BT-Drucksache 15/2439

Absprachen und Vereinbarungen des Bundeskanzlers zur Zukunft des Bombardier-Waggonbaubetriebes in Halle-Ammendorf

Vom 27. Januar 2004


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2439
15. Wahlperiode 27. 01. 2004

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Christoph Bergner, Karl-Josef Laumann, Dagmar Wöhrl,
Dirk Fischer (Hamburg), Hartmut Büttner (Schönebeck), Erich G. Fritz, Uda
Carmen Freia Heller, Bernd Heynemann, Peter Letzgus, Ulrich Petzold, Kurt-Dieter
Grill, Dr. Joachim Pfeiffer, Dr. Rolf Bietmann, Veronika Bellmann, Renate Blank,
Wolfgang Börnsen (Bönstrup), Georg Brunnhuber, Hubert Deittert, Alexander
Dobrindt, Enak Ferlemann, Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof), Dr. Michael Fuchs,
Dr. Reinhard Göhner, Peter Götz, Ernst Hinsken, Robert Hochbaum, Klaus
Hofbauer, Volker Kauder, Norbert Königshofen, Dr. MartinaKrogmann, Dr. Hermann
Kues, Werner Kuhn (Zingst), Eduard Lintner, Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach),
Wolfgang Meckelburg, Friedrich Merz, Laurenz Meyer (Hamm), Klaus Minkel,
Eduard Oswald, Hans-Peter Repnik, Dr. Heinz Riesenhuber, Franz Romer, Hartmut
Schauerte, Johannes Singhammer, Max Straubinger, Gero Storjohann, Lena
Strothmann, Volkmar Uwe Vogel, Gerhard Wächter und der Fraktion der CDU/CSU

Absprachen und Vereinbarungen des Bundeskanzlers zur Zukunft
des Bombardier-Waggonbaubetriebes in Halle-Ammendorf

Im November 2001 verkündete der Bombardierkonzern seine Absicht, den
Waggonbaustandort Halle-Ammendorf im 2. Halbjahr 2002 zu schließen. Diese
Mitteilung führte zu heftigen Protesten der betroffenen Belegschaften, die von
Bürgern und allen politischen Mandatsträgern der Region nachdrücklich unter-
stützt wurden.
Ende Januar 2002 führte Bundeskanzler Gerhard Schröder gemeinsam mit dem
Chef der Deutschen Bahn AG (DB AG), Hartmut Mehdorn, Gespräche mit dem
Chef des Bombardier-Konzerns Laurent Beaudoin. Nach diesen Verhandlungen
kam der Bundeskanzler am 28. Januar 2002 in den Ammendorfer Betrieb und
verkündete unter dem Jubel der Beschäftigten die Rettung des Werkes. Die
damalige Landesregierung Sachsen-Anhalts und der Bezirksleiter der IG-
Metall Berlin-Brandenburg-Sachsen dankten nachfolgend in einer während des
Landtagswahlkampfes 2002 verbreiteten Broschüre Bundeskanzler Gerhard
Schröder ausdrücklich für den „Erhalt des Waggonbaustandortes.“
In Presseberichten (DIE WELT vom 29. Januar 2002) wurde die überraschende
Wende für Ammendorf mit der Bereitschaft von Bahnchef Hartmut Mehdorn
begründet, Bombardier Aufträge aus dem Investitionsprogramm der DB AG in
Aussicht zu stellen.
Als der sachsen-anhaltische Ministerpräsident Prof. Dr. Wolfgang Böhmer wäh-
rend eines Kanadaaufenthaltes am 18. September letzten Jahres Gespräche mit
der Konzernführung in Montreal führte, wurde deutlich, dass Bombardier ent-
schlossen schien, das Werk Ammendorf auf einen Servicebetrieb mit stark ver-
ringerter Beschäftigtenzahl zu reduzieren und dabei die Kernkompetenz des

Drucksache 15/2439 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Standortes völlig preiszugeben. Aufgrund dieser Kürzungspläne zeigte der Kon-
zern auch ein geringes Interesse, sich zugunsten von Aufträgen für Ammendorf
um den ausgeschriebenen Bau moderner Regionalzüge für das Land Sachsen-
Anhalt zu bewerben.
Zwei Jahre nach der von Bundeskanzler Gerhard Schröder verkündeten Rettung
des Werkes stehen die Zeichen somit auf Abbau und Preisgabe einer hoch ent-
wickelten Fertigungstradition für Schienenfahrzeuge an einem ansonsten wett-
bewerbsfähigen ostdeutschen Standort.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche konkrete Perspektive für den Standort Ammendorf wurde in den

Gesprächen des Bundeskanzlers mit der Konzernspitze von Bombardier im
Januar 2002 vereinbart, oder ist es bei allgemeinen Absichtserklärungen sei-
tens des Konzerns geblieben?

