BT-Drucksache 15/2194

Forschung und Entwicklung für zukunftsfähige Energietechnologien - 5. Energieforschungsprogramm umgehend vorlegen

Vom 10. Dezember 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/2194
15. Wahlperiode 10. 12. 2003

Antrag
der Abgeordneten Ulrike Flach, Cornelia Pieper, Angelika Brunkhorst, Birgit
Homburger, Horst Friedrich (Bayreuth), Daniel Bahr (Münster), Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke, Joachim Günther
(Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Christoph Hartmann (Homburg), Klaus
Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk,
Harald Leibrecht, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Günter Rexrodt, Dr. Max
Stadler, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Forschung und Entwicklung für zukunftsfähige Energietechnologien –
5. Energieforschungsprogramm umgehend vorlegen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Neue Energiekonzepte richten sich immer stärker an den Herausforderungen
einer Weltenergieversorgung, vor allem aber auch an dem künftigen Bedarf der
Entwicklungs- und Schwellenländer aus. Die Energieforschung ist ein strategi-
sches Instrument für eine zukunftsweisende Energiepolitik um die Energiever-
sorgungskonzepte an den Herausforderungen des Weltenergieverbrauchs, aber
auch am künftigen Bedarf der Entwicklungs- und Schwellenländer zu orientie-
ren.
Eine Beherrschung verschiedenartiger Technologien der Energiegewinnung
sowie zum Transport, zur Speicherung, Umwandlung und rationellen Verwen-
dung von Energien ist Ausdruck der Leistungsfähigkeit einer Hochtechnologie-
nation und deren Fähigkeit, einen eigenständigen Beitrag zur Lösung der Ener-
gieprobleme im eigenen Land, in Europa und in der Welt zu leisten.
Das 4. Forschungsprogramm „Energieforschung und Energietechnologien“ aus
dem Jahre 1996 wird derzeit von der Bundesregierung – bis auf wenige Aus-
nahmen – dem Prinzip nach fortgeschrieben.
Es ist das erste Energieprogramm, welches die Ergebnisse und Ziele der For-
schung aus den beiden wiedervereinten Teilen Deutschlands zusammenführt
und die verschiedenen Ansätze im Interesse der Entwicklung von Hochtechno-
logien in Deutschland voranbringt.
Es ist jedoch erforderlich, mit einem 5. Energieforschungsprogramm auf die
neuen energiepolitischen Herausforderungen einzugehen und neue Forschungs-
ansätze für eine Energieversorgung des 21. Jahrhunderts verantwortungsvoll zu
definieren.

Drucksache 15/2194 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. eine zukunftsweisende Energieforschungspolitik auf die Sicherung des Wirt-

schafts- und Forschungsstandortes Deutschland auszurichten. Hierzu ist ein
5. Energieforschungsprogramm zu erarbeiten, das sich vor allem auf solche
mittel- und langfristigen Ziele ausrichtet, die sowohl der Wissenschaft als
auch der Wirtschaft eine verlässliche Perspektive aufzeigen;

2. bereits heute darauf hinzuwirken, dass ein künftiges 7. EU-Rahmenfor-
schungsprogramm Schwerpunkte auf dem Gebiet der Energieforschung
setzt. Damit könnte die deutsche Forschung und Entwicklung mit EU-Mit-
teln einen eigenständigen Beitrag zur Lösung der globalen Energieprobleme
leisten;

3. ihren Einfluss auf die Industrie dahin gehend geltend zu machen, dass sie die
Hochschulen sowie die außeruniversitären Forschungsinstitute stärker als
bisher in ihre Energieforschungsanstrengungen einbezieht. So ist auch die
gezielte Ausbildung des wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Nach-
wuchses gesichert;

4. den Forschungsgesellschaften und -gemeinschaften (FhG; MPG; WLG;
DFG) eine breite Arbeitsbasis zur Erfüllung ihrer spezifischen Beiträge zur
Energieforschung zu schaffen. Insbesondere für die Großforschungszentren
der Helmholtz-Gemeinschaft (HGF) schafft ein breit angelegter Förderan-
satz die notwendige Voraussetzung für eine weit gefächerte Energiefor-
schung. Mit Blick auf die technologische Leistungsfähigkeit Deutschlands
sind alle Hochtechnologien, die der Erzeugung, Weiterleitung und Speiche-
rung von Energie dienen, zu unterstützen. Sie müssen zu einer deutlichen
Verringerung der energiebedingten Umwelt- und Klimabelastung beitragen.
Künftigen Generationen muss jedoch eine Optionenvielfalt erhalten werden,
um ihnen die Möglichkeit zu geben, auf geänderte Bedingungen schnell rea-
gieren zu können;

