BT-Drucksache 15/5289

Organisation der Schuldnerberatungs- und Insolvenzberatungsstellen angesichts der zunehmenden Überschuldung privater Haushalte

Vom 12. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5289
15. Wahlperiode 12. 04. 2005

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ursula Heinen, Peter H. Carstensen (Nordstrand), Marlene
Mortler, Artur Auernhammer, Peter Bleser, Gitta Connemann, Gerda Hasselfeldt,
Helmut Heiderich, Uda Carmen Freia Heller, Dr. Peter Jahr, Julia Klöckner,
Bernhard Schulte-Drüggelte, Kurt Segner, Jochen Borchert, Klaus Brähmig,
Cajus Julius Caesar, Hubert Deittert, Thomas Dörflinger, Ingrid Fischbach,
Ute Granold, Ernst Hinsken, Susanne Jaffke, Volker Kauder, Heinrich-Wilhelm
Ronsöhr, Dr. Klaus Rose, Anita Schäfer (Saalstadt), Norbert Schindler, Georg
Schirmbeck, Max Straubinger, Volkmar Uwe Vogel und der Fraktion der CDU/CSU

Organisation der Schuldnerberatungs- und Insolvenzberatungsstellen
angesichts der zunehmenden Überschuldung privater Haushalte

Die Zahl der überschuldeten privaten Haushalte in Deutschland wächst stetig.
Überschuldung liegt nach § 19 Abs. 2 InsO vor, wenn das Vermögen des
Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Überschuldete
Haushalte können also mit ihrem laufenden Einkommen nach Auflösung ihrer
Reserven den Zahlungsverpflichtungen nicht mehr vollständig nachkommen,
selbst wenn sie ihre Lebenshaltungskosten einschränkten. Während der erste
Armuts- und Reichtumsbericht der Bundesregierung ergab, dass es 1999 rund
2,77 Millionen überschuldete private Haushalte in Deutschland gab, gehen die
Berechnungen des zweiten Armuts- und Reichtumsberichts im Jahr 2004 schon
von rund 3,1 Millionen überschuldeten Haushalten aus.
Überschuldung ist nicht nur für die Betroffenen problematisch. Sie wirkt sich
auch negativ auf die Arbeitgeber der Überschuldeten, auf die Gläubiger und auf
die öffentlichen Haushalte aus. Ohne Intervention verschlechtern sich die
Lebens- und Arbeitsbedingungen der Betroffenen und ihrer Familien jedoch
weiter, und es steigen die Kosten für die Allgemeinheit. Dieses zu verhindern,
bedeutet, die Menschen zu befähigen, ihre Finanzen wieder in den Griff zu
bekommen bzw. nicht tiefer in die Schuldenspirale zu geraten. Bei der Bewäl-
tigung der Überschuldung nimmt die Schuldner- und Insolvenzberatung eine
Schlüsselrolle ein. Die Verbände, die in Deutschland Schuldnerberatungen
anbieten, haben sich in einer Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der
Verbände (AG SBV) zu einer gemeinsamen Plattform zur fachlichen und über-
verbandlichen Zusammenarbeit zusammengeschlossen.
Obwohl die Zahl der überschuldeten privaten Haushalte und damit auch die
Bedeutung der Schuldner- und Insolvenzberatungsstellen immer größer wird,
gibt es in Deutschland jedoch keinen gesamtgesellschaftlichen Ansatz zur
Koordinierung und Finanzierung der Beratungsstellen.
Dabei gibt es interessante Modelle aus anderen Ländern, die durchaus über-
legenswert sind. Die britische Regierung hat zum Beispiel eine „Task Force zur
Bewältigung der privaten Überschuldung“ ins Leben gerufen, der unterschied-

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liche Regierungsressorts, die Kreditwirtschaft, Verbraucherverbände, non-profit
Organisationen und Wirtschaftsinstitute angehören. Ihre Aufgabe besteht darin,
auf der Grundlage wissenschaftlicher Untersuchungen einen nationalen Aktions-
plan zu entwickeln, der rechtliche und tatsächliche Aktivitäten forcieren soll.
Der Aktionsplan liefert Erfolgskriterien, die den Maßstab für den jährlich vor-
zulegenden Evaluierungsbericht bilden. Er soll laufend fortgeschrieben und
gegebenenfalls korrigiert werden.
In Deutschland ist die Zuständigkeit der Bundesregierung bezüglich der Themen
aus dem Bereich der Schuldner- und Insolvenzberatung weit verstreut und liegt
bei mindestens sechs Bundesministerien.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung die wachsende Zahl überschuldeter pri-

vater Haushalte seit dem ersten Armuts- und Reichtumsbericht während
ihrer Regierungszeit?

2. Welche Bundesministerien sind für die Themen aus dem Bereich der
Schuldner- und Insolvenzberatung zuständig?

3. Ist ein Ministerium federführend für die Koordinierung dieser Themen und
falls keines, aus welchen Gründen?

4. Gibt es eineArbeitsgruppe ausVertretern der verschiedenenMinisterien, die
die Themen ressortübergreifend bearbeiteten, und falls nein, warum nicht?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung das gesamtgesellschaftliche, koordi-
nierte Vorgehen der britischen Regierung im Rahmen der „Task Force zur
Bewältigung der privaten Überschuldung“?

6. Gibt es Pläne der Bundesregierung eine solche „Task Force“ auch in
Deutschland einzuführen, und falls nein, aus welchen Gründen?

7. Hat sich die Bundesregierung mit Lösungsmodellen aus anderen Ländern
auseinander gesetzt, und wenn ja, mit welchen?

8. Fördert der Bund die Arbeitsgemeinschaft der Schuldnerberatung der Ver-
bände (AG SBV), und falls nein, warum nicht?

9. Moderiert die Bundesregierung Gespräche, die sich mit der finanziellen
Beteiligung der Wirtschaft an der Schuldnerberatung befassen, und falls
nein, warum nicht?

10. Setzt sich die Bundesregierung dafür ein, dass der Umgang mit Geld etwa
im Rahmen der politischen Bildung thematisiert wird, und falls nein, aus
welchen Gründen?

Berlin, den 12. April 2005
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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