BT-Drucksache 15/4111

Fortschritte und Defizite bei Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Vom 10. November 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4111
15. Wahlperiode 10. 11. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Harald Leibrecht, Gisela Piltz, Ernst Burgbacher, Dr. Karl
Addicks, Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Jörg van Essen, Otto Fricke,
Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt,
Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Dirk Niebel,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer Stinner,
Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Fortschritte und Defizite bei Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

Der 11. September und die Flutkatastrophe haben zu einemUmdenken beim Be-
völkerungsschutz und der Katastrophenhilfe geführt. Bund und Länder haben
sich auf der Innenministerkonferenz Anfang Juni 2002 auf eine neue Rahmen-
konzeption verständigt. Grundsatz ist die gemeinsame Verantwortung von
Bund, Ländern und Gemeinden für außergewöhnliche, großflächige oder natio-
nal bedeutsame Gefahren- und Schadenlagen. Folgende Maßnahmen hat der
Bund im Rahmen der neuen Konzeption bislang ergriffen: Errichtung eines Ge-
meinsamen Melde- und Lagezentrums des Bundes und der Länder, Einrichtung
eines neuen satellitengestützten Warnsystems, Einrichtung eines Beirats für Zi-
vil- und Katastrophenschutz beim Bundesministerium des Innern (BMI) sowie
Errichtung eines Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe.
Zwischen Mai 2004 und September 2004 hat die Fraktion der FDP Bürger-
meister und Landräte in Baden-Württemberg nach dem aktuellen Stand der
Kooperationsmaßnahmen im Bereich des Bevölkerungsschutzes und der Kata-
strophenhilfe befragt und Gespräche geführt mit allen Ebenen der Katastrophen-
schutzbehörden sowie Verantwortlichen der Katastrophenschutzdienste. Die
Antworten offenbarten zum Teil erhebliche Defizite. Beklagt wurden Defizite
bei der technischen Ausstattung, der Fortbildung sowie Informations-, Kommu-
nikations- und Kooperationsdefizite. Außerdemwurde darauf hingewiesen, dass
Großübungen zu selten und in zu großen Zeitabständen stattfänden.

Wir fragen die Bundesregierung:
I. Krisenmanagement/Katastrophenhilfe
1. Wie beurteilt die Bundesregierung die Leistungsbilanz des Gemeinsamen

Melde- und Lagezentrums des Bundes und der Länder (GMLZ) bei Übungen
sowie bei Ereignissen?

Drucksache 15/4111 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass im Katastrophenfall, für den die
Länder zuständig sind, ausreichend gemeinsame Führungs- und Komman-
dostrukturen zur Verfügung stehen?

3. Beabsichtigt die Bundesregierung die Wiedereinrichtung von Lagezentren
zur Verbesserung der Koordination mit den Ländern, und wenn ja, wie soll
die finanzielle Unterstützung aussehen?

4. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung für den Auf- und Ausbau
eines flächendeckenden und schnellen Warnsystems getroffen, und welche
weiteren Maßnahmen sind nach Ansicht der Bundesregierung erforderlich,
um die Bevölkerung zuverlässig vor bevorstehenden Gefahren zu warnen?

5. Ist die Bundesregierung unverändert der Ansicht, dass ein zentrales Sirenen-
alarmsystem für ein flächendeckendes, schnelles und zuverlässiges Warn-
system verzichtbar ist, und wie begründet die Bundesregierung ihre dies-
bezügliche Auffassung?

6. Wie hoch wären die Kosten für denWiederaufbau des in den 90er Jahren ab-
geschafften flächendeckenden Sirenenalarmsystems, und ist die Bundes-
regierung bereit, den hierfür erforderlichen finanziellen Aufwand zu tragen?

7. Wie sind die Erfahrungen mit dem neuen satellitengestütztenWarnsystem?
8. Wie sind die Erfahrungen mit einer Warnung über Alarm-Funkuhren und

über das Radio-Daten-System RDS PTY 31 des UKW-Rundfunks, deren
Möglichkeiten im Rahmen eines Pilotprojekts untersucht worden sind?

9. Welche technischenMöglichkeiten sieht die Bundesregierung für eine Alar-
mierung über Festnetz- und/oder Mobiltelefon, und welche Kosten wären
hiermit verbunden?

10. Welchen Erfolg hatten die Bemühungen der Bundesregierung, sich bei den
Ländern für eine Rundfunkgebühren-Befreiung für die Einheiten des Bevöl-
kerungsschutzes und der Katastrophenhilfe einzusetzen?

11. Welche Maßnahmen plant die Bundesregierung zur Erhöhung der Bekannt-
heit ihrer Serviceangebote im Bereich des Bevölkerungs- und Katastro-
phenschutzes, z. B. der Internetplattform www.denis.bund.de?

