BT-Drucksache 15/3777

Mehrstaatigkeit bei EU-Bürgern

Vom 22. September 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3777
15. Wahlperiode 22. 09. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Dr. Max Stadler, Gisela Piltz, Jörg van Essen,
Rainer Funke, Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst,
Helga Daub, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Dr. Christel
Happach-Kasan, Ulrich Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Hellmut
Königshaus, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Harald Leibrecht, Sabine
Leutheusser-Schnarrenberger, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr,
Cornelia Pieper, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia
Winterstein, Dr. Volker Wissing, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Mehrstaatigkeit bei EU-Bürgern

Das vom 1. Januar 2000 in Kraft getretene Gesetz zur Änderung des Staatsange-
hörigkeitsrechts enthält u. a. Neuregelungen für die Beibehaltung der deutschen
bei Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit. Grundsätzlich hat nach wie
vor der Erwerb einer ausländischen Staatsangehörigkeit den Verlust der deut-
schen Staatsangehörigkeit zur Folge (§ 17 Nr. 2, § 25 Abs. 1 StAG).
In § 87 Abs. 2 Ausländergesetz (AuslG) hat der Gesetzgeber imHinblick auf das
Ziel der fortschreitenden europäischen Integration eine spezielle Regelung ge-
troffen:
Bei Unionsbürgern wird nicht verlangt, dass sie vor der Einbürgerung in
Deutschland ihre bisherige Staatsangehörigkeit aufgeben, wenn der andere EU-
Mitgliedstaat im Gegenzug bei Einbürgerung von Deutschen ebenso verfährt.
Deutschen, die sich in einem EU-Mitgliedstaat einbürgern lassen, wird über eine
Genehmigung nach § 25 Abs. 2 Staatsangehörigkeitsgesetz gestattet, die deut-
sche Staatsangehörigkeit beizubehalten.
Im Ausland lebenden Deutschen wird bei Erwerb der Staatsangehörigkeit des
Aufenthaltsstaates die Beibehaltung ihrer deutschen Staatsangehörigkeit er-
leichtert.
Die Beibehaltung der deutschen Staatsangehörigkeit bei Erwerb einer anderen
Staatsangehörigkeit setzt voraus, dass ein schriftlicher Antrag auf Erteilung
einer Beibehaltungsgenehmigung gestellt wird.
Das Beibehaltungsverfahren erfordert zahlreiche Unterlagen und Angaben, die
auch zu belegen sind. Dazu zählt ein ausgefüllter Antrag, Unterlagen zum Besitz
der deutschen Staatsangehörigkeit, Darlegung der fortbestehenden Bindung an
Deutschland und Darlegung der Gründe für den angestrebten Erwerb der ande-
ren Staatsangehörigkeit. Diese Angaben sind nicht abschließend und können
sich je nach persönlicher Situation erweitern.
Die Erteilung der Beibehaltungsgenehmigung ist gebührenpflichtig. Für die
Ausstellung einer Beibehaltungsurkunde beträgt die Gebühr 255 Euro. (Kinder

Drucksache 15/3777 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
gemeinsam mit den Eltern: 51 Euro je Kind). Wenn ein Antrag abgelehnt wird,
beträgt die Gebühr 191 Euro.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Anträge auf Erteilung der doppelten Staatsangehörigkeit werden

jährlich insgesamt gestellt?
– Wie viele Anträge werden davon im Rahmen des Beibehaltungsverfah-

rens abgelehnt?
– Wie viele Anträge werden davon von Angehörigen der EU-Mitgliedstaa-

ten, mit denen Gegenseitigkeit im Sinn von § 87 Abs. 2 AuslG besteht,
gestellt?

– Wie viele Anträge wurden davon im Rahmen des Beibehaltungsverfah-
rens abgelehnt?

2. Wie lange dauert ein Beibehaltungsverfahren zum Erwerb der doppelten
Staatsangehörigkeit in der Regel?

3. Sieht die Bundesregierung im Hinblick auf die vorzulegenden Unterlagen
Möglichkeiten der Vereinfachung und Entbürokratisierung im Beibehal-
tungsverfahren?

4. Welche Verfahren sehen die Mitgliedstaaten der EU für die doppelte Staats-
angehörigkeit vor, und welche Anforderungen stellen diese an die betroffe-
nen Personen?

5. Mit welchem Kosten- und Zeitaufwand müssen die betroffenen Personen in
diesen EU-Mitgliedstaaten rechnen?

6. Sieht die Bundesregierung aufgrund des Verfahrens in anderen EU-Ländern
Nachbesserungsbedarf beim deutschen Beibehaltungsverfahren?
Wenn ja, in welcher Form?

7. Gibt es in der Praxis Unterschiede bei der Vergabe der Beibehaltungsgeneh-
migung zwischen den EU-Mitgliedstaaten, mit denen Gegenseitigkeit im
Sinne von § 87 Abs. 2 AuslG besteht, und den übrigen EU-Mitgliedstaaten?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Aussage des Merkblattes zum deut-
schen Staatsangehörigkeitsrecht der deutschen Botschaft in Paris (Stand: 05/
2004), dass Deutschen, die die Staatsangehörigkeit von EU-Mitgliedstaaten
annehmen wollen, mit denen Gegenseitigkeit im Sinn von § 87 Abs. 2 AuslG
besteht, regelmäßig ein Beibehaltungsverfahren erteilt werden kann?

9. Wie bewertet die Bundesregierung den Vorschlag, bei Angehörigen von EU-
Mitgliedstaaten, mit denen Gegenseitigkeit im Sinn von § 87 Abs. 2 AuslG
besteht, das Beibehaltungsverfahren abzuschaffen?

Berlin, den 22. September 2004
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.