BT-Drucksache 15/5055

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -15/3640, 15/5049- Entwurf eines Siebenten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen

Vom 9. März 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/5055
15. Wahlperiode 09. 03. 2005

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Rainer Brüderle, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Rainer Funke,
Daniel Bahr (Münster), Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Christel
Happach-Kasan, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut Königshaus,
Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Dirk
Niebel, Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der
Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 15/3640, 15/5049 –

Entwurf eines Siebten Gesetzes zur Änderung des Gesetzes gegen
Wettbewerbsbeschränkungen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Zunehmende Kooperationen und Fusionen von Zeitungsverlagen und die daraus
resultierende stärkere Marktposition bedrohen die Eigenständigkeit des Presse-
Grosso, welches mit den Grundsätzen der Überallerhältlichkeit und Vielfalt des
Presseangebots die Presse- und Meinungsvielfalt in Deutschland gewährleistet.
Das deutsche System mit einem überwiegend verlagsunabhängigen Presse-
Grosso hat nachweislich zu wesentlich größerer Titelvielfalt geführt als in ande-
ren Ländern Europas oder der Welt. Es ist ein Garant der Meinungsvielfalt und
damit im allgemeinen öffentlichen Interesse. Das Diskriminierungsverbot und
die daraus resultierende Titelvielfalt kommen jedoch nicht nur den Nutzern, den
Lesern und Zeitungs- sowie Zeitschriftenkäufern zugute, sondern geben auch
kleinen Verlagen die dauerhafte Möglichkeit, ihre Leser zu erreichen.
Das Grosso-Vertriebssystem wird aktuell von mehreren Seiten existentiell be-
droht. So wies beispielsweise Staatsministerin Dr. Christina Weiss in einer
Pressemitteilung vom 26. Mai 2004 darauf hin, dass „einige Verlagshäuser
neuerdings Exklusivlieferverträge mit Lebensmitteldiscountern oder Fast-
Food-Ketten abschließen, um für ihre Publikationen unter Umgehung des
Presse-Grosso direkte Wege zum Leser aufzubauen. Dies gefährdet die Ange-
botsvielfalt: Verlieren die Grossisten nennenswerte Anteile der umsatzstarken

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Massentitel, ist ihre Gesamtkalkulation, die auch kostenintensive Titel mit
geringer Auflage einbezieht, gefährdet.“
Auch der Bundesminister fürWirtschaft und Arbeit, Wolfgang Clement, hat sich
im Ausschuss für Kultur und Medien des Deutschen Bundestages am 12. No-
vember 2003 besorgt geäußert: „Beim Presse-Grosso sehe er eine problemati-
sche Entwicklung. Wenn es eine Änderung bei den Aufgreifkriterien gebe, dann
müsse auch vertikal eine Änderung vorgenommenwerden, weil sonst die Gefahr
bestünde, dass einzelne Unternehmen das Presse-Grosso oder Presse-Grossisten
ganz oder teilweise übernehmen könnten, was nicht akzeptabel und verfassungs-
rechtlich nicht hinnehmbar wäre.“
Das Protokoll der Ausschusssitzung zitiert den Bundesminister für Wirtschaft
und Arbeit, Wolfgang Clement, weiter: „Seine Äußerung, dass die Entwicklung
beim Presse-Grosso problematisch sei, stütze er auf die Möglichkeit von Verle-
gern, hier Einfluss zu nehmen. Die Vertriebswege der Presse seien für ihn der
empfindlichste Bereich, in dem die Vielfalt am ehesten gefährdet sei. Demzu-
folge sei hier die höchste Sensibilität erforderlich.“
Eine weitere Bedrohung des Grosso-Systems besteht in der laut Presseberichten
bevorstehenden Herausgabe von Gratiszeitungen in Form einer Kooperation
zwischen einem schwedischen und einem deutschen Verlagsunternehmen.
Zur Sicherung des bewährten Grosso-Vertriebssystems haben der Verband Deut-
scher Zeitschriftenverleger, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger und
der Bundesverband Deutscher Buch-, Zeitungs- und Zeitschriften-Grossisten
am 19. August 2004 eine „Gemeinsame Erklärung“ unterzeichnet.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
angesichts der seit Unterzeichnung der „Gemeinsamen Erklärung“ am 19. Au-
gust 2004 eingetretenen, bzw. bevorstehenden Entwicklungen (Fusionen zwi-
schen Verlagshäusern, Direktbelieferungen, geplante Gratiszeitungen) die in
dieser Erklärung enthaltenen inhaltlichen Grundsätze zugunsten eines ver-
lagsunabhängigen und diskriminierungsfreien Pressevertriebs gesetzlich abzu-
sichern und dabei folgende Kernpunkte zu berücksichtigen:
l Erhalt des gewachsenen, überwiegend aus verlagsunabhängigen Grossisten

bestehenden Vertriebssystems, welches Überallerhältlichkeit und Vielfalt des
Presseangebots in Deutschland sichert.

l Erhalt der Eckpunkte des bewährten Grosso-Systems: Dispositionsrecht, Re-
missionsrecht, Preisbindung, Verwendungsbindung, Neutralität auf Grosso-
Ebene, gebietsbezogene Alleinauslieferung, keine exklusiven Belieferungs-
vereinbarungen mit Einzelhändlern.

Berlin, den 9. März 2005
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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