BT-Drucksache 15/1708

Transparenz für den Hauptstadtkulturfonds

Vom 15. Oktober 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1708
15. Wahlperiode 15. 10. 2003

Antrag
der Abgeordneten Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Otto Fricke,
Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Christel Happach-Kasan, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer,
Gudrun Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht,
Markus Löning, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Gisela Piltz, Dr. Rainer Stinner, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Transparenz für den Hauptstadtkulturfonds

Der Bundestag wolle beschließen:

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
für eine neue Struktur des Hauptstadtkulturfonds zu sorgen. Die Umstrukturie-
rung erfolgt mit dem Ziel, die Arbeit des Hauptstadtkulturfonds transparenter
zu gestalten und den Deutschen Bundestag an den Förderentscheidungen ange-
messen zu beteiligen. Lässt sich die Umstrukturierung in den Verhandlungen
mit dem Land Berlin nicht einvernehmlich herbeiführen, wird der Hauptstadt-
kulturvertrag fristgerecht zum 31. Dezember 2004 gekündigt. Eine etwaige
Kündigung geschähe ausdrücklich nicht mit der Absicht, die dem Hauptstadt-
kulturfonds zur Projektförderung zur Verfügung stehenden Fördermittel zu kür-
zen oder andere Vereinbarungen des bestehenden Hauptstadtkulturvertrages zu
verändern.

Die Struktur des Hauptstadtkulturfonds wird wie folgt geändert:
1. Angemessene Beteiligung des Deutschen Bundestages: Die Gemeinsame

Kommission wird um zwei vom Deutschen Bundestag zu wählende Abge-
ordnete erweitert.

2. Bessere Vorbereitung der Förderentscheidungen: Der Kurator/die Kuratorin
hat der Gemeinsamen Kommission seine/ihre Vorschläge unter Mitteilung
der jeweils zu Grunde gelegten Förderkriterien rechtzeitig schriftlich vorzu-
legen.

3. Transparenz der Förderentscheidungen: Die eingereichten Förderanträge,
die jeweiligen Begründungen der Förderentscheidung sowie die Protokolle
der Sitzungen der Gemeinsamen Kommission sind dem Deutschen Bundes-
tag zugänglich zu machen.

Drucksache 15/1708 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Präzisierung des Förderauftrages: Eine zusätzliche Projektförderung staat-
lich geförderter Institutionen („Nachförderung“) ist nicht Aufgabe des
Hauptstadtkulturfonds.

Berlin, den 15. Oktober 2003
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Otto Fricke
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Sibylle Laurischk
Harald Leibrecht
Markus Löning
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gisela Piltz
Dr. Rainer Stinner
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Begründung
Die Umstände bei der Mittelvergabe für die geplante Ausstellung der Kunst-
Werke Berlin e. V. über die „Rote Armee Fraktion“ haben schwere strukturelle
Schwächen des Hauptstadtkulturfonds offenbart, die eine Reform erfordern.
Der „Vertrag zur Kulturfinanzierung in der Bundeshauptstadt 2001 bis 2004“
(Hauptstadtkulturvertrag) regelt die finanziellen Beteiligungen des Bundes an
den Kulturausgaben in Berlin. Dieser Vertrag trat mit der Unterzeichnung durch
den Beauftragen der Bundesregierung für Angelegenheiten der Kultur und der
Medien am 7. Juli 2001 an die Stelle des alten „Hauptstadtvertrages“ aus dem
Jahre 1994.
Während der Laufzeit des Vertrages fördert der Bund kulturelle Einrichtungen
und Veranstaltungen in der Bundeshauptstadt Berlin mit Mitteln in Höhe von
insgesamt 51 130 000 Euro jährlich.
Neben der institutionellen Förderung bestimmter Einrichtungen und der Betei-
ligung an dem vom Land zu tragenden Finanzierungsanteil an den Bauinvesti-
tionen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz sieht der Hauptstadtkulturvertrag
auch die Förderung von Projekten und Veranstaltungen über den „Hauptstadt-

