BT-Drucksache 15/5677

Europäische Finanzmärkte - Integration durch Wettbewerb und Vielfalt voranbringen

Vom 14. Juni 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5677
15. Wahlperiode 14. 06. 2005

Antrag
der Abgeordneten Dr. Michael Meister, Heinz Seiffert, Leo Dautzenberg, Georg
Fahrenschon, Veronika Bellmann, Otto Bernhardt, Klaus-Peter Flosbach, Olav
Gutting, Ernst Hinsken, Volker Kauder, Manfred Kolbe, Patricia Lips, Hans
Michelbach, Stefan Müller (Erlangen), Peter Rzepka, Norbert Schindler,
Christian Freiherr von Stetten, Dagmar Wöhrl, Elke Wülfing, Dr. Angela Merkel,
Michael Glos und der Fraktion der CDU/CSU
sowie der Abgeordneten Dr. VolkerWissing, Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig
Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Europäische Finanzmärkte – Integration durch Wettbewerb und Vielfalt
voranbringen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Öffnung und die Regulierung der europäischen Finanzmärkte haben mit der
inzwischen weitgehend abgeschlossenen Umsetzung des Financial Services Ac-
tion Plan (FSAP) auf europäischer Ebene im Zeitraum zwischen 1999 und 2004
sowie mit der zum Teil noch laufenden bzw. ausstehenden Umsetzung auf Ebene
der EU-Mitgliedstaaten inzwischen ein Stadium erreicht, in dem zum einen eine
– insgesamt positive – Zwischenbilanz gezogen werden kann, zum anderen aber
auch eine grundsätzliche Diskussion über den bisherigen Weg und die Strategie
für das weitere Vorgehen erforderlich und sinnvoll ist. Das in der Finanzmarkt-
integration bisher Erreichte ist festzuhalten, Handlungsoptionen für die Zukunft
sind aufzuzeigen. Der Deutsche Bundestag muss sich in diese Debatte, die ent-
scheidend ist für die künftige Wettbewerbsfähigkeit des Finanzplatzes Deutsch-
land und Europa, aktiv und rechtzeitig einbringen.

I. Aktueller Stand der EU-Finanzmarktintegration
Die Rahmenbedingungen des europäischen und internationalen Finanz-
geschäfts haben sich seit Anfang der neunziger Jahre fundamental geändert. Das
betrifft die weit fortgeschrittene Globalisierung der Finanzmärkte, die Anzahl
und Vielfalt der Marktteilnehmer, Wettbewerber und Instrumente, die Han-
delstechniken, die Abwicklung der Transaktionskosten und vieles andere mehr.
Die europäischen Finanzmärkte zählen heute zu den führenden und leistungs-
fähigsten Finanzmärkten der Welt. Diese Position gilt es, nachhaltig zu sichern
und weiter zu stärken.
Mit der Umsetzung des Financial Services Action Plan (FSAP) auf europäischer
Ebene werden verbesserte Rahmenbedingungen geschaffen, welche die euro-
päischen Finanzmärkte und den Finanzplatz Deutschland vorangebracht haben
und weiter voranbringen.

Drucksache 15/5677 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Mit den Berichten der vier Expertengruppen der EU-Kommission und des Fi-
nanzdienstleistungsausschusses des Rates (Financial Services Committee) in
2004 wurde die Grundlage geschaffen, um eine Bilanz des Aktionsplanes zu zie-
hen und Erkenntnisse für die Zukunft zu gewinnen. Die europäischen Institutio-
nen – der zuständige EU-Binnenmarktkommissar, der ECOFIN-Rat, der Wirt-
schafts- und Finanzausschuss, der Finanzdienstleistungsausschuss und die ge-
nannten Expertengruppen – sind sich einig, dass nunmehr eine Phase der Kon-
solidierung und Implementierung im Finanzmarktbereich bevorsteht. Der
Schwerpunkt der Arbeiten in den nächsten Jahren wird deshalb in erster Linie
auf der zügigen Umsetzung der im Rahmen des FSAP auf europäischer Ebene
bereits vollendeten Maßnahmen liegen. Im deutschen Interesse liegt es, an der
weiteren Gestaltung der europäischen Finanzmärkte positiv mitzuarbeiten, ein
angemessenes Verbraucherschutzniveau zu erhalten und dem Finanzplatz
Deutschland im Wettbewerb der europäischen Finanzmärkte eine Spitzenposi-
tion zu sichern bzw. zu schaffen.

