BT-Drucksache 15/3330

Mehr Sicherheit für Radfahrer - insbesondere Schutz vor Unfällen mit LKW im Stadtverkehr

Vom 16. Juni 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/3330
15. Wahlperiode 16. 06. 2004

Antrag
der Abgeordneten Heidi Wright, Sören Bartol, Uwe Beckmeyer,
Hans-Günter Bruckmann, Dr. Peter Danckert, Annette Faße, Rainer Fornahl,
Gabriele Groneberg, Ernst Kranz, Ute Kumpf, Dr. Christine Lucyga, Heinz Paula,
Karin Rehbock-Zureich, Siegfried Scheffler, Wilhelm Schmidt (Salzgitter),
Dr. Angelica Schwall-Düren, Wolfgang Spanier, Ludwig Stiegler, Petra Weis,
Reinhard Weis (Stendal), Dr. Margrit Wetzel, Franz Müntefering und der Fraktion
der SPD
sowie der Abgeordneten, Franziska Eichstädt-Bohlig, Winfried Hermann, Albert
Schmidt (Ingolstadt), Volker Beck (Köln), Peter Hettlich, Rainder Steenblock,
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Mehr Sicherheit für Radfahrer – insbesondere Schutz vor Unfällen
mit LKW im Stadtverkehr

Der Bundestag wolle beschließen:
I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Zahl der im Straßenverkehr in Deutschland getöteten Radfahrer war mit 612
auch im Jahr 2003 wiederum unvermindert hoch. Häufig sind gerade radfah-
rende Kinder und Jugendliche Opfer solcher tödlicher Verkehrsunfälle. Die Un-
fallschwerpunkte liegen für Radfahrer vor allem im Stadtverkehr.
Zu besonders schweren Unfällen für Radfahrer kommt es im städtischen Stra-
ßenverkehr durch nach rechts abbiegende Lastkraftwagen (LKW), deren Fahrer
die Radfahrer nicht oder nicht rechtzeitig im Rückspiegel erkennen. Das rück-
wärtige Sichtfeld der Außenspiegel reicht insbesondere bei schweren LKW oft
nicht aus; es verbleibt ein „toter Winkel“ im Nahbereich des Fahrzeugs. In
jüngster Zeit waren zwei tragische Verkehrsunfälle in Berlin mit tödlichem
Ausgang darauf zurückzuführen, dass die rechts abbiegenden LKW-Fahrer die
beteiligten Radfahrer, die sich im „toten Winkel“ befanden, übersehen hatten.
Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund ist dringender Handlungsbedarf gegeben,
um ähnliche Unfälle künftig weitestgehend zu vermeiden. Dafür ist es erforder-
lich, das Sichtfeld für die Fahrer von LKW soweit wie möglich zu vergrößern.
Bereits im Jahr 2001 hat die Bundesregierung – gemeinsam mit den Niederlan-
den – eine Initiative bei der Europäischen Kommission zur Novellierung der eu-
ropäischen Vorschriften für Rückspiegel und andere Einrichtungen für indirekte
Sicht gestartet. Als Ergebnis liegt nunmehr eine neue europäische Richtlinie
2003/97/EG mit verschärften Anforderungen für Rückspiegel vor. Wichtig ist,
dass die Richtlinie keine technische Ausrüstung vorschreibt, sondern das Errei-
chen eines definierten Sichtfeldes, das den bisherigen toten Winkel für LKW-
Fahrer einsehbar macht. Dieses Sichtfeld ist auch Grundlage einer nationalen

