BT-Drucksache 15/4024

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung -15/3782, 15/3921- Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm

Vom 26. Oktober 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/4024
15. Wahlperiode 26. 10. 2004

Beschlussempfehlung und Bericht
des Ausschusses für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
(15. Ausschuss)

zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung
– Drucksachen 15/3782, 15/3921 –

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie über die
Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm

A. Problem
Der Gesetzentwurf dient im Wesentlichen der Umsetzung der Richtlinie 2002/
49/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Juni 2002 über die
Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm (Umgebungslärmrichtlinie)
in deutsches Recht. Hierzu soll eine entsprechende Anpassung des Bundes-
Immissionsschutzgesetzes (BImSchG) vorgenommen werden. Mit der Umge-
bungslärmrichtlinie ist der Lärmbekämpfung auf EU-Ebene erstmals ein im-
missionsbezogener Ansatz zugrunde gelegt worden. Die Richtlinie beinhaltet
Vorgaben zur Aufstellung von Lärmkarten nach EU-weit gemeinsamen Lärm-
bewertungsmethoden, zur Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm
und seine Auswirkungen sowie zur Aufstellung von Lärmminderungsplänen.
Durch den Gesetzentwurf sollen darüber hinaus den Lärmschutz betreffende
Vorgaben der Richtlinie 2001/42/EG des Europäischen Parlaments und des Ra-
tes vom 27. Juni 2001 über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter
Pläne und Programme (SUP-Richtlinie) in deutsches Recht umgesetzt sowie
die Verordnungsermächtigung nach § 32 BImSchG auf den Schutz vor allen in
§ 3 BImSchG definierten schädlichen Umwelteinwirkungen erweitert werden.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs mit den vom Ausschuss beschlossenen Maßga-
ben, durch die insbesondere Formulierungen des Gesetzentwurfs zur Lärmmin-
derungsplanung für Verkehrsflughäfen (§ 47e Abs. 3 Satz 3 BImSchG) geän-
dert sowie Rechtsvorschriften zur Erweiterung der Fördervoraussetzungen
nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in den Gesetzentwurf einge-
fügt wurden.
Annahme mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

Drucksache 15/4024 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Die Kosten sind Gegenstand der politischen Diskussion (siehe Bericht).

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/4024

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Gesetzentwurf – Drucksachen 15/3782, 15/3921 – mit folgenden Maß-
gaben, im Übrigen unverändert anzunehmen:
I. In Artikel 1 Nr. 5 wird § 47e Abs. 3 Satz 3 wie folgt gefasst:

„Für die Lärmminderungsplanungen für Verkehrsflughäfen gelten die
Schutzziele des Fluglärmschutzgesetzes in der jeweils geltenden Fassung
sowie diejenigen des Luftverkehrsgesetzes oder einer auf dessen Grundlage
erlassenen Verordnung; weitergehende Lärmminderungsplanungen sind in
das Ermessen der zuständigen Behörde gestellt.“

II. Nach Artikel 1 wird folgender Artikel 2 eingefügt:
‚Artikel 2

Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in der Fassung der Bekannt-

machung vom 28. Januar 1988 (BGBl. I S. 100), zuletzt geändert durch
Haushaltsbegleitgesetz 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I S. 3076,
3091), wird wie folgt geändert:
1. In § 2 Abs. 1 Nr. 1 wird

a) in Buchstabe g nach dem Wort „Baugesetzbuch“ ein Komma gesetzt,
b) nach dem Buchstaben g der Buchstabe h mit folgendem Wortlaut an-

gefügt:
„h) örtlichen Straßen, einschließlich des Um- oder Rückbaus, soweit

durch geeignete Maßnahmen eine erhebliche Lärmminderung für
Wohngebiete erreicht wird,“.

2. In § 2 Abs. 1 wird nach der Nummer 6 eine neue Nummer 7 mit folgen-
dem Wortlaut angefügt:
„7. Aufstellung und Überarbeitung von Lärmkarten und Lärmminde-

rungsplänen nach den §§ 47a und 47b sowie den §§ 47d und 47e des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes in Gebieten von Gemeinden,
Landkreisen oder kommunalen Zusammenschlüssen im Sinne der
Nummer 1.“

3. In § 3 Nr. 1 Buchstabe b wird nach dem Wort „ist“ folgender Wortlaut
eingefügt:
„und, soweit ein von der Lärmkartierung nach den §§ 47a und 47b des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes erfasstes Gebiet betroffen ist, in ei-
nem Lärmminderungsplan nach den §§ 47d oder 47e des Bundes-Immis-
sionsschutzgesetzes berücksichtigt ist“.‘

