BT-Drucksache 15/5294

Auswirkungen der neuen Düngemittelverordnung auf den Einsatz von Rindenprodukten

Vom 13. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5294
15. Wahlperiode 13. 04. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer
Funke, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin,
Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Detlef Parr, Gisela Piltz,
Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Auswirkungen der neuen Düngemittelverordnung auf den Einsatz
von Rindenprodukten

Die Neufassung der Düngemittelverordnung vom Dezember 2003, zuletzt ge-
ändert am 3. November 2004 (DüMiVo) sieht die Festlegung von Grenzwerten
für den Cadmium-Gehalt in Rindenprodukten vor. In Zukunft (ab Dezember
2006) sollen solche Produkte, die mehr als 1,5 mg Cd je kg Trockenmasse
(TM) aufweisen, nicht mehr als Bodenhilfsstoffe oder organische Dünger ver-
wendet werden dürfen. Dieser Wert wurde aus der Bodenschutzverordnung und
der Bioabfallverordnung übernommen. Bisher galt für Rindenprodukte keine
derartige Beschränkung der Cd-Gehalte.
Cadmium lagert sich aus physiologischen Gründen vorwiegend in der Baum-
rinde ab. An einigen Standorten in Deutschland ist der natürliche, geogen be-
dingte Cd-Gehalt im Boden so hoch, dass die Rinde der Bäume dieser Regio-
nen den in der Verordnung vorgesehenen Cadmium-Gehalt von 1,5 mg/kg TM
überschreiten. Rindenprodukte dieser Regionen (Rindenmulch, Rindenhumus
und Rindenkultursubstrat) werden unter den Bedingungen der jetzt geltenden
Düngemittelverordnung ab Dezember 2006 nicht mehr verwendet werden kön-
nen. Dies wird insbesondere auch den Erwerbsgartenbau mit den Zweigen
Gemüsebau, Zierpflanzenbau und Baumschulen betreffen.
Die Cadmium-Aufnahme der Bäume wird durch einen niedrigen pH-Wert im
Boden begünstigt. Seit Jahrzehnten wird in Deutschland eine zunehmende Ver-
sauerung der Böden beobachtet. Dieser Versauerung der Böden und den damit
einhergehenden negativen Auswirkungen wie der Cadmium-Aufnahme durch
Bäume, dem Eintrag von Schwermetallen ins Grundwasser kann nur durch
flächendeckende Kalkungen der Wälder begegnet werden. Da die Ursache für
die Versauerung der Böden durch Schadstoffeinträge insbesondere aus dem
Verkehr verursacht werden, sollte Kalkung der Wälder aus dem Steueraufkom-
men finanziert werden.
Es gibt den erklärten politischen Willen, den Torfverbrauch aus ökologischen
Gründen zu reduzieren und nach einsatzfähigen Torfersatzprodukten zu suchen.
Der Erwerbsgartenbau stellt heute hohe Ansprüche an die Eigenschaften von
Substraten, um diese in den modernen Produktionsmethoden einsetzen zu

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können. Rindenprodukte können hier einen wesentlichen Beitrag leisten, Torf-
substrate zu ersetzen. Rinde ist ein wertvoller und auch nachwachsender heimi-
scher Rohstoff, der in bedeutendem Maße dazu beitragen kann, den Torfabbau
zu reduzieren.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Bedeutung misst die Bundesregierung dem Schutz und Erhalt der

Hochmoore im Hinblick auf den Erhalt der Biodiversität und die Vermei-
dung von zusätzlichen CO2-Emissionen bei?

2. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass der Torfabbau in Mooren
aus ökologischen Gründen zukünftig weiter eingeschränkt werden sollte,
und wenn ja, welche Maßnahmen hierzu sind zukünftig geplant?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass es sich bei Rin-
denprodukten um wertvolle Torfersatzprodukte handelt, deren vermehrter
Einsatz in den vergangenen Jahren als Bodenhilfsstoffe und organische
Dünger zu einer deutlichen Reduzierung des Torfverbrauchs in Deutsch-
land geführt haben?

4. Welche wirtschaftliche Größenordnung hat nach Kenntnis der Bundes-
regierung derzeit der Markt für Rindenprodukte in Deutschland?

5. Wie viele Arbeitsplätze sind nach Einschätzung der Bundesregierung
direkt oder indirekt im Bereich der Herstellung und Vermarktung von Rin-
denprodukten in Deutschland angesiedelt?

6. Welche Regionen der Bundesrepublik Deutschland sind nach Kenntnis der
Bundesregierung besonders stark von erhöhten Cd-Gehalten in der Rinde
von Bäumen betroffen und welche Gründe lassen sich hierfür anführen?

