BT-Drucksache 15/1617

Schäden in der deutschen Forstwirtschaft nach der Hitzewelle 2003 durch Dürre und Borkenkäferbefall

Vom 24. September 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1617
15. Wahlperiode 24. 09. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Christel Happach-Kasan, Hans-Michael Goldmann,
Rainer Brüderle, Angelika Brunkhorst, Ernst Burgbacher, Jörg van Essen,
Otto Fricke, Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun
Kopp, Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Dirk Niebel, Günther
FriedrichNolting,Hans-JoachimOtto (Frankfurt), EberhardOtto (Godern),Cornelia
Pieper, Gisela Piltz, Marita Sehn, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Schäden in der deutschen Forstwirtschaft nach der Hitzewelle 2003
durch Dürre und Borkenkäferbefall

Die extreme Trockenheit in diesem Sommer hat zu dramatischen Dürreschäden
im Bereich der Landwirtschaft geführt. Dies gilt in ähnlicher Weise auch für die
Forstwirtschaft. Allerdings werden sich die Schäden an den Wäldern erst
mittel- bis langfristig zeigen. Trockenheit und Borkenkäferbefall belasten
Fichtenwälder zusätzlich, die bereits durch die Bodenversauerung infolge der
Schademissionen der vergangenen Jahrzehnte geschädigt sind. Einen ersten
Eindruck von den Vitalitätseinbußen der Wälder wird die Waldzustandser-
hebung in diesem Herbst ergeben. Die Aussage von Bundesministerin für Ver-
braucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft, Renate Künast, von diesem
Frühjahr, dass der Zustand der Wälder dank grüner Umweltpolitik heute unkri-
tisch sei, trifft nicht zu.
Die Dürre hat nicht nur zu direkten Trockenschäden an den Waldökosystemen
geführt; sie verursachte vor allem das Absterben ganzer Kulturen und Jungbe-
stände. Außerdem hat die lang anhaltende Hitzewelle eine Massenvermehrung
der Borkenkäfer verursacht, so dass jetzt in großem Ausmaß Folgeschäden auf-
treten. Wirtschaftlich bedeutsam sind vor allen Dingen Schäden, die durch den
Buchdrucker-Borkenkäfer (Ips typographus) und den Kupferstecher (Pityoge-
nes chalcographus) an Fichten hervorgerufen werden.
Die Sturmschäden in den Jahren 1990 und 1999 sowie die seit Jahren ange-
spannte Lage auf dem Holzmarkt führen dazu, dass sich vor allem private und
kommunale Forstbetriebe in einer betriebswirtschaftlich kritischen Situation
befinden. Die bislang aufgetretenen Borkenkäferschäden führen besonders
beim Fichten-Rundholz zu drastischen Preiseinbrüchen für die Verkäufer. Die
negativen Auswirkungen auf dem Holzmarkt durch ein Überangebot von Holz,
das zur Verhinderung der weiteren Ausbreitung der Käfer eingeschlagen wer-
den musste, bringen viele Waldbesitzer und Forstbetriebe aus einer wirtschaft-
lich angespannten Situation in die Existenzgefährdung.
Derzeit liegen aus fast allen Bundesländern Meldungen über äußerst bedroh-
liche Borkenkäfer-Kalamitäten vor. Besonders schwere Einbußen am Fichten-
bestand werden aus Teilen Bayerns, Baden-Württembergs und aus Nieder-
sachsen gemeldet. Nach Angaben der Biologischen Bundesanstalt für Land-

Drucksache 15/1617 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

und Forstwirtschaft in Braunschweig wird es in nahezu allen Nadelwaldgebie-
ten Deutschlands zu großen Fichtenborkenkäfer-Problemen kommen.
Das Aufstellen von Pheromonfallen in Fichtenwäldern hilft bei der frühzeitigen
Erkennung eines Befalls. In Regionen mit sehr massiver Vermehrung der Bor-
kenkäfer wird zur Verhinderung weiterer Borkenkäferschäden der Einsatz von
Insektiziden erwogen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Plant die Bundesregierung aufgrund der Dürreschäden im Wald ein Sofort-

hilfeprogramm für private und kommunale Waldbesitzer, um die wirt-
schaftlichen Schäden in den Betrieben aufzufangen?
Wenn ja, wie wird dieses ausgestattet sein?

