BT-Drucksache 15/1146

Aktive Gestaltung des Prozesses der EU-Erweiterung - Politik für die Menschen in den Grenzregionen

Vom 3. Juni 2003


Deutscher Bundestag Drucksache 15/1146
15. Wahlperiode 03. 06. 2003

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Peter Hintze, Michael Kretschmer, Ulrich Adam, Günter
Baumann, Veronika Bellmann, Klaus Brähmig, Hartwig Fischer (Göttingen), Georg
Girisch, Karl-Theodor Freiherr von und zu Guttenberg, Dr. Gerd Müller, Holger
Haibach, Robert Hochbaum, Klaus Hofbauer, Susanne Jaffke, Volker Kauder,
Gerlinde Kaupa, Rudolf Kraus, Maria Michalk, Hans Michelbach, Klaus Minkel,
Bernward Müller (Gera), Albert Rupprecht (Weiden), Thomas Silberhorn, Michael
Stübgen, Gerhard Wächter, Willi Zylajew und der Fraktion der CDU/CSU

Aktive Gestaltung des Prozesses der EU-Erweiterung –
Politik für die Menschen in den Grenzregionen

Die Osterweiterung der Europäischen Union wird das politische und wirt-
schaftliche Umfeld Deutschlands nachhaltig verändern. Langfristig wird die
Erweiterung politische Stabilität und wirtschaftliche Prosperität nach Osten ex-
portieren. Davon wird Deutschland aufgrund seiner geographischen Lage in
starkem Maße profitieren. Allerdings kommen auf Deutschland kurz- und mit-
telfristige Herausforderungen zu, die sich aus den noch beträchtlichen Unter-
schieden in Wirtschaftskraft und Lohnniveau ergeben. Aufgrund der räum-
lichen Nähe wären vor allem Grenzregionen z. B. von verstärkter Zuwanderung
betroffen, die die angespannte Arbeitsmarktsituation dort weiter verschärfen
könnte. Verstärkt wird dieser Effekt in den Neuen Bundesländern durch den
noch nicht abgeschlossenen Transformationsprozess bzw. Strukturwandel und
den daraus folgenden Defiziten beispielsweise bei der Unternehmensstruktur
oder auf dem Arbeitsmarkt.
Wir müssen Sorge tragen, dass die Menschen in den Grenzregionen nicht mit
den Folgen der Erweiterung alleine gelassen werden. Die Bundesregierung
muss ihrer Verantwortung für die deutschen Regionen entlang der bisherigen
östlichen EU-Außengrenze mehr gerecht werden und helfen, regionale Struk-
turdefizite zu beheben.
Wir fragen die Bundesregierung:
1. Worin bestehen die Maßnahmen der Bundesregierung, in Deutschland die

Sprachkompetenzen für Polnisch und Tschechisch gerade an den Grenzen zu
diesen Ländern zu verbessern, und welche maßgeblichen Ergebnisse lassen
sich bislang bilanzieren?

2. Reicht das Erzielte aus Sicht der Bundesregierung aus, und wenn nein, wel-
che Maßnahmen ergreift die Bundesregierung?

3. In welchem Maße fließen Mittel aus Bildungsprogrammen der EU in die
Grenzregionen?
Ist angesichts der Herausforderungen und Chancen durch die Osterweite-
rung eine stärkere Berücksichtigung dieser Grenzregionen geplant?

Drucksache 15/1146 – 2 – Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode

4. Welche Grenzübergänge nach Polen und zur Tschechischen Republik sind
im Bau oder in der Planung und zu welchem Zeitpunkt ist mit ihrer Öff-
nung zu rechnen?

5. Ist die Bundesregierung angesichts der großen Strukturprobleme in den
Grenzregionen bereit, in den nicht mehr genutzten Zollgebäuden Bundes-
behörden anzusiedeln?

6. Wo sieht die Bundesregierung weitere Handlungsmöglichkeiten, die Zu-
sammenarbeit der Polizeibehörden zu verbessern?

7. Wann ist nach Ansicht der Bundesregierung mit der Aufnahme der Bei-
trittsstaaten in das Schengener Abkommen zu rechnen?

8. Wie wird die Bundesregierung dafür sorgen, dass nach Einstellung der
Zollkontrollen an der jetzigen EU-Außengrenze das Sicherheitsniveau in
den betroffenen Regionen nicht sinkt?

9. Rechnet die Bundesregierung damit, dass die grenzüberschreitende Krimi-
nalität in den Grenzregionen mit der Erweiterung steigen wird, und wenn
ja, welche Maßnahmen wird sie ergreifen, um dieser Gefahr zu begegnen?

10. Welche Auswirkungen der Osterweiterung erwartet die Bundesregierung
für die Wirtschaft in den Grenzregionen allgemein und konkret in einzel-
nen Branchen?

11. Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung besonders ge-
fährdete Wirtschaftsbereiche, wie beispielsweise das Speditions- und Bau-
gewerbe, bereits im Vorfeld der Osterweiterung?

12. Welche Strategie verfolgt die Bundesregierung, um den regionalen grenz-
überschreitenden Warenverkehr zu erleichtern und welche Maßnahmen hat
sie dafür geplant oder bereits in Angriff genommen?

