BT-Drucksache 15/1595

Rahmenbedingungen, Infrastruktur und Marketing für Wassertourismus in Deutschland verbessern

Vom 24. September 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1595
15. Wahlperiode 24. 09. 2003

Antrag
der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Angelika Brunkhorst, Hans-Michael
Goldmann, Detlef Parr, Rainer Brüderle, Jörg van Essen, Otto Fricke, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Christel Happach-Kasan, Dr. Werner Hoyer, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Sibylle Laurischk, Harald Leibrecht, Ina Lenke, Dirk Niebel,
Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Eberhard Otto
(Godern), Cornelia Pieper, Gisela Piltz, Dr. Andreas Pinkwart, Dr. Günter Rexrodt,
Marita Sehn, Dr. Max Stadler, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Rahmenbedingungen, Infrastruktur und Marketing für Wassertourismus
in Deutschland verbessern

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:

Seit der Wiedervereinigung verfügt Deutschland über 10 000 km Wasserstra-
ßen, viele Binnenseen und 23 000 km²Küste, größtenteils in herrlicher Land-
schaft und nahe zu Kulturstätten gelegen. Der Wassertourismus in Deutschland
hat sich zu einer Wachstumsbranche mit einem Umsatz in Milliardenhöhe ent-
wickelt. In Deutschland entscheiden sich Jahr für Jahr mehr als 6,3 Millionen
Menschen für einen Hausboot-, Motorboot-, Segel- und Kanuurlaub oder für
Fluss- und Ausflugkreuzfahrten. Für die Gastronomie und Hotellerie, Boots-
und Sportanbieter und viele innovative Dienstleister eröffnen sich durch neue
Angebote und den Ausbau bestehender Strukturen, die vielfach von Vereinen
betrieben werden, im Bereich des Wassertourismus zusätzliche Geschäftsfelder.
Allerdings behindern zahlreiche planungs-, betriebs- und umweltrechtliche
Rahmenbedingungen die investiven und betrieblichen Aktivitäten im Wasser-
tourismus.

Insbesondere durch die Neufassung des Bundesnaturschutzgesetzes in der letz-
ten Legislaturperiode ist das für ein lebendiges Nebeneinander von Tourismus
und Naturschutz notwendige Kooperationsprinzip zugunsten eines Vorrangs
von ordnungsrechtlichen Maßnahmen des Naturschutzes zurückgedrängt wor-
den. Dabei kommt dem Tourismus in den Naturschutzgebieten herausgehobene
Bedeutung zu: 80 Prozent aller Übernachtungen von Touristen in Deutschland
entfallen auf Gemeinden in oder am Rande von Naturschutzgebieten.

Wassertourismus in strukturschwachen Regionen mit Großschutzgebieten kann

dazu beitragen, regional geschlossene Wirtschaftskreisläufe und vielfältige
Wirtschaftsstrukturen aufzubauen. Daher kommt einer verantwortbaren touris-
tischen Nutzung von Naturschutzgebieten eine zentrale Dimension nachhaltiger
Regionalentwicklung zu. Dies rechtfertigt eine Stärkung des Tourismus in Ko-
operation mit Naturschutz.

Drucksache 15/1595 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode
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II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,

die Rahmenbedingungen, Infrastruktur und das Marketing stärker an die
Bedürfnisse der Wassersporttreibenden und Wassertouristen anzupassen. Dazu
sind folgende Maßnahmen erforderlich:

● Durch einen Abbau der gesetzlichen Bestimmungen ist die Wettbewerbs-
fähigkeit der deutschen Wassersportreviere zu erhöhen. Im Rahmen eines
hieraus resultierenden Abwägungsprozesses mit den zukünftig gleichbe-
rechtigt zu behandelnden Interessen von Tourismus und Naturschutz ist auch
mittels Abbau von belastenden Vorschriften die Wettbewerbsfähigkeit der
deutschen Wassersportreviere zu erhöhen.

● Der Charterschein für das Führen eines Charterbootes ist zeitlich über das
Jahr 2004 hinaus unbefristet zu verlängern und auf weitere Charterreviere
auf mehr Schifffahrtsstraßen als bisher auszudehnen. Bei der Auswahl der
Reviere müssen Sicherheits- und Umweltschutzanforderungen berücksich-
tigt werden.

● Die strikten Beschränkungen beim Angelsport müssen durch Möglichkeiten
für Gästeangeln ohne Angelschein gelockert werden.

● Die gesetzlichen Vorschriften für den Wassersport sind in Deutschland und
Europa einheitlich und einfacher zu fassen. Dies betrifft bundesweit unter-
schiedliche Befahrensregelungen z. B. für die kanutouristische Nutzung der
Gewässer und die langwierigen Genehmigungsverfahren für die Errichtung
wassertouristischer Infrastruktur. Die Spielräume im Bundesnaturschutzge-
setz für freiwillige Vereinbarungen (Vertragsnaturschutz) im Bereich Sport
und Erholung müssen gezielt z. B. für freizügigere Befahrungsregelungen
genutzt werden.

● Die Infrastruktur wie z. B. Gastronomie, Tankstellen, Marinas, Entsorgungs-
stationen, Liegemöglichkeiten und Schleusen entlang der Wasserwege muss
ausgebaut werden. Dabei muss Public-Private-Partnership eine zentrale
Rolle spielen. Die in diesem Zusammenhang in Deutschland gemachten Er-
fahrungen mit erfolgreichen Initiativen belegen, dass ein Ausbau der Infra-
struktur nicht zwangsläufig mit höheren staatlichen Ausgaben verbunden ist.
Privaten Finanzierungsmodellen ist vor dem Hintergrund knapper Haus-
haltskassen Vorrang einzuräumen. Die Privatisierungspotenziale der Infra-
struktur in öffentlicher Hand in den Bereichen des Wassertourismus sind zu
überprüfen und zu verwirklichen. Bewährte Strukturen z. B. in den Händen
von Vereinen müssen gleichwohl erhalten und ausgebaut werden.

● Ein einfaches und europäisch einheitliches Wasser-Informations- und Leit-
system ist zu entwickeln. Das erhöht die Attraktivität Deutschlands für inte-
ressierte Wassersportler. Dieses Wasser-Informations- und Leitsystem muss
Urlauber umfassend über Sehenswürdigkeiten, Freizeitangebote, Marinas,
Gastronomie und Tankstellen informieren. Durch die Beschilderung der
Wasserstraßen werden die Wassertouristen zu den touristisch interessanten
Orten geleitet.

● Das Marketing der Tourismus- und Wirtschaftsverbände muss gebündelt
und damit effizienter gestaltet werden.

Berlin, den 24. September 2003

Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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