BT-Drucksache 15/1149

Kosten des vom Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte vorgeschlagenen Verfahrens zur Endlagerung radioaktiver Stoffe

Vom 4. Juni 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1149
15. Wahlperiode 04. 06. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Angelika Brunkhorst, Gudrun Kopp,
Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher, Helga Daub, Jörg van Essen, Ulrike Flach,
Horst Friedrich (Bayreuth), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim
Günther (Plauen), Dr. Karlheinz Guttmacher, Dr. Christel Happach-Kasan,
Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen
Koppelin, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt),
Eberhard Otto (Godern), Detlef Parr, Gisela Piltz, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig
Thiele, Jürgen Türk, Dr. Claudia Winterstein, Dr. Wolfgang Gerhardt und
der Fraktion der FDP

Kosten des vom Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte
vorgeschlagenen Verfahrens zur Endlagerung radioaktiver Stoffe

Das vom Arbeitskreis Auswahlverfahren Endlagerstandorte (AkEnd) vorge-
schlagene Verfahren einer erneuten Standortsuche für ein nukleares Endlager
birgt erhebliche Unsicherheiten, insbesondere hinsichtlich der rechtlichen
Realisierbarkeit, des erforderlichen Zeitbedarfes und der finanziellen Konse-
quenzen. Völlig offen ist dabei, ob das Verfahren überhaupt zur Identifizierung
eines Endlagerstandortes führen wird, der im Vergleich zu den bisher vorge-
sehenen Standorten Gorleben und Schacht Konrad eine bessere Eignung auf-
weisen oder eine höhere Akzeptanz in der Öffentlichkeit finden würde. Demge-
genüber werden sich die Mehrkosten für zusätzliche Erkundungsarbeiten einer
Alternativensuche auf mehrere Mrd. Euro belaufen. Bei einer politisch moti-
vierten Aufgabe des Projekts Schacht Konrad ist mit weiteren Kosten infolge
eines Rückerstattungsanspruchs der Energieversorgungsunternehmen (EVU) in
einer Höhe von rd. 1,5 Mrd. Euro zu rechnen (vgl. Bröskamp, H. u. a.: Abseh-
bare Kosten und volkswirtschaftliche Effekte des vom AkEnd vorgeschlagenen
Vorgehens, in: atw – Internationale Zeitschrift für Kernenergie, Jg. 48 (2003),
S. 307 ff.).
Da auf Basis der geltenden Rechtslage und der Vereinbarung der Bundesregie-
rung mit den EVU vom Juni 2001 diese erheblichen Mehrkosten nicht über die
Endlagervorausleistungsverordnung refinanzierbar sind, sind die genannten
Zusatzkosten in voller Höhe durch den Bundeshaushalt zu tragen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Ist der Bundesregierung die eingangs zitierte Publikation zur Kosten-

schätzung des vom AkEnd vorgeschlagenen Vorgehens bekannt, und wenn
ja, wie bewertet die Bundesregierung die dort getroffenen Aussagen?

Drucksache 15/1149 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

2. Mit welchen Kosten rechnet die Bundesregierung bei einer Umsetzung des
im AkEnd-Bericht vorgeschlagenen Verfahrens zur Errichtung eines End-
lagers im Hinblick auf die nachstehend aufgeführten Positionen:
– Kosten für die Inbetriebnahme von Schacht Konrad zur Endlagerung so-

wie für die Fortführung des Projekts Gorleben bis zur Inbetriebnahme als
Endlager entsprechend den ursprünglichen Planungen unter Erhalt des er-
forderlichen Know-hows bei den beteiligten Organisationen,

– Ausweisung und unter- bzw. übertägige Erkundung von bis zu 5 Standor-
ten einschließlich der Verwahrungskosten für ggf. nicht genutzte Stand-
orte,

– gegebenenfalls zusätzliche Verfahrenskosten für erforderlich werdende
Genehmigungen,

– Errichtung des Endlagers (jeweils für die Varianten Granit, Ton und
Salz),

– Änderung des Behälter- und Anlagenkonzepts für die Endlagerung sämt-
licher Abfälle in einem Endlager,

– spezifische jährliche Betriebskosten für die einzelnen Varianten (Granit,
Ton, Salz),

– Offenhalten der Schachtanlagen Gorleben und Konrad bis zur Entschei-
dung für einen Standort,

– Kosten für die verfahrensbedingten Verzögerungen der Endlagerung ge-
genüber den bisherigen Endlagerkonzepten Konrad und Gorleben durch
den Bau und Betrieb zusätzlicher erforderlicher Zwischenlager (u. a.
durch die erforderliche Umkonditionierung bzw. Neukonditionierung der
vorhandenen bzw. der bis zur Inbetriebnahme eines Endlagers anfallen-
den Abfälle),

– Rückvergütungsforderungen der EVU für den Fall einer allein politisch
motivierten Aufgabe des rechtmäßig genehmigten Endlagers Konrad ggf.
nach deren gerichtlicher Überprüfung sowie

– administrative Kosten für das AkEnd-Verfahren?
3. Hält die Bundesregierung die zeitlichen Vorgaben im AkEnd-Bericht, der

die Inbetriebnahme eines Endlagers bis 2030 vorsieht, angesichts des Sach-
verhalts für realistisch, dass für das Projekt Gorleben seit 1979 über einen
Zeitraum von 24 Jahren die Erkundung noch nicht abgeschlossen werden
konnte und sich das Planfeststellungsverfahren im Projekt Konrad über
einen Zeitraum von 20 Jahren erstreckt hat?

4. Liegen zur zeitlichen und technischen Realisierbarkeit eines Endlagers nach
dem AkEnd-Verfahren für die Varianten Granit, Ton und Salz konkrete Un-
tersuchungen und Planungen vor, und wenn ja, wie lauten deren zentrale In-
halte im Vergleich zu den bisherigen Planungen der Projekte Gorleben (ohne
bzw. mit Berücksichtigung des Moratoriums) und Konrad?

5. Welche Finanzierung ist für ein Endlager nach dem AkEnd-Verfahren, das
nicht Gegenstand der Vereinbarung vom 14. Juni 2001 ist, vorgesehen, und
wer trägt die Mehrkosten, nachdem die EVU ihre Zahlungsverpflichtungen
als Abfallverursacher in den Projekten Gorleben und Konrad als weitestge-
hend erfüllt ansehen und deshalb für die entstehenden Mehrkosten gegen-
über den Projekten Gorleben und Konrad nicht mehr herangezogen werden
können?

6. Welche konkreten technischen und naturwissenschaftlichen Erkenntnisse
und Gründe sprechen gegen eine Eignung des Standortes Gorleben als End-
lager bzw. gegen eine konsequente Fortführung des Projektes Gorleben

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1149

sowie gegen die Inbetriebnahme der genehmigten und als Endlager planfest-
gestellten Schachtanlage Konrad bzw. für eine Aufhebung des Sofortvollzu-
ges?

Berlin, den 3. Juni 2003
Birgit Homburger
Angelika Brunkhorst
Gudrun Kopp
Rainer Brüderle
Ernst Burgbacher
Helga Daub
Jörg van Essen
Ulrike Flach
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Joachim Günther (Plauen)
Dr. Karlheinz Guttmacher
Dr. Christel Happach-Kasan
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb
Jürgen Koppelin
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Eberhard Otto (Godern)
Detlef Parr
Gisela Piltz
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen Türk
Dr. Claudia Winterstein
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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