5. die Erforschung der Einsatzmöglichkeiten aller bekannten und verfügbaren
fossilen Energieträger und der entsprechenden Technologien sowie den rati-
onellen Ressourceneinsatz zu fördern. Eine Forschung für eine rationelle
Energieumwandlung und rationelle Energienutzung, insbesondere zur Ver-
besserung der Wirkungsgrade herkömmlicher Kraftwerkstechnik mit hohen
Dampftemperaturen und -drücken, spielen eine herausragende Rolle. Mittel-
fristig muss die Einführung moderner CO2-armer Kraftwerkstechnikendurch die Entwicklung von Gas- und Dampfturbinen-Kraftwerken (GuD-
Kraftwerke), die u. a. auf Kohlevergasung und Kohlestaub-Druck-Feuerung
beruhen, vorangetrieben werden. Langfristig sollen die Möglichkeiten der
CO2-Abscheidung in Kohlekraftwerken und die CO2-Speicherung undCO2-Langzeitlagerung in verschiedenartigen Medien bzw. Erdformationenerforscht werden;

6. auch die Erforschung von Gashydratvorkommen in den Ozeanen und
Meeren weiter voranzubringen, um so die Möglichkeit ihrer energetischen
Nutzbarkeit zu untersuchen;

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/2194

7. bis zu einem möglichen großtechnischen Einsatz von Fusionskraftwerken,
der zur Mitte des Jahrhunderts erwartet wird, die Option „Kernenergie als
Übergangsenergie“ zur Energiesicherung durch begleitende Forschung zu
erhalten. Im Vordergrund stehen dabei die Gewährleistung des sicheren
Betriebes der Kernkraftwerke und die ständige Verbesserung ihrer sicher-
heitstechnischen Ausrüstungen. Darüber hinaus bedarf es weiterer An-
strengungen auf dem Gebiet der kerntechnischen Sicherheitsforschung,
insbesondere für inhärent sichere Reaktoren und zum erweiterten Schutz
gegen Einwirkungen von außen, zu verbessertem Strahlenschutz. Die For-
schungs- und Entwicklungsarbeiten für einen „Europäischen Leichtwasser-
reaktor“ auf dem Gebiet der kerntechnischen Sicherheitsforschung sind
weiterzuführen. Zur Reduzierung der Menge und Verringerung der Gefähr-
lichkeit nuklearer Spaltprodukte sind Forschungsarbeiten für die Abtren-
nung und Transmutation extrem langlebiger Nuklide wieder zu ermögli-
chen;

8. der sicheren Entsorgung nuklearer Spaltprodukte aus kerntechnischen An-
lagen (Aufbereitung und Entsorgung abgebrannter Brennelemente) im
Rahmen weiterführender Forschungs- und Entwicklungsarbeiten die not-
wendige Beachtung entgegenzubringen. In diesem Zusammenhang ist das
bestehende Moratorium zur Erforschung der Tauglichkeit und Langzeit-
sicherheit von Salzstöcken im Forschungsbergwerk Gorleben sofort zu
beenden und die verbleibenden Arbeiten zügig fortzuführen. Bei der Erfor-
schung der Eignung von Ton- und Granitlagerstätten als mögliche Endlager
sollten internationale Kooperationen mit Ländern, die diese Lagerart favo-
risieren, angestrebt werden. Diese gemeinsamen Untersuchungsergebnisse
können zu gegebener Zeit zur Entscheidungsfindung herangezogen wer-
den;

9. das nationale Fusionsforschungsprojekt „WENDELSTEIN 7-X“, dem
weltweit größten Fusionsexperiment nach dem Stellarator-Prinzip, zielge-
richtet durchzuführen. Darüber hinaus soll sich Deutschland an der Ent-
wicklung und dem Bau des modifizierten Internationalen Thermonuklearen
Experimentierreaktors (ITER) beteiligen und sich für einen europäischen
Standort einsetzen;

10. die Forschung zur umfassenden Nutzung der erneuerbaren Energieträger
gezielt auszubauen. Von besonderer Bedeutung sind dabei die Windenergie
auf hoher See, wie auch die Photovoltaiktechnologie sowohl für den Ein-
satz in Deutschland als auch für die Stärkung der Exportkraft der deutschen
Industrie. Aber auch die Geothermieforschung sollte über die Nutzung
thermalen Tiefenwassers hinaus einen eigenständigen Beitrag zur Entwick-
lung neuer Technologien wie der Hot-Dry-Rock-Technologie leisten.
Besonderes Augenmerk ist auf die gekoppelte geothermischen Strom- und
Wärmeproduktion zu richten. Auch die weitere Erforschung der Potenziale
von Biomasse ist weiter voranzubringen. Es sollten vor allem Verfahren
zur Bereitstellung C-stämmiger Kraftstoffe aus Biomasse und die Ver-
gasung von biogenen Abfallstoffen zur Nutzbarmachung des Synthese-
gases für Brennstoffzellen untersucht werden;