III. Der bisherige Artikel 2 wird Artikel 3.

Berlin, den 20. Oktober 2004
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit
Dr. Ernst Ulrich von Weizsäcker
Vorsitzender

Petra Bierwirth
Berichterstatterin

Franz Obermeier
Berichterstatter

Winfried Hermann
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Drucksache 15/4024 – 4 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Petra Bierwirth, Franz Obermeier, Winfried Hermann
und Michael Kauch

I.
Der Gesetzentwurf – Drucksache 15/3782 – wurde in der
129. Sitzung des Deutschen Bundestages am 30. September
2004 zur federführenden Beratung an den Ausschuss für
Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und zur Mitbe-
ratung an den Ausschuss für Verkehr, Bau- und Wohnungs-
wesen überwiesen.
DerAusschuss für Verkehr, Bau- undWohnungswesen hat
mit den Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktion der FDP
bei Nichtbeteiligung der Fraktion der CDU/CSU an der
Beratung und Abstimmung empfohlen, den Gesetzentwurf
– Drucksache 15/3782 – in der Fassung des Änderungs-
antrags der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN (Anlage) anzunehmen.
Er hat den Änderungsantrag (Anlage) mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktion der FDP bei Nichtbeteiligung der
Fraktion der CDU/CSU an der Beratung und Abstimmung
angenommen.
Ferner hat er die Unterrichtung durch die Bundesregierung
– Drucksache 15/3921 – bei Nichtbeteiligung der Fraktion
der CDU/CSU an der Beratung und Abstimmung zur
Kenntnis genommen.

II.
Der Gesetzentwurf dient im Wesentlichen der Umsetzung
der Richtlinie 2002/49/EG des Europäischen Parlaments
und des Rates vom 25. Juni 2002 über die Bewertung und
Bekämpfung von Umgebungslärm (Umgebungslärmrichtli-
nie) in deutsches Recht. Hierzu soll eine entsprechende An-
passung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (BImSchG)
vorgenommen werden. Mit der Umgebungslärmrichtlinie ist
der Lärmbekämpfung auf EU-Ebene erstmals ein immis-
sionsbezogener Ansatz zugrunde gelegt worden. Die Richt-
linie beinhaltet Vorgaben zur Aufstellung von Lärmkarten
nach EU-weit gemeinsamen Lärmbewertungsmethoden, zur
Information der Öffentlichkeit über Umgebungslärm und
seine Auswirkungen sowie zur Aufstellung von Lärmmin-
derungsplänen.
Durch den Gesetzentwurf sollen darüber hinaus den Lärm-
schutz betreffende Vorgaben der Richtlinie 2001/42/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. Juni 2001
über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter
Pläne und Programme (SUP-Richtlinie) in deutsches Recht
umgesetzt sowie die Verordnungsermächtigung nach § 32
BImSchG auf den Schutz vor allen in § 3 BImSchG defi-
nierten schädlichen Umwelteinwirkungen erweitert werden.

III.
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsi-
cherheit hat den Gesetzentwurf der Bundesregierung –
Drucksache 15/3782 – sowie die Unterrichtung durch die
Bundesregierung – Drucksache 15/3921 – in seiner Sitzung

