BT-Drucksache 15/5271

Hinzuverdienstmöglichkeiten zum Arbeitslosengeld II im Interesse einer Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt verbessern

Vom 13. April 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5271
15. Wahlperiode 13. 04. 2005

Antrag
der Abgeordneten Dirk Niebel, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst
Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel Happach-Kasan,
Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Harald
Leibrecht, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Dieter Thomae, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Hinzuverdienstmöglichkeiten zum Arbeitslosengeld II im Interesse einer
Beschäftigung im ersten Arbeitsmarkt verbessern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Zahl der registrierten Arbeitslosen erreichte im Februar 2005 in Deutsch-
land einen Rekordstand von über 5,2 Millionen. Auch im März 2005 ist die
Zahl nur minimal auf 5,17 zurückgegangen, erhöhte sich aber im Vergleich zum
März des Vorjahres um 628 000. Es zeigt sich, dass die von der rot/grünen Bun-
desregierung eingeleiteten Reformmaßnahmen nicht ausreichen, um die ange-
strebten beschäftigungspolitischen Erfolge zu erzielen und einen Anreiz für
Neueinstellungen zu schaffen. Gerade Menschen mit geringen Qualifikationen
haben es nach wie vor auf dem deutschen Arbeitsmarkt besonders schwer.
Technischer Fortschritt und zunehmender Konkurrenzdruck durch Billiglohn-
länder haben die Nachfrage nach einfacher Arbeit in Deutschland reduziert.
Mit dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt wurden
für Arbeitslosengeld-II-Bezieher Freibeträge bei einem Hinzuverdienst fest-
geschrieben. Damit sollte dem richtigen Ansatz gefolgt werden, dass derjenige,
der arbeitet, mehr Geld zur Verfügung haben soll, als derjenige, der trotz
Erwerbsfähigkeit nicht arbeitet.
Nach der jetzigen Regelung in § 30 SGB II bleiben von einem Hinzuver-
dienst von bis zu 400 Euro zum Arbeitslosengeld II nur 15 Prozent – also ma-
ximal 60 Euro – anrechnungsfrei. Damit stehen sich diejenigen, die mit einer
geringfügigen Beschäftigung zu ihrem Arbeitslosengeld II etwas hinzuver-
dienen schlechter als nach der alten Rechtslage. Danach verblieb Arbeitslo-
senhilfeempfängern wenigstens ein Grundfreibetrag von 165 Euro monatlich.
Derzeit können Arbeitslosengeld-II-Empfänger ihr Einkommen entweder da-
durch verbessern, dass sie einen Job in der freien Wirtschaft annehmen und eine
Transferentzugsrate von 85 Prozent bei einem Verdienst bis 400 Euro in Kauf
nehmen, oder aber eine gemeinnützige Tätigkeit aufnehmen, bei der zwischen

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einem und zwei Euro pro Stunde als Mehraufwandsentschädigung gezahlt
wird. Damit können monatlich bis zu 200 oder 300 Euro hinzuverdient werden,
die nicht auf das Arbeitslosengeld II angerechnet werden. Die Aufnahme einer
Beschäftigung auf dem zweiten Arbeitsmarkt bzw. Schwarzarbeit ist damit im
Vergleich zu einer Zuverdienstmöglichkeit auf dem ersten Arbeitsmarkt unter
finanziellen Gesichtspunkten deutlich attraktiver. Mit Blick auf die angestrebte
Integration Langzeitarbeitsloser in den ersten Arbeitsmarkt sind damit die An-
reize falsch gesetzt. Dies muss korrigiert werden. Die Arbeitsaufnahe in den
ersten Arbeitsmarkt mit höheren Integrationschancen muss stärker gefördert
werden. Die FDP-Bundestagsfraktion hatte bereits in dem Vermittlungsverfah-
ren zu dem Vierten Gesetz für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt
deutlich höhere Hinzuverdienstmöglichkeiten gefordert.
Ziel muss es sein, dem Einzelnen wieder eine Motivation zu geben, ins
Erwerbsleben zurückzukehren. Um die Bezieher des Arbeitslosengelds II zur
Arbeitsaufnahme zu motivieren, muss der anrechnungsfreie Betrag des Hin-
zuverdienstes angehoben werden. Nur so kann erreicht werden, dass Langzeit-
arbeitslose den Kontakt zur Arbeitswelt wiederherstellen und sich eine reelle
Chance eröffnen, in die voll sozialversicherungspflichtige Arbeit und in die
Selbstfinanzierung zurückzukehren. Jede Bemühung, sich wieder in den
Arbeitsmarkt einzugliedern, muss belohnt werden. Der Arbeitswillige und öko-
nomisch rational denkende Arbeitslose darf nicht durch die überproportionale
Anrechnung seines Hinzuverdienstes von der Aufnahme legaler Arbeit abge-
halten werden.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung daher auf,
einen Gesetzentwurf vorzulegen, der beinhaltet, dass für Empfänger von Ar-
beitslosengeld II der Freibetrag bei einem Hinzuverdienst aus Erwerbstätigkeit
von bis zu 600 Euro monatlich auf 40 Prozent angehoben wird.

Berlin, den 12. April 2005
Dirk Niebel
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin

Harald Leibrecht
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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