11. auf breiter interdisziplinärer Basis die Forschung und Entwicklung elektri-
scher und thermischer Speicher voranzubringen, um seinen Beitrag zur
Lösung der bestehenden Probleme bei der wirtschaftlichen Speicherung
der verschiedenen Energien zu leisten;

12. Forschungsarbeiten für einen rationellen und verlustarmenEnergietransport,
zum supraleitenden Energietransport sowie zur Netzplanung und -steuerung
zu fördern;

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13. die Optimierung der Antriebsprozesse von Verbrennungsmotoren und Ent-
wicklung von Hybridsystemen, Weiterentwicklung der Brennstoffzelle und
der Wasserstofftechnik sowohl für den stationären als auch den mobilen
Betrieb voranzubringen und

14. durch eine rationelle Energieverwendung und thermische Solarenergienut-
zung mit den Schwerpunkten Solarthermie und solaroptimiertes Bauen
sowie energetische Verbesserung der Bausubstanz und eine verbesserte
Raumwärmenutzung die energetische Optimierung von Gebäuden weiter
voranzutreiben.

Berlin, den 9. Dezember 2003
Ulrike Flach
Cornelia Pieper
Angelika Brunkhorst
Birgit Homburger
Horst Friedrich (Bayreuth)
Daniel Bahr (Münster)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Christel Happach-Kasan
Christoph Hartmann (Homburg)
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Günter Rexrodt
Dr. Max Stadler
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Begründung
Deutschland muss als die größte Volkswirtschaft in Europa auch in Zukunft ein
handlungsfähiger Akteur bei der Lösung energietechnischer Aufgabenstellun-
gen bleiben. Das gilt insbesondere für die Forschung und Entwicklung völlig
neuer Energietechnologien, aber auch für die Weiterentwicklung bestehender
Verfahren und Anlagen. Um in Forschung, Entwicklung und Betrieb einen
„Fadenriss“ bei der Aus- und Weiterbildung zu verhindern, muss auch in der
Lehre eine Kontinuität gewahrt bleiben.
Die Bundesregierung muss die internationalen Entwicklungen vorurteilsfrei
betrachten, die Einbindung Deutschlands in die internationale und gesamteuro-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 5 – Drucksache 15/2194

päische Energieforschungspolitik werten und einen sehr komplexen nationalen
Ansatz in einem 5. Programm „Energieforschung und Energietechnologie“ fin-
den. Dieses muss in seiner Ausrichtung vorrangig mittel- und langfristige Ziele
benennen, die der Wissenschaft und der Wirtschaft eine verlässliche Entwick-
lungsperspektive aufzeigen

Bedingungen für eine Neuausrichtung der Energieforschung
Eine zukunftsweisende Energieforschungspolitik ist Langfristpolitik. Sie muss
einen Beitrag zur Sicherung des Wirtschafts- und Forschungsstandortes
Deutschland leisten. Es ist ein fataler Fehler, wenn Deutschland sich schritt-
weise aus Erfolg versprechenden Energieforschungsfeldern zurückzieht, weil
bestimmte Entwicklungspfade im Lande derzeit politisch blockiert werden. Die
Empfehlungen einer Expertenkommission, die nach einer umfassenden Evalu-
ierung der Energieforschung innerhalb der Helmholtz-Gemeinschaft zu dem
Schluss kommt, dass die kerntechnischen Forschungsinstitute und somit auch
die kerntechnische Sicherheitsforschung in Deutschland stärker gefördert wer-
den müssen, belegen diese Einschätzung deutlich. Fachprogramme, die unter
Einbeziehung von Wissenschaftlern und Vertretern der Wirtschaft und Ver-
bände erarbeitet werden, müssen sich an sachorientierten und belastbaren
Szenarien orientieren und einen breiten Technologieansatz ermöglichen.

