BT-Drucksache 14/9627

Novellierung der Bundesartenschutzverordnung und Positionen der Bundesregierung zum Artenschutz

Vom 26. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9627
14. Wahlperiode 26. 06. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Birgit Homburger, Marita Sehn, Ernst Burgbacher, Jörg van
Essen, Horst Friedrich (Friedrich), Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Ulrich
Heinrich, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Dr. Irmgard Schwaetzer, Gudrun
Serowiecki, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Novellierung der Bundesartenschutzverordnung und Positionen der
Bundesregierung zum Artenschutz

Die derzeit geltende Verordnung zum Schutz wild lebender Tier- und Pflanzen-
arten (Bundesartenschutzverordnung – BArtSchV) wird als bürokratisch und
mit hohem Vollzugsaufwand verbunden sowie als wenig effektiv kritisiert. Eine
vollständige Novellierung der BArtSchV ist deshalb erforderlich. Das Bundes-
ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) hat das
Verfahren zur Novellierung der BArtSchV nunmehr eingeleitet.
Von beteiligter Verbandsseite wird in diesem Zusammenhang kritisiert, dass das
BMU die in diesem Bereich tätigen Verbände nicht gleichmäßig und konse-
quent einbeziehe. Mit Blick auf aktuelle Entwicklungen wird von Naturschutz-
verbänden in diesem Zusammenhang ferner vorgetragen, dass Deutschland
jährlich mehr als 100 000 international geschützte lebende Wildtiere importiere,
von denen ein großer Teil aus freier Wildbahn stamme. Hinzu komme ein Viel-
faches an Lederprodukten, Jagdtrophäen und ähnlichen Waren, die aus Tieren
geschützter Arten hergestellt sind. Von seiten der im Artenschutz engagierten
Verbände wird kritisiert, dass in Deutschland keine spezifischen gesetzlichen
Vorschriften über die Haltung von Wildtieren bei Privatpersonen und im Handel
existierten. Auch das Artenspektrum für die Heimtierhaltung sei nicht begrenzt.
So lebten in deutschen Haushalten schätzungsweise unter anderem 100 000
Giftschlangen, 200 000 Riesenschlangen und mehrere tausend Krokodile. Nach
einem Bericht des „World Wide Fund for Nature“ (WWF) nimmt überdies der
illegale Handel mit geschützten Tierarten innerhalb der Strukturen globaler
organisierter Kriminalität zu. Diese Entwicklung würde u. a. durch unzurei-
chende rechtliche Grundlagen zur Verfolgung von Straftaten gegen den interna-
tionalen Artenschutz und durch Vollzugsschwächen begünstigt.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Welches sind die maßgeblichen Neuerungen der geplanten Novelle der

BArtSchV?
2. Welche Verbände wurden bislang am Novellierungsverfahren beteiligt und

inwieweit wurden bzw. werden deren Stellungnahmen berücksichtigt?

Drucksache 14/9627 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

3. Trifft es zu, dass die Bundesregierung beabsichtigt, den beiden bereits zu-
gelassenen Stellen für die Ausgabe von Kennzeichnungsringen für ge-
schützte Vogelarten eine exklusive Anbieterstellung bei der Kennzeichnung
zuzugestehen, und wenn ja, welche Gründe sprechen dafür?

4. Trifft es zu, dass die Bundesregierung bei der Kennzeichnung geschützter
Vogelarten mit Ringen auf die Angabe des jeweiligen Züchterverbandes
verzichten will, und wenn ja, welche Gründe sprechen dafür?

5. Welches sind die bedeutendsten Importländer für Wildtiere geschützter
Arten bzw. für Produkte, die aus Tieren solcher Arten hergestellt werden?

6. Wie viele und welche Pflanzen und Tiere geschützter Arten werden jährlich
über welche Handelswege nach Deutschland importiert, welche rechtlichen
Regelungen existieren für diesen Bereich des internationalen Handels und
wie bewertet die Bundesregierung die betreffenden Sachverhalte?