13. Was unternimmt die Bundesregierung, um neben dem Ausbau des über-
regionalen, transeuropäischen Verkehrsnetzes auch die lokale und regionale
grenzüberschreitende Infrastruktur auszubauen, damit sich grenzüber-
schreitende deutsch-polnische und deutsch-tschechische Mikrowirtschafts-
räume wieder bilden können?

14. Was unternimmt die Bundesregierung hinsichtlich des Projektes der „Via
Hanseatica“, der transeuropäischen Straße über Stettin und Danzig?

15. Ist die Bundesregierung bereit, die für das Transeuropäische Netz vorge-
sehenen Verkehrsprojekte im Bundesverkehrswegeplan in den Vordring-
lichen Bedarf einzustufen und die Bedeutung von Infrastrukturprojekten
für den grenzüberschreitenden Regionalverkehr stärker als bisher zu ge-
wichten?

16. Welchen Erfolg hat nach Ansicht der Bundesregierung die Arbeit der Wirt-
schaftskammern in den Grenzregionen bei der Bewältigung der Osterwei-
terung?

17. Plant die Bundesregierung durch geeignete Förderung einen Ausbau der
Arbeit der Wirtschaftskammern zur Vermittlung von Kontakten in die Bei-
trittsländer?

18. Plant die Bundesregierung, um die ökonomisch-soziale Integration grenz-
überschreitender Wirtschaftsräume zu erleichtern, die Ausbildung junger
Polen und Tschechen in Deutschland zu vereinfachen?

19. Plant die Bundesregierung für die Grenzregionen eine Ausnahmegenehmi-
gung zur Erleichterung der Beschäftigung z. B. von polnischen und/oder
tschechischen Ärzten, die in den deutschen Grenzregionen dringend benö-
tigt werden?

Deutscher Bundestag – 15. Wahlperiode – 3 – Drucksache 15/1146

20. Plant die Bundesregierung für die Zeit nach dem EU-Beitritt Polens und
Tschechiens ein regelmäßiges Monitoring der Auswirkungen auf die deut-
schen Grenzregionen, um gegebenenfalls ihre regionale Flankierungsstra-
tegie und deren Maßnahmen zu ändern?

21. Wie beurteilt die Bundesregierung die wirtschaftlichen und personellen
Auswirkungen der Verlegung des Generalkonsulates der Bundesrepublik
Deutschland von Stettin nach Danzig?

22. Inwieweit plant die Bundesregierung gemeinsam mit der polnischen Regie-
rung, die gegenseitigen Abgabezahlungen von Touristen im Grenzverkehr
aufzuheben?

23. Mit welchen Maßnahmen unterstützt die Bundesregierung das deutsch-
polnische Jugendwerk und das Koordinierungszentrum für den deutsch-
tschechischen Jugendaustausch im Vergleich zum deutsch-französischen
Jugendwerk, und inwiefern ist eine Erhöhung der Fördermittel angesichts
der zunehmenden Aufgaben dieser Institutionen geplant?

24. Inwieweit verhandelt die Bundesregierung bereits jetzt über eine ähnliche
Regelung wie das sog. Karlsruher Abkommen zwischen Frankreich,
Luxemburg, der Schweiz und Deutschland, wonach die kommunalen Kör-
perschaften und örtliche öffentliche Stellen gegenseitig Verträge abschlie-
ßen können?

25. Ist die Bundesregierung bereit, die Fördergebiete der Gemeinschaftsauf-
gabe zur Förderung der regionalen Wirtschaftsstruktur unter Einbeziehung
eines neuen Regionalindikators „Grenzlage zu den EU-Beitrittsstaaten“
neu abzugrenzen?

26. Kann die Bundesregierung die Nichtinanspruchnahme von 7,4 Mrd. Euro
EU-Strukturfördermitteln im Haushaltsjahr 2002 bestätigen, und wenn ja,
wie beurteilt sie diese unter besonderer Berücksichtigung der Inanspruch-
nahme der Förderprogramme durch Deutschland?

27. Plant die Bundesregierung, das erfolgreich laufende „Transform“-Pro-
gramm der Bundesregierung für die Staaten Mittel- und Osteuropas (MOE)
und die neuen unabhängigen Staaten auch 2004 fortzusetzen, und wenn
nein, wodurch möchte sie es ersetzen, um den Konvergenzprozess in den
Beitrittsländern zu unterstützen?

Berlin, den 3. Juni 2003
Peter Hintze
Michael Kretschmer
Ulrich Adam
Günter Baumann
Veronika Bellmann
Klaus Brähmig
Hartwig Fischer (Göttingen)
Georg Girisch
Karl-Theodor Freiherr von
und zu Guttenberg

Dr. Gerd Müller
Holger Haibach
Robert Hochbaum
Klaus Hofbauer

Susanne Jaffke
Volker Kauder
Gerlinde Kaupa
Rudolf Kraus
Maria Michalk
Hans Michelbach
Klaus Minkel
Bernward Müller (Gera)
Albert Rupprecht (Weiden)
Thomas Silberhorn
Michael Stübgen
Gerhard Wächter
Willi Zylajew
Dr. Angela Merkel, Michael Glos und Fraktion

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