II. Ziele der europäischen Finanzmarktintegration
Öffnung und Integration der europäischen Finanzmärkte dienen der Schaffung
und Sicherung eines effizienten, leistungsstarken europaweiten Marktes für
international wettbewerbsfähige Finanzdienstleistungen.
Die Rahmenbedingungen des europäischen Finanzbinnenmarktes und des
Finanzplatzes Deutschland sind so zu gestalten, dass europäische Anbieter von
Finanzdienstleistungen international wettbewerbsfähige Dienstleistungen an-
bieten können und deren Nachfrager in Europa und weltweit eine Vielfalt an
qualitativ hochwertigen und kostengünstigen Angeboten wahrnehmen können.
Die Regulierung ist konsequent auf diese Ziele auszurichten.
Regulierungen auf europäischer Ebene sowie auf Ebene der EU-Mitgliedstaaten
müssen sich hierbei sinnvoll ergänzen. Die Möglichkeit, Ziele der Finanzmarkt-
integration durch nichtregulatorische Instrumente zu erzielen, sollte von der EU-
Kommission in jedem Falle vorab geprüft und entsprechend umgesetzt werden.
Alle Maßnahmen sollten einer Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen werden.
Die deutschen und europäischen Marktteilnehmer sind durch die europäische
Finanzmarktregulierung zu stärken, um zu Wachstum und Beschäftigung in
Deutschland und in der EU beizutragen.
Qualitativ hochwertige Finanzdienstleistungen in einem offenen und integrier-
ten europäischen Finanzmarkt sind zudem auch ein wichtiger Schlüssel zur Ge-
währleistung eines effektiven Verbraucherschutzes. Das liegt im Interesse der
Unternehmen und der Bürgerinnen und Bürger, die auf effiziente und kosten-
günstige Finanzdienstleistungen angewiesen sind. Leitbild des Verbraucher-
schutzes sind mündige Bürgerinnen und Bürger, die sich selbständig informie-
ren und eigenverantwortlich entscheiden. Die Gewährleistung von Transparenz
und Information für alle ist für einenwirksamenVerbraucherschutz unerlässlich.

III. Herausforderungen der europäischen Finanzmarktintegration im Einzelnen
1. Basel II
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Fortschritte bei der Überarbeitung der
internationalen Eigenkapitalstandards für Banken (Basel II). Nach langwierigen
und schwierigen Verhandlungen haben sich die Zentralbankgouverneure und die
Leiter der Bankaufsichtsbehörden auf ein Rahmenwerk zu Basel II vom Juni
2004 verständigt. Damit sind wichtige Voraussetzungen für eine Stärkung der
Stabilität des internationalen Finanzsystems geschaffen. Die Verbesserung der
regulatorischen Rahmenbedingungen für die Vergabe von Bankkrediten kann
zusätzliche Wachstumsimpulse auslösen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5677

Die wesentlichen Forderungen aus den beiden Entschließungen des Deutschen
Bundestages zu Basel II vom 8. Juni 2000 (Bundestagsdrucksache 14/3523) und
vom 31. Mai 2001 (Bundestagsdrucksache 14/6196) wurden umgesetzt. Insbe-
sondere wurden ausgewogene Lösungen zur bankaufsichtsrechtlichen Behand-
lung von Bankkrediten an die mittelständische Wirtschaft vereinbart.
Nun kommt es darauf an, die erzielten Verhandlungserfolge bei der EU-Umset-
zung von Basel II endgültig zu sichern. Eine entscheidende Voraussetzung dafür
ist ein zügiger Abschluss der Beratungen auf Brüsseler Ebene und die daran an-
schließende zeitnahe Umsetzung der Ergebnisse in nationales Recht.
Der Deutsche Bundestag
l appelliert an die verantwortlichen Stellen, den Verhandlungsprozess nach

Klärung der noch strittigen Fragen zeitnah zu Ende zu bringen;
l tritt für ein zeitgleiches Inkrafttreten der neuen Eigenkapitalstandards welt-

weit ein. Die Gleichzeitigkeit ist unter demGesichtspunkt des internationalen
Wettbewerbs im Bankensektor unverzichtbar. Die Vorbereitungen der deut-
schen Institute sind weit fortgeschritten. Sie haben als Termin für das Inkraft-
treten der neuen Regelungen den 1. Januar 2007 (bzw. 1. Januar 2008 bei
erstmaliger Nutzung der komplexeren Anrechnungsverfahren) fest einge-
plant;

l erachtet eine wettbewerbsneutrale Ausgestaltung der neuen bankaufsichts-
rechtlichen Vorschriften für unerlässlich. Dies gilt im Hinblick auf den Wett-
bewerb auf den europäischen und außereuropäischen Märkten und außerdem
hinsichtlich des Wettbewerbs zwischen den verschiedenen Sektoren des
Finanzgewerbes;

l hält eine Beschränkung der Wahlrechte bei den aufsichtsrechtlichen Risiko-
Anrechungsregelungen auf eine fachlich gebotene, überschaubare Anzahl für
angebracht, damit auch insoweit die Voraussetzung für die Harmonisierung
der Regelungen im integrierten Finanzbinnenmarkt gegeben ist;

l befürwortet Regelungen zur Vereinfachung und Beschleunigung der Abstim-
mungsprozeduren der zuständigen Bankaufsichtsbehörden bei der Beauf-
sichtigung grenzüberschreitend tätiger Banken und Finanzinstitute. Die fort-
geschrittene Integration des EU-Finanzmarktes muss sich auch auf Seiten der
aufsichtsrechtlichen Arrangements widerspiegeln.

2. Bankenstrukturen in Europa und Harmonisierung des Retail-Banken-
geschäfts sowie elektronischer Zahlungsverkehr

Die Vielfalt der Geschäftsmodelle und Geschäftsstrategien von Kreditinstituten
in Deutschland und Europa ist wesentliche Grundlage für den Zugang von Be-
völkerung und Unternehmen zu modernen Finanzdienstleistungen und damit für
Wachstum und die Schaffung von Arbeitsplätzen. Diesen Zugang gilt es zu
sichern. Den seit Jahren stattfindenden Konsolidierungsprozessen, die ein Re-
flex der Markterfordernisse sind, kommt hierbei eine zentrale Rolle zu. Diese
Prozesse sollten von der Politik nicht behindert werden.
Betrachtet man die in den vergangenen Jahren erreichten Fortschritte bei der
Integration der Finanzdienstleistungsmärkte, ergibt sich das Bild eines nahezu
voll integrierten Finanzmarktes; nur im Retail-Segment agieren die Kunden
noch fast ausschließlich national.
Auf EU-Ebene bestehen insbesondere Barrieren für den grenzüberschreitenden
elektronischen Vertrieb. Bisherige Initiativen auf EU-Ebene wie die Fernabsatz-
richtlinie für Finanzdienstleistungen haben diese Hemmnisse noch nicht aus
dem Wege räumen können. Nach wie vor bleibt es den Verbrauchern dadurch

Drucksache 15/5677 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

verwehrt, das Potential des europäischen Binnenmarktes mit seiner Produkt-
und Anbietervielfalt vollumfänglich nutzen zu können.
In diesem Bereich sollte daher die Schaffung einfacher und EU-einheitlicher
Rahmenbedingungen für alle Marktteilnehmer prioritär sein. Eine Vereinfa-
chung des grenzüberschreitenden elektronischen Vertriebs und im Electronic-
Banking könnte beispielsweise durch eine gesetzliche Grundlage erreicht wer-
den, mit der EU-weit die Kontoeröffnung auf der Grundlage einer qualifizierten
elektronischen Unterschrift (elektronische Signatur) ausdrücklich zugelassen
wird. Dies ist eine gute Möglichkeit, den Verbraucher kostengünstig und un-
kompliziert in den Genuss der Vorteile des einheitlichen Binnenmarktes im
Finanzdienstleistungsbereich kommen zu lassen.
Im Rahmen der Kontoführung wäre die Zulassung der (grenzüberschreitenden)
Kontoeröffnung über das Internet, das heißt im Rahmen des Online-Banking,
eine wesentliche Vereinfachung für den Verbraucher und die Bank. Derzeit er-
folgt die in diesem Zusammenhang notwendige Legitimationsprüfung des Kun-
den durch national teilweise sehr unterschiedliche Verfahren und aufgrund
unterschiedlicher rechtlicher Anforderungen.
In Deutschland sind die rechtlichen Voraussetzungen zum Abbau der genannten
Hürden im Rahmen des Geldwäschegesetzes (GwG) bereits geschaffen worden.
So sieht das GwG die elektronische Unterschrift als zulässiges Identifizierungs-
merkmal bei der Kontoeröffnung vor. Die praktische Anwendung dieses zeit-
und kosteneffizienten Verfahrens scheitert derzeit noch daran, dass die Kredit-
wirtschaft keine so genannten Trust Centers eingerichtet hat, in denen die Unter-
schriften zentral abrufbar hinterlegt werden.

3. Schaffung eines Rechtsrahmens für einen einheitlichen Zahlungsraum
Der Deutsche Bundestag begrüßt und unterstützt die Bestrebungen der EU-
Kommission, einen einheitlichen Rechtsrahmen für den europäischen Zahlungs-
raum zu schaffen. Im Fokus sollten dabei wettbewerbsorientierte und wettbe-
werbsfördernde Rahmenbedingungen stehen. Für Wirtschaft und Verbraucher
ist die Harmonisierung des grenzüberschreitenden Zahlungsverkehrs, z. B. bei
Auslandsüberweisungen, wichtige Voraussetzung für die Nutzung des euro-
päischen Binnenmarktes. Dafür ist ein bisher nicht bestehender Rechtsrahmen
für die EU nötig, der effiziente, sichere und kundengerechte Zahlungsverfahren
für den gesamten einheitlichen Zahlungsraum ermöglicht. Neben diese Rah-
menbedingungen müssen in erster Linie selbstregulierende Maßnahmen der
Kreditwirtschaft und technische Übereinkünfte unter den Anbietern auf der Auf-
traggeber- und Empfängerseite treten, um einen effizienten und kostengünstigen
Zahlungsverkehr im Binnenmarkt zu erreichen.
Aus Sicht des Deutschen Bundestages sollten neue gemeinschaftsrechtliche
Vorschriften nur für die Bereiche geschaffen werden, in denen diese für das
Funktionieren eines einheitlichen Zahlungsverkehrsraums unbedingt erforder-
lich sind. Es sollte vermieden werden, dass durch neue EU-Vorschriften natio-
nale Zahlungsarten bzw. Zahlungsmodalitäten wie beispielsweise das deutsche
Lastschriftverfahren rechtlich oder praktisch unmöglich werden. Die Standards
im Inlandszahlungsverkehr sind speziell in Deutschland sehr hoch. Dies belegen
Benchmarks wie Entgelt, Laufzeit, Sicherheit, Fehlerhäufigkeit und Benutzer-
freundlichkeit. Sie dürfen sich im Rahmen einer Harmonisierung nicht ver-
schlechtern, sondern sollten vielmehr als EU-weit anzustrebende Standards an-
gesehen werden. Ein angemessenes Verbraucherschutzniveau garantiert dem
Bürger eine gute Rechtsposition und schafft Vertrauen in den europäischen Fi-
nanzmarkt.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/5677

4. Solvency II
Mit dem Projekt Solvency II strebt die EU-Kommission eine weit reichende Re-
form der Versicherungsaufsicht in Europa an, die über die Regeln zu Basel II
von Banken zum Teil noch hinausgehen. Solvency II soll zu einer risikoorien-
tierteren Erfassung der Geschäftstätigkeit und in der Folge stärker risikobasier-
ten Eigenmittelanforderungen führen.
Die mit dem Solvency-II-Prozess angestrebte stärkere Harmonisierung der Auf-
sichtsregeln und der Aufsichtspraxis trägt zur Konvergenz der Finanzaufsicht im
europäischen Binnenmarkt und damit zur Integration der europäischen Finanz-
märkte bei. Mit einem weltweit vorbildlichen Standard kann europäischen Ver-
sicherern die Tätigkeit auf Drittlandsmärkten erleichtert werden.
Deutsche Versicherungsunternehmen zählen sowohl bei Erstversicherern als
auch bei Rückversicherern zu denWeltmarktführern. Dies gilt es zu erhalten, die
Wettbewerbsfähigkeit deutscher Unternehmen ist zu sichern und zu stärken. Das
Gesamtkonzept ist daher in seinen makroökonomischen Auswirkungen insbe-
sondere auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit europäischer Versiche-
rungsunternehmen hin genau zu untersuchen. Eine Überforderung der Versiche-
rungsunternehmen im Hinblick auf vorzuhaltende Eigenmittel und anzuwen-
dende Berechnungsverfahren ebenso wie unnötige bürokratische Lasten sind zu
vermeiden. Die aufsichtsrechtlichen Anforderungen an die Eigenmittel dürfen
keine Anreize zur Verknappung des Angebots an traditionellen, volkswirtschaft-
lich sinnvollen oder gar erforderlichen Versicherungsprodukten bieten. Ebenso
sind die Volatilität der Finanzmärkte verstärkende Effekte zu vermeiden.
Wegen des engen Zusammenhangs zwischen der Ausgestaltung der für die Ver-
sicherer maßgeblichen IFRS (International Financial Reporting Standards) und
den Anforderungen an ihre Kapitalausstattung im Rahmen von Solvency II ist
die Bundesregierung aufgefordert, sich für eine verstärkte europäische Einfluss-
nahme in den Gremien des IASB (International Accounting Standards Board)
einzusetzen. Ziel sollte es sein sicherzustellen, dass die in Entwicklung befind-
lichen IFRS für Versicherungsverträge in Verbindung mit den IAS 39 (IAS: In-
ternational Accounting Standards) zur Bewertung von Finanzinstrumenten wei-
testgehend auch für Aufsichtszwecke verwendbar sind und die Berichterstattung
der Versicherer gegenüber der Öffentlichkeit und der Aufsicht weitestgehend
harmonisiert werden können.

5. Rückversicherungsrichtlinie
Mit der Rückversicherungsrichtlinie verfolgt die EU-Kommission die Schaf-
fung eines einheitlichen rechtlichen Rahmens für den Binnenmarkt im Bereich
der Rückversicherung.
Die von der EU-Kommission zunächst geplante Verschärfung der Solvenzvor-
schriften bei Rückversicherungen für das Lebensrückversicherungsgeschäft ist
offenbar kein Themamehr. DerDeutscheBundestag begrüßt diese Entwicklung.
Die Risikostrukturen bei Erst- und Rückversicherern sind unterschiedlich. Eine
Verschärfung ist aus Gründen der Erhaltung der internationalen Wettbewerbsfä-
higkeit von Unternehmen am Finanzplatz Europa gegenüber Wettbewerbern am
Finanzplatz USA abzulehnen.

6. Regulierung von Rating-Agenturen
Der Deutsche Bundestag hat in seinem fraktionsübergreifenden Beschluss vom
30. März 2004 die Bundesregierung aufgefordert, international abgestimmte
Verhaltensregeln – mindestens aber europäische – zu fördern, damit Integrität,
Unabhängigkeit und Transparenz der Rating-Agenturen verbessert werden. Der
Deutsche Bundestag begrüßt es, dass die wesentlichen deutschen Forderungen

