BT-Drucksache 15/2874

Mehrwertsteuersatz für bildende Kunst

Vom 31. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2874
15. Wahlperiode 31. 03. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Rainer Brüderle, Angelika
Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Otto Fricke, Horst
Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Dr. Christel
Happach-Kasan, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus Haupt, Dr. Werner Hoyer,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Ina Lenke, Dirk Niebel,
Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Hermann Otto Solms,
Dr. Max Stadler, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Volker Wissing,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Mehrwertsteuersatz für bildende Kunst

Für Lieferung, Einfuhr, Erwerb und Vermietung von Kunstgegenständen gilt
gemäß § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 Umsatzsteuergesetz ein Umsatzsteuersatz von
7 %. Die Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben in ihrem
Koalitionsvertrag vom 16. Oktober 2002 die Beibehaltung dieses reduzierten
Mehrwertsteuersatzes im Kulturbereich als eines ihrer Anliegen definiert.
Am 23. Juli 2003 hat die Europäische Kommission eine Richtlinie des Rates
(2003/0169 (CNS)) zur Änderung der Richtlinie 77/388/EWG in Bezug auf den
Anwendungsbereich der ermäßigten Mehrwertsteuersätze vorgelegt. Im „Ver-
zeichnis der Lieferungen von Gegenständen und der Dienstleistungen, auf die
ermäßigte Mehrwertsteuersätze angewandt werden können“ (Anhang H), sind
Dienstleistungen von bildenden Künstlern jedoch nicht aufgeführt. Ziel dieser
Maßnahme ist eine langfristig angestrebte Harmonisierung der Rechts-
vorschriften und Beschränkung der Ausnahmeregelungen auf den Anhang H,
um Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten abzubauen. Der
Rat der Wirtschafts- und Finanzminister der Europäischen Union (ECOFIN-
Rat) hat am 10. Februar 2004 die Frage der ermäßigten Mehrwertsteuersätze
thematisiert und seine Vorbereitungsgremien angewiesen, diese Frage zur Vor-
bereitung nächster Ratssitzungen eingehender zu prüfen.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Hat die Bundesregierung in der Sitzung des ECOFIN-Rates am 10. Februar

2004 die in der Antwort auf die Große Anfrage der Fraktionen der
CDU/CSU und FDP „Wirtschaftliche und soziale Entwicklung der künst-
lerischen Berufe und des Kunstbetriebs in Deutschland“ (Bundestags-
drucksache 15/2275 (neu)) dargelegte Position der Bundesregierung zur
reduzierten Mehrwertsteuer auf bildende Kunst eingebracht?

2. Welche Argumente hat die Bundesregierung angeführt gegen die im Richt-
linienentwurf 2003/0169 (CNS) vom 16. Juli 2003 dargelegte Absicht der
EU-Kommission, künftig keine nationale Option für eine reduzierte Mehr-
wertsteuer auf bildende Kunst zuzulassen?

3. Welche Haltung wird die Bundesregierung zukünftig im ECOFIN-Rat ein-
zunehmen?

Drucksache 15/2874 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
4. Plant die Bundesregierung eine gemeinsame Initiative mit anderen EU-
Mitgliedsländern wie Frankreich, Holland und Belgien, die eine reduzierte
Mehrwertsteuerabgabe für bildende Kunst bereits anwenden und erhalten
bzw. einführen wollen?

5. Welche darüber hinausgehenden Initiativen wird die Bundesregierung in
Europa ergreifen, um den Mehrwertsteuersatz für Kunst und andere kultu-
relle Güter zu bewahren?

6. Hat Bundeskanzler Gerhard Schröder im Gespräch mit Präsident Jacques
Chirac über die Einführung einer reduzierten Mehrwertsteuer für CDs in
Frankreich auch den Erhalt der Mehrwertsteuer für bildende Kunst in
Deutschland zur Sprache gebracht?

7. Widerspricht die von der Bundesregierung betonte indirekte Fördertätigkeit
durch ermäßigte Steuersätze dem in der Richtlinie 77/388/EWG enthalte-
nen Gebot der Neutralität der Mehrwertsteuer?

8. Wie hoch sind die Mehrwertsteuersätze für bildende Kunst in den ab dem
1. Mai zur EU gehörenden Staaten?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Wettbewerbsverzerrungen, die aus
den unterschiedlichen Mehrwertsteuersätzen innerhalb der EU resultieren?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die in der Richtlinie enthaltene unter-
schiedliche Behandlung von Kunstgegenständen (keine ermäßigte Mehr-
wertsteuer) und Büchern (ermäßigte Mehrwertsteuer)?

11. Teilt die Bundesregierung die Auffassung in der Begründung des Entwurfs
der Richtlinie 2003/0169 (CNS), wo die Effektivität reduzierter Mehrwert-
steuersätze angezweifelt wird?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Funktion der reduzierten Mehrwert-
steuer, den Zugang zu kulturellen Gütern zu erleichtern?

13. Mit welchen Umsatzsteuermehreinnahmen rechnet die Bundesregierung
bei Wegfall des reduzierten Mehrwertsteuersatzes?

14. Rechnet die Bundesregierung bei Wegfall der reduzierten Mehrwertsteuer
mit einem sich ändernden Kaufverhalten und muss die Schätzung der
Steuermehreinnahmen dahin gehend korrigiert werden?

15. Mit welchen weiteren Auswirkungen rechnet die Bundesregierung bei
Durchsetzung der Abschaffung der Mehrwertsteuer hinsichtlich des Mark-
tes für bildende Kunst?

16. Welche Konsequenzen erwartet die Bundesregierung hinsichtlich der Ein-
kommenssituation der Künstler?

Berlin, den 31. März 2004
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Rainer Brüderle
Angelika Brunkhorst
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann

Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Ina Lenke
Dirk Niebel
Eberhard Otto (Godern)

Detlef Parr
Cornelia Pieper
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Volker Wissing
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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