BT-Drucksache 15/3504

Beteiligungsrechte und Aktualisierung von strukturierten Behandlungsprogrammen (Disease Management Programme)

Vom 30. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3504
15. Wahlperiode 30. 06. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Dieter Thomae, Detlef Parr, Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr
(Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van
Essen, Otto Fricke, Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Christoph Hartmann
(Homburg), Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Markus Löning, Günther Friedrich Nolting,
Eberhard Otto (Godern), Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Cornelia Pieper, Gisela
Piltz, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein,
Dr. Volker Wissing und der Fraktion der FDP

Beteiligungsrechte und Aktualisierung von strukturierten
Behandlungsprogrammen (Disease Management Programme)

Die Implementierung von strukturierten Behandlungsprogrammen (Disease
Management Programme, DMP) dient dazu, den Behandlungsablauf und die
Qualität der medizinischen Versorgung chronisch Kranker zu verbessern. Das
Ziel der DMP ist es auch, das Kosten-Nutzen-Verhältnis der jeweiligen Behand-
lungsstandards zu berücksichtigen. In Großbritannien wurde 1999 das „National
Institute of Clinical Excellence“ (NICE) gegründet, welches Behandlungen im
Hinblick auf deren Kosten-Nutzen-Relation beurteilt. Im GKV-Modernisie-
rungsgesetz (GMG) wurde ebenfalls beschlossen, ein derartiges Institut in
Deutschland zu etablieren („Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Ge-
sundheitswesen“).
Der Gemeinsame Bundesausschuss (GemBA, § 91 SGB V), dessen Hauptauf-
gaben in der Erarbeitung von Richtlinien zum Leistungskatalog der GKV und in
der Vorgabe von Anforderungen an die Qualitätssicherung liegen, schlägt dem
Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) geeignete
chronische Erkrankungen vor (§ 137f Abs. 1 SGB V), für die DMP entwickelt
werden und er definiert auch wesentliche Anforderungen im Hinblick auf die
Ausgestaltung der DMP (§ 137f Abs. 2 SGB V). Die Behandlung chronischer
Erkrankungen erfolgt vielfach unter Einsatz von Arzneimittelnmit zum Teil sehr
komplexerWirkungsweise. Die Arzneimittelhersteller sind an der Beschlussfas-
sung des Gemeinsamen Bundesausschusses allerdings nicht beteiligt.
Im Rahmen der Einführung der strukturierten Behandlungsprogramme wird
auch die Risikostruktur-Ausgleichsverordnung (RSAV) angepasst. Die RSAV
sieht in § 28b Abs. 3 vor, dass die Vorgaben für strukturierte Behandlungspro-
gramme „mindestens in Jahresabständen“ und bei „Änderung der den Vorgaben
zu Grunde liegenden Verhältnisse“ unverzüglich zu überprüfen sind, „wenn das
Programm zum Zeitpunkt des Inkrafttretens der Änderungen noch für mindes-
tens zwei Jahre zugelassen ist.“ Die Arzneimittelhersteller können hier zwar
durch Stellungnahmen zum Referentenentwurf im Rahmen öffentlicher Bera-
tungen Einwendungen gegen Änderungen der RSAV vorbringen. Der Zeitrah-

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men für Anhörungen ist mit zwei bis drei Wochen, die teilweise in Ferienzeiten
fallen, sehr eng gesetzt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, dass betroffene Arznei-

mittelhersteller vor Beschlussfassung der Anforderungsprofile für struktu-
rierte Behandlungsprogramme an den jeweiligen Entscheidungen angemes-
sen beteiligt werden?

2. Existieren klare Regelungen im Hinblick auf die Erstellung der Anforde-
rungsprofile?

3. Wenn nein, wie beurteilt die Bundesregierung diesen Sachverhalt im Hin-
blick auf die Transparenz des Verfahrens für die Leistungserbringer und für
weitere Fachkreise?