Drucksache 15/5677 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

in der entsprechenden IOSCO-Arbeitsgruppe (Internationale Vereinigung der
Wertpapieraufsichtsbehörden) durchgesetzt und in den am 3. Dezember 2004 in
Berlin verabschiedeten Entwurf eines Wohlverhaltenskodex für Rating-Agentu-
ren aufgenommen wurden. Durch den Kodex werden dabei die Marktzugangs-
hürden für neue Wettbewerber nicht nachhaltig erhöht und die Qualität der Ra-
tings sowie ihr wichtiger Beitrag für die Funktionsfähigkeit der Finanzmärkte
nicht beeinträchtigt. Die Bundesregierung wird aufgefordert, die Entwicklung
auf dem Rating-Markt und die Erfahrungen mit dem Wohlverhaltenskodex in
den nächsten 2 bis 3 Jahren aufmerksam zu verfolgen und dann nötigenfalls Er-
gänzungen oder weitere Verbesserungen anzuregen.
Die EU-Kommission wurde vom Europäischen Parlament im Frühjahr 2004
aufgefordert, bis zum 31. Juli 2005 das Erfordernis einer möglichen Regulie-
rung von Rating-Agenturen zu prüfen. Daraufhin hat die EU-Kommission das
„Komitee der Europäischen Wertpapieraufseher“ (CESR: The Committee of
European Securities Regulators) um eine Empfehlung gebeten, die von CESR
am 30. März 2005 veröffentlicht wurde. Die überwiegende Mehrheit der Mit-
glieder des CESR lehnt zum jetzigen Zeitpunkt die Einführung einer europäi-
schen Regulierung von Rating-Agenturen ab und schlägt der EU-Kommission
vor, zunächst die Umsetzung und Beachtung des Wohlverhaltenskodex der
IOSCO vom Dezember 2004 durch die Marktteilnehmer abzuwarten. Nur im
Falle eines unzureichenden Erfolges des IOSCO-Kodex könnte eine europäi-
sche Lösung erwogen werden. Der Deutsche Bundestag begrüßt dieses Ergebnis
und fordert die Bundesregierung auf, sich bei den weiteren Beratungen mit der
EU-Kommission für die Umsetzung der Empfehlung von CESR einzusetzen.

7. Regulierung von Hedgefonds
In Deutschland sind mit dem Investmentmodernisierungsgesetz moderne Rah-
menbedingungen für Hedgefonds geschaffen worden. Die deutschen Regelun-
gen sind wegweisend für eine auf europäischer Ebene angedachte Regulierung
von Hedgefonds. Sie gehen – hinsichtlich der für die Finanzmarktstabilität wich-
tigen Aspekte der Zulassungsprüfung und der Aufsicht von Hedgefonds – über
das in den USA geschaffene Regime hinaus.
Ziel von Hedgefonds ist es, bei unterschiedlichen Investitionsstrategien einen
möglichst hohen Gewinn zu erzielen. Sie gehören damit zu hochspekulativen
Anlageformen, sind andererseits wertvolle Vehikel zur Sicherung gegen Risi-
ken. Deutschland ist zurzeit weniger ein Produktionsstandort als ein Vertriebs-
standort für innovative Finanzmarktprodukte. Ziel muss aber sein, die gesamte
Wertschöpfungskette von der Entwicklung bis zum Vertrieb in Deutschland ab-
zudecken.
Das neue Investmentmodernisierungsgesetz ist ein wichtiger Schritt, um beste-
hende Unterschiede zu anderen Finanzplätzen abzubauen. Durch Angleichung
von Anlagemöglichkeiten und deren Besteuerung ist ein Ausweichen von Anla-
gekapital ins Ausland nicht mehr nötig. In der Sitzung des Europäischen Wert-
papier-Ausschusses (ESC) am 3. März 2005 wurde im Rahmen der Diskussion
zur Neufassung der OGAW-Richtlinie auch über eine europäische Harmonisie-
rung der Hedgefondsregulierung gesprochen. Der Deutsche Bundestag fordert
die Bundesregierung auf, darauf zu achten, dass im Falle einer europäischen
Harmonisierung diese im Einklang mit dem erfolgreichen deutschen Ansatz
eines ausgewogenen Ausgleichs zwischen Anlegerschutz und Entwicklungs-
möglichkeiten für den Kapitalmarkt steht.

8. OGAW-Richtlinie (Organismen für gemeinsame Anlagen in Wertpapieren)
Die bisher verabschiedeten und in den Mitgliedstaaten zum größten Teil umge-
setzten OGAW-Richtlinien haben grundsätzlich einen europäischen Markt für

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/5677

OGAWs geschaffen und die Basis für eine grenzüberschreitende Geschäftstätig-
keit gelegt. In der Sitzung des ESC am 3. März 2005 wurde über eine Revision
der OGAW-Richtlinie gesprochen. Ziel dieser umfassenden Reform soll es sein,
die Richtlinie an die Erfordernisse sich ständig wandelnder Finanzmärkte mit
schnell entstehenden Produktinnovationen anzupassen. Erörtert wurde insbe-
sondere, ob die Revision auf dem bestehenden Regelwerk aufbauen oder eine
komplette Neurevision der Richtlinie beinhalten soll. Der Deutsche Bundestag
geht davon aus und fordert die Bundesregierung dazu auf, dafür einzutreten,
dass hierbei ein möglichst umfassender Ansatz verfolgt wird, der auch alterna-
tive Anlagen einschließt und zu einer Vereinfachung der Registrierungsverfah-
ren im Rahmen des Produktpasses beiträgt.
Die Kommission wird voraussichtlich im Juli 2005 ein Grünbuch zur Novellie-
rung der OGAW-Richtlinie vorlegen. Nach der Veröffentlichung des Grünbuchs
wird der Deutsche Bundestag ggf. einen weitergehenden Antrag beschließen.