am 20. Oktober 2004 beraten. Zu dem Gesetzentwurf haben
die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
einen Änderungsantrag mit Begründung vorgelegt (siehe
Anlage).
Von Seiten der Fraktion der SPD wurden einleitend die
wesentlichen Inhalte der Umgebungslärmrichtlinie erläu-
tert. Mit dieser Richtlinie sei es erstmals gelungen, auf EU-
Ebene einen immissionsbezogenen, die Lärmquellen im Zu-
sammenhang berücksichtigenden Ansatz zum Umgang mit
dem Umweltproblem des Umgebungslärms einzuführen
und damit der Politik zur Bekämpfung des Umgebungs-
lärms eine ganz neue Qualität zu verleihen. Trotz mancher
Fortschritte bei der Reduktion der Lärmbelastung an der
Lärmquelle stelle der Umgebungslärm eine der Hauptur-
sachen für gesundheitliche Beeinträchtigungen der Bevöl-
kerung dar. Angesichts der nur begrenzten Erfolge der bis-
herigen Politik zur Verringerung des Umgebungslärms sei
der immissionsbezogene, ganzheitliche Ansatz der Umge-
bungslärmrichtlinie sehr zu begrüßen. Nachdrücklich befür-
wortet werde auch der Ansatz des Gesetzentwurfs, die Um-
gebungslärmrichtlinie durch eine Änderung des BImSchG
umzusetzen, hierdurch werde die bisher in Deutschland ver-
breitete segmentweise Betrachtungsweise des Problems des
Umgebungslärms durch eine ganzheitlich orientierte, auf
die Bewertung der Gesamtlärmbelastung ausgerichtete Be-
trachtungsweise ersetzt. Zu begrüßen sei ferner, dass mit der
Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie die betroffene Be-
völkerung verstärkt in den Umgang mit diesem Umweltpro-
blem einbezogen werde. Ein großer Teil der aus der Umset-
zung des neuen Lärmschutzansatzes resultierenden Aufga-
ben sei von den Kommunen zu bewältigen, insofern falle
bei ihnen auch ein wesentlicher Teil der hiermit verbunde-
nen Kosten an. Daher hätten die Koalitionsfraktionen einen
Änderungsantrag zu dem Gesetzentwurf vorgelegt, der den
Kommunen über eine Erweiterung der Fördervorausset-
zungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz
die Möglichkeit eröffne, ihre aus der Aufstellung der Lärm-
karten und Lärmminderungspläne resultierenden Kosten im
Rahmen der Förderung durch das Gemeindeverkehrsfinan-
zierungsgesetz abzurechnen. Ferner beinhalte der Ände-
rungsantrag eine Formulierungsänderung zu § 47e Abs. 3
Satz 3 BImSchG, mit der der Rechtslage hinsichtlich des
Fluglärmschutzgesetzes Rechnung getragen werde.
Von Seiten der Fraktion der CDU/CSU wurde kritisiert,
mit der Verabschiedung der Umgebungslärmrichtlinie sei
eine Chance vertan worden, zu einer umfassenden, EU-wei-
ten Harmonisierung der Politik zur Verringerung des Umge-
bungslärms zu gelangen. Zwar habe man sich auf erste An-
sätze zu einer Vereinheitlichung der Berechnung und Be-
wertung von Lärmereignissen verständigt, doch sei es nicht
gelungen, ein umfassendes Regelwerk mit Richt- und
Grenzwerten für den Umgebungslärm zu implementieren.
Dieses Defizit werde besonders sichtbar, wenn man sich die
aktuellen Probleme bei der Verringerung des Fluglärms vor
Augen führe, vor allem, was die grenznahen Flughäfen an-
belange. Auch der Gesetzentwurf der Bundesregierung zur