2. Wird die Bundesregierung den betroffenen privaten und kommunalen
Waldbesitzern einen finanziellen Zuschuss zur maschinellen Entrindung,
zum Abtransport und zur Zwischenlagerung des vom Borkenkäfer befalle-
nen Rundholzes gewähren, um sicherzustellen, dass die weitere Verbrei-
tung der Borkenkäfer gestoppt wird und die erforderlichen Maßnahmen
nicht aus Geldmangel unterbleiben?

3. Wird die Bundesregierung ihre bisherige Praxis fortsetzen und bei flächi-
gem Ausfall von Kulturen und Jungbeständen, deren Anlage mit Mitteln
des Bundes gefördert wurde, auf die Rückzahlung der Fördermittel ver-
zichten?

4. Werden die Waldbesitzer die Möglichkeit haben, für die Ausbesserung
bzw. Neuanlage von durch die Trockenheit geschädigten Kulturen ein wei-
teres Mal Fördermittel zu beantragen, wie dies z. B. das Land Bayern
bereits entschieden hat?

5. Wie bewertet die Bundesregierung Forderungen des Naturschutzes im Zu-
sammenhang mit der so genannten „Guten fachlichen Praxis in der deut-
schen Forstwirtschaft“ in Anbetracht der Waldbrand- und Käfergefahr, den
Anteil an stehendem und liegendem Totholz zu erhöhen?

6. Wird die Bundesregierung für den Fall, dass ein bestimmter Totholzanteil
ordnungsrechtlich festgeschrieben wird, die privaten und kommunalen
Waldbesitzer von der Verkehrssicherungspflicht entbinden?

7. Welche nach Forest Stewartship Council (FSC) oder Naturland zertifizier-
ten Forstbetriebe haben nach Kenntnis der Bundesregierung Ausnahme-
genehmigungen für den Einsatz von Insektiziden gegen den Borkenkäfer
eingeholt?

8. Wie bewertet die Bundesregierung die Tatsache, dass der FSC-zertifizierte
Staatswald in Schleswig-Holstein bereits vorsorglich eine Ausnahme-
genehmigung für den Insektizideinsatz gegen den Borkenkäfer eingeholt
hat?

9. Wie bewertet die Bundesregierung die Eignung von Pheromonfallen zur
Bekämpfung von Borkenkäfern insbesondere unter den Witterungsbedin-
gungen dieses Sommers?

10. In welchem Umfang fördert die Bundesregierung die Pheromonforschung
zur Bekämpfung von Borkenkäfern, um über die Entwicklung pheromona-
ler Ablenkstoffe ein giftfreies Borkenkäfermanagement zu ermöglichen
und den Beifang anderer Arten zu vermindern?

11. Gewährt die Bundesregierung Zuschüsse für eine insektizidfreie Borken-
käferbekämpfung mit Pheromonfallen?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1617

12. Beabsichtigt die Bundesregierung ein Borkenkäfermonitoring in gefähr-
deten Waldgebieten zu fördern?

13. In welchem Umfang sind Flächen des Bundes bzw. der Bodenverwertungs-
und -verwaltungs GmbH (BVVG) von der Borkenkäferkalamität betroffen,
welcher Wertverlust ist zu befürchten und welche Bekämpfungsmaßnah-
men sind von den zuständigen Forstbetrieben eingeleitet worden?

Berlin, den 24. September 2003
Dr. Christel Happach-Kasan
Hans-Michael Goldmann
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion
msterdamer Str. 192, 50735 Köln, Telefon (02 21) 97 66 340, Telefax (02 21) 97 66 344

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