7. Wie viele und welche Produkte, die aus Pflanzen oder Tieren geschützter
Arten hergestellt sind, werden jährlich nach Deutschland importiert, und
welche rechtlichen Regelungen existieren für diesen Bereich des internatio-
nalen Handels?

8. Wie bewertet die Bundesregierung den Vollzug der unter Frage 6 und 7
angesprochenen Regelungen?

9. Beabsichtigt die Bundesregierung, die unter Frage 6 und 7 angesprochenen
Regelungen – soweit diesbezüglich Kompetenzen des Bundesgesetzgebers
bestehen – zu ändern?

10. Wenn nein, weshalb nicht?
11. Wenn ja, welche Änderungen rechtlicher Vorgaben sind im Einzelnen und

innerhalb welches zeitlichen Rahmens beabsichtigt?
12. Ist die Bundesregierung in der Wissenschaftlichen Prüfgruppe der EU zum

Handel mit Wildtieren und Pflanzen (Scientific Review Group, SRG) ver-
treten, und wenn ja, welche Position zur Reptilienhaltung hat die Bundesre-
gierung in der Sitzung vom 15. Mai 2002 vertreten und welche Position
wird sie auf der geplanten Septembersitzung vertreten?

13. Wie beurteilt die Bundesregierung die Forderung, zukünftig verstärkt
Einfuhrbeschränkungen gemäß Artikel 4 Abs. 6c EG-Artenschutzverord-
nung zu verhängen?

14. Wie steht die Bundesregierung zu dem Vorwurf, dass die Haltung von
Wildtieren bei Privatpersonen sowie im Handel in Deutschland keinen hin-
reichend spezifischen gesetzlichen Vorschriften unterliegt?

15. Plant die Bundesregierung eine Konkretisierung und Präzisierung zugehö-
riger Regelungen, und wenn ja, wie sollen diese lauten?

16. Hält es die Bundesregierung für erforderlich, einen Sachkundenachweis
des Käufers bzw. Halters von geschützten Tieren einzuführen und wie be-
gründet die Bundesregierung ihre Haltung?

17. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorschlag, in der BArtSchV-
Novelle bundeseinheitliche Vorgaben für die formalen Anforderungen zur
Genehmigung der Ein- und Ausfuhr geschützter Tiere und Pflanzen zu
erlassen?

18. Hält die Bundesregierung eine verstärkte Reglementierung der Privat-
haltung von Wildtieren für erforderlich, und welche diesbezüglichen Maß-
nahmen plant die Bundesregierung innerhalb welches zeitlichen Rahmens?

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9627

19. Sieht die Bundesregierung Veranlassung, auf internationaler Ebene auf eine
Änderung der für den angesprochenen Bereich des internationalen Handels
maßgeblichen Regelungen hinzuwirken?

20. Wenn nein, weshalb nicht?
21. Wenn ja, welche Akzente und Prioritäten gedenkt die Bundesregierung da-

bei zu setzen und innerhalb welcher institutioneller Strukturen will sie
diese Anliegen innerhalb welches zeitlichen Rahmens realisieren?

22. Wie beurteilt die Bundesregierung den Vorwurf von im Artenschutz enga-
gierten Verbänden, dass Deutschland internationale und europäische Rege-
lungen nicht hinreichend einhält bzw. umsetzt, nach denen es verpflichtet
ist, zu gewährleisten, dass durch die Einfuhr von Wildtieren das Überleben
geschützter Arten nicht gefährdet werden darf?

23. Wie beurteilt die Bundesregierung die Aussage, dass Genehmigungen für
die Einfuhr geschützter Arten nach Deutschland auch dann erteilt würden,
wenn Daten über die Wildbestände der betreffenden Arten nicht vorlägen
und die ökologischen Folgen des betreffenden Imports insoweit ungeklärt
seien?

24. Hält es die Bundesregierung gegebenenfalls für vertretbar, dass die Einfuhr
von Wildtieren auch aus solchen Ländern genehmigt wird, in denen Arten-
schutzