BT-Drucksache 15/4460

Auswirkungen der Geschäftspolitik der Bundesagentur für Arbeit auf Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft

Vom 1. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4460
15. Wahlperiode 01. 12. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Cornelia Pieper, Dirk Niebel, Ulrike Flach, Hellmut Königshaus,
Dr. Karl Addicks, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Horst Friedrich
(Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Ulrich
Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen
Koppelin, Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Gisela Piltz, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt
und der Fraktion der FDP

Auswirkungen der Geschäftspolitik der Bundesagentur für Arbeit auf
Bildungseinrichtungen in freier Trägerschaft

Nach den Aussagen der Bundesregierung genießt die berufliche Weiterbildung
auch aus Sicht der Bundesagentur für Arbeit (BA) weiterhin einen hohen
Stellenwert.
Tatsächlich sind die Mittel für die Weiterbildung von ca. 5 Mrd. Euro in 2003
(vgl. Antwort der Bundesregierung auf die Kleine Anfrage der Fraktion der
FDP „Situation der Weiterbildung in Deutschland“ auf Bundestagsdrucksache
15/2640) auf ca. 3,6 Mrd. Euro in 2004 (vgl. Schreiben des Bundesministe-
riums für Wirtschaft und Arbeit (BMWA) vom 29. September 2004 an den Ver-
band Deutscher Privatschulen Sachsen-Anhalt) heruntergefahren worden, eine
Kürzung von 28 % in einem Jahr. Dies hat zweifellos schwerwiegende Aus-
wirkungen auf die Weiterbildung insgesamt und besonders auch auf die Weiter-
bildungsträger.
Es ist auffallend, dass das Verhältnis der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an
Maßnahmen zur beruflichen Weiterbildung (FbW) gemessen an der jeweiligen
Arbeitslosenzahl nach den Angaben der BA von Bundesland zu Bundesland
sehr unterschiedlich ist. Nach den uns vorliegenden Zahlen vom September
2004 besitzt Thüringen mit einem Anteil von 4,7 % die höchste FbW-Quote,
während Sachsen-Anhalt und Sachsen mit lediglich 3,01 % bzw. 2,97 % deut-
lich unter dem Bundesdurchschnitt von 3,87 % liegen.
Für die Bewertung der bislang getroffenen Maßnahmen der BA im Hinblick auf
die berufliche Weiterbildung ist weiterhin entscheidend, in welchem Umfang
die gesetzten Ziele erreicht worden sind. Hierbei ist die so genannte Verbleibs-
quote nur bedingt aussagekräftig, denn sie sagt weder aus, ob die Teilnehmerin-
nen und Teilnehmer einen neuen Job haben, noch ob ihnen die Weiterbildung
konkret geholfen hat.

Drucksache 15/4460 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie ist die Aussage der Bundesregierung, die Weiterbildung besitze nach

wie vor einen hohen Stellenwert, besonders im Hinblick auf die Finanzpla-
nung der BA in den kommenden Jahren zu verstehen?

2. Welche Auswirkungen sieht die Bundesregierung durch die Finanzplanung
der BA insbesondere für die freien Träger der Weiterbildung und ihr Perso-
nal in den kommenden zwei Jahren?

3. Aus welchen Gründen divergieren die FbW-Quoten in den verschiedenen
Bundesländern in erheblichem Umfang?

4. Wie sind die noch vorhandenen Weiterbildungsmittel auf die verschiede-
nen Bundesländer im laufenden Jahr bisher verteilt?

5. In welchen Bundesländern gibt es außer in Sachsen-Anhalt (von September
2002 bis heute: Zunahme der Zahl der Langzeitarbeitslosen von 100 213 im
September 2002 auf 120 714 im September 2004 und im gleichen Zeit-
raum Abnahme der Zahl der Teilnehmer an FbW-Maßnahmen von 27 270
auf 7 726) ebenfalls eine Korrespondenz zwischen einer Zunahme der Zahl
der Langzeitarbeitslosen bei gleichzeitiger Abnahme der Zahl der Teilneh-
mer an FbW-Maßnahmen?

6. Welche durchschnittliche Zeitdauer pro Teilnehmer wiesen im September
2002 Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung auf und welche durch-
schnittliche Zeitdauer im September 2004?

