BT-Drucksache 15/333

Haushaltsnahe Mini-Jobs

Vom 15. Januar 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/333
15. Wahlperiode 15. 01. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Ina Lenke, Klaus Haupt, Dr. Heinrich L. Kolb, Daniel Bahr
(Münster), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Dr. Christian Eberl,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer
Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen), Dr. Karlheinz
Guttmacher, Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann (Homburg), Ulrich
Heinrich, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Markus Löning, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Gisela Piltz, Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Dr. Rainer
Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang
Gerhardt und der Fraktion der FDP

Haushaltsnahe Mini-Jobs

Das im Deutschen Bundestag auf Beschlussempfehlung des Vermittlungsaus-
schusses hin beschlossene „Zweite Gesetz für moderne Dienstleistungen am
Arbeitsmarkt“ schafft unter anderem Regelungen für so genannte geringfügige
Beschäftigungen in Privathaushalten. Gegenüber den sonstigen geringfügigen
Beschäftigungsverhältnissen, deren Entgeltgrenze allgemein auf 400 Euro mo-
natlich angehoben wird, gelten für diese haushaltsnahen Beschäftigungsver-
hältnisse abweichende Regelungen: Der Arbeitgeber zahlt für haushaltsnahe
Mini-Jobs Pauschalabgaben in Höhe von 12 %, davon je 5 % für Rentenversi-
cherung und Krankenversicherung und 2 % Pauschalsteuer (inkl. Kirchensteuer
und Solidarzuschlag). Bei den sonstigen geringfügigen Beschäftigungen, zu de-
nen bisher auch diejenigen in Privathaushalten zählten, gilt dagegen eine künf-
tig höhere pauschale Abgabe von 25 %. Der Arbeitgeber im privaten Haushalt
meldet seine/n Beschäftigten in einem so genannten Haushaltsscheckverfahren
an. Die Bundesknappschaft als zuständige Einzugsstelle für die vom Arbeit-
geber zu entrichtenden Beiträge zieht diese per Lastschriftverfahren ein. Wer
einen Minijobber im Privathaushalt beschäftigt, kann 10 % seiner Aufwendun-
gen, maximal jedoch 510 Euro im Jahr von der Steuerschuld abziehen. Wer in
seinem Privathaushalt einen Arbeitnehmer sozialversicherungspflichtig be-
schäftigt, kann 12 % seiner Aufwendungen, maximal jedoch 2 400 Euro von
der Steuerschuld abziehen. Wer haushaltsnahe Dienstleistungen nachfragt, die
durch ein Unternehmen oder eine Agentur vermittelt werden, kann 20 %, je-
doch maximal 600 Euro von der Steuerschuld abziehen. Ziel der Neuregelung
soll vor allem die Bewältigung des Problems der – gerade in Privathaushalten
nach Schätzungen sehr hohen – illegalen Beschäftigung sein. Es ist jedoch zu
bezweifeln, dass das Gesetz Anreize bieten wird, haushaltsnahe Dienstleistun-
gen aus der Schattenwirtschaft herauszuholen. Die Regelungen zu den gering-
fügigen Beschäftigungsverhältnissen in Privathaushalten und ihr Verhältnis zu

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den sonstigen geringfügigen Beschäftigungsverhältnissen sind kompliziert,
schwer verständlich und lassen viele Fragen offen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie begründet die Bundesregierung die fortdauernde Ungleichbehandlung

von Privathaushalten als Arbeitgeber, dadurch, dass keine angemessene
steuerliche Absetzbarkeit der in unmittelbarem Zusammenhang mit der
Aufnahme einer regulären Beschäftigung stehenden Ausgaben des privaten
Arbeitgebers für Arbeitsplätze im Privathaushalt vorgesehen ist?

2. Wie rechtfertigt die Bundesregierung die ungleiche steuerliche Abzugs-
fähigkeit von Aufwendungen des Arbeitgebers für im Privathaushalt
Beschäftigte mit und ohne Sozialversicherungspflicht, da doch in beiden
Fällen ein legales Arbeitsverhältnis vorliegt, für das (pauschal) Sozialabga-
ben und Steuern entrichtet werden?

3. Welche Regelungen zur steuerlichen Absetzbarkeit finden Anwendung für
erwerbsbedingte Kinderbetreuungskosten, die für ein ganz oder teilweise
der Kinderbetreuung dienendes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis im
Privathaushalt oder eine ganz oder teilweise der Kinderbetreuung dienende
haushaltsnahe Dienstleistung aufgewendet werden?

4. Sind vom Arbeitgeber für haushaltsnahe Minijobs stets die Umlagen nach
dem Lohnfortzahlungsgesetz zu entrichten, bzw. in welchen Fällen (bei-
spielsweise bei ausschließlicher Kinderbetreuungs-Tätigkeit im Angestell-
tenverhältnis) ist dies nicht der Fall?