12. Wie sieht die Bundesregierung die Registrierung von Opfern und die Koor-
dinierung nach schweren Unglücksfällen und Terroranschlägen vor?

13. Wie sollen Listen von Opfern geführt und der Bevölkerung zugänglich ge-
macht werden?

II. Notfallvorsorge/Notfallplanung/Internationale Angelegenheiten
14. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Information und Aufklä-

rung der Bevölkerung vorgesehen?
15. Sind Maßnahmen zur Aufklärung über Alarmierungspläne für die Bevölke-

rung geplant (z. B. in Schulen, Betrieben und öffentlichen Einrichtungen)?
16. Wie beurteilt die Bundesregierung den Umsetzungsstand des von der Innen-

ministerkonferenz Anfang Juni 2002 verabschiedeten Konzepts „Neue
Strategien zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“?

17. Was hat die Bundesregierung unternommen, um eine frühzeitige Einbin-
dung aller Beteiligten im Bevölkerungs- und Katastrophenschutz in die
neuen strategisch-operativen Überlegungen des Bundes und der Länder
sicherzustellen?

18. Wie soll eine internationale Zusammenarbeit nach Ansicht der Bundes-
regierung ausgestaltet werden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4111

III. Zivilschutzforschung
19. Welche Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten gibt es zur Umsetzung

der „Neuen Strategie zum Schutz der Bevölkerung in Deutschland“, und wo
liegen die aktuellen Forschungsschwerpunkte?

20. Wie werden Forschungs- und Entwicklungsfortschritte Anwendern in der
Medizin vermittelt?

IV. ABC-Schutz und Vorsorge
21. WelcheMaßnahmen sind zur weiteren Verbesserung des ABC-Schutzes und

der Vorsorge geplant?
22. Welche Möglichkeiten werden den Ländern, Landkreisen und Gemeinden

zur Nutzung der Fachinformationsstelle Zivil- und Katastrophenschutz
(FIS) eingeräumt?

V. Aus-, Fort- und Weiterbildung
23. Welche Maßnahmen hat die Bundesregierung zur Verbesserung der Aus-,

Fort- und Weiterbildung getroffen, und welche weiteren Maßnahmen sind
nach Ansicht der Bundesregierung zur Gewährleistung eines professionel-
len Krisenmanagements erforderlich?

24. Was unternimmt die Bundesregierung für eine Verbesserung der Aus-, Fort-
und Weiterbildung der überwiegend ehrenamtlich tätigen Einsatzkräfte?

25. Wie ist eine Optimierung der Koordination zwischen ehrenamtlichen und
hauptberuflich tätigen Einsatzkräften vorgesehen?

VI. Ergänzender Katastrophenschutz/Technik und Ausstattung
26. Wie beurteilt die Bundesregierung den technischen Ausstattungsstand im

Bevölkerungsschutz und in der Katastrophenhilfe, und welche Beschaf-
fungsmaßnahmen sind nach Ansicht der Bundesregierung kurzfristig erfor-
derlich?

VII. Sachbereich Verwaltung
27. Wodurch unterscheiden sich die Verwaltungsstrukturen des neu errichteten

Bundesamtes für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe (BBK) von
denen des früheren Bundesamtes für Zivilschutz bzw. der entsprechenden
Abteilung im Bundesverwaltungsamt?

28. Wie gestaltet sich die Zusammenarbeit des neu errichteten BBKmit den Be-
hörden aller Verwaltungsebenen sowie den im Bevölkerungsschutz mitwir-
kenden Organisationen und Institutionen?

29. Beabsichtigt die Bundesregierung, in das neu gegründete BBK ehrenamt-
liche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter einzugliedern?

VIII. Übungen
30. Welche Ziele verfolgen Bund und Länder mit der länderübergreifenden

Krisenmanagementübung LÜKEX in der Zeit vom 29. November 2004 bis
1. Dezember 2004?

31. Warum werden an der geplanten Übung LÜKEX nur wenige Bundesländer
beteiligt sein?

Drucksache 15/4111 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
32. Ist die Bundesregierung der Ansicht, dass kurzfristig weitere länder-
übergreifende Übungen folgen sollten, wenn ja, wann und mit welchem
Schwerpunkt?

33. Wie werden die Auswertungen dieser länderübergreifenden Übungen den
einzelnen Ländern zur Information zugänglich gemacht?

34. In welcher Form wird bei Übungen der Aspekt der terroristischen Bedro-
hungen einbezogen?

Berlin, den 10. November 2004
Harald Leibrecht
Gisela Piltz
Ernst Burgbacher
Dr. Karl Addicks
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Dirk Niebel
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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