BT-Drucksache 15/5303

Traditionswürdigkeit von Werner Mölders

Vom 13. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5303
15. Wahlperiode 13. 04. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Günther Friedrich Nolting, Helga Daub, Jörg van Essen, Rainer
Brüderle, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Ulrich Heinrich, Dr. Heinrich L. Kolb, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Detlef Parr,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Traditionswürdigkeit von Werner Mölders

1968 wurde ein Zerstörer der Bundesmarine auf den Namen „Mölders“ getauft,
1972 erhielt eine Kaserne in Visselhövede den Namen „Werner-Mölders-
Kaserne“ und am 22. November 1973 wurde dem Jagdgeschwader 74 durch den
damaligen Bundespräsidenten Gustav Heinemann das Ärmelband „Mölders“
verliehen und die Genehmigung des Tragens als Teil der Uniform erteilt. Der
Wehrmachtsoberst Werner Mölders war somit zu drei unterschiedlichen Vorgän-
gen und Zeiten für die Bundeswehr als traditionswürdig befunden worden.
Am 23. April 1997 wurde von den Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
und SPD anlässlich des 60. Jahrestages der Bombardierung von Guernica ein
Antrag in den Deutschen Bundestag eingebracht (Bundestagsdrucksache
13/7509), mit dem der Deutsche Bundestag die Bundesregierung unter anderem
auffordern sollte, „dafür Sorge zu tragen, dass Mitglieder der Legion Condor in
Deutschland nicht weiter ehrendes Gedenken z. B. in Form von Kasernen-
benennungen bei der Bundeswehr zuteil wird. Bereits erfolgte Kasernenbenen-
nungen nach Mitgliedern der Legion Condor sind aufzuheben.“ Dieser Antrag
wurde zur federführenden Beratung an den Innenausschuss und mitberatend an
den Auswärtigen Ausschuss überwiesen, nicht jedoch an den Verteidigungsaus-
schuss.
Am 15. Dezember 1997 nahm der federführende Innenausschuss einstimmig die
geänderte Fassung des ursprünglichen Antrags (Bundestagsdrucksache 13/7509),
wie in der Beschlussempfehlung auf Bundestagsdrucksache 13/9468 ausge-
führt, an. In dieser Fassung fehlte die oben aufgeführte Aufforderung an die
Bundesregierung bezüglich der Kasernenbenennungen.
Am 23. April 1998 brachte die Gruppe der PDS einen Änderungsantrag in den
Deutschen Bundestag ein (Bundestagsdrucksache 13/10494), mit dem der in der
Beschlussempfehlung des Innenausschusses (Bundestagsdrucksache 13/9468)
gestrichene Text wieder eingefügt werden sollte. Die beantragte Einfügung lau-
tete: „Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf, dafür Sorge zu
tragen, dass Mitglieder der Legion Condor nicht weiter ehrendes Gedenken
z. B. in Form von Kasernenbenennungen der Bundeswehr zuteil wird. Bereits
erfolgte Kasernenbenennungen nach Mitgliedern der Legion Condor sind auf-
zuheben.“