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/4024

Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie entspreche nicht
den in ihn gesetzten Erwartungen. Im Wesentlichen bein-
halte er lediglich Rechtsvorschriften zur Aufstellung von
Strategischen Lärmkarten und von Lärmminderungsplänen.
Des Weiteren sei der Ansatz zu hinterfragen, die Umge-
bungslärmrichtlinie durch eine Änderung des BImSchG in
nationales Recht umzusetzen; zumindest stelle sich die
Frage, ob alternative Ansätze der Umsetzung, etwa in Ge-
stalt eines eigenen Gesetzes, von der Bundesregierung ge-
prüft worden seien. Darüber hinaus werfe der Gesetzent-
wurf die Frage auf, warum die Bundesregierung die Umge-
bungslärmrichtlinie nicht im Verhältnis eins zu eins umge-
setzt habe. Es gebe zahlreiche Einwände von betroffener
Seite, die die Art der Umsetzung als eine überzogene und
unangebrachte Regulierung der inneren Abläufe des be-
trieblichen Geschehens charakterisiert hätten. Im Übrigen
stehe zu befürchten, dass die Bundesregierung den massi-
ven Einwänden des Bundesrates gegen den Gesetzentwurf
nicht Rechnung tragen werde, hierauf deute jedenfalls ihre
Gegenäußerung zu der Stellungnahme des Bundesrates zu
dem Gesetzentwurf – Drucksache 15/3921 – hin. Aus den
genannten Gründen könne dem Gesetzentwurf der Bundes-
regierung zur Umsetzung der Umgebungslärmrichtlinie
nicht zugestimmt werden.
Von Seiten der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
wurde dem entgegengehalten, mit dem vorliegenden Ge-
setzentwurf solle die bereits verabschiedete EG-Umge-
bungslärmrichtlinie rechtlich umgesetzt und damit europa-
rechtlichen Verpflichtungen entsprochen werden. Die von
Seiten der Fraktion der CDU/CSU vorgetragene Kritik an
dem Gesetzentwurf sei insofern nicht nachzuvollziehen. So-
weit sich die Kritik gegen die Richtlinie selbst richte, sei da-
ran zu erinnern, dass man sich unter den EU-Mitgliedstaa-
ten auf weitergehende, die nationalen Kompetenzen stärker
einschränkende Rechtsvorschriften nicht habe verständigen
können; die Richtlinie spiegele insofern einen Kompromiss
auf dem Niveau des kleinsten gemeinsamen Nenners wider.
Was die Bundesrepublik Deutschland anbelange, so hätten
die Bundesländer, insbesondere die CDU/CSU-geführten
Bundesländer, darauf hingewirkt, weitergehende Eingriffe
in ihre Kompetenzen zu verhindern. Im Ergebnis sei auf
EU-Ebene eine Umgebungslärmrichtlinie verabschiedet
worden, die im Wesentlichen verfahrenstechnische Rege-
lungen treffe und vorschreibe, bestimmte Lärmquellen
messtechnisch zu erfassen und zu kartieren sowie Lärmmin-
derungspläne aufzustellen. Der vorliegende Gesetzentwurf
fordere lediglich zur Umsetzung dieser Vorgaben auf, er be-
inhalte keine darüber hinausgehenden Rechtsvorschriften
zur Einführung oder Erweiterung bestimmter Einzelmaß-
nahmen zur Lärmbekämpfung. Seine Umsetzung beinhalte
allerdings eine Erhöhung des Verwaltungs- und Voll-
zugsaufwandes der Öffentlichen Hand. Sowohl die Kartie-
rung der Lärmquellen als auch die Aufstellung der Lärm-
minderungspläne würden zusätzliche Kosten verursachen,
betroffen hiervon seien insbesondere auch die Kommunen.
Daher habe man sich dazu entschlossen, die Förder-
voraussetzungen nach dem Gemeindeverkehrsfinanzie-
rungsgesetz zu erweitern. Wie aus dem von den Koalitions-
fraktionen vorgelegten Änderungsantrag hervorgehe, werde
es künftig möglich sein, die Kosten für die Aufstellung der
Lärmkarten und der Lärmminderungspläne über das
Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz abzurechnen und

entsprechende finanzielle Mittel in Anspruch zu nehmen.
Vor dem Hintergrund der für Infrastrukturinvestitionen ins-
gesamt veranschlagten Mittel sei dieser finanzielle Auf-
wand jedoch als vergleichsweise gering anzusehen.
Von Seiten der Fraktion der FDP wurde unterstrichen,
Zielsetzung und Ansatz der Umgebungslärmrichtlinie wür-
den begrüßt, allerdings sei deren Umsetzung durch die Bun-
desregierung in entscheidenden Fragen mit erheblichen
Mängeln behaftet. Im Mittelpunkt stehe hierbei die Absicht
der Bundesregierung, zentrale materielle Fragen nicht
durch das Gesetz selbst, sondern per Rechtsverordnung zu
regeln. So solle beispielsweise erst durch Rechtsverordnung
geklärt werden, wie bestimmte Begriffe wie etwa der Be-
griff der Hauptlärmquelle oder bestimmte Zielwerte für die
Lärmminderungspläne zu definieren seien. Die Lösung ent-
scheidender Fragen werde somit vom Parlament auf die
Bundesregierung übertragen, was einer Selbstentmachtung
des Parlaments in diesem Bereich gleichkomme und inso-
fern nicht akzeptabel sei. Des Weiteren beinhalte der Ge-
setzentwurf kompliziertere Verfahrensregeln, als sie nach
der Umgebungslärmrichtlinie erforderlich seien. Ferner
halte man die Rechtsvorschriften zur Strategischen Um-
weltprüfung bei Lärmminderungsplänen in § 47k BImSchG
für überzogen und trete stattdessen dafür ein, diese Proble-
matik im Rahmen des Gesetzes zur Einführung einer Strate-
gischen Umweltprüfung zu regeln. Zu kritisieren sei darü-
ber hinaus, dass die Kostenzuordnung im Bereich der über-
regionalen Verkehre nicht verkehrsträgerneutral erfolge;
während Verkehrsflughäfen und Unternehmen des Eisen-
bahnverkehrs die Kosten für die Lärmkartierung selbst tra-
gen müssten, würden diese beim Straßenverkehr aus
Steuermitteln finanziert. Weitere Kritik richte sich gegen
§ 47e Abs. 3 Satz 3 BImSchG. Die Unzulänglichkeit der ur-
sprünglich im Gesetzentwurf vorgesehenen Formulierung
werde durch den von den Koalitionsfraktionen eingebrach-
ten Änderungsantrag nicht beseitigt. Ein novelliertes
Fluglärmschutzgesetz liege bis heute nicht vor, daher wären
derzeit die unzureichenden Schutzziele des geltenden
Fluglärmschutzgesetzes zugrunde zu legen. Auch die durch
den Änderungsantrag ergänzend eingeführte Maßgabe,
weitergehende Lärmminderungsplanungen in das Ermes-
sen der zuständigen Behörde zu stellen, könne nicht be-
fürwortet werden, da sie eine völlige Zersplitterung der
Lärmschutzstandards und entsprechende Rechtsunsicher-
heit für die deutschen Flughafenstandorte nach sich ziehen
werde. Aus den genannten Gründen werde der Gesetzent-
wurf trotz einer Zustimmung zu seinen Zielsetzungen abge-
lehnt.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktion der CDU/CSU bei Stimmenthaltung der
Fraktion der FDP, dem Änderungsantrag der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN (Anlage) zuzustim-
men.
Der Ausschuss beschloss mit den Stimmen der Fraktionen
SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen die Stimmen
der Fraktionen der CDU/CSU und FDP, dem Deutschen
Bundestag zu empfehlen, den Gesetzentwurf – Drucksachen
15/3782, 15/3921 – mit den in der Beschlussempfehlung
wiedergegebenen Maßgaben, im Übrigen unverändert anzu-
nehmen.