9. Clearing und Settlement
Eine reibungslose, sichere und kostengünstige Abwicklung von grenzüber-
schreitendem Wertpapierhandel innerhalb der Europäischen Union ist von her-
ausragender Bedeutung. Dies ist ein wesentlicher Bestandteil eines funktionie-
renden Binnenmarktes für Finanzdienstleistungen. Die Bestandsaufnahme im
Bereich Clearing und Settlement hat gezeigt, dass die Systeme auf nationaler
Ebene effizient und sicher sind. Im grenzüberschreitenden Prozess bestehen je-
doch vor allem aufgrund steuerlicher sowie unterschiedlicher rechtlicher Rah-
menbedingungen erheblich höhere Kosten. Laut Bericht der sog. Giovannini-
Gruppe könnte eine Kostensenkung insbesondere durch Vereinheitlichung der
technischen Standards sowie durch die Angleichung der rechtlichen Rahmenbe-
dingungen erreicht werden. Die Schaffung von Lösungsansätzen in diesem Be-
reich sollte daher im Vordergrund weiterer Diskussionen stehen.
Sollten die derzeit von der EU-Kommission mit den Marktteilnehmern durch-
geführten Konsultationen in einen Vorschlag zur Schaffung einer Richtlinie zu
Clearing und Settlement münden, muss dieser einer Marktauswirkungsstudie
standhalten. Es sollte daher umfassend und von unabhängiger Stelle geprüft
werden, ob der Nutzen einer solchen möglichen Richtlinie den von den Finanz-
dienstleistern zu tragenden Aufwand rechtfertigt. Die Bundesregierung ist auf-
gefordert, ihre an die Entschließung des Deutschen Bundestages vom Juli 2003
zum Thema Clearing und Settlement anknüpfenden Bemühungen auch im Rah-
men etwaiger Richtlinien-Verhandlungen fortzuführen. Insbesondere ist darauf
zu achten, dass bestehende und funktionierende Marktstrukturen nicht durch
vorgeschobeneWettbewerbsargumente in Mitleidenschaft gezogen werden. An-
gesichts der im europäischen und internationalen Vergleich kostengünstig und
effizient arbeitenden deutschen Organisation von Wertpapierhandel und -ab-
wicklung besteht hier ein spezielles deutsches Interesse.

10. Umsetzung der 3. Geldwäsche-Richtlinie sowie Bekämpfung der Finanzie-
rung des internationalen Terrorismus

In ihrem aktuellen Vorschlag der mittlerweile 3. EU-Geldwäsche-Richtlinie ha-
ben die EU-Kommission und der Rat deutsche Forderungen berücksichtigt, bei
der Geldwäschebekämpfung stärker als bisher einen risikobezogenen Ansatz zu
verfolgen.
Durch diese Unterstützung des bereits von der FATF (Financial Action Task
Force in Money Laundering) geforderten Prinzips erkennt die Kommission an,
dass eine Gefahr des Missbrauchs zu Zwecken der Geldwäsche und der Finan-
zierung terroristischer Handlungen nicht bei allen Geschäftsbeziehungen bzw.
Transaktionen in gleicher Intensität besteht. Die Anwendung dieses Grundsatzes

Drucksache 15/5677 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

verhindert die Bindung von Kapazitäten für wenig zielführende Massenbearbei-
tungen und stellt gleichzeitig sicher, dass nur die wirklich risikoreichen Sachver-
halte einer Prüfung unterzogen werden.
Die heutigen gesetzlichen Bestimmungen zur Bekämpfung der Finanzierung des
Terrorismus haben sich bislang bewährt. Auf internationaler Ebene ist gute Ar-
beit bei der Verabschiedung von Standards hierzu geleistet worden. Während
Deutschland die Umsetzung und praktische Anwendung der Standards vollzo-
gen hat, gibt es in einzelnen Ländern der Europäischen Union noch Defizite.

11. Aktionsplan Corporate Governance
Der Thematik der Corporate Governance kommt im Zuge der Internationalisie-
rung der Kapitalmärkte eine immer höhere Bedeutung zu. Denn für die institu-
tionellen, aber auch für die privaten Anleger ist die Kenntnis der Grundsätze und
Prinzipien, nach denen Unternehmen organisiert und geleitet werden, vor allem
im internationalen Vergleich von hohem Interesse.
Der Deutsche Bundestag spricht sich gegen die Ausarbeitung eines einheitlichen
Corporate-Governance-Kodex innerhalb der EU aus. Gleichzeitig steht er aber
nicht allen europäischen Corporate-Governance-Maßnahmen ablehnend gegen-
über. Derzeit wird eine Vielzahl von Neuerungen im Gesellschaftsrecht erarbei-
tet, wie beispielsweise die Arbeiten zur grenzüberschreitenden Ausübung von
Aktionärsrechten, die Stärkung der Unabhängigkeit von Wirtschaftsprüfern
(8. EU-Gesellschaftsrechtsrichtlinie) oder Schaffung von mehr Transparenz im
Unternehmen (Novelle der 4. und 7. EU-Gesellschaftsrechtsrichtlinie), die
ebenfalls in den Bereich des Corporate Governance fallen. Diese Maßnahmen
verdienen Unterstützung.
Grundsätzlich sind jedoch – aufgrund des unterschiedlichen Gesellschaftsrechts
in den EU-Mitgliedstaaten – auch weiterhin nationale Regelungen vorzuziehen.
In diesem Zusammenhang sei auf die erfolgreiche Arbeit der Regierungskom-
mission Corporate Governance („Cromme-Kommission“) verwiesen, die einen
entscheidenden Beitrag zur Verbesserung der Corporate-Governance-Standards
in Deutschland geleistet hat. Die Bundesregierung sollte daher das Modell der
freiwilligen Selbstverpflichtung der Unternehmen weiter fördern und die
„Cromme-Kommission“ bei der Weiterentwicklung des Kodex unterstützen.
Gleichzeitig fordert der Deutsche Bundestag die betreffenden Unternehmen auf,
die Vorschläge der „Cromme-Kommission“ zügig und vollständig umzusetzen.
Denn ein freiwilliger Kodex entbindet den Gesetzgeber nur von seiner Hand-
lungspflicht, wenn er zumindest in zentralen Punkten auf eine hohe Akzeptanz
stößt.