Engagement der Wirtschaft
Die von der Wirtschaft getragene industrielle Forschung und Entwicklung
(66 Prozent der deutschen Forschungsmittel) richtet sich primär auf solche
Gegenstände, deren Ergebnisse eine relativ zeitnahe Amortisation der For-
schungsinvestitionen erlauben und somit von den Unternehmen selbst getragen
werden können. Die forschenden Unternehmen sollten sich verstärkt an der
öffentlich finanzierten Forschung an den Hochschulen und außeruniversitären
Forschungseinrichtungen mit ihren anwendungsbezogene Projekten beteiligen,
um so neue Ergebnisse der Energieforschung rascher aufzunehmen und umzu-
setzen. Dabei kommt dem Engagement von Anlagenbauern und -betreibern bei
Demonstrationsprojekten eine besondere Bedeutung zu. Wissenschaft und
Wirtschaft müssen alles tun, um zu gemeinsamen Innovationsstrategien zu
kommen. Den Hochschulen sowie den außeruniversitären Forschungsinstituten
ist im Rahmen der Freiheit von Forschung und Lehre breiter Raum für die
Energieforschung einzuräumen, um so einerseits einen Beitrag für den weiteren
Ausbau der energietechnischen Grundlagenforschung und andererseits für eine
gezielte Ausbildung des wissenschaftlichen und ingenieurtechnischen Nach-
wuchses zu leisten.

Pluralität der Ziele
Die Energieforschungspolitik muss der Erhaltung der Energieversorgungs-
sicherheit, der Erhaltung der Umwelt, der Gestaltung eines ökonomisch vertret-
baren Energiepreisniveaus und der Verringerung weltweiter energiebedingter
Spannungspotentiale gerecht werden. Dies gilt besonders angesichts der abseh-
baren Verknappung der Energieressourcen. Daher muss sie einen Beitrag zur
Weiterentwicklung aller bekannten und verfügbaren Energieträger und Energie-
technologien und zum rationellen Ressourceneinsatz leisten.
Vor dem Hintergrund einer noch lange Zeit andauernden Nutzung fossiler Ener-
gieträger ist die Weiterentwicklung konventioneller Kraftwerkstechniken von
entscheidender Bedeutung. Auch neue Kraftwerksprozesse, wie z. B. Kohlever-
gasung oder Kohlestaubfeuerung, lassen beachtlich gesteigerte Wirkungsgrade
erwarten. Künftige kombinierte Gas-Dampfturbinenkraftwerke könnten ihren
elektrischen Wirkungsgrad von heute 58 Prozent auf 62 Prozent erhöhen. Eine

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Senkung der technisch bedingten Emissionen auf nahe Null erfordert u. a. die
Entwicklung von CO2-Abscheidetechniken.
Ein rationeller und verlustarmer Energietransport verlangt nach Forschungen
zum supraleitenden Energietransport und zur Netzplanung und Netzsteuerung.
Bei einer rationellen Energienutzung geht es insbesondere um die Verbesserung
der Wirkungsgrade, die Optimierung von Antriebsprozessen und Verbren-
nungsmotoren sowie die Entwicklung von Hybridsystemen, die Weiterentwick-
lung der Brennstoffzelle und der Wasserstofftechnik sowohl für den stationären
als auch den mobilen Betrieb.
Wichtig ist auch die Erforschung von neuen leistungsfähigen Energiespeicher-
technologien. Über die derzeit praktizierte anwendungsorientierte Forschung
zur Marktfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von bereits bekannten Energiespei-
chersystemen hinaus muss hierzu die Grundlagenforschung in der Chemie und
Physik, den Geowissenschaften, den Materialwissenschaften, der Mathematik
und den Ingenieurwissenschaften die notwendigen Voraussetzungen für eine
breit angelegte interdisziplinäre Energiespeicherforschung schaffen.
Ein ebenso wichtiger Bereich ist die Forschung für den Baubereich. Hier geht
es vor allem um eine verbesserte Wärmedämmung, die Optimierung der Leit-
und Haustechnik und eine wirtschaftliche Solarenergienutzung.
Die Forschung zur umfassenden und verbesserten Nutzung der erneuerbaren
Energieträger ist auszubauen. Neben Weiterentwicklungen der Windenergie-
und Photovoltaiktechnologie sollte auch die Geothermieforschung über die
Nutzung thermalen Tiefenwassers hinaus einen eigenständigen Beitrag zur Ent-
wicklung der Hot-Dry-Rock-Technologie leisten.
In diesem Zusammenhang ist auch eine Biomasse-Forschungsstrategie zu ent-
wickeln. Sie muss sich auf die Forschung und Entwicklung von Verfahren zur
Bereitstellung kohlenstoffstämmiger Kraftstoffe aus Biomasse, Vergasung von
biogenen Abfallstoffen zur Nutzung des Synthesegases für Brennstoffzellen,
Optimierung der landwirtschaftlichen Koppelproduktion Nahrung-Energie,
Schnittstellentechnologien zu verschiedenen thermodynamischen Energie-
wandlern und Integration von modernen Biomassesystemen in Stromversor-
gungsstrukturen konzentrieren. Auf der Basis einer Bestandsaufnahme laufen-
der Programme ist dazu beizutragen, dass zukünftige nationale und EU-weite
Biomasse-Energie-Programme, z. B. im Rahmen des EU-Programms „Intelli-
gente Energie – Europa“ (Entscheidung Nr. 1230/03/EG), koordiniert werden.