4. Werden bei der Festlegung der strukturierten Behandlungsprogramme die
Ergebnisse der Kosten-Nutzen-Beurteilungen des NICEmit berücksichtigt?

5. Wie beurteilt die Bundesregierung die Angemessenheit des geringen Zeit-
rahmens, in welchem Stellungnahmen zum Verordnungsentwurf abzugeben
sind?

6. Hält es die Bundesregierung im Lichte des § 28b RSAV für rechtmäßig, dass
die bisherigen DMP für Diabetes mellitus Typ 2 und Brustkrebs seit fast
zwei Jahren nicht aktualisiert wurden, obwohl mehrfach neue Studiener-
gebnisse eingereicht wurden?

7. Wenn nein, wie soll zukünftig die Einhaltung der gesetzlich festgelegten
Fristen für die Überarbeitung der DMP durch die Bundesregierung sicher-
gestellt werden?

8. Wann ist konkret mit der Aktualisierung der Programme für Brustkrebs und
Diabetes mellitus Typ 2 zu rechnen und wird mit der Aktualisierung auch
eine Änderung der bestehenden RSAV verbunden sein?

9. Wenn ja, wie werden betroffene Arzneimittelhersteller bei Änderungen zur
RSAV im Vorfeld dieser Überarbeitung im Gemeinsamen Bundesausschuss
beteiligt werden?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, dass beim Gemeinsamen Bundesaus-
schuss eine Arbeitsgruppe eingesetzt wurde, die sich mit einer Überarbei-
tung der seit über einem Jahr nicht aktualisierten DMP für Koronare Herz-
krankheit beschäftigt?

11. Wenn ja, wie ist der Stand der Überarbeitung?
12. WelcheMaßnahmen sind aus Sicht der Bundesregierung zu ergreifen, damit

neueste Studienergebnisse zeitnah chronisch Kranken, die sich in struktu-
rierten Behandlungsprogrammen eingeschrieben haben, zuteil werden?

13. Müssen strukturierte Behandlungsprogramme, die vom Bundesversiche-
rungsamt zugelassen wurden und eine Restlaufzeit von maximal zwei Jah-
ren haben, ebenfalls an die aktuellsten Erkenntnisse im Hinblick auf die Be-
handlung der entsprechenden Erkrankung angepasst werden?

14. Wenn nein, wie rechtfertigt die Bundesregierung eine derartige Festlegung,
sofern wesentliche neue Forschungsergebnisse eine Anpassung der DMP
notwendig machen?

15. Welche Evaluationen werden zwischen chronisch Kranken, die sich in
DMP-Programmen eingeschrieben haben und denen, die nicht durch die
DMP-Programme erfasst werden, durchgeführt, um sicherzustellen, dass
die DMP-Programme erfolgreich sind?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3504

16. Soll es den Krankenversicherungen ermöglicht werden, den Ärzten und Pa-
tienten gegebenenfalls auch Anreize zu bieten, um eine Erhöhung der Ein-
schreibequoten zu erzielen (z. B. durch Gewährung von zusätzlichen Hono-
rarzahlungen bei hoher Einschreibequote, Erlassung von Zuzahlungen,
Werbegeschenke wie Teststreifen für diätisch geführte Diabetiker)?

17. Wie schließt die Bundesregierung aus, dass Versicherte von Ärzten und
Krankenversicherungen zu einer Teilnahme an DMP-Programmen gedrängt
werden?

18. Wie beurteilt die Bundesregierung die in den DMP-Programmen teilweise
ohne Begründung existierenden Abweichungen von internationalen Be-
handlungsstandards im Bereich der Therapieauswahl und der Therapieziel-
setzung und wie will sie dies gegebenenfalls unterbinden?

Berlin, den 30. Juni 2004
Dr. Dieter Thomae
Detlef Parr
Dr. Heinrich L. Kolb
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Otto Fricke
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Markus Löning
Günther Friedrich Nolting
Eberhard Otto (Godern)
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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