BT-Drucksache 15/1879

Sportförderung in den auswärtigen Kulturbeziehungen ausbauen

Vom 5. November 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1879
15. Wahlperiode 05. 11. 2003

Antrag
der Abgeordneten Hans Büttner (Ingolstadt), Reinhold Hemker, Lothar Binding
(Heidelberg), Dr. Peter Danckert, Dagmar Freitag, Ute Kumpf, Christine Lehder,
Götz-Peter Lohmann, Lothar Mark, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Jürgen
Wieczorek (Böhlen), Franz Müntefering und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Winfried Hermann, Volker Beck (Köln), Michaele
Hustedt, Claudia Roth (Augsburg), Rainder Steenblock, Katrin Göring-Eckardt,
Krista Sager und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Sportförderung in den auswärtigen Kulturbeziehungen ausbauen

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Sport ist ein Ausdruck von Miteinander in Form von Wettstreit innerhalb eines
akzeptierten Regelwerks und steht damit beispielhaft für eine friedliche und
konstruktive Form der Verfolgung unterschiedlicher beziehungsweise entge-
gengesetzter Interessen.
Sport ist ein wichtiger Einflussfaktor für die Persönlichkeitsbildung gerade jun-
ger Menschen, denn er weckt die Wahrnehmung für Fairness, Motivation und
Engagement, aber auch für Leistung und Niederlagen sowie den Umgang da-
mit. Sport prägt demnach die Entwicklung von Menschen und stellt ein sinn-
stiftendes Element dar. Sport ist somit für die nachfolgende Generation einer
Gesellschaft von zukunftsweisender Bedeutung.
Dieser Aspekt ist insbesondere in Hinblick auf zahlreiche junge Demokratien
und Entwicklungsländer für die Etablierung und Stabilisierung zivilgesell-
schaftlicher Strukturen relevant. Der Sport sollte deshalb in der Erziehung und
Ausbildung junger Menschen eine große Rolle spielen.
Dem Sport und der damit verbundenen Akzeptanz von Regeln seitens der
Mannschaften/Teilnehmer kommt in Regionen mit regionalen und ethnischen
Spannungen eine Bedeutung im Hinblick auf ein friedliches Miteinander zu. Er
dient als Schnittstelle und Kontaktpunkt zwischen Gruppierungen, die in ihrem
Alltag und ohne die genannten sportlichen Aktivitäten selten oder niemals in
intensiveren Austausch miteinander treten würden.
Sport schafft zusätzlich Freundschaften und damit Freude – ein Faktor, der vor
dem Hintergrund oftmals problematischer wirtschaftlicher und sozialer Rah-
menbedingungen in den Entwicklungsländern maßgeblich zur Verbesserung
von Lebensqualität beitragen kann.
Eine weitere Bedeutung kommt dem Sport in Bezug auf die Etablierung zivil-
gesellschaftlicher Strukturen im sportlichen Bereich in Entwicklungs- oder
Schwellenländern zu, beispielsweise durch die Schaffung von Vereinen, Ver-
bänden oder Organisationen. Solche Prozesse und daraus resultierende Erfah-

Drucksache 15/1879 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

rungen tragen zur Entwicklung einer zivilgesellschaftlichen Basis bei und las-
sen sich auf den politischen Bereich des Lebens übertragen.
Sport fördert den interkulturellen Austausch zwischen den Menschen, der eine
Grundlage für ein friedliches und faires Miteinander in einer globalisierten
Welt darstellt, indem er zu gegenseitiger Akzeptanz und Respekt beiträgt. Dies
gilt sowohl für die aktiven Sportlerinnen und Sportler als auch für die passiv
teilnehmenden Zuschauerinnen und Zuschauer von Sportveranstaltungen aller
Größenordnungen.
Sport ist ein Bereich der internationalen, bilateralen aber auch projektpartner-
schaftlichen Zusammenarbeit. Es existieren zahlreiche Ebenen der Förderung,
die jeweils ein unterschiedliches Gewicht besitzen. Hervorzuheben sind insbe-
sondere:
– Auf Bundesebene wurden im Jahr 2002 seitens des Auswärtigen Amts

2,668 Mio. Euro für die internationale Sportförderung zur Verfügung ge-
stellt. Seitens des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit
und Entwicklung (BMZ) belief sich die Förderung auf 138 T Euro. Diese
Förderung seitens des BMZ, die nicht weitergeführt werden wird, be-
schränkte sich auf Fachkräfte des Centrums für internationale Migration und
Entwicklung (CIM) beziehungsweise deren Unterstützung nationaler Sport-
mannschaften durch deutsche Trainerinnen und Trainer. Seitens des Haus-
haltes des Bundesministeriums des Innern (BMI) findet eine Unterstützung
der internationalen Sportbeziehungen in Höhe von 131 T Euro statt, wovon
ein großer Teil in die Länder des ehemaligen Ostblocks fließt. Dies ergibt
ein Gesamtbudget der deutschen Sportförderung in Entwicklungs- und
Schwellenländern von 2,9 Mio. Euro.

