BT-Drucksache 15/5504

Bedeutung der Gentechnik als Züchtungsmethode und ihre Akzeptanz

Vom 11. Mai 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5504
15. Wahlperiode 11. 05. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Rainer Funke, Ulrich
Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gisela Piltz,
Dr. HermannOtto Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Dieter Thomae,
Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP

Bedeutung der Gentechnik als Züchtungsmethode und ihre Akzeptanz

Die Gentechnik ist eine Züchtungsmethode, die in der zweiten Hälfte des vori-
gen Jahrhunderts entwickelt wurde. Sie wird inzwischen in der Züchtung von
Organismen aller systematischen Gruppen angewendet: Bakterien, Pflanzen,
Tiere. Mit der Gentechnik ist es gelungen, den Pool der natürlichen Gene zu
vergrößern, die für die Züchtung zur Verfügung stehen. Damit kann auf die
künstliche und in keiner Weise steuerbare Erzeugung von Mutationen durch
Behandlung mit mutagenen Substanzen oder Bestrahlung verzichtet werden.
Die Gentechnik ist eine sehr zuverlässige Methode. Nach Aussagen der Bun-
desregierung gibt es im Bereich der grünen Gentechnik keine Beispiele für
Schäden von Gesundheit oder Natur durch gentechnisch veränderte Pflanzen.
Die Gentechnik hat die Entwicklung wichtiger Medikamente ermöglicht. Mehr
als 100 gentechnisch hergestellte Arzneimittel und Impfstoffe sind bei uns auf
dem Markt: Humaninsulin, Interferone, Interleukine, Blutgerinnungsfaktoren,
Impfstoffe und andere. Mit gentechnischen Methoden wurden Modelltiere für
die Erforschung von Krankheiten gezüchtet. Verschiedene Enzyme, wie Chy-
mosin, Aminosäuren wie Methionin, Vitamine wie Vitamin B2 werden fermen-
tativ mit gentechnisch veränderten Mikroorganismen erzeugt. Bt-Pflanzen, re-
sistent gegen verschiedene Insekten, tragen in verschiedenen Ländern dazu bei,
den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln zu vermindern. Gleichzeitig werden da-
durch Menschen vor Unfällen mit Pflanzenschutzmitteln geschützt. In der For-
schung wird an der Züchtung von Kulturpflanzen gearbeitet, die Eigenschaften
aufweisen wie die Resistenz gegenüber zurzeit nicht bekämpfbaren Virus-
erkrankungen, Resistenz gegenüber Trockenheit, Produktion von Omega-3-
Fettsäuren zur Vorbeugung gegen koronare Herzkrankheiten.
Die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft,
Renate Künast, hat in ihrer Rede im Deutschen Bundestag zur 2./3. Lesung des
Zweiten Gesetzes zur Neuordnung des Gentechnikrechts geäußert, dass 70 Pro-
zent der Bevölkerung keine gentechnisch veränderten Lebensmittel wolle
(s. Plenarprotokoll 15/167 vom 18. März 2005, S. 15671).

Drucksache 15/5504 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Auf welche Umfrage stützt sich die Aussage der Ministerin, dass 70 Prozent

der Bevölkerung keine gentechnisch veränderten Lebensmittel wollen?
2. Wann und von wem wurde die Umfrage in Auftrag gegeben, welches Insti-

tut hat die Umfrage durchgeführt, welche Fragen wurden den Probanden
vorgelegt und wie war das genaue Ergebnis der Umfrage?

3. Wie bewertet die Bundesregierung die Umfrage von Dialego Market
Research, die im Juni 2004 durchgeführt wurde und vom Handelsblatt in
Auftrag gegeben worden war, nach der 60 Prozent der Befragten glaubten,
dass gentechnisch veränderte Lebensmittel ganz selbstverständlich bei uns
auf dem Speiseplan stehen werden, 66 Prozent einen gentechnisch ver-
änderten Joghurt befürworteten, der präventiv gegen Darmkrebs wirkt, und
40 Prozent auch gentechnisch verändertes Obst und Gemüse kaufen wür-
den, wenn es haltbarer wäre?

4. Welcher wissenschaftlich nachgewiesene Zusammenhang besteht zwischen
der in Umfragen von Verbraucherinnen und Verbrauchern geäußerten
Meinung zu Produkten und dem tatsächlichen Kaufverhalten der Verbrau-
cherinnen und Verbraucher?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Möglichkeit, durch Umfragen bei
Verbraucherinnen und Verbrauchern deren zukünftiges Verbraucherverhal-
ten vorherzusagen?

6. Hätten andere Umfrageergebnisse als die, auf die sich Ministerin Künast
beruft, Konsequenzen für die Politik der Bundesregierung, und wenn ja,
welche?

7. Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit Produkte die Kenn-
zeichnung „ohne Gentechnik“ tragen dürfen?

8. Trifft es zu, dass die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ nur Produkte tragen
dürfen, die nicht aus einem gentechnisch veränderten Organismus bestehen
und bei deren Herstellung auch keine Zutaten, Enzyme, technische Hilfs-
stoffe, Arzneimittel, Futtermittel verwandt wurden, bei deren Herstellung
gentechnische Züchtungsmethoden Anwendung gefunden haben?

9. Welche Produkte sind nach Kenntnis der Bundesregierung auf dem Markt,
die die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“ tragen?

10. Seit wann ist die entsprechende Verordnung in Kraft und von wem wird sie
kontrolliert?

11. Trifft es zu, dass in Regionen, die sich als „gentechnikfrei“ bezeichnen,
Arzneimittel, Enzyme, Vitamine, Aminosäuren, die unter Anwendung gen-
technischer Methoden erzeugt wurden, verwendet werden dürfen und da-
mit diese Regionen in keiner Weise frei von Gentechnik sind?

12. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Bezeichnungen
„ohne Gentechnik“ und „gentechnikfrei“ völlig unterschiedliche Tatbe-
stände bezeichnen?

13. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass dies eine Irreführung der
Verbraucherinnen und Verbraucher ist, und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 11. Mai 2005
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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