BT-Drucksache 15/2970

Den EU-Verfassungsprozess zum Erfolg führen

Vom 27. April 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2970
15. Wahlperiode 27. 04. 2004

Antrag
der Abgeordneten Peter Hintze, Dr. Gerd Müller, Michael Stübgen, Peter Altmaier,
Veronika Bellmann, Otto Bernhardt, Leo Dautzenberg, Roland Gewalt, Josef
Göppel, Kurt-Dieter Grill, Michael Grosse-Brömer, Olav Gutting, Holger Haibach,
Ursula Heinen, Klaus Hofbauer, Volker Kauder, Michael Kretschmer, Gunther
Krichbaum, Werner Lensing, Patricia Lips, Dr. Georg Nüßlein, Franz Obermeier,
Thomas Rachel, Albert Rupprecht (Weiden), Dr. Wolfgang Schäuble, Norbert
Schindler, Dr. Andreas Schockenhoff, Thomas Silberhorn, Annette Widmann-
Mauz, Matthias Wissmann und der Fraktion der CDU/CSU

Den EU-Verfassungsprozess zum Erfolg führen

Der Bundestag wolle beschließen:
Der Deutsche Bundestag stellt fest:
I. Der Deutsche Bundestag tritt für einen zügigen Abschluss der Regierungs-

konferenz auf der Grundlage des Konventsentwurfs ein. Die Schlussbera-
tung muss von der Bundesregierung zu einer Verbesserung des Verfas-
sungsvertrages genutzt werden.
Der Deutsche Bundestag kritisiert, dass die Bundesregierung deutsche For-
derungen nicht in die Verhandlungen zum Verfassungsvertrag eingebracht
hat. Er fordert die Bundesregierung auf, die im Antrag der CDU/CSU-Bun-
destagsfraktion vom 14. Oktober 2003, Bundestagsdrucksache 15/1694,
genannten Forderungen in den noch verbleibenden Verhandlungen zu ver-
treten und dafür Sorge zu tragen, dass die bereits erfolgreich durchgesetz-
ten Anliegen von CDU und CSU Bestand haben. In der Präambel der Ver-
fassung soll ein klarer Bezug auf das christliche Erbe Europas und die
Verantwortung des Menschen vor Gott aufgenommen werden. Die Bundes-
regierung wird aufgefordert, sich mit Nachdruck für die Erhaltung der
Regeln des Vertrages von Maastricht zur Preisstabilität und zur Unabhän-
gigkeit der Europäischen Zentralbank in der Regierungskonferenz einzu-
setzen. Der Euro ist für Arbeitnehmer, Rentner, Sparer und die Wirtschaft
nur ein Erfolg, wenn er stabil bleibt. Nur stabiles Geld erhält den Wert von
Arbeitseinkommen und Ersparnissen. Stabiles Geld und damit niedrige
Zinsen sind zugleich eine unabdingbare Voraussetzung für Investitionen
und Beschäftigung. Daher ist es überragend wichtig, die eindeutige Stabili-
tätsorientierung des Euro zu erhalten.

II. Der Deutsche Bundestag setzt sich dafür ein, dass die Mitwirkungsrechte
des Deutschen Bundestages im Rahmen der Ratifizierung der europäischen
Verfassung gestärkt werden. Die europäische Verfassung wird eine grund-
legend neue Architektur im innerstaatlichen Umgang mit europapolitischen
Vorhaben und der Zusammenarbeit zwischen den einzelnen staatlichen Ak-
teuren erfordern. Dies schließt eine Überprüfung und Neubewertung der

Drucksache 15/2970 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
bisherigen Verfahren zwischen Bundesregierung, Bundesrat und Deut-
schem Bundestag in Angelegenheiten der Europäischen Union ein.

III. Der Deutsche Bundestag wird seine Haltung zu dem geplanten EU-Verfas-
sungsvertrag im Lichte des abschließenden Ergebnisses der Regierungskon-
ferenz und der Maßnahmen zu seiner innerstaatlichen Umsetzung festlegen.

IV. Der Deutsche Bundestag fordert, dass die Zustimmung der Bundesregie-
rung zur Aufnahme von Beitrittsverhandlungen an die Zustimmung von
Deutschem Bundestag und Bundesrat geknüpft werden muss.
Gleiches gilt für die Zustimmung der Bundesregierung zu der Entschei-
dung des Europäischen Rates, durch einstimmigen Beschluss von der Ein-
stimmigkeit zur Mehrheitsentscheidung überzugehen.

V. Die Wiedervereinigung Europas eröffnet am 1. Mai 2004 mit dem Beitritt
von 10 Ländern eine neue Perspektive in einem Raum der Freiheit, des
Friedens und des Rechts. Die EU muss allerdings vor einer Überdehnung
geschützt werden. Deswegen lehnt der Deutsche Bundestag eine EU-Mit-
gliedschaft der Türkei ab und setzt sich für eine privilegierte Partnerschaft
der EU mit der Türkei ein.

VI. Mit der EU-Erweiterung entsteht der größte Binnenmarkt der Welt. Dies ist
auch eine neue Herausforderung für den der Europäischen Union zu
Grunde liegenden Kohäsionsgedanken, die nur zu bestehen ist, wenn die
finanzpolitischen Weichen richtig gestellt sind. Die Wirtschaftskraft der
neuen Partner liegt deutlich unter dem Durchschnitt der Europäischen
Union. Der Anpassungsprozess erfordert erhebliche Finanzmittel und er-
streckt sich über einen Zeitraum von mehren Jahrzehnten. Der Deutsche
Bundestag fordert eine Konzentration auf klare Prioritäten und eine nüch-
terne Aufgabenanalyse auf europäischer Ebene. Erst daraus sollten Finanz-
bedürfnisse entwickelt werden. Der finanzielle Rahmen sollte auf Basis der
bisherigen Größenordnung fortgeführt werden. Auch hier gilt das Gebot
der Sparsamkeit. Die bloße Verlagerung von Arbeitsplätzen darf mit EU-
Mitteln nicht gefördert werden. Ein Subventionswettlauf muss vermieden
werden. Im Gegenzug zu einer Konzentration der Förderung besonders be-
nachteiligter Gebiete muss der Spielraum der Mitgliedstaaten für eigene
Maßnahmen erweitert werden.

Berlin, den 26. April 2004
Peter Hintze
Dr. Gerd Müller
Michael Stübgen
Peter Altmaier
Veronika Bellmann
Otto Bernhardt
Leo Dautzenberg
Roland Gewalt
Josef Göppel
Kurt-Dieter Grill
Michael Grosse-Brömer
Olav Gutting
Holger Haibach
Ursula Heinen
Klaus Hofbauer
Volker Kauder

Michael Kretschmer
Gunther Krichbaum
Werner Lensing
Patricia Lips
Dr. Georg Nüßlein
Franz Obermeier
Thomas Rachel
Albert Rupprecht (Weiden)
Dr. Wolfgang Schäuble
Norbert Schindler
Dr. Andreas Schockenhoff
Thomas Silberhorn
Annette Widmann-Mauz
Matthias Wissmann
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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