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niederländischen Verordnung, die im Vorgriff auf die europäische Richtlinie, be-
reits zum 1. Januar 2003 in Kraft gesetzt wurde.
Die EG-Richtlinie, die am 29. Januar 2004 in Kraft getreten ist, ist von allen EU-
Mitgliedstaaten bis zum 26. Januar 2005 in nationales Recht zu übernehmen so-
wie ab 26. Januar 2006 für alle neuen Fahrzeugtypen und ab 26. Januar 2007 für
neu in den Verkehr kommende LKW ab 7,5 t zwingend anzuwenden.
Die Bundesregierung arbeitet derzeit an der Übernahme der Richtlinie in natio-
nales Recht. Parallel dazu hat die Bundesregierung eine Ausweitung des Gel-
tungsbereichs auf Altfahrzeuge und Nutzfahrzeuge ab 3,5 t eingeleitet. § 56 der
Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) wird dahin gehend geändert,
dass bestimmte Vorschriften der Richtlinie schnellstmöglich für alle genannten
Fahrzeugklassen verbindlich anzuwenden sind. Zur Vermeidung weiterer
schwerer Verkehrsunfälle und zum Schutz von Radfahrern sind weitere Maß-
nahmen erforderlich.
II. Der Deutsche Bundestag begrüßt,
l dass die Bundesregierung die EG-Richtlinie 2003/97/EG noch in diesem Jahr

mit einer Änderung der StVZO umsetzen wird. Die dazu nötigen Maßnah-
men, einschließlich der Notifizierung bei der Europäischen Kommission,
sind bereits auf den Weg gebracht. Einen Monat nach Inkrafttreten der Ände-
rung gelten dann bestimmte Vorschriften der neuen Richtlinie verbindlich für
alle neuen LKW;

l dass die Bundesregierung parallel intensiv die Nachrüstung von bereits im
Verkehr befindlichen LKW und Nutzfahrzeugen ab 3,5 t betreibt und damit
weit über die Anforderungen der EG-Richtlinie hinaus die Sicherheit verbes-
sert. Auch für diese erweiterte Geltung wird das Notifizierungsverfahren bei
der Europäischen Kommission bereits eingeleitet;

l dass der Bundesminister für Verkehr, Manfred Stolpe, und seine niederlän-
dische Amtskollegin, Karla Peijs, verabredet haben, während der niederlän-
dischen Ratspräsidentschaft ab dem 1. Juli 2004 eine Initiative innerhalb der
EU für eine Richtlinie zu starten, die die zunächst nur national von Deutsch-
land betriebene Nachrüstpflicht und Ausdehnung des Geltungsbereichs auf
Nutzfahrzeuge ab 3,5 t zum Inhalt haben wird. Damit soll gewährleistet wer-
den, dass die Sichtfeldverbesserungen schnellstmöglich in der gesamten EU
eingeführt werden;

l dass das Bundesministerium für Verkehr, Bau- undWohnungswesen abMitte
Juni 2004 eine Aufklärungsaktion starten wird, die das Ziel verfolgt, LKW-
Fahrer, Radfahrer und Fußgänger über die Tote-Winkel-Problematik aufzu-
klären und zu einem rücksichtsvollen und vorausschauenden Verhalten im
Verkehr zu ermutigen;

l dass die Fahrzeugindustrie die technischen Voraussetzungen für die frühzei-
tige Umsetzung der Richtlinie durch die Bereitstellung der entsprechenden
Spiegelsysteme geschaffen hat.

III. Der Deutsche Bundestag fordert daher die Bundesregierung auf,
l auf die Fahrzeugindustrie intensiv mit dem Ziel einzuwirken, die verbesser-

ten und qualitativ der neuen EG-Richtlinie entsprechenden Spiegel insbeson-
dere auch zur Nachrüstung von LKW schnellstmöglich und in ausreichender
Stückzahl anzubieten;

l auf die Fahrzeugindustrie intensiv einzuwirken, mit dem Ziel, schnellstmög-
lich Nachrüstmöglichkeiten zur Vermeidung des „toten Winkels“ auch für
solche älteren LKW anzubieten, bei denen eine solche Nachrüstung zurzeit
noch nicht möglich ist;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/3330

l bei den Verbänden des Güterkraftverkehrs und durch eine verstärkte Öffent-
lichkeitsarbeit die Akzeptanz für die Nachrüstung mit Rückspiegeln zu erhö-
hen, die den „toten Winkel“ für LKW-Fahrer weitestgehend einsehbar ma-
chen;

l insbesondere in gemeinsamen Initiativen mit Verbänden, die für die Verbes-
serung der Verkehrssicherheit arbeiten, verstärkt die Aufklärung über die Ge-
fahren für Rad fahrende Kinder und Jugendliche zu betreiben.

Berlin, den 16. Juni 2004
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion

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