning
Berichterstatter

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