Entwicklung neuartiger Materialien und Kraftstoffe
Die Entwicklung neuer Materialien konzentriert muss sich auch weiterhin auf
Brennstoffzellen, Gas- und Dampfturbinen mit hohen Temperaturen, auf die
Entwicklung von Wandmaterialien für künftige Fusionskraftwerke, leichte ver-
brauchsarme Kraftfahrzeuge, Funktionsmaterialien für den Hausbau, Materia-
lien mit geeigneten Leitfähigkeiten, chemischen Speicherfähigkeiten und kata-
lytischen Aktivitäten, ferner auf Kabel für den unterirdischen Energietransport
mittels Gleichstrom oder höherer Frequenzen.
Es geht um Produktionstechniken zur Herstellung von neuen Kraftstoffen, wie
Wasserstoff, Methanol, Ethanol und synthetische Kohlenwasserstoffe unter
Verwendung erneuerbarer Energien.

Kerntechnische Sicherheitsforschung
Nach wie vor müssen große Anstrengungen auf dem Gebiet der Sicherheitsfor-
schung für die Kernenergie, insbesondere für inhärent sichere Reaktoren, und
zum erweiterten Schutz gegen Einwirkungen von außen und zu verbessertem

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 7 – Drucksache 15/2194

Strahlenschutz unternommen werden. Auch zur Reduzierung der Menge und
Gefährlichkeit des Abfalls sind weitergehende Untersuchungen unumgänglich.
Das gilt insbesondere für die Abtrennung und Transmutation extrem langlebi-
ger Nuklide. Dazu muss die deutsche Forschung neben nationalen Aktivitäten
stärker in die europäische und internationale Energieforschung integriert wer-
den. Für den Zeitraum 2002 bis 2006 zeigen das 6. Rahmenprogramm der Eu-
ropäischen Union für den Bereich der Forschung und technologischen Entwick-
lung und das Förderungsrahmenprogramm der Europäischen Atomgemein-
schaft (EURATOM) den Weg auf. Darin enthalten ist die Forschung und Ent-
wicklung für einen „Europäischen Leichtwasser Reaktor“ wozu Deutschland
einen Beitrag auf dem Gebiet der kerntechnischen Sicherheitsforschung leistet.

Endlagerforschung
Zur gesicherten Entsorgung nuklearer Spaltprodukte (Aufbereitung und Entsor-
gung abgebrannter Brennelemente) ist es dringend geboten, die Forschungsar-
beiten zur Endlagerung konsequent fortzuführen. Das bestehende Moratorium
zur Erforschung der Tauglichkeit und Langzeitsicherheit von Salzstöcken im
Forschungsbergwerk Gorleben ist sofort zu beenden und die verbleibenden
Arbeiten sind zügig fortzuführen. Bei der Bewertung der Eignung von Ton-
und Granitlagerstätten als mögliche Endlager ist auf internationale Erfahrungen
zurückzugreifen, bevor eigene Arbeiten in Deutschland begonnen werden.

Fusionsforschung
Die Fusionsforschung ist unverzichtbar für die Lösung globaler Energiepro-
bleme. Diesen Befund hebt auch eine internationale Expertenkommission in
ihren Empfehlungen zum Programm „Kernfusion“ der Helmholtz-Zentren
hervor. Die Forschungs- und Entwicklungsprojekte sind sowohl in Deutschland
als auch in Europa zielgerichtet fortzuführen. Mit der deutschen Förderung der
Fusionsforschung im internationalen Maßstab muss das Ziel verfolgt werden,
einen Prototyp eines Fusionsreaktors zu bauen. Dabei ist das Fusionsfor-
schungsprojekt „WENDELSTEIN 7-X“ der deutsche Beitrag zum Nachweis
der Funktionsfähigkeit des Stellarator-Prinzips. Die Fusionsforschung hat
inzwischen ein Stadium erreicht, das es erlaubt mit dem Bau eines Experimen-
talreaktors „ITER“, als einer Vorstufe zu einem Fusionskraftwerk, zu beginnen.
Deutschland muss eine europäische Bewerbung um einen Standort für diesen
Reaktor unterstützen und sich an der Planung, dem Bau und dem Forschungs-
betrieb maßgeblich beteiligen.

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