– Die Mittel des Auswärtigen Amts werden durch den Interministeriellen Aus-
schuss für die Förderung des Sports in den Entwicklungsländern (IMA) un-
ter Mitwirkung u. a. des Nationalen Olympischen Komitees für Deutschland
(NOK), der Universität Leipzig, der Deutschen Gesellschaft für Technische
Zusammenarbeit (GTZ) und des Goethe-Instituts Inter Nationes sowie deut-
scher Sportorganisationen für Kurz- und Langzeitprojekte der Sportförde-
rung vergeben. Diese wurden zur Finanzierung von Projekten in Afrika,
Asien, Lateinamerika und Osteuropa sowie für Sportgerätespenden und
Qualifizierung ausländischer Trainerinnen und Trainer in Deutschland ver-
wendet. Weiterhin existieren zahlreiche Sportpartnerschaften auf lokaler und
regionaler Ebene sowie auf Kirchen- oder Vereinsebene.

Zahlreiche Begegnungen, die im Rahmen solcher und vieler anderer Partner-
schaften stattgefunden haben, führten zu intensiven Kontakten und auch engen
Freundschaften zwischen Sportlerinnen und Sportlern, ihren Begleitern und
den Gastfamilien. Oft kommt es im Rahmen der Partnerschaften auch zu
Begegnungen, die über Angehörige verschiedener Ethnien, Religionen und un-
terschiedliche Weltanschauungen hinausgehen. Solche Partnerschaften haben
neben dem interkulturellen Aspekt auch eine große Bedeutung für den Bereich
der Entwicklungszusammenarbeit, beispielsweise durch die Unterstützung
beim Auf- und Ausbau von Sportstätten sowie der Errichtung und Ausbesse-
rung von Fußballplätzen und der Vermittlung von Sportgeräten.
Der internationalen Sportförderung kommt eine besondere Rolle der Vertrau-
ensbildung zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Partnerländern
zu. Durch Sport und durch die Begegnung von Sportlerinnen und Sportlern
gelingt eine kulturelle Annäherung oft leichter als über die klassischen Kultur-
formen. Mit dem deutschen Sport sind international äußerst positive Assozia-
tionen verbunden. Die Sportförderung ist demnach ein – weit über die Grenzen
der Auswärtigen Kultur- und Bildungspolitik (AKBP) hinaus – wichtiger As-
pekt der Sympathiewerbung für Deutschland und bietet eine herausragende
Möglichkeit, sich als ein welt- und kulturoffenes Land zu präsentieren.

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1879

Im Rahmen der internationalen Sportförderung haben die Auslandsvertretun-
gen der Bundesrepublik Deutschland in den letzten Jahren wichtige Aufgaben
übernommen. So wurden die Bewerbungen um die Vergabe von Sportgroßver-
anstaltungen nach Deutschland durch Arbeit und Unterstützung der Botschaf-
ten wesentlich vorangebracht.
Dies gilt es besonders vor dem Hintergrund der Bewerbung von Leipzig um die
Austragung der Olympischen Sommerspiele im Jahre 2012 verstärkt zu nutzen.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
– unserer Verantwortung als Sportnation gerecht zu werden und die Sportför-

derung in den Entwicklungs- und Schwellenländern konzeptionell und in
langfristiger Perspektive weiterzuentwickeln,

– analog zu der vom Deutschen Bundestag und der Europäischen Union be-
schlossenen kontinuierlichen Erhöhung der Mittel für die Entwicklungs-
zusammenarbeit innerhalb des Haushaltes des Auswärtigen Amts adäquate
Mittel für die internationale Sportförderung bereitzustellen,

– die internationale Sportförderung – angesichts der Zunahme von gewalt-
samen Konflikten und terroristischen Aktivitäten – als friedenspolitisches
Instrument herauszustellen,

– Sport gezielt als Mittel der Konfliktprävention und Konfliktbewältigung
einzusetzen, beispielsweise durch Förderung von Sportveranstaltungen und
Sportprojekten zwischen verschiedenen ethnischen Gruppen,

– den Aufbau von Sportorganisationen und Sportgemeinschaften als Träger
der Zivilgesellschaft zu fördern und Partnerschaften auf der Vereins- und
Verbandsebene sowie Projekte freier Träger zu unterstützen,

– Sportexpertinnen und Sportexperten in Länder und Regionen zu entsenden,
die nach sportfachlichen und entwicklungspolitischen Kriterien ausgewählt
werden,

– deutsche Sportexpertinnen und Sportexperten auch in Bereichen wie Ge-
sundheits-, Schul-, Senioren-, Frauen- und Behindertensport stärker zu be-
rücksichtigen,

– die Sportorganisationen bei ihren Anstrengungen zu unterstützen, den Wis-
sensaustausch mit ausländischen Führungskräften im Sport auszuweiten und
mehr ausländische Athletinnen und Athleten zu Trainingslehrgängen in
Deutschland einzuladen,

– die Teilnehmerzahlen ausländischer Sportlehrerinnen und Sportlehrer sowie
Trainerinnen und Trainer an den Lehrgängen deutscher Spitzenverbände und
an den sportwissenschaftlichen Fakultäten der Universitäten aufzustocken
sowie die Möglichkeiten für Fort- und Weiterbildung der Absolventinnen
und Absolventen in den Herkunftsländern zu verbessern,

– unter Einbeziehung der Auslandsvertretungen der Bundesrepublik Deutsch-
land die Fördermöglichkeiten für Sportorganisationen in der Dritten Welt
stärker bekannt zu machen und auszubauen,

– die Bewerbungen um Sportgroßveranstaltungen in Deutschland auch weiter-
hin gezielt durch die Auslandsvertretungen zu unterstützen.

Berlin, den 5. November 2003
Franz Müntefering und Fraktion
Katrin Göring-Eckardt, Krista Sager und Fraktion
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

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