BT-Drucksache 15/4457

Biometrische Daten in Ausweispapieren

Vom 1. Dezember 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4457
15. Wahlperiode 01. 12. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Gisela Piltz, Ulrike Flach, Rainer Funke, Dr. Karl Addicks,
Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher,
Helga Daub, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael Goldmann,
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Michael Kauch,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke,
Markus Löning, Dirk Niebel, Detlef Parr, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Hermann Otto
Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Biometrische Daten in Ausweispapieren

Die Entscheidung zugunsten der Aufnahme biometrischer Daten in Ausweisdo-
kumente ist längst gefallen, ohne dass es darüber in Deutschland eine ausrei-
chende gesellschaftliche Debatte gegeben hätte. Aus diesem Grund ist bei der
derzeitigen Frage einer konkreten Umsetzung die breite öffentliche Diskussion
besonders wichtig, um vor allem auf die Sicherung und Umsetzung des Daten-
schutzes hinzuwirken. Insbesondere ist dabei größte Sorgfalt auf die Verhinde-
rung der Zweckentfremdung von persönlichen biometrischen Daten anzuwen-
den. Aber auch die Effektivität der Maßnahmen, insbesondere die sorgfältige
Abwägung von Kosten und Nutzen, muss bei der Realisierung des Vorhabens
im Fokus des Gesetzgebers stehen.
Mit dem Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 9. Januar 2002 wird in Deutsch-
land nun erstmals das Ziel verfolgt, die Inhaber von staatlichen Ausweisdoku-
menten mit Hilfe von biometrischen Verfahren eindeutig automatisiert zu iden-
tifizieren. Durch Änderung des Personalausweisgesetzes (PAuswG), des
Passgesetzes (PassG), des Ausländergesetzes (AuslG) und des Asylverfahrens-
gesetzes (AsylVfG) sollen Ausweisdokumente eingeführt werden, die eine grö-
ßere Fälschungssicherheit als die bisher verwendeten Dokumente aufweisen.
Über die computergestützte Identifizierung von Personen mit Hilfe ihrer Aus-
weisdokumente soll u. a. verhindert werden, dass Personen sich mit gefälschten
Papieren bzw. einer anderen Identität ausweisen. Zu diesem Zweck sollen zu-
sätzlich zu Angaben über Körpergröße und Augenfarbe sowie zu Lichtbild und
Unterschrift ein oder mehrere biometrische Merkmale elektronisch gespeichert
werden, die im Kontrollfall durch automatisierten Vergleich mit denen des Aus-
weisnutzenden verifiziert werden sollen. Diese neue Methode der Identifikation
von Ausweisinhabern wird als ein wirksames Mittel bei der Bekämpfung von
terroristischen Gefahren angesehen.
Die Technik beinhaltet aber auch Risiken sowie Probleme in der praktischen
Umsetzung und verursacht bislang nur schwer abzusehende Kosten.

Drucksache 15/4457 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Fälle von gefälschten Ausweisdokumenten sind den Behörden

des Bundes im vergangenen Jahr bekannt geworden?
2. Gibt es aus Sicht der Bundesregierung neben der Fälschungssicherheit

noch weitere Vorteile einer Ausrüstung von Ausweisdokumenten mit bio-
metrischen Merkmalen, und wenn ja, welche?

3. Wie weit sind solche Vorteile abhängig von der Entscheidung, die biomet-
rischen Daten der Bürger in einer zentralen Datei zu speichern oder dies zu
unterlassen?

4. Plant die Bundesregierung eine zentrale Speicherung der künftig auf Aus-
weisdokumenten gespeicherten biometrischen Daten der Bürger, und wie
begründet sie ihre Haltung?

5. In wie weit geht der Beschluss der EU-Innenminister, Reisepässe zukünftig
sowohl mit einem digital lesbaren Foto als auch einem Fingerabdruck zu
versehen, auf die Initiative der Bundesregierung zurück?

6. Welche datenschutzrelevanten Erwägungen hinsichtlich der Auswahl eines
oder mehrerer biometrischer Merkmale hat die Bundesregierung angestellt,
und in welcher Weise hat dabei die Möglichkeit eine Rolle gespielt, das
biometrische Datum ohne Mitwirkung und Kenntnis des Bürgers zu
gewinnen?

7. Welche weiteren Gründe haben den Ausschlag gegeben, die Merkmale
elektronisches Foto und Fingerabdruck zu wählen und die Merkmale
Handgeometrie sowie Iriserkennung nicht zu wählen?

8. Gab es hinsichtlich der Wahl der Merkmale unter den EU-Innenministern
unterschiedliche Auffassungen, und wenn ja, welche Ratsmitglieder haben
sich für welches Merkmal ausgesprochen?

9. Für welchen Zeitpunkt ist eine Erfassung der biometrischen Merkmale in
Deutschland geplant, und wann beabsichtigt die Bundesregierung, dem
Deutschen Bundestag einen Gesetzentwurf zur Einführung biometrischer
Daten in Ausweisdokumenten vorzulegen?