Drucksache 15/4024 – 6 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Berlin, den 26. Oktober 2004
Petra Bierwirth
Berichterstatterin

Franz Obermeier
Berichterstatter

Winfried Hermann
Berichterstatter

Michael Kauch
Berichterstatter

Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicher-
heit beschloss einvernehmlich, die Unterrichtung durch die
Bundesregierung – Drucksache 15/3921 – zur Kenntnis zu
nehmen.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/4024

Anlage
Deutscher Bundestag
Ausschuss für Umwelt,
Naturschutz und Reaktorsicherheit

Änderungsantrag
der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
zum
Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der EG-Richtlinie
über die Bewertung und Bekämpfung von Umgebungslärm
– Drucksache 15/3782 –
1. Zu Artikel 1 Nr. 5 (§ 47e Abs. 3 Satz 3 BImSchG)

In Artikel 1 Nr. 5 wird in § 47e Abs. 3 der Satz 3 wie
folgt gefasst:
„Für die Lärmminderungsplanungen für Verkehrsflug-
häfen gelten die Schutzziele des Fluglärmschutzgesetzes
in der jeweils geltenden Fassung sowie diejenigen des
Luftverkehrsgesetzes oder einer auf dessen Grundla-
ge erlassenen Verordnung; weitergehende Lärmminde-
rungsplanungen sind in das Ermessen der zuständigen
Behörde gestellt.“
B e g r ü n d u n g
Redaktionelle Änderung

2. Artikel 2 neu
Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
Nach Artikel 1 wird folgender Artikel 2 eingefügt:

,Artikel 2
Änderung des Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetzes
Das Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz in der

Fassung der Bekanntmachung vom 28. Januar 1988
(BGBl. I S. 100), zuletzt geändert durch Haushaltsbe-
gleitgesetz 2004 vom 29. Dezember 2003 (BGBl. I
S. 3076, 3091), wird wie folgt geändert:
1. In § 2 Abs. 1 Nr. 1 wird

a) in Buchstabe g nach dem Wort „Baugesetzbuch“
ein Komma gesetzt,

b) nach dem Buchstaben g der Buchstabe h mit fol-
gendem Wortlaut angefügt:
„h) örtlichen Straßen, einschließlich des Um-

oder Rückbaus, soweit durch geeignete Maß-
nahmen eine erhebliche Lärmminderung für
Wohngebiete erreicht wird,“

2. In § 2 Abs. 1 wird nach der Nummer 6 eine neue
Nummer 7 mit folgendem Wortlaut angefügt:
„7. Aufstellung und Überarbeitung von Lärmkarten

und Lärmminderungsplänen nach den §§ 47a und
47b sowie den §§ 47d und 47e des Bundes-Im-
missionsschutzgesetzes in Gebieten von Gemein-

den, Landkreisen oder kommunalen Zusammen-
schlüssen im Sinne der Nummer 1.“

3. In § 3 Nr. 1 Buchstabe b wird nach dem Wort „ist“
folgender Wortlaut eingefügt: „und, soweit ein von
der Lärmkartierung nach den §§ 47a und 47b des
Bundes-Immissionsschutzgesetzes erfasstes Gebiet
betroffen ist, in einem Lärmminderungsplan nach
den §§ 47d oder 47e des Bundes-Immissionsschutz-
gesetzes berücksichtigt ist“.‘

