BT-Drucksache 15/507

Fehlerhafte Berechnungspraxis der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bei der Vergleichsrente nach § 307b SGB VI

Vom 19. Februar 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/507
15. Wahlperiode 19. 02. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Klaus Haupt, Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr (Münster), Rainer
Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke,
Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Ina Lenke, Dirk Niebel, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard
Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Dieter
Thomae, Jürgen Türk, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Fehlerhafte Berechnungspraxis der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte (BfA) bei der Vergleichsrente nach § 307b SGB VI

Die Rentenbescheide der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) für
ehemals Zusatz- und Sonderversorgte in der ehemaligen DDR, deren Renten vor
dem 1. Januar 1992 begonnen haben und die mit der Neufassung der Vorschrift
des § 307b Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI) durch das Zweite Gesetz
zur Änderung und Ergänzung des Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungs-
gesetzes (2. AAÜG-Änderungsgesetz – 2. AAÜG-ÄndG) vom 2. August 2001
einen Anspruch auf eine „20-Jahreszeitraum-Vergleichsberechnung“ haben,
sind in einer Vielzahl von Fällen falsch berechnet worden.
Bei der Umsetzung der Vergleichsberechnung hat der Gesetzgeber darauf ge-
drungen, dass für rd. 280 000 Rentenfälle eine maschinelle Bescheiderteilung
angewandt wird, um zu gewährleisten, dass mögliche Rentenverbesserungen
aus der Vergleichsberechnung den bereits älteren Rentenbeziehern zeitnah zu-
gute kommen können. Dies erforderte nach Darstellung der BfA einen Rück-
griff auf die maschinell gespeicherten Entgelte, die bereits der nach dem
SGB VI zu berechnenden Rente zugrunde gelegt worden sind. Dabei werden
Anwartschaften von Versicherten, die ihre tatsächlichen Verdienste oberhalb
der individuellen Beitragsbemessungsgrenze nach dem SGB VI bis zu dem
pauschalen Wert des 1,8fachen des Durchschnittsverdienstes geltend machen
können, nicht berücksichtigt. Die BfA nimmt nur bei einem eingelegten Wider-
spruch der betroffenen Rentner eine korrekte Neufeststellung der Vergleichs-
rente vor.
Da die maschinelle Bescheiderteilung gesetzlich vorgegeben ist, liegt nach
Auffassung der Bundesregierung kein systematischer Fehler der BfA vor. Nach
Auskunft der Bundesregierung sind der BfA andere Daten auch nicht bekannt,
so dass die BfA nur im Zusammenwirken mit den Versicherten in der Lage sei,
die Neuberechnung der Vergleichsrente mit den tatsächlichen Entgelten durch-
zuführen (siehe Antwort der Parlamentarischen Staatssekretärin bei der Bun-
desministerin für Gesundheit und Soziale Sicherung, Marion Caspers-Merk,
vom 3. Februar 2003 auf die schriftlichen Fragen 62 und 63 des Abgeordneten
Klaus Haupt auf Bundestagsdrucksache 15/414).

Drucksache 15/507 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. In wie vielen Fällen ist gegen Rentenbescheide der BfA, die aufgrund des

§ 307b SGB VI berechnet worden sind, Widerspruch eingelegt worden?
2. In wie vielen Fällen ist der eingelegte Widerspruch gegen die Berechnung

der Rentenanwartschaften nach § 307b SGB VI von der BfA positiv be-
schieden worden?

3. In wie vielen Fällen sind Rentner, die Widerspruch gegen die Berechnung
der Rentenanwartschaften nach § 307b SGB VI eingelegt haben, von der
BfA aufgefordert worden, Daten zur Neuberechnung der Anwartschaften
an die BfA zu übermitteln?

4. Seit wann ist innerhalb der BfA bekannt, dass es bei der Neuberechnung
der Rentenanwartschaften für ehemals Zusatz- und Sonderversorgte auf-
grund der verwendeten Daten zu Falschberechnungen kommen kann?

5. Seit wann ist der Bundesregierung bekannt, dass es bei der Neuberechnung
der Rentenanwartschaften für ehemals Zusatz- und Sonderversorgte auf-
grund der verwendeten Daten zu Falschberechnungen kommen kann?

6. Seit wann ist dem Bundesversicherungsamt bekannt, dass es bei der Neu-
berechnung der Rentenanwartschaften für ehemals Zusatz- und Sonderver-
sorgte aufgrund der verwendeten Daten zu Falschberechnungen kommen
kann?

