BT-Drucksache 15/5499

Anrechnung der Eigenheimzulage als Einkommen beim Arbeitslosengeld II (ALG II)

Vom 11. Mai 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5499
15. Wahlperiode 11. 05. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ina Lenke, Dirk Niebel, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke,
Rainer Funke, Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich,
Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin,
Harald Leibrecht, Günther Friedrich Nolting, Detlef Parr, Gisela Piltz, Carl-Ludwig
Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

Anrechnung der Eigenheimzulage als Einkommen beim Arbeitslosengeld II
(ALG II)

Nach den Regelungen des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch – SGB II (§ 11
SGB II) werden sowohl Eigenheimzulage als auch Baukindergeld als Einkom-
men bei der Berechnung des ALG II-Anspruchs angerechnet. Eine Privilegie-
rung dieser Einnahmen ist nicht gegeben.
Nach Presseberichten führt diese Regelung dazu, dass kinderreiche Familien
mit dem um die Eigenheimzulage gekürzten Arbeitslosengeld II die Tilgung für
ihr selbst genutztes Einfamilienhaus nicht mehr tragen können und damit in
letzter Konsequenz nur noch der Verkauf oder die Zwangsvollstreckung bleibt
(vgl. z. B. Verdener Nachrichten vom 7. April 2005, Achimer Kurier vom
8. Mai 2005).
Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen hat in einem Beschluss
(AZ L 8 AS 39/05 ER) vom 15. April 2005 ausgeführt, dass die Eigenheim-
zulage als Teil des Gesetzes zur Neuregelung der steuerlichen Wohneigentums-
förderung eine verstärkte Förderung der sog. Schwellenhaushalte und dabei
vorrangig der Familien mit Kindern bezwecken soll. Die Abkehr von der frühe-
ren Progressionsabhängigkeit der Eigenheimförderung sollte bewirken, dass
auch nicht steuerbelastete Bezieher kleiner Einkommen in vollem Umfang an
der Förderung teilhaben konnten. Die Eigenheimzulage sei deshalb zweck-
gebunden im Sinne von § 11 Abs. 3 Nr. 1 SGB II und somit als privilegiertes
Einkommen anzusehen. Erforderlich sei aber ein Verwendungsnachweis, dass
die Eigenheimzulage tatsächlich zur Herstellung oder Anschaffung selbst ge-
nutzten Wohneigentums eingesetzt wird.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In wie vielen Fällen wurde die Eigenheimzulage bei der Berechnung des

ALG II-Anspruchs als Vermögen angerechnet, und in wie vielen Fällen
führte dies zu einer Versagung des Anspruchs, weil aufgrund der Anrech-
nung eine Hilfebedürftigkeit verneint wurde?

Drucksache 15/5499 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
2. Sind der Bundesregierung Fälle bekannt, in denen infolge der Anrechnung
der Eigenheimzulage das ALG II so stark reduziert wurde, dass Tilgungs-
raten nicht mehr bedient werden können und ein Verkauf/eine Versteige-
rung des selbst genutzten Wohnraumes unumgänglich wurde oder in abseh-
barer Zeit wird?

3. Wenn ja, wie stellen sich in diesen Fällen die Kosten für die im Anschluss
anfallenden Mietzahlungen im Verhältnis zu den Schuldzinsen dar?

4. Wie viele Kinder leben in den jeweils betroffenen Bedarfsgemeinschaften?
5. Von wie vielen Fällen, in denen Wohnungs- oder Hausbesitzer ihr Wohn-

eigentum aufgrund der Anrechnung der Eigenheimzulage veräußern müs-
sen, geht die Bundesregierung, einen fünf Jahreszeitraum betrachtend, aus?

6. Wie viele der Betroffenen erhielten vor der Beantragung von ALG II
Arbeitslosenhilfe und wie viele Sozialhilfe?

7. Wie viele vormals Arbeitslosenhilfeempfänger, bei denen bis zum
31. Dezember 2004 die Eigenheimzulage nach § 194 SGB III bei der
Anspruchsberechnung nicht als Einkommen berücksichtigt wurde, haben
ALG II beantragt und erhalten?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage, dass der Sinn der durch
die Eigenheimzulage erbrachten steuerlichen Subventionierung, nämlich
den Erwerb, die Herstellung, die Erweiterung oder den Ausbau einer zu
eigenen Wohnzwecken genutzten Wohnung finanziell zu erleichtern,
dadurch konterkariert wird, dass die Eigenheimzulage auf die Leistungen
zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II angerechnet wird?

9. Wie viele Fälle im Zusammenhang mit der Anrechnung der Eigenheim-
zulage als Vermögen nach dem SGB II liegen dem Ombudsrat beim Bun-
desministerium für Wirtschaft und Arbeit vor?

10. Gibt es bereits Vorschläge, wie auf die Beschwerden reagiert werden soll?
11. Hält die Bundesregierung die Aufnahme der Eigenheimzulage als Schon-

vermögen in das Eigenheimzulagengesetz für einen geeigneten Weg, un-
erwünschte Immobilienverkäufe von ALG II-Empfängern zu verhindern?

Berlin, den 11. Mai 2005
Ina Lenke
Dirk Niebel
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Rainer Funke
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich

Dr. Werner Hoyer
Hellmut Königshaus
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Harald Leibrecht
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Gisela Piltz
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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