12. Bewertung Lamfalussy-Verfahren
Im März 2002 billigte der Europäische Rat mit Blick auf das Ziel einer fristge-
rechten Umsetzung des FSAP das so genannte Lamfalussy-Verfahren, das auf
der Basis eines 4-Stufen-Modells zu einem schnelleren Gesetzgebungsprozess
führen soll.
Nach diesem Verfahren sollen der Rat und das Parlament in dem ihnen übertra-
genen Bereich im Wege des Mitentscheidungsverfahrens nur noch Rahmen-
richtlinien beschließen. Die technischen Details werden dagegen von Rege-
lungsausschüssen ausgearbeitet, die von der EU-Kommission vorgeschlagen
und von Vertretern der Mitgliedstaaten in einem Komitologie-Ausschuss be-
schlossen werden. Die darunter angesiedelten technischen Regelungsausschüsse
setzen sich aus Vertretern der nationalen Finanzaufsichtsbehörden zusammen.
Bis Anfang 2004 galt das Lamfalussy-Verfahren als neues Rechtsetzungsverfah-
ren mit dem Ziel der Beschleunigung nur im Bereich der Wertpapiere. Mit

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 9 – Drucksache 15/5677

Beschluss des Europäischen Parlaments vom 31. März 2004 ist das Lamfalussy-
Verfahren vom Wertpapiersektor auch auf den Banken- und Versicherungs-
bereich und damit letztlich auf die gesamte EU-Finanzmarktrechtsetzung aus-
geweitet worden.
Die Erfahrungen mit dem Lamfalussy-Verfahren sind nicht unumstritten. Vor
allem die Frage der demokratischen Kontrolle sowie der demokratischen Legi-
timation der so genannten Level-3-Ausschüsse (Vertreter der nationalen Finanz-
aufsichtsbehörden) im Rahmen des Lamfalussy-Verfahrens erfordert eine inten-
sive Diskussion. Ziel muss es sein zu verhindern, dass Aufsichtsbehörden Ent-
scheidungen treffen, die nicht mehr vom Mandat ihres jeweiligen Ausschusses
gedeckt sind. So hat das „Komitee der Europäischen Wertpapieraufseher“
(CESR) für sich in Anspruch genommen, die Aufsicht über die nationalen Auf-
sichtsbehörden auszuüben. Vor diesemHintergrund ist die Bundesregierung auf-
gefordert dafür einzutreten, dass die Arbeiten der Level-3-Ausschüsse von den
Gesetzgebungsmaßnahmen auf Level 2 (Vertreter der Regierungen der Mit-
gliedstaaten) und Level 1 (EU-Gesetzgebungsorgane) gedeckt sind. Die Bun-
desanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht hat bezüglich ihrer Mitarbeit in den
Level-3-Ausschüssen an das Bundesministerium der Finanzen zu berichten. Das
Bundesministerium der Finanzen erstattet dem Finanzausschuss des Deutschen
Bundestages Bericht. Die Bundesregierung wirkt darauf hin, dass die Level-3-
Ausschüsse dem Financial Service Committee regelmäßig berichten.

