BT-Drucksache 15/2698

Zwischenbewertung des Anti-D-Hilfegesetzes

Vom 9. März 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2698
15. Wahlperiode 09. 03. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Jens Spahn, Andreas Storm, Annette Widmann-Mauz, Norbert
Barthle, Dr. Wolf Bauer, Monika Brüning, Verena Butalikakis, Dr. Hans Georg
Faust, Michael Hennrich, Hubert Hüppe, Volker Kauder, Barbara Lanzinger,
Dr. Michael Luther, Maria Michalk, Hildegard Müller, Matthias Sehling, Matthäus
Strebl, Gerald Weiß (Groß-Gerau), Wolfgang Zöller und der Fraktion der CDU/CSU

Zwischenbewertung des Anti-D-Hilfegesetzes

Der Deutsche Bundestag hat am 9. Juni 2000 das Gesetz über die Hilfe für durch
Anti-D-Immunprophylaxe mit dem Hepatitis-C-Virus infizierte Personen (Anti-
D-Hilfegesetz, AntiDHG) beschlossen. Dieses Gesetz sollte die unbefriedigende
Situation der durch Anti-D-Immunprophylaxe in der ehemaligen DDR mit
Hepatitis-C-Viren infizierten Frauen materiell und juristisch verbessern, da sich
ihre Versorgungssituation als Opfer einer Straftat nach der Wiedervereinigung
im Vergleich zum Recht der ehemaligen DDR vielfach verschlechtert hatte.
Grundlegend für die Entschädigung ist dabei u.a. die Frage, ob es sich um eine
Haftungsentschädigung infolge einer Arzneimittelstraftat oder aber um soziales
Entschädigungsrecht handelt. So tauchen auch bei der Umsetzung des An-
tiDHG vielfach Probleme und unbefriedigende Situationen für die infizierten
Frauen auf, insbesondere hinsichtlich der Einstufung der Minderung der
Erwerbsfähigkeit.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie viele Personen erhielten nach dem AntiDHG – auch im Vergleich zum

Stand der vorherigen Anwendung des Bundesseuchengesetzes (BSeuchG)
i. V. m. dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) – seit seinem Inkrafttreten
zum 1. Januar 2000 Anerkennungsbescheide, wie viele Anträge wurden ab-
gelehnt, wie viele Personen befinden sich noch in schwebenden Verfahren
(Widersprüche oder Klagen)?

2. Wie viele Anerkennungen liegen in den jeweiligen Minderung-der-Erwerbs-
fähigkeit (MdE)-Gruppen von 10 %, 20 %, 30 % usw. vor und wie viele An-
erkennungen entfallen auf Hinterbliebene im Sinne des § 4 AntiDHG?

3. Welche Auswirkungen hatten die Rundschreiben des damaligen Bundesmi-
nisteriums für Arbeit und Sozialordnung vom 6. April 2001 hinsichtlich der
Einstufung des Grades der Erwerbsminderung?
Wie oft sind im Nachgang dieses Rundschreibens Herabstufungen der Höhe
der Erwerbsminderung generell ergangen, insbesondere mit Blick auf die
Überarbeitung der Anhaltspunkte für die ärztliche Gutachtertätigkeit im so-
zialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz, und in
welchem Umfang haben sie sich jeweils vollzogen?

Drucksache 15/2698 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
4. Welche Summe wurde von den vom Bund bereitgestellten 15 Mio. DM (ca.
7,7 Mio. Euro) für Einmalzahlungen nach § 3 Abs. 3 AntiDHG inzwischen
aufgewandt und welcher Betrag wurde insgesamt für schwebende Verfah-
ren (Widersprüche/Klagen) zurückgestellt?

5. Welche Summe wurde jeweils für die Jahre 2000 bis 2003 für monatliche
Renten nach § 3 Abs. 2 AntiDHG verausgabt und welcher Betrag entfiel in
den jeweiligen Jahren auf Betroffene nach § 4 AntiDHG?
Wie werden die Kosten für die Zukunft eingeschätzt?

6. Was ist Inhalt eines Prüfungsberichtes des Bundesrechnungshofes zum An-
tiDHG aus dem Jahr 2002, wie bewertet die Bundesregierung die Ergebnis-
se des Berichtes und welche Konsequenzen will sie aus dem Prüfungsbe-
richt ziehen?

7. Verfügt die Bundesregierung über fachlich fundierte medizinische Gutach-
ten oder Studien zum Verlauf und zu den Folgeerkrankungen bzw. Spätfol-
gen von HCV-Infektionen?
Wenn ja, über welche und zu welchen Zeiträumen?

8. Liegen der Bundesregierung Erkenntnisse in Form von Gutachten oder
Studien über die Wirkungsweise des Virus, intrahepatisch, extrapatisch und
neuropsychologisch sowie nach einer Interferontherapie vor?
Wenn ja, welche und aus welchem Zeitraum?

9. Welche Prognose über den Gesundheitszustand der Betroffenen ergibt sich
nach heutigen Erkenntnissen
a) für die nächsten 2 Jahre,
b) für die nächsten 5 Jahre,
c) für die nächsten 10 Jahre?

10. Wie bewertet die Bundesregierung die unterschiedlichen Kriterien und das
Verhalten von Versorgungsämtern und Landesversorgungsämtern bei der
Einstufung der Minderung der Erwerbsfähigkeit der betroffenen Frauen im
Vergleich der Jahre 1995, 2000 und gegenwärtig?

11. Hält die Bundesregierung die Erstellung eines medizinisch-wissenschaft-
lichen Gutachtens für ein geeignetes Mittel, die sozialen bzw. arbeitsme-
dizinischen Konsequenzen sowie die psychosoziale Situation bei einer
HCV-Infektion abzuklären und damit zu einer fachlich einheitlichen und
wissenschaftlich begründeten Bewertung im Hinblick auf die Feststellung
von Erwerbsminderung, Versorgungsansprüche etc. zu gelangen?
Wenn ja, welche Schritte hat die Bundesregierung dazu bereits eingeleitet,
wenn nein, welche Alternativen dazu schlägt die Bundesregierung vor?
Können Erkenntnisse und Kriterien aus der medizinischen Begutachtung
von HCV-Infektionen im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung –
ggf. vorübergehend – herangezogen werden?
Wenn ja, welche und wie?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die Forderungen der durch die Anti-D-
Immunprophylaxe mit HCV infizierten Frauen hinsichtlich entgangener
Rentenversicherungsansprüche?

13. Wo könnten nach Ansicht der Bundesregierung Möglichkeiten und Maß-
nahmen liegen, die Situationen der betroffenen Frauen, ggf. durch eine Ge-
setzesänderung, zu verbessern?

Berlin, den 9. März 2004
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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