2. Trifft es zu, dass die Vertreter des Bombardierkonzerns im Gespräch mit
dem Bundeskanzler nur eine Verschiebung der Schließung der Schienen-
fahrzeugproduktion, nicht jedoch ihren Erhalt am Standort Ammendorf zu-
gesagt haben?

3. Wenn nein, welche anderen konkreten Zusagen wurden gemacht?
4. Welche Rolle spielte in diesem Gespräch die Option der Umwandlung des

Ammendorfer Werkes in einen Servicestandort und von welcher Größe der
Belegschaft eines Servicestandortes ging man aus?

5. Wie bewertet die Bundesregierung die Chancen eines solchen neuen Ser-
vicestandortes im Wettbewerb mit bestehenden Instandhaltungsbetrieben
der DB AG und sonstigen Serviceanbietern?

6. Trifft es zu, dass im Gespräch zwischen Bundeskanzler und Konzern-
führung im Januar 2002 für Ammendorf die Errichtung eines Ausbildungs-
zentrums vereinbart wurde, und wenn ja, warum haben diese Pläne keine
Verwirklichung gefunden?

7. Welchen Anlass hatte der Bundeskanzler bei seinem Besuch in Ammendorf
am 28. Januar 2002, der Belegschaft mitzuteilen, der Standort Ammendorf
sei gesichert?

8. Inwieweit treffen Presseberichte (DIEWELT vom 29. Januar 2002) zu, wo-
nach bei dem Gespräch mit der Konzernführung von Bombardier im Januar
2002 von Bahnchef Hartmut Mehdorn Bombardier Aufträge der DB AG in
Aussicht gestellt wurden?

9. In welchem Umfang hat die DB AG nach Kenntnis der Bundesregierung
seit Januar 2002 Aufträge an Bombardier gegeben und gibt es eine Option
für weitere Bestellungen?

10. Ist der Bundesregierung bekannt, dass neben Aufträgen der DB AG auch
Connex 15 Zugeinheiten und die Stadt Leipzig Straßenbahnwagen bei Bom-
bardier bestellt hat und umwelchesAuftragsvolumenhandelt es sich hierbei?

11. Welche weiteren Aktivitäten hat die Bundesregierung nach dem Besuch des
Bundeskanzlers am 28. Januar 2002 zur Stabilisierung des Waggonbau-
standortes Halle-Ammendorf unternommen?

12. Inwieweit hat das Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswe-
sen (BMVBW) in seiner Funktion als Eigentümer der DB AG in Gesprä-
chen mit dem Unternehmen, Bundesländern und Arbeitnehmervertretungen
versucht, für die Beschäftigten und das Unternehmen DB AG tragbare
Lösungen zu finden?

13. Wäre es möglich – ähnlich wie bei Bestellungen im Nahverkehr – seitens
der DB AG bei Auftragsvergabe an Bombardier einen so genannten Local

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2439

Content, bezogen auf das Werk Ammendorf, herzustellen, und wenn ja, gibt
es hierüber Gespräche zwischen der Bundesregierung und demVorstand der
DB AG?

Berlin, den 27. Januar 2004
Dr. Christoph Bergner
Karl-Josef Laumann
Dagmar Wöhrl
Dirk Fischer (Hamburg)
Hartmut Büttner (Schönebeck)
Erich G. Fritz
Uda Carmen Freia Heller
Bernd Heynemann
Peter Letzgus
Ulrich Petzold
Kurt-Dieter Grill
Dr. Joachim Pfeiffer
Dr. Rolf Bietmann
Veronika Bellmann
Renate Blank
Wolfgang Börnsen (Bönstrup)
Georg Brunnhuber
Hubert Deittert
Alexander Dobrindt
Enak Ferlemann
Dr. Hans-Peter Friedrich (Hof)
Dr. Michael Fuchs
Dr. Reinhard Göhner
Peter Götz
Ernst Hinsken
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer
Volker Kauder
Norbert Königshofen
Dr. Martina Krogmann
Dr. Hermann Kues
Werner Kuhn (Zingst)
Eduard Lintner
Dr. Klaus W. Lippold (Offenbach)
Wolfgang Meckelburg
Friedrich Merz
Laurenz Meyer (Hamm)
Klaus Minkel
Eduard Oswald
Hans-Peter Repnik
Dr. Heinz Riesenhuber
Franz Romer
Hartmut Schauerte
Johannes Singhammer
Max Straubinger
Gero Storjohann
Lena Strothmann
Volkmar Uwe Vogel
Gerhard Wächter
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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