Beg r ü n d u n g
Die vorgesehene Änderung des Gemeindeverkehrsfinan-
zierungsgesetzes (GVFG) dient der handlungsorientier-
ten Umsetzung der EG-Umgebungslärmrichtlinie.
Mit der Änderung werden die Finanzierungsvorausset-
zungen und die Finanzierungstatbestände des GVFG er-
weitert, um die Gemeinden anzuhalten, eine effektive
Lärmminderungsplanung durchzuführen, und sie in die
Lage zu versetzen, die Planungen auch zu realisieren.
Eine zusätzliche Belastung des Bundeshaushaltes findet
nicht statt.
Zu diesem Zweck wird zunächst als förderungsfähiges
Vorhaben der Bau oder Ausbau von örtlichen Straßen,
einschließlich des Um- und Rückbaus, ausgewiesen, so-
weit durch geeignete Maßnahmen eine erhebliche Lärm-
minderung für Wohngebiete erreicht wird. Unter diesen
Fördertatbestand fallen sowohl Umgehungsstraßen zur
innerörtlichen Lärmentlastung als auch Lärmminde-
rungsmaßnahmen an lauten innerörtlichen Straßen (z. B.
Maßnahmen zur Verkehrsberuhigung, Einbau von „Flüs-
terasphalt“, Lärmschutzwände etc.).
Des Weiteren wird als förderungsfähiges Vorhaben die
Aufstellung und Überarbeitung von Lärmkarten und
Lärmminderungsplänen ausgewiesen. Auch diese Maß-
nahmen sind unter dem Aspekt einer nachhaltigen Mobi-
lität Investitionen in den Straßenverkehr. Nicht nur die
Planungen zur Lärmvorsorge bei dem Bau und dem
Ausbau von öffentlichen Straßen nach Maßgabe der Ver-
kehrslärmschutzverordnung (16. BImSchV) sind als
notwendiger Teil der Verkehrsinvestition zu begreifen,
sondern auch die Planungen zur nachträglichen
Lärmsanierung, wie sie mit den Lärmkarten und Lärm-
minderungsplänen eingeleitet werden. Aufgrund des
Umstandes, dass fast zwei Drittel der Bevölkerung sich
vom Straßenverkehrslärm belästigt fühlt, wäre ohne der-
artige Planungen eine nachhaltige Mobilität im Bereich
Straßenverkehr nicht mehr zu gewährleisten.
Mit der Erweiterung der Förderungsvoraussetzungen
soll auch die Förderung von Investitionen an den Not-
wendigkeiten der Lärmsanierung in lärmbelasteten Ge-
bieten ausgerichtet werden. Soweit es sich um Vorhaben
handelt, die in einem von der Lärmkartierung erfassten
Gebiet realisiert werden sollen, ist es erforderlich, dass
die Vorhabensplanung mit der Lärmminderungsplanung
koordiniert wird. Daher kann ein Vorhaben in einem von
der Lärmkartierung erfassten Gebiet nur gefördert wer-
den, wenn es in einem Lärmminderungsplan berücksich-
tigt ist. In dem Lärmminderungsplan kann aus Sicht des
Lärmschutzes zu dem Vorhaben Stellung genommen
werden.

Ausschuss für Umwelt
Naturschutz und Reaktorsicherheit15. WP
Ausschussdrucksache 15(15)315** neu

Drucksache 15/4024 – 8 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Verfassungsrechtliche Grundlage für die vorgesehene
Änderung des GVFG ist Artikel 104a Abs. 4 Satz 1 Al-
ternative 3 GG (Finanzhilfen des Bundes an die Länder
für besonders bedeutsame Investitionen der Gemeinden,
die zur Förderung des wirtschaftlichen Wachstums erfor-
derlich sind). Bereits das geltende GVFG beruht auf die-
ser Kompetenz des Bundes zur Gewährung von Finanz-
hilfen für die Gemeinden.

3. Zu Artikel 2 (Inkrafttreten)
Artikel 2 wird Artikel 3.
B e g r ü n d u n g
Folgeänderung

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