BT-Drucksache 15/315

Ökologisch sinnvolle und effiziente Alternativen zum Zwangspfand auf Getränkeverpackungen

Vom 15. Januar 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/315
15. Wahlperiode 15. 01. 2003

Antrag
der Abgeordneten Birgit Homburger, Dr. Chistian Eberl, Daniel Bahr (Münster),
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt,
Ulrich Heinrich, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle
Laurischk, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz,
Marita Sehn, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele,
Dr. Dieter Thomae, Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion der FDP

Ökologisch sinnvolle und effiziente Alternativen zum Zwangspfand auf
Getränkeverpackungen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die im Rahmen der Verpackungsverordnung (VerpackV) vorgesehene Pfand-
pflicht für bestimmte Getränkeverpackungen ist durch aktuelle Erkenntnisse
aus Ökobilanzen obsolet geworden. In Kenntnis dieser Tatsache hat der Bun-
desminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit gleichwohl auf
einem Vollzug der ökologisch und ökonomisch kontraproduktiven Zwangs-
pfandregel bestanden. Bereits wenige Tage nach Wirksamwerden der Pfand-
pflicht sind erhebliche Probleme evident geworden, die durch eine rechtzeitige
Novellierung der VerpackV hätten vermieden werden können.
Die Umwelt wird durch das Zwangspfand nicht entlastet. Die Ungereimtheiten
des gegenwärtigen Systems irritieren die Verbraucherinnen und Verbraucher
und belasten die betroffenen Wirtschaftsunternehmen unnötig. Aus ökolo-
gischer Sicht hat u. a. der Bundesverband Sekundärrohstoffe und Entsorgung
die Einschätzung der FDP neuerlich bestätigt, wonach das Zwangspfand klassi-
sche Mehrwegverpackungen längerfristig auch dort zu verdrängen droht, wo
diese aus Umweltgründen besonders vorteilhaft sind. Unterdessen steigen die
privaten Direktimporte von Getränkedosen und Plastikflaschen in den Grenz-
regionen Deutschlands z. T. drastisch an, während ein führender deutscher
Getränkehersteller nach eigenen Angaben wegen der Pfandpflicht auf Geträn-
kedosen und Einwegflaschen seit dem 13. Januar 2003 Kurzarbeit angesetzt
hat. Unterdessen warnt die deutsche Entsorgungsbranche vor der Gefahr eines
weiter zunehmenden Konzentrationsprozesses in der Entsorgungswirtschaft
und dem Einzelhandel sowie vor monopolistischen Strukturen bei der deutsch-
landweiten Koordinierung des Pfandsystems. Ohne Korrekturen könne das ge-
genwärtige System mehr ökologisch nachteilige Verpackungen und weniger
Wettbewerb zur Folge haben.

Drucksache 15/315 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– unverzüglich eine ökologisch zweckdienliche und ökonomisch verantwort-

liche Novelle der Verpackungsverordnung zu erarbeiten,
– zumindest bis zum Abschluss der in dieser Sache vor höchsten deutschen

Gerichten schwebenden Verfahren den weiteren Vollzug der so genannten
Zwangspfandregel im Rahmen der geltenden Verpackungsverordnung aus-
zusetzen, um ökologisch kontraproduktive, irreversible Investitionsentschei-
dungen zu vermeiden und wettbewerblich unerwünschte Folgen der
Zwangspfandregel abzuwenden,

– zur Fundierung umweltpolitischer Ziele im Rahmen einer Novellierung der
Verpackungsverordnung allein auf die Ergebnisse ökobilanzieller Bewertun-
gen von Verpackungsarten abzustellen,

– entsprechende Ziele der Verpackungsverordnung regelmäßig den jeweils
aktuellen ökologischen Erkenntnissen anzupassen und die ökologischen
Zielgrößen entsprechend flexibel zu gestalten,

– das so genannte Zwangspfand nicht länger als Steuerungsinstrument der
Verpackungsverordnung vorzusehen und stattdessen – unter Berücksich-
tigung einschlägiger Erfahrungen in europäischen Partnerländern – zweck-
dienliche Alternativen unter besonderer Berücksichtigung eines Systems
handelbarer Lizenzen für ökologisch nachteilige Verpackungen zu erarbeiten
und dem Deutschen Bundestag vorzulegen,

– in einen kooperativen und konstruktiven Dialog mit den Ländern sowie der
Verpackungs- und Getränkewirtschaft einzutreten und die Einführung eines
zum Zwangspfand alternativen Systems vorzubereiten sowie

– in diesem Rahmen das bereits im vergangenen Jahr seitens der deutschen
Getränkewirtschaft vorgelegte Angebot aufzugreifen, wonach das Problem
der „Landschaftsvermüllung“ dadurch gelöst werden soll, dass in Koopera-
tion mit dem Handel sowie mit der Verpackungs- und Getränkeindustrie ein
Fonds für Landschaftsschutz eingerichtet wird, aus dem diejenigen
Bürgerinnen und Bürger Geld erhalten, die die Landschaft von weggeworfe-
nen Verpackungen säubern.

Berlin, den 14. Januar 2003
Birgit Homburger
Dr. Chistian Eberl
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich

Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Dieter Thomae

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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