10. In welchem Zeitraum ist die Aufnahme biometrischer Daten auch für
Personalausweise vorgesehen (vgl. die Antwort des Staatssekretärs im
Bundesministerium des Innern, Lutz Diwell, vom 7. Juni 2004 auf die
schriftliche Frage 17 des Abgeordneten Hartmut Koschyk in Bundestags-
drucksache 15/3284)?

11. Wie bewertet die Bundesregierung die Wichtigkeit, aus Erwägungen des
Datenschutzes die biometrischen Daten der Bürger lediglich verschlüsselt
bzw. verkürzt auf den Ausweisdokumenten zu speichern, oder hält die
Bundesregierung – gegebenenfalls warum – die Speicherung von Rohdaten
für sinnvoll?

12. Wie weit sind die Bestrebungen fortgeschritten, auf internationaler Ebene
Standards für Verschlüsselungsalgorithmen zu vereinbaren, und wie be-
wertet die Bundesregierung die Bedeutung dieser Standards für die inter-
nationale Akzeptanz von um biometrische Daten ergänzten Ausweisen und
Reisepässen?

13. Gibt es abgesehen von den Projekten am Flughafen Frankfurt a. M. weitere
Tests, welche die zu unterscheidenden Datensätze in einer Anzahl von
mindestens 80 Millionen simulieren?

14. Wie schätzt die Bundesregierung das Problem ein, dass selbst bei höchster
Leistungsfähigkeit der Technik und einer Begrenzung auf den Verifikations-
modus die Anzahl von fehlerhaft erkannten und fehlerhaft zurückgewiese-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4457

nen Personen nach Studien des Bundesamtes für Sicherheit in der Informa-
tionstechnik („BioFinger“ u. a.) sowie des Büros für Technikfolgenab-
schätzung (Zweiter Sachstandsbericht) erheblich sein dürfte?

15. Trifft die Bundesregierung schon jetzt Maßnahmen, um diesem Problem zu
begegnen, wenn ja, welche, wenn nein, warum nicht?

16. Wie hoch veranschlagt die Bundesregierung die Kosten für eine Imple-
mentierung biometrischer Merkmale in Ausweisdokumenten, und von wel-
chen laufenden Kosten geht sie diesbezüglich aus?

17. In welcher Höhe sind im Bundeshaushalt 2005 Mittel bereitgestellt, die
mittelbar oder unmittelbar für die Implementierung von biometrischen Da-
ten in Ausweisdokumenten verwendet werden, und welcher Behörde sind
diese Mittel zugeordnet?

18. Plant die Bundesregierung die bei der Implementierung sowie danach lau-
fend anfallenden Kosten auf die Bürger, die einen neuen Ausweis beantra-
gen müssen, durch eine Änderung der entsprechenden Verordnungen um-
zulegen, und wenn ja, in welchem Umfang?

19. Wie hoch werden nach Einschätzung der Bundesregierung die von den
Bürgern zu entrichtenden Gebühren für einen mit biometrischen Merkma-
len versehenen Ausweis sein?

20. Teilt die Bundesregierung die Auffassung, dass die Umlegung der Kosten
auf die Inhaber von deutschen Reisepässen allein dieser Personengruppe
damit die Kosten für das gesamte System biometrischer Identifikation auf-
erlegt?

21. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten von Städten und
Gemeinden für die Anschaffung technischer Geräte und Software für die
Erfassung biometrischer Daten auf den Einwohnermeldeämtern bzw. bei
der Ausstellung von Pässen auf Passämtern?

22. Wie hoch schätzt die Bundesregierung die Kosten für die Schulung von
Personal der Städte und Gemeindeverwaltungen für die Erfassung von bio-
metrischen Daten?

23. Plant die Bundesregierung die Weiterentwicklung der Ausweisträger als
Basis für den elektronischen Geschäftsverkehr und die elektronische Unter-
schrift, wenn ja, in welcher Ausgestaltung, und wenn nein, warum nicht?

24. Inwieweit wurde die Aufnahme biometrischer Merkmale in Ausweisdoku-
mente bei der Ausschreibung zum neu zu entwickelnden Schengener Infor-
mationssystem (SIS) II berücksichtigt?

25. Als wie realistisch bewertet es die Bundesregierung, dass die Grenzüber-
gänge an den zukünftigen Außengrenzen des SIS mit der für die Auswer-
tung biometrischer Ausweismerkmale notwendigen Technik rechtzeitig
ausgerüstet werden?

26. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass die Aufnahme biometrischer Da-
ten in Ausweisdokumente einen substanziellen Beitrag zur Bekämpfung
des internationalen Terrorismus leisten kann, und wie begründet sie diese
Auffassung?

Berlin, den 1. Dezember 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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