BT-Drucksache 15/4714

Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Immobilienwirtschaft sicherstellen - Immobilien- und Versicherungsmakler stärken

Vom 25. Januar 2005


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4714
15. Wahlperiode 25. 01. 2005

Antrag
der Abgeordneten Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Karl-Josef Laumann,
Dagmar Wöhrl, Ulrich Adam, Dietrich Austermann, Norbert Barthle, Veronika
Bellmann, Otto Bernhardt, Renate Blank, Klaus Brähmig, Georg Brunnhuber,
Peter H. Carstensen (Nordstrand), Hubert Deittert, Alexander Dobrindt, Anke
Eymer (Lübeck), Enak Ferlemann, Dirk Fischer (Hamburg), Dr. Hans-Peter
Friedrich (Hof), Dr. Michael Fuchs, Dr. ReinhardGöhner, Peter Götz, Ursula Heinen,
Bernd Heynemann, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum, Klaus Hofbauer,
Susanne Jaffke, Volker Kauder, Norbert Königshofen, Gunther Krichbaum,
Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Werner Kuhn (Zingst), Helmut Lamp,
Eduard Lintner, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach), Wolfgang Meckelburg, Laurenz
Meyer (Hamm), Klaus Minkel, Henry Nitzsche, Günter Nooke, Eduard Oswald,
Dr. Joachim Pfeiffer, Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer,
Hartmut Schauerte, Dr. Ole Schröder, Wilhelm Josef Sebastian, Johannes
Singhammer, Matthäus Strebl, Gero Storjohann, Lena Strothmann,
Volkmar Uwe Vogel, Gerhard Wächter und der Fraktion der CDU/CSU

Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Immobilienwirtschaft sicherstellen –
Immobilien- und Versicherungsmakler stärken

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Der Immobilienwirtschaft in Deutschland kommt eine enorme volkswirtschaft-
liche Bedeutung zu. Nach Schätzungen der Branche erwirtschaftet sie jährlich
etwa 300 Mrd. Euro, was etwa 8 Prozent des gesamten Bruttoproduktionswerts
für Deutschland entspricht. Der Immobilienbestand in Deutschland wird auf
rund 7,14 Bill. Euro geschätzt. Circa 2,15 Millionen Erwerbstätige sind unmittel-
bar in der Immobilienwirtschaft beschäftigt. Aufgrund der engen Verflechtungen
mit anderen Wirtschaftsbereichen wird jedoch von einer wesentlich höheren
Zahl von Arbeitsplätzen ausgegangen, die durch die Immobilienwirtschaft ge-
sichert werden. Die Branche geht daher von einer Gesamtzahl von ca. 3,4 Milli-
onen Beschäftigten aus. Die Immobilienwirtschaft hat vor diesem Hintergrund
als Arbeitgeber eine bedeutende Rolle im gesamtwirtschaftlichen Gefüge.
Trotzdem fehlt es noch an verlässlichem Zahlenmaterial – auch hinsichtlich des
Steueraufkommens durch die Immobilienwirtschaft – um die tatsächlichen Ein-
flüsse der Immobilienbranche auf die deutsche Volkswirtschaft ausreichend be-
schreiben zu können.
Zweifelsfrei ist jedoch der Umsatz in der Immobilienwirtschaft von wesent-
licher volkswirtschaftlicher Bedeutung und somit auch Spiegelbild der Konjunk-
tur. Seit Jahren sind die Umsatzzahlen in diesem Wirtschaftszweig rückläufig.

Drucksache 15/4714 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Hinzu kommt, dass der Eigentumsanteil der Immobilienwerte am Gesamtver-
mögen mit 42 Prozent in Deutschland im europäischen Vergleich an vorletzter
Stelle liegt. Ursache hierfür sind neben steuerlichen Rahmenbedingungen und
fehlenden Anreizen auch Unsicherheiten bei Immobilientransaktionen, die sich
insbesondere aus der Ausgestaltung der Maklerbranche in Deutschland erge-
ben. Ohne ein funktionierendes Maklergewerbe finden Angebot und Nachfrage
auf dem Immobilienmarkt nur unzureichend zusammen. Über 12 000 Makler-
unternehmen gibt es derzeit in Deutschland. Das Vertrauen der Immobilien-
nachfrager in Maklerunternehmen spielt für einen Ausgleich von Angebot und
Nachfrage auf dem Immobilienmarkt eine wesentliche Rolle. Das Vertrauen
könnte durch eine einheitliche und anerkannte Ausbildung erhöht werden.
Das unspezifische und uneinheitliche nationale Aus- und Fortbildungswesen im
Maklergewerbe verschärft auch die Situation der deutschen Makler auf euro-
päischer Ebene. Denn Makler aus Mitgliedstaaten, in denen für entsprechende
Tätigkeiten keine bestimmte Berufsqualifikation verlangt wird, können nach
Einschätzung der EU-Kommission nicht mit einer automatischen Anerkennung
ihrer beruflichen Qualifikationen in einem anderen Mitgliedstaat der EU rech-
nen. Makler aus anderen EU-Ländern dürften jedoch auf dem deutschen Markt
tätig werden, während deutschen Maklern eine Tätigkeit im europäischen Aus-
land versagt bleibt. Die Folge: Es kommt zu einem Wettbewerbsnachteil für
deutsche Immobilienmakler. Aber auch fehlende Transparenz, starre rechtliche
Grundlagen in diesem Wirtschaftszweig und enorme bürokratische Barrieren
schränken erheblich die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland auf
dem Immobiliensektor ein. So ist es unverständlich, warum im Hinblick auf die
wachsende Bedeutung der privaten Altersvorsorge die Wohnimmobilie noch
immer nicht als gleichberechtigte Anlageform in die staatliche Förderung ein-
bezogen ist.
Fast deckungsgleich mit der Immobilienbranche sind die Herausforderungen vor
denen auch die deutschen Versicherungsmakler stehen: Auch hier verhindern
u. a. uneinheitliche Ausbildungsstandards eine grenzüberschreitende Ausübung
der Berufstätigkeit. Eine schnellstmögliche Umsetzung der EU-Versicherungs-
vermittlerrichtlinie ist hier ebenso notwendig wie der Abbau bürokratischer
Hemmnisse und wettbewerbsverzerrender Berufsbedingungen.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. in Bezug auf die Immobilienwirtschaft