13. Transatlantischer Dialog – EU-US-Regulierung
Der Anfang 2002 begonnene US-EU-Finanzmarktdialog über Regulierungs-
fragen ist bisher insgesamt als Erfolg zu bewerten und muss fortgesetzt wer-
den. Themen bisher waren u. a. Basel II, die EU-Finanzkonglomeraterichtlinie
sowie die Harmonisierung internationaler Rechnungslegungsstandards (IAS,
US GAAP). Der Dialog führt zu einem besseren Verständnis der jeweiligen
Positionen. Unter anderem hat er bei der Anwendung des Sarbanes-Oxley-Ge-
setzes auf ausländische Firmen zur Lösung von Konflikten einen Beitrag geleis-
tet. Allerdings verbleiben noch Themen, in denen bisher noch keine ausreichen-
den Fortschritte erzielt werden konnten: Hierzu gehört die Verabschiedung des
derzeit im US-Kongress und Senat anhängigen Gesetzgebungsvorschlages zur
verbindlichen Offenlegungs- und Bilanzierungspflicht von Aktienoptionen für
US-Unternehmen, die den einzigen signifikanten Unterschied zwischen IAS
und US GAAP beseitigen würde, sowie die Schaffung vereinfachter Prozeduren
für das Delisting europäischer Unternehmen von US-Börsen. Eine stärkere Kon-
vergenz und Äquivalenz von Regulierungsstandards muss sich dabei an den
Bedürfnissen des Marktes ausrichten. Darüber hinaus wird auch die Beauf-
sichtigung von Finanzkonglomeraten immer stärker an Bedeutung im trans-
atlantischen Dialog gewinnen.
Der Deutsche Bundestag begrüßt die Absicht der EU-Kommission, das erfolg-
reiche Modell des EU-US-Dialogs auch auf andere wichtige internationale Part-
ner wie Indien, China und Japan auszuweiten und zu vertiefen.

14. Frage der europäischen Aufsichtsstrukturen
In der EU kommt es auch im Bereich des Finanzbinnenmarktes auf gleicheWett-
bewerbsbedingungen, also ein sog. Level Playing Field an.
Dabei ist eine materiell einheitliche Aufsicht entscheidend. Die hierfür erforder-
lichen Grundstrukturen sind demgegenüber lediglich eine Folgefrage.
Von großer Bedeutung ist eine effektive Zusammenarbeit der nationalen Auf-
sichten mit dem Ziel einer einheitlichen Umsetzung der europäischen Finanz-
marktregulierung. Mit den genannten Komitologieausschüssen auf Level 3 sind

Drucksache 15/5677 – 10 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

hierzu entsprechende Gremien in den Bereichen Wertpapierwesen, Banken und
Versicherungen geschaffen worden.
Langfristig erfordert ein integrierter Finanzmarkt auch ein integriertes, demo-
kratisch legitimiertes Finanzaufsichtssystem. Bisher gibt es in den EU-Mitglied-
staaten etwa 70 Aufsichtsinstitutionen mit unterschiedlichen Vorschriften und
Verfahren. Künftig muss die Reichweite der Aufsicht der Reichweite der Tätig-
keit der Unternehmen entsprechen.
Angesichts heterogener Strukturen der Bankenlandschaften in den 25 EU-Mit-
gliedstaaten könnte die Entwicklung eines solchen europäischen Aufsichtssys-
tems vorsehen, dass die Aufsicht über nur national tätige Unternehmen bei den
nationalen Aufsichtsbehörden innerhalb des europäischen Aufsichtssystems
verbleibt. So könnten Institutsnähe und detaillierte Kenntnis der heimischen In-
stitute nach wie vor von nationaler Aufsichtsseite sachgerecht eingebracht wer-
den. Die grenzüberschreitend tätigen Unternehmen mit systemischer Relevanz
würden hingegen dem europäischen Aufsichtssystem unterstellt; dies muss nicht
in Form einer einzigen zentralen Aufsichtsinstitution erfolgen. Entscheidend
sind vielmehr das Bestreben und die Gewähr, einheitliche Regeln auch einheit-
lich auszulegen und anzuwenden, um so Aufsichtskonvergenz zu gewährleisten.
Die Bundesregierung wird aufgefordert, bei der Fortentwicklung der euro-
päischen Finanzaufsicht weiterhin eine aktive Rolle zu spielen.

15. Zusammenarbeit Deutscher Bundestag – Europäisches Parlament
Aufgrund der direkten Auswirkungen einer Vielzahl europäischer Gesetzge-
bungsakte auf den Finanzplatz Deutschland ist eine frühzeitige und effektive
Zusammenarbeit zwischen Deutschem Bundestag und Europäischem Parlament
von entscheidender strategischer Bedeutung.

16. Einrichtung eines Büros des Deutschen Bundestages in Brüssel
Der Deutsche Bundestag richtet ab 2005 ein Büro in Brüssel ein, so dass aktuelle
Entwicklungen u.a. in der europäischen Finanzmarktgesetzgebung mit Auswir-
kungen auf den Finanzplatz Deutschland zeitnah verfolgt und aktiv parlamenta-
risch begleitet werden können.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
l die oben genannten Grundsätze und Überlegungen als Richtschnur aufzu-

greifen und zur Grundlage ihrer EU-finanzmarktpolitischen Überlegungen,
Aktivitäten und Entscheidungen auf europäischer und nationaler Ebene zu
machen;

l die Anstrengungen zur frühzeitigen, aktuellen Information des Deutschen
Bundestages über aktuelle Rechtsetzungsvorhaben auf EU-Ebene im Bereich
des europäischen Finanzbinnenmarktes fortzusetzen und weiter zu verbes-
sern sowie

l auch weiterhin ihre aktive Rolle im Hinblick auf die weitere Entwicklung,
Öffnung und Harmonisierung des europäischen Finanzbinnenmarktes wahr-
zunehmen, das deutsche Interesse zu formulieren und ihre Konzeptionen dem
Deutschen Bundestag und dem Bundesrat zeitnah zuzuleiten.

Berlin, den 14. Juni 2005
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion.

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