BT-Drucksache 15/2202

Deutsche Interessen in Angola

Vom 9. Dezember 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2202
15. Wahlperiode 09. 12. 2003

Kleine Anfrage
der Bundestagsabgeordneten Anke Eymer (Lübeck), Dr. Friedbert Pflüger,
Dr. Christian Ruck, Dr. Wolfgang Bötsch, Erich G. Fritz, Karl-Theodor Freiherr
von und zu Guttenberg, Klaus-Jürgen Hedrich, Joachim Hörster, Claudia Nolte,
Ruprecht Polenz, Dr. Klaus Rose, Volker Rühe, Anita Schäfer (Saalstadt), Bernd
Schmidbauer, Dr. Andreas Schockenhoff, Dr. Hans-Peter Uhl, Willy Wimmer
(Neuss) und der Fraktion der CDU/CSU

Deutsche Interessen in Angola

Angola ist ein potentiell reiches Land. Es weist enorme Rohstoffvorkommen
auf, die sich nicht nur auf Öl und Diamanten, aus denen sich der langjährige
Bürgerkrieg finanzierte, beschränken. Darüber hinaus war es noch bis zum
Ausbruch des Bürgerkrieges kurz nach der Unabhängigkeit 1975 von Portugal
einer der wichtigsten Kaffeeexporteure der Welt.
Infolge des 2002 zu Ende gegangenen Bürgerkrieges, der langjährigen Einpar-
teienherrschaft der MPLA, von Korruption und Missmanagement befindet sich
das Land in einem katastrophalen Zustand. Über 3 Millionen Angolaner (ein
Fünftel der Bevölkerung) sind Vertriebene, über 1 Million sind auf Nahrungs-
mittelhilfe angewiesen, große Teile des Landes sind vermint. Die politische
Lage bleibt insgesamt weiterhin instabil, auch wenn das Land die größte Stabi-
lität seit Ausbruch des Bürgerkrieges erfährt.
Die angolanische Regierung muss sich nun um den Aufbau demokratischer
Strukturen, die Entwicklung des Landes sowie um die sozialen Belange der Be-
völkerung kümmern. Zwar sind für spätestens 2005 Wahlen angekündigt.
Ebenso wird die angolanische Wirtschaft belebt durch Eindämmung der Kor-
ruption und durch Kontrolle der Einnahmen im Öl- und Diamantenhandel.
Doch bleiben die Fortschritte insgesamt zu begrenzt. Die Defizite im rechtstaat-
lichen Bereich sind nach wie vor erheblich. Immer wieder werden Verstöße ge-
gen Menschen- und Bürgerrechte bekannt, an denen auch Angehörige von Poli-
zei und Militär beteiligt sind.
Im Zusammenhang mit den großen politischen, wirtschaftlichen und gesell-
schaftlichen Umbrüchen in Angola erfolgten zahlreiche Enteignungen von Pri-
vatpersonen und Betrieben. Auch Eigentum deutscher Staatsbürger wurde ent-
eignet. Gruppen von enteigneten Deutschen haben sich in Interessengemein-
schaften zusammengefunden, um ihre Ansprüche zu sammeln und gegenüber
der Regierung Angolas geltend zu machen.

Drucksache 15/2202 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welche strategische Bedeutung hat aus Sicht der Bundesregierung Angola

für die Region des südlichen Afrikas und für Europa?
Inwieweit hat Deutschland ein genuines Interesse an der Stabilisierung
Angolas im Sinne präventiver Politik?

2. Welche Konsequenzen ergeben sich daraus für die Politik der Bundesregie-
rung auch unter Abwägung ihres Engagements in anderen afrikanischen
Ländern?

3. Warum wird Angola trotz eines laufenden TZ-Programms (TZ: Technische
Zusammenarbeit) zur Reintegrationsförderung als ein „Nicht-Partnerland“
eingestuft?