5. Werden über das Anmeldeverfahren für haushaltsnahe Beschäftigungen bis
400 Euro monatlich per Haushaltscheck und die sich daraus ergebenden
Einzugsverfahren für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer wie Arbeit-
geberinnen und Arbeitgeber alle Melde- und Abgabe-/Zahlungspflichten
erfüllt, und wenn nicht, welche weiteren Maßnahmen sind ggf. durch wen
zu ergreifen?

6. In welcher für die Bürgerinnen und Bürger transparenten und verständ-
lichen Form und zu welchem Zeitpunkt sollen die Regelungen zu geringfü-
gigen Beschäftigungen in Privathaushalten bekannt gemacht und alle not-
wendigen Formulare und dergleichen zur Verfügung gestellt werden?

7. Wie hoch schätzt die Bundesregierung den Verwaltungsaufwand bei der
Bundesknappschaft als Einzugsstelle und bei den weiteren mit der Verein-
nahmung der aufzuteilenden Pauschalabgaben betrauten Stellen für die
Verfahren im Zusammenhang mit den haushaltsnahen Beschäftigungen?

8. Welche Mehreinnahmen schätzt die Bundesregierung aufgrund der Pau-
schalabgaben für erwartete zusätzliche Beschäftigungsverhältnisse in Pri-
vathaushalten?

9. Welche Mindereinnahmen erwartet die Bundesregierung aufgrund der Um-
stellung bisheriger 325-Euro-Jobs in Privathaushalten auf die neuen Rege-
lungen mit verminderter Pauschalabgabe?

10. Werden bestehende 325-Euro-Beschäftigungsverhältnisse in Privathaus-
halten automatisch oder auf Wunsch von Arbeitgebern und Beschäftigten
von den zuständigen öffentlichen Stellen in die neuen haushaltsnahen Be-
schäftigungsverhältnisse überführt werden, oder wird eine Ab- und Neuan-
meldung notwendig sein?

11. Erachtet es die Bundesregierung als bürokratische Vereinfachung für Ar-
beitgeber und Arbeitnehmer, wenn ein/e geringfügig Beschäftigte/r, die/der
bislang auf 325-Euro-Basis beschäftigt war und dafür sowohl im Privat-
haushalt wie auch in dem Privathaus angeschlossenen geschäftlichen Räu-

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men des Arbeitgebers Dienstleistungen erbracht hat, künftig für Tätigkei-
ten im gleichbleibenden Umfang zweifach angemeldet werden muss, um
die günstigere Abgabenpauschale von 12 % für den Anteil der im Privat-
haushalt erbrachten Dienstleistungen in Anspruch zu nehmen?

12. Gilt es sowohl für eine Tagesmutter als auch für alle Auftraggeber einer Ta-
gesmutter als haushaltsnahe Beschäftigung, wenn eine Tagesmutter in ihrer
Wohnung ein Kind oder mehrere Kinder verschiedener Auftraggeber bis zu
einem Höchsteinkommen von 400 Euro pro Monat betreut?

13. Fällt auch die Betreuung mehrerer Kinder verschiedener Eltern in der
Privatwohnung von einem der Auftraggeber für alle Arbeitgeber unter die
Definition haushaltsnaher Beschäftigung?

14. In welchem Verhältnis stehen Beitrag und Leistungsansprüche an die So-
zialversicherung bei einer pauschalisierten Beitragspflicht von je 5 % des
Arbeitsentgelts zu Renten- und Krankenversicherung?

15. Wer haftet, wenn die oder der im Rahmen eines 400-Euro-Jobs Beschäf-
tigte dem Arbeitgeber gegenüber weitere geringfügige Beschäftigungsver-
hältnisse nicht angibt?

16. Warum untersagt der Gesetzgeber bei 400-Euro-Beschäftigungen im Pri-
vathaushalt die Betriebsprüfung, während sonstige geringfügige Beschäfti-
gungen überprüfbar bleiben?

17. Fällt auch die Erledigung von Einkäufen und Botengängen sowie die Be-
gleitung von Kindern, Alten und Pflegebedürftigen außerhalb der Woh-
nung unter die Definition haushaltsnaher Beschäftigung in privaten Haus-
halten?

18. Gilt diese Einbeziehung unter den Begriff haushaltsnahe Dienstleistungen
auch für die Versorgung von nicht gewerblich genutzten Haus- und Klein-
tieren in privaten Haushalten?

19. Gilt, wie vom Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit, Wolfgang
Clement, in der 11. Sitzung des Deutschen Bundestages am 15. November
2002 angeführt, auch „das Anstreichen der Haustüren von innen und au-
ßen“ als haushaltsnahe Dienstleistung (Plenarprotokoll 15/11, S. 685 D),
und wenn ja, unter welchen Voraussetzungen sind weitere handwerkliche
Tätigkeiten im und am privaten Haus des Arbeitgebers dazu zu rechnen?

Berlin, den 15. Januar 2003
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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