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1708

kulturfonds“ vor. Der Fonds kann jährlich über Mittel in Höhe von 10 226 000
Euro verfügen, die ausschließlich vom Bund bereitgestellt werden. Gefördert
werden sollen laut § 3 Abs. 2 des Hauptstadtkulturvertrags „bedeutende Ein-
zelmaßnahmen und Veranstaltungen […], die nationale Ausstrahlung haben
oder besonders innovativ sind“.
Über die Mittelvergabe entscheidet eine „Gemeinsame Kommission für den
Hauptstadtkulturfonds“, die sich aus je zwei Vertretern des Bundes und der
Länder sowie dem Kurator/der Kuratorin zusammensetzt. Bisher gehören der
Gemeinsamen Kommission keine Mitglieder des Deutschen Bundestages an.
Der Kurator/die Kuratorin wird bei der künstlerischen Bewertung der einge-
reichten Projekte von einem fünfköpfigen Beirat beraten, der für zwei Jahre
vom „Rat für die Künste in Berlin“ bestimmt wird. Bisher trägt der Kurator/die
Kuratorin die mit dem Beirat abgestimmten Vorschläge den Mitgliedern der
Gemeinsamen Kommission lediglich mündlich vor.
Sollte die Umstrukturierung des Hauptstadtkulturfonds nicht im Einvernehmen
mit dem Land Berlin gelingen, muss der Hauptstadtkulturvertrag gekündigt
werden. Diese Kündigung müsste bis spätestens 31. Dezember 2003 erfolgen.
§ 8 des Hauptstadtkulturvertrages gibt beiden Vertragsparteien ein Kündi-
gungsrecht. Wird der Vertrag nicht fristgerecht gekündigt, verlängert sich die
Laufzeit – auch über den Zeitraum 2001 bis 2004 hinaus – jeweils um ein wei-
teres Jahr.
Begründung der Ziele der Umstrukturierung des Hauptstadtkulturfonds im Ein-
zelnen:
1. Angemessene Beteiligung des Deutschen Bundestages:
Da der Hauptstadtkulturfonds vollständig vom Bund finanziert wird, muss in
den Entscheidungsgremien des Hauptstadtkulturfonds eine Stimmenmehrheit
des Bundes gewährleistet sein. Die Gemeinsame Kommission soll daher aus
sieben Personen bestehen. An ihren Sitzungen nehmen neben den in § 4 ge-
nannten Vertretern des Bundes und der Länder sowie dem Kurator/der Kurato-
rin zwei Vertreter des Deutschen Bundestages teil.
2. Bessere Vorbereitung der Förderentscheidungen:
Die Entscheidungen der Gemeinsamen Kommission sollen aufgrund schriftli-
cher Vorlagen des Kurators/der Kuratorin getroffen werden, worin die jeweils
zu Grunde gelegten Förderkriterien im Einzelnen darzulegen sind. Auf diese
Weise ist sichergestellt, dass sich die Mitglieder der Gemeinsamen Kommis-
sion angemessen auf die Sitzungen vorbereiten können.
3. Transparenz der Förderentscheidungen:
Bisher werden den Mitgliedern des Bundestages weder die eingereichten An-
träge noch die Begründungen für die Förderentscheidungen noch die Protokolle
der Sitzungen der Gemeinsamen Kommission zugänglich gemacht. Um die
Transparenz der Entscheidungen herzustellen, müssen die vorgenannten Unter-
lagen demDeutschen Bundestag zur Verfügung gestellt werden.
4. Präzisierung des Förderauftrages:
Transparenz erfordert klare Zuordnung der öffentlichen Finanzquellen. Kultur-
einrichtungen, die ohnehin von Bund oder Land institutionell gefördert oder
ganz von ihnen getragen werden, dürfen nicht zusätzlich Projektfördermittel
des Hauptstadtkulturfonds erhalten. Eine solche „Nachförderung“ gehört nicht
zu den Aufgaben des Hauptstadtkulturfonds.
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

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