4. Warum beschränkte sich die deutsche bilaterale technische Unterstützung
in 2002 auf ca. 10 Mio. Euro für ein Land, das nach einem langen Bürger-
krieg internationale Unterstützung dringend braucht?

5. Welche entwicklungspolitischen Aufgaben sind zur baldigen Stabilisierung
Angolas zu erfüllen, und wie gedenkt sich die Bundesregierung daran zu
beteiligen?

6. Welche anderen großen Gebernationen haben bereits die Entwicklungszu-
sammenarbeit mit Angola wieder aufgenommen, und auf welche Koopera-
tionssektoren konzentrieren diese sich?

7. Welche Perspektiven sieht die Bundesregierung für die bilateralen Wirt-
schaftsbeziehungen mit Angola, u. a. im Ölsektor?

8. Auf welche Höhe belaufen sich die angolanischen Altschulden und Zah-
lungsrückstände gegenüber Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten?

9. Welche Schritte hat die Bundesregierung zur Lösung der Altschulden-
Problematik Angolas in Abstimmung mit den europäischen Partnern unter-
nommen und wird sie unternehmen?

10. Welche Konsequenzen für die bilateralen Beziehungen zieht die Bundes-
regierung aus der nicht unbedeutenden Zahl von Angolanern, die noch die
deutsche Sprache beherrschen bzw. in Deutschland ausgebildet worden
sind?

11. Wie viele deutsche Staatsbürger sind durch Enteignungen seitens der
Republik Angola betroffen, und welche Ansprüche, in welcher Höhe er-
heben sie?

12. Inwieweit hat die Bundesregierung die Interessen der Enteigneten,
namentlich der Interessengemeinschaft Angola-Deutsche e. V., in deren
Bestreben um Ausgleich für erlittene Enteignungen vertreten, und wie ist
der aktuelle Sachstand?

13. Welche Kenntnisse hat die Bundesregierung über Verhandlungen und Ver-
einbarungen Angolas mit Portugal bzw. mit anderen Staaten hinsichtlich
der Entschädigung von im Zuge der Unabhängigkeit Angolas enteigneten
Privatpersonen?

14. Welche konkreten Pläne verfolgt die Bundesregierung, einen gemeinsamen
Weg mit Portugal oder anderen Staaten zu entwickeln, um zu einer gerech-
ten Lösung für die durch Enteignungen betroffenen Privatpersonen beider
Länder zu kommen?

15. Wie schätzt die Bundesregierung die Chancen der betroffenen Deutschen
ein, ihre Ansprüche vor angolanischen Gerichten geltend zu machen und
durchzusetzen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2202

16. Welche neuen Möglichkeiten bieten sich für die Bundesregierung nach der
Beendigung der Bürgerkriegshandlungen aufgrund der geänderten politi-
schen Situation in Angola, die Interessen der betroffenen Deutschen zu un-
terstützen?

17. Wie wirkt sich die Einstufung Angolas seitens der Bundesrepublik
Deutschland als „Nicht-Partnerland“ bezüglich der Bereitschaft zur Koope-
ration der angolanischen Regierung in der Frage der Entschädigung enteig-
neter Deutscher aus?

18. Welchen Einfluss hat eine Lösung bzw. Nicht-Lösung der angolanischen
Altschuldenproblematik sowie der Problematik im Zusammenhang mit den
Enteignungen deutscher Staatsbürger auf die Wiederaufnahme einer
umfassenderen deutschen Entwicklungszusammenarbeit?

Berlin, den 9. Dezember 2003
Anke Eymer (Lübeck)
Dr. Friedbert Pflüger
Dr. Christian Ruck
Dr. Wolfgang Bötsch
Erich G. Fritz
Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg
Klaus-Jürgen Hedrich
Joachim Hörster
Claudia Nolte
Ruprecht Polenz
Dr. Klaus Rose
Volker Rühe
Anita Schäfer (Saalstadt)
Bernd Schmidbauer
Dr. Andreas Schockenhoff
Dr. Hans-Peter Uhl
Willy Wimmer (Neuss)
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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