Drucksache 15/5303 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Am 24. April 1998 wurde dieser Änderungsantrag mit den Stimmen der im
Plenum anwesenden Abgeordneten der Fraktionen von BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN und der Gruppe der PDS bei Stimmenthaltung der Fraktion der SPD
gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP angenommen.
Am 26. Juni 2000 beantwortete die Bundesregierung eine Kleine Anfrage der
Abgeordneten Heidi Lippmann und der Fraktion der PDS (Bundestagsdruck-
sache 14/3658). Die Frage 7 dieser Kleinen Anfrage lautete: „Warum wurde bis
heute der Beschluss des Deutschen Bundestages vom 25. April 1998 bezüglich
der Kasernenbenennung nach Angehörigen der Legion Condor nicht umge-
setzt? Gedenkt die Bundesregierung, die Namen der nach dem Jagdflieger Wer-
ner Mölders benannten Einrichtungen abzuändern? Wenn nein, warum nicht?“
Die Bundesregierung beantwortete diese Frage wie folgt: „Die Bundesregie-
rung hat die Auswirkungen des Bundestagsbeschlusses vom 24. April 1998 ge-
prüft. Eine kritische Würdigung der Gesamtpersönlichkeit von Werner Mölders
kann nicht außer Betracht lassen, dass dieser weder an der Bombardierung von
Guernica beteiligt noch persönlich in das Unrecht des NS-Regimes verstrickt
war. Werner Mölders Rolle im Gesamtsystem des NS-Unrechtsstaates ist daher
als nicht so herausgehoben zu bewerten, dass sie – unter Absehung vom bishe-
rigen Verfahren – ein Durchgreifen „von oben“ dringend nahe gelegt hätte.“
Am 28. Januar 2005 teilte nun der Bundesminister der Verteidigung in einer
Pressemitteilung mit, dass er entschieden habe, die „Werner-Mölders-Kaserne“
in Visselhövede und das in Neuburg an der Donau stationierte Jagdgeschwader
74 „Mölders“ umzubenennen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche am 26. Juni 2000 noch nicht vorliegenden Erkenntnisse zur Traditi-

onswürdigkeit von Werner Mölders führten zu der am 28. Januar 2005 veröf-
fentlichten Entscheidung des Bundesministers der Verteidigung, die „Werner-
Mölders-Kaserne“ und das Jagdgeschwader 74 „Mölders“ umzubenennen?

2. Standen dem Militärgeschichtlichen Forschungsamt bei der Erstellung des
„Gutachtens“ zum Jagdgeschwader 74 „Mölders“ (Neuburg a. d. Donau),
Mölders-Kaserne (Visselhövede), Bearbeitungsstand 30. Juni 2004 Primär-
quellen zur Verfügung, die nicht auch schon Grundlage der Prüfung der Tra-
ditionswürdigkeit von Werner Mölders im Rahmen der Zerstörertaufe 1968,
der Kasernenumbenennung 1972 und der Ärmelbandverleihung 1973
waren?

3. Handelt es sich bei dem „Gutachten“ zum Jagdgeschwader 74 „Mölders“
(Neuburg a. d. Donau), Mölders-Kaserne (Visselhövede), Bearbeitungsstand
30. Juni 2004 um eine wissenschaftliche Aufarbeitung neuer Erkenntnisse
oder lediglich um eine Neubewertung bekannter Quellen zum Leben und
Wirken von Werner Mölders mit dem Ergebnis der Infragestellung seiner
Traditionswürdigkeit für die Bundeswehr?

4. Bestand ein Informationsaustausch zwischen Mitarbeitern des Militärge-
schichtlichen Forschungsamtes und der Redaktion Kontraste im Rundfunk
Berlin-Brandenburg sowohl zur Vorbereitung der Berichte über Mölders
vom 1. und 22. April 2004 als auch während der Erstellung des „Gutach-
tens“ zum Jagdgeschwader 74 „Mölders“ (Neuburg a. d. Donau), Mölders-
Kaserne (Visselhövede), Bearbeitungsstand 30. Juni 2004?

5. Aus welchen Gründen hat der Bundesminister der Verteidigung diese Umbe-
nennungsentscheidung auf die Kaserne und das Jagdgeschwader beschränkt
und den Zerstörer „Mölders“ ausgenommen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/5303

6. Ist der Bundesminister der Verteidigung befugt, das Ablegen eines Ärmel-
bandes zu verfügen, das durch den Bundespräsidenten Gustav Heinemann
1973 verliehen und dessen Tragegenehmigung durch diesen erteilt wurde?

7. Beabsichtigt der Bundesminister der Verteidigung weitere Umbenennungen
von Kasernen, Verbänden und Schiffen, deren Namensgeber ehemalige
Soldaten der Wehrmacht waren?

Berlin, den 12. April 2005
Günther Friedrich Nolting
Helga Daub
Jörg van Essen
Rainer Brüderle
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Ulrich Heinrich
Dr. Heinrich L. Kolb
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Detlef Parr
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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