7. Warum weist die BfA in ihren Bescheiden nicht auf den Umstand hin, dass
es bei der Neuberechnung der Rentenanwartschaften nach § 307b SGB VI
für ehemals Zusatz- und Sonderversorgte aufgrund der verwendeten Daten
zu Falschberechnungen kommen kann?

8. Hält die Bundesregierung das unterlassene Hinweisen in den Rentenbe-
scheiden nach § 307b SGB VI auf mögliche Falschberechnungen der Ren-
tenanwartschaften für ehemals Zusatz- und Sonderversorgte aufgrund der
verwendeten Daten für ein rechtmäßiges Verwaltungshandeln?

9. Welche Interessenverbände der Betroffenen sind gemeint, auf die die Bun-
desregierung in ihrer Beantwortung auf die schriftliche Frage des Abgeord-
neten Klaus Haupt (Bundestagsdrucksache 15/414) verweist, die „in Zu-
sammenarbeit mit den Interessenverbänden der Betroffenen die BfA auf
diese Zusammenhänge hingewiesen“ habe?

10. Wann erfolgte der in Frage 9 beschriebene Hinweis an die „Interessenver-
bände der Betroffenen“?

11. In welchem Rahmen und in welcher Form erfolgte der in Frage 9 beschrie-
bene Hinweis an die „Interessenverbände der Betroffenen“?

12. Wie erklärt sich die Bundesregierung, dass die BfA bei Einlegung eines
Widerspruches eine Neuberechnung der Rentenanwartschaften aufgrund
der tatsächlichen Entgelte vornimmt, ohne von dem widersprechenden
Betroffenen die Daten zur Neuberechnung anzufordern, obwohl die
Bundesregierung in ihrer schriftlichen Antwort vom 3. Februar 2003 auf
die Fragen 62 und 63 des Abgeordneten Klaus Haupt (Bundestagsdruck-
sache 15/414) erklärt hat, dass der BfA Entgeltbestandteile oberhalb der
individuellen Beitragsbemessungsgrenze nach dem SGB VI nicht bekannt
seien und diese daher nur im Zusammenwirken mit den Versicherten fest-
gestellt werden könnten?

13. Wie erklärt sich die Bundesregierung Aussagen von Seiten der BfA
(Pressesprecher der BfA Rainer Helbing in der MDR-Fernsehsendung
„UMSCHAU“ am 21. Januar 2003), dass die BfA über die zur korrekten
Berechnung der Anwartschaften benötigten Datensätze sehr wohl verfügt,

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/507

diese jedoch nicht zur Berechnung der Anwartschaften nach § 307b
SGB VI herangezogen wurden?

14. Hält die Bundesregierung im Falle der Bestätigung, dass die BfA über die
notwendigenDatensätze zur korrektenBerechnung derVergleichsrente nach
§ 307b SGB VI verfügt, ihre Aussage in der Antwort auf die schriftliche
Frage 63 des Abgeordneten Klaus Haupt (Bundestagsdrucksache 15/414)
aufrecht, dass der BfA keine Daten über Entgeltbestandteile oberhalb der in-
dividuellen Beitragsbemessungsgrenze nach dem SGB VI bekannt sind und
die BfA nur im Zusammenwirken mit den Versicherten in der Lage ist, eine
Vergleichsrente mit den tatsächlichen Entgelten durchzuführen?

15. Hält die Bundesregierung im Falle der Bestätigung, dass die BfA über die
notwendigenDatensätze zur korrektenBerechnung derVergleichsrente nach
§ 307b SGB VI verfügt, ihre Aussage in der Antwort auf die schriftliche
Frage 63 des Abgeordneten Klaus Haupt (Bundestagsdrucksche 15/414)
aufrecht, dass hier kein systematisches fehlerhaftes Verwaltungshandeln
vorliegt?

16. Sollte die Bundesregierung in Beantwortung der Frage 15 ein systemati-
sches fehlerhaftes Verwaltungshandeln seitens der BfA bejahen, welche
Schritte wird dann die Bundesregierung gemäß den §§ 87ff. SGB IV ein-
leiten?

Berlin, den 19. Februar 2003
Klaus Haupt
Dr. Heinrich L. Kolb
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Werner Hoyer
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Ina Lenke
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Dieter Thomae
Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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