– schnellstmöglich fundierte statistische Zahlen über die gesamtwirtschaft-
liche Leistung der Immobilienwirtschaft und der dort abhängig Beschäf-
tigten wie Gewerbetreibenden vorzulegen, um seriöse Grundlagen für
Steuereinnahmen und Marktrisiken zu erhalten;

– die Steuereinnahmen im Laufe eines typischen 30-jährigen Immobilien-
zyklus und die fiskalischen Auswirkungen beim Bau eines Ein- bzw.
Zweifamilienhauses zu spezifizieren;

– zu prüfen, ob über den § 34c der Gewerbeordnung hinaus zur Vermei-
dung von Wettbewerbsnachteilen in Europa eine Berufszugangsregelung
für Immobilienmakler mit Standards für immobilienahe Beratungsdienst-
leistungen eingeführt werden sollte;

– zu prüfen, ob und inwieweit die Ausbildungsordnung für immobilien-
wirtschaftliche Berufe durch eine Modernisierung und Spezialisierung
hin zur „Immobilienkauffrau“ bzw. zum „Immobilienkaufmann“ diffe-
renziert und optimiert werden kann;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4714

– die Wohnimmobilie in die geförderte Altersvorsorge wirksamer einzu-
beziehen, möglichst als eigenständiges Altersvorsorgesystem das den
Menschen eine Alternative zur staatlich geförderten Geldrente bietet;

– dafür zu sorgen, dass öffentliche Register (Grundbücher, Bauakten, Kauf-
preissammlungen der Gutachterausschüsse etc.) auch tatsächlich öffent-
lich und für jedermann, zumindest für bestimmte Berufsgruppen einseh-
bar sind, wie viele EU-Mitgliedstaaten es bereits seit Jahren erfolgreich
praktizieren;

– eine unbürokratisch zu handhabende Regelung für die Bestellung von
Sachverständigen (öffentliche Bestellung durch die Industrie- und Han-
delskammer) und eine Gleichstellung von qualifizierten Sachverständigen
anderer Länder unter dem Aspekt eines freien Wettbewerbs vorzulegen;

– die nationalen Datenschutzregelungen für diesen Wirtschaftszweig ent-
sprechend der geänderten EU-Bestimmungen anzupassen;

– unterschiedliche Zuständigkeiten verschiedener Bundesministerien auf
ihre Effektivität hin zu überprüfen und ggf. eine Neuregelung vorzulegen;

2. in Bezug auf die Versicherungswirtschaft
– für eine schnellstmögliche Umsetzung der EU-Versicherungsvermittler-

richtlinie zu sorgen, um extreme Wettbewerbsnachteile für deutsche Ver-
sicherungsvermittler ebenso zu verhindern, wie nicht auszuschließende
Schadensersatzansprüche gegen die Bundesrepublik Deutschland;

– sich für verbesserte Qualifikationsvoraussetzungen bei Vermittlern im In-
dustrie- und Gewerbekundenbereich einzusetzen, um Risiken im Rahmen
des Verbraucherschutzes zu minimieren;

– zu prüfen, ob durch differenzierte Aus- und Weiterbildungserfordernisse
mit EU-Akzeptanz sichergestellt werden kann, dass der jeweils tätige
Versicherungsvermittler in der Kundenberatung über die für die Erfüllung
seiner Aufgaben erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt;

– dafür zu sorgen, dass die Zulassung und Registrierung von Versiche-
rungsvermittlern zukünftig in einer Hand unter der Aufsicht eines Bun-
desministeriums bzw. einer nachgelagerten Behörde liegen, um zu einem
wirklichen Bürokratieabbau der zurzeit – geplant – auf ca. 7 400 Gewerbe-
ämter dann zu verteilenden Genehmigungspraxis zu kommen;

– die oben genannten politischen Erfordernisse wie gesetzliche Reformen
haben das Ziel, die Wettbewerbsfähigkeit des Standortes Deutschland
ebenso zu stärken wie die Eigenständigkeit der oben angegebenen Wirt-
schaftszweige im europäischen Wettbewerb. Gleichzeitig werden der
Verbraucherschutz ebenso verbessert wie die Marktchancen deutscher
Unternehmen in der Europäischen Union.

Berlin, den 25. Januar 2005
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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