BT-Drucksache 15/2883

Zwischenbilanz des neuen Urhebervertragsrechts (2002)

Vom 31. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2883
15. Wahlperiode 31. 03. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Rainer Funke, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Daniel Bahr
(Münster), Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van
Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-Michael
Goldmann, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb,
Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Hans- Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr,
Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler,
Dr. Rainer Stinner, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Zwischenbilanz des neuen Urhebervertragsrechts (2002)

In der 14. Wahlperiode ist durch das „Gesetz zur Stärkung der vertraglichen
Stellung von Urhebern und ausübenden Künstlern“ vom 22. März 2002
(BGBl. I S. 1155) das Urhebervertragsrecht umfassend novelliert worden.
Ziel des neuen Urhebervertragsrechts war es, die vertragliche Stellung der frei-
beruflich tätigen Urheber und ausübenden Künstler zu stärken. Ob und inwie-
weit es sachgerecht wäre, die urheberrechtliche Vertragsfreiheit zu diesem
Zwecke durch zwingende Schutzbestimmungen zugunsten der Kreativen ein-
zuschränken, war umstritten. Nach äußerst kontroversen Debatten außerhalb
und innerhalb des Parlamentes und erheblichen Änderungen der ursprünglichen
Gesetzentwürfe fand die Reform des Urhebervertragsrechts jedoch schließlich
die Zustimmung aller Fraktionen im Deutschen Bundestag.
Kernelement des neuen Urhebervertragsrechts ist ein ausdrücklicher Anspruch
des Urhebers auf angemessene Vergütung (§ 32 UrhG [n. F.]), der durch einen
Anspruch der Kreativen auf einen „Fairnessausgleich“ für den Fall unerwartet
hoher Einnahmen aus der Werkverwertung ergänzt wird (§ 32a UrhG [n. F.]).
Diese Bestimmungen werden flankiert durch die neuartige Möglichkeit zum
Abschluss so genannter gemeinsamer Vergütungsregeln (§ 36 UrhG [n. F.]),
mit deren Hilfe Vereinigungen von Urhebern und Vereinigungen von Werk-
nutzern oder einzelnen Werknutzern eine Übereinkunft zur Bestimmung der
Angemessenheit von Vergütungen nach § 32 UrhG (n. F.) treffen können. Die
gemeinsamen Vergütungsregeln sollen die Angemessenheit inhaltlich ausfül-
len und die jeweilige Branchenpraxis prägen (Begründung des Regierungsent-
wurfs, Bundestagsdrucksache 14/6433, S. 12).
Der Gesetzgeber hat ausdrücklich festgestellt, dass er mit den neuen urheberver-
tragsrechtlichen Bestimmungen, insbesondere mit dem Konzept der gemein-
samen Vergütungsregeln, „juristisches Neuland“ betritt (vgl. die Begründung
des Regierungsentwurfs, Bundestagsdrucksache 14/6433, S. 12). Angesichts
der stetig wachsenden wirtschaftlichen Bedeutung des Urheberrechts ist es zwei
Jahre nach der Novelle deshalb sachgerecht, eine Zwischenbilanz über die ersten
praktischen Erfahrungen mit dem neuen Urhebervertragsrecht zu ziehen.

Drucksache 15/2883 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, inwieweit die neu-

en Vergütungsansprüche bereits Gegenstand gerichtlicher Auseinander-
setzungen waren bzw. wie die Rechtsprechung mit den neuen Vorschriften
– insbesondere mit dem Vertragsergänzungsanspruch aus § 32 Abs. 1
Satz 3 UrhG (n. F.) – umgeht?

2. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Entwicklung der
ökonomischen Situation der Urheber und ausübenden Künstler seit dem
Inkrafttreten des neuen Urhebervertragsrechts in den Branchen, die in der
Debatte um das neue Urhebervertragsrecht eine besondere Rolle gespielt
haben, also insbesondere in der Film- und Fernsehproduktion, bei den
Übersetzern sowie bei den freiberuflich tätigen Journalisten?

3. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung über die Auswirkungen des
neuen Urhebervertragsrechts auf die Praxis der urheberrechtlichen Ver-
tragsgestaltung?

4. Welche Erkenntnisse hat die Bundesregierung darüber, ob und in welcher
Weise die neuen urhebervertragsrechtlichen Bestimmungen sich auf die
wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, insbesondere auf die Kosten bei der
Herstellung und der Verwertung urheberrechtlich bzw. leistungsschutz-
rechtlich geschützter Werke und Darbietungen auswirken?

5. Hat sich die – insbesondere von Film- und Fernsehproduzenten geäußerte –
Befürchtung als berechtigt erwiesen, dass die in § 32a Abs. 2 UrhG (n. F.)
vorgesehene Durchgriffshaftung infolge von Freistellungsklauseln zu einer
„Sandwichsituation“ der Produzenten führt, mit der Folge, dass die Produ-
zenten sämtliche Ansprüche des Urhebers tragen müssen, obwohl sie nicht
im eigentlichen Sinne Verwerter des Werkes sind?

6. In welchen Branchen und Verwertungsbereichen haben sich die Beteiligten
seit dem Inkrafttreten des neuen Urhebervertragsrechts bereits auf gemein-
same Vergütungsregeln einigen können?

7. Sofern bislang keine oder nur vereinzelt gemeinsame Vergütungsregeln
zustande gekommen sind, hat die Bundesregierung Erkenntnisse über die
Gründe dafür?

8. Beurteilt die Bundesregierung die ersten praktischen Auswirkungen des
neuen Urhebervertragsrechts insgesamt als eher positiv oder eher negativ?

9. Sieht die Bundesregierung Korrektur- bzw. Änderungsbedarf bei den neuen
urhebervertragsrechtlichen Bestimmungen, und wenn ja, in welcher Hin-
sicht und mit welcher Begründung?

10. Beabsichtigt die Bundesregierung, weitere Änderungen des Urheberver-
tragsrechts zum Gegenstand des „Zweiten Korbes“ zu machen, und wenn
ja, welche Änderungen und mit welcher Begründung?

Berlin, den 31. März 2004
Rainer Funke
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)

Hans-Michael Goldmann
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Hans- Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz

Dr. Andreas Pinkwart
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Dr. Rainer Stinner
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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