7. Wie beurteilt die Bundesregierung die Wirksamkeit der verstärkt vergebe-
nen Trainingsmaßnahmen von kurzer Dauer bzw. der Maßnahmen nach
§ 37a Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) im Hinblick auf die an-
schließenden Vermittlungsquoten im Vergleich zu Weiterbildungsmaß-
nahmen?

8. Wie korrespondiert der starke Rückgang von Maßnahmen der beruflichen
Weiterbildung mit den Ergebnissen der Expertenkommission „Finanzie-
rung Lebenslangen Lernens“ (Bundestagsdrucksache 15/3636)?

9. Welche Auffassung hat die Bundesregierung zu dem Tatbestand, dass in
den letzten zwei Jahren die Maßnahmen der beruflichen Weiterbildung
auch im Bereich der Umschulungen in die Altenpflege um durchschnittlich
70 Prozent zurückgingen, während gleichzeitig der Sachverständigenrat
für Zuwanderung empfiehlt, im kommenden Jahr 25 000 auf dem deut-
schen Arbeitsmarkt dringend benötigte Fachkräfte im Ausland z. B. im
Pflegebereich anzuwerben?

10. Sind der Bundesregierung Arbeitsagenturen bekannt, die an Bildungsein-
richtungen in freier Trägerschaft Trainingsmaßnahmen mit verhältnismäßig
wenigen Teilnehmerinnen und Teilnehmern vergeben haben, tatsächlich
aber die jeweilige Maßnahme mit einer erheblich größeren Zahl von Teil-
nehmern als in der Ausschreibung vorgesehen beschickten und dann die
Träger angewiesen haben, die Teilnehmer in einem rotierenden System an
verschiedenen Orten und Tagen so zu beschulen, dass die in der Ausschrei-
bung angegebene Teilnehmerzahl am jeweiligen Ort und Tag nicht über-
schritten wurde?

11. Wenn ja, welchen Umfang hatten solche Maßnahmen und wie wurden
ggf. die Teilnehmerinnen und Teilnehmer im Hinblick auf die jeweilige
Arbeitslosenstatistik gezählt?

12. Wie schätzt die Bundesregierung den Stellenwert der „regionalen Kompe-
tenz“ von Weiterbildungsträgern im Vergleich zu anderen Kompetenzen im
Hinblick auf die Auftragsvergabe ein?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4460

13. Wie will die Bundesregierung die Umsetzung der aus der Europäischen
Beschäftigungsstrategie abgeleiteten Beschäftigungspolitischen Leitlinien
sicherstellen, die besagen, dass aktive und präventive Maßnahmen zur Ver-
wirklichung der Ziele der Vollbeschäftigung und der sozialen Integration
beitragen sollen, indem sie dafür sorgen, dass Arbeitslose ebenso wie
Nichterwerbspersonen auf dem Arbeitsmarkt konkurrenzfähig sind und in
ihn integriert werden können, und dass der Zugang der Beschäftigten zu
Ausbildungsmaßnahmen gefördert werden sollte?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die These, dass qualifizierte Weiterbil-
dung zwar nicht in jedem Fall die Beschäftigung garantieren kann, dass sie
aber eine notwendige Bedingung für die dauerhafte Beschäftigungsfähig-
keit darstellt?

15. Ist das geschäftspolitische Ziel der BA, nur noch Maßnahmen mit einer
Verbleibsquote von 70 % zu fördern, erreicht worden?

16. Hat die Bundesregierung Kenntnis, wie viele ehemalige Maßnahmeteil-
nehmer, die 6 Monate nach Maßnahmeende nicht arbeitslos gemeldet
waren, tatsächlich eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufge-
nommen haben?

17. Sind die unterschiedlichen Verbleibs- und Eingliederungsquoten nach
Bundesländern, Berufsfeldern und/oder Maßnahmen quantifizierbar?

18. Wenn ja, welche Zahlen – auch aus Teilbereichen – liegen der Regierung
vor?

19. Hält die Bundesregierung die Verbleibsquote oder die Eingliederungsquote
für die arbeitsmarktpolitisch maßgeblichere Größe und warum?

Berlin, den 1. Dezember 2004
Cornelia Pieper
Dirk Niebel
Ulrike Flach
Hellmut Königshaus
Dr. Karl Addicks
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt

Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Ina Lenke
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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