7. In welchen Regionen ist der im Sinne der DüMiVo erhöhte Cadmium-Ge-
halt der Rinden geogen, in welchen auf Grund einer erhöhten Cadmium-
Aufnahme der Bäume wegen der starken Versauerung der Böden und in
welchen auf Grund von industriellen Einträgen bedingt?

8. Gibt es Regionen in Deutschland, in denen die landwirtschaftliche
Nahrungsmittelproduktion auf Grund des geogen bedingten Gehaltes an
Cadmium untersagt ist, und wenn ja, welche Regionen sind dies?

9. Wie beurteilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass durch die Ände-
rung der DüMiVo in Deutschland zukünftig etwa 1/3 der bisher vermark-
teten Rindenprodukte (entspricht ca. 920 T m3 pro Jahr) nicht mehr wie
bisher eingesetzt werden können, da sie einen Cd-Gehalt von mehr als
1,5 mg/kg TM aufweisen (Erklärung der Gütegemeinschaft Substrate für
Pflanzenbau e.V. vom 16. März 2005)?

10. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass Rindenprodukte auf
Grund langer Anwendungspausen (Einsatz nur einmalig bzw. in großen
Zeitabständen von 10 bis 15 Jahren), die sich von der regulären Anwen-
dung von Düngemitteln (in der Regel häufige Anwendung im Abstand von
ein bis drei Jahren) deutlich unterscheiden, nur Cadmiumfrachten in den
Boden einführen, die die zulässigen Grenzfrachten lt. Bioabfallverordnung
unterschreiten, d. h. damit kaum bedenklich sind?

11. Kann die Bundesregierung fundierte Forschungsstudien anführen, die be-
legen, dass unter diesen Voraussetzungen durch den in der Praxis des Gar-
ten- und Landschaftsbaues üblichen Einsatz von Rindenprodukten eine
verstärkte Akkumulation von Cadmium im Boden eintritt, und wenn ja,
welche?

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12. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die Rindenprodukte
durch die Festlegung eines Gehaltgrenzwertes von 1,5 mg Cd/kg TM im
Vergleich zu anderen Düngemitteln in ihrer Anwendung unverhältnis-
mäßig benachteiligt werden, d. h. eine im Sinne des Gesetzes gleichberech-
tigte Behandlung nicht gegeben ist?

13. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass es zu einer wesentlichen
Reduzierung von Herbiziden auf mit Rinde gemulchten Flächen kommt
und welche Forschungsergebnisse lassen sich hierzu anführen?

14. Welchen Wert misst die Bundesregierung dem Rindenmulch als Mittel für
einen effizientern Erosionsschutz der Böden zu?

15. Werden nach Einschätzung der Bundesregierung durch die Einführung der
neuen DüMiVo auch nach Deutschland importierte Rindenprodukte von
den neuen Cd-Richtwerten betroffen sein, und wenn ja, um welche impor-
tierenden Länder handelt es sich hierbei und wie und durch wen erfolgen
die Kontrollen?

16. Welches Ziel verfolgte die Bundesregierung mit der Einführung des Cad-
mium-Grenzwertes auch für Rindenmulch und war beabsichtigt, dass die
Verwendung von Rindenmulch eingeschränkt wird?

17. Wie erklärt die Bundesregierung, dass für die im Dezember 2003 in Kraft
getretene DüMiVo in Bezug auf die Cadmium-Grenzwerte eine Über-
gangsfrist von nur drei Jahren (bis Dezember 2006) eingeräumt wurde, für
mit Polyacrylamid belastete Düngemittel hingegen eine Übergangsfrist bis
zum Dezember 2013 ausgesprochen wurde?

18. Trifft es zu, dass Rinden, die auf Grund der DüMiVo nicht mehr rohstoff-
lich verwendet werden, zunehmend verbrannt werden müssen, und wenn ja,
sind dafür zusätzliche Cadmium-Filtereinrichtungen in Verbrennungsanla-
gen erforderlich und welche Kosten wird deren Einbau verursachen?

19. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass die rohstoffliche Verwer-
tung von Rinden einer thermischen Verwertung vorzuziehen ist, sofern der
Cadmium-Eintrag in der Größenordnung des geogen bedingten Cadmium-
Gehalts von Böden bleibt.

20. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass für das Cluster Forst und
Holz die rohstoffliche Verwertung von Rindenprodukten die Waldbewirt-
schaftung stärkt, zusätzliche Einnahmen für die Waldbewirtschaftung er-
bringt, ökologisch sinnvoll ist und daher ein Beitrag zur Nachhaltigkeit ist,
und wenn nein, warum nicht?

Berlin, den 13. April 2005
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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