BT-Drucksache 15/4847

Seeschifffahrt und Küstenschutz in Deutschland stärken

Vom 16. Februar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4847
15. Wahlperiode 16. 02. 2005

Antrag
der Abgeordneten Hans-Michael Goldmann, Horst Friedrich (Bayreuth), Jürgen
Koppelin, Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Otto Fricke, Rainer Funke,
Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger,
Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Sibylle Laurischk, Harald
Leibrecht, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto
(Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Carl-Ludwig Thiele, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Seeschifffahrt und Küstenschutz in Deutschland stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Deutschland ist hoch industrialisiert, jedoch rohstoffarm; Deutschland bleibt als
moderner Industriestaat zur Produktion von Waren und Veredelungsgütern auf
den ungehinderten und gesicherten Zugang zu Rohstoffen und Primärenergieträ-
gern angewiesen. Aus dieser Abhängigkeit erwächst ein elementares Interesse
am Funktionieren eines insgesamt offenen Weltwirtschaftssystems und eines
freien Seeverkehrs. Ohne leistungsfähigen und kostengünstigen Seeverkehr gibt
es keine wirtschaftliche Entwicklung und Sicherheit der Handelsverbindungen.
Freie Seewege sind Lebensadern, auf die Deutschland wegen seiner geostrategi-
schen Lage und seiner exportwirtschaftlichen Orientierung besonders angewie-
sen ist. Freier und ungestörter Seeverkehr ist die Voraussetzung, dass sich die
deutsche Wirtschaft erfolgreich entwickeln kann.
95 Prozent des interkontinentalen Handels und 62 Prozent des innereuropäi-
schen Handels werden über die See abgewickelt. Ein Fünftel des gesamten deut-
schen Außenhandelsvolumens wird über die deutschen Seehäfen abgewickelt,
das entspricht einem Wert von 199,5 Mrd. Euro. Dabei ist noch nicht der Um-
schlag in europäischen Häfen wie Rotterdam erfasst, wo ca. 30 Prozent mehr
Güter für Deutschland umgeschlagen werden als in Hamburg. Das bedeutet,
dass Deutschland ein essentielles Interesse an einem starken maritimen Standort
haben muss. Und der Standort Deutschland steht insgesamt gut da. Dies ist den
gemeinsamen Bemühungen der Politik und der maritimenWirtschaft zu verdan-
ken. Der Deutsche Bundestag dankt insbesondere den Arbeitgeber- und Arbeit-
nehmervertretern für ihre gute Zusammenarbeit im maritimen Bündnis.
Die deutschen Reeder gehören zu den weltweit erfolgreichsten. Sie besitzen ca.
ein Drittel der weltweiten Containertransportkapazität. Nachdem die Politik par-
teiübergreifend mit der Tonnagesteuer und dem Lohnsteuereinbehalt und den
Förderungen für Ausbildungsplätze für eine Entlastung der Reeder gesorgt hat,
sind nun die Reeder in der Pflicht, ihr Versprechen bezüglich der Ein- und Rück-
flaggungen in das deutsche Register zu erfüllen.

Drucksache 15/4847 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Zunehmender Schiffsverkehr immer größerer Schiffe, Seeunfälle an europäi-
schen Küsten und terroristische Gefahren haben in den letzten Jahren aber auch
die Problemfelder des Seeverkehrs aufgezeigt. Insbesondere die soziale Situa-
tion der Seeleute bedarf der besonderen Beachtung und der zügigen Umsetzung
internationaler Vereinbarungen.
Die deutschen Küsten sind nicht nur ein schützenswerter Raum für Mensch und
Tier, sondern auch touristisch von hoher wirtschaftlicher Bedeutung. Ein Un-
glück wie mit dem Tanker „Erika“ darf sich an deutschen Küsten nicht wieder-
holen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,
– die Bedingungen für den Betrieb von Handelsschiffen unter deutscher Flagge

weiter zu verbessern;
– dem drohenden Wiederanstieg der Lohnnebenkosten entgegenzuwirken;
– die Flexibilisierung der Schiffsbesetzung weiter zu fördern;
– die von der maritimen Wirtschaft zugesagte Ein- oder Rückflaggung von

Schiffen unter die deutsche Flagge konsequent einzufordern;
– das Instrument der nationalen maritimen Konferenz unter Einbeziehung der

maritimen Wirtschaft, der Sozialpartner, der Regierung und des fraktions-
übergreifend repräsentierten Bundestages zu erhalten und auszubauen;

– verbesserten vorbeugenden Schutz bei Havarien anzubieten und schnellst-
möglich neue leistungsstärkere, noch mehr Sicherheit bietende Notfall-
schlepper in Nord- und Ostsee auszuschreiben;

– demDeutschen Bundestag schnellstmöglich ein mit den Ländern abgestimm-
tes Nothafenkonzept vorzulegen;

– Maßnahmen zu ergreifen, die gesetzlichen Lücken bei der Bekämpfung des
Alkoholmissbrauchs in der Seeschifffahrt zu schließen;

– ein Gutachten in Auftrag zu geben, das einen möglichen Aufbau und die zu
erwartenden Effizienzgewinne einer nationalen Küstenwache als eigenstän-
dige Behörde untersucht;

– die Verhandlungen mit der Russischen Föderation über mehr Seeverkehrs-
sicherheit in der Ostsee zu intensivieren;

– noch dieses Jahr das ILO-Übereinkommen 185 zu ratifizieren und umzu-
setzen.

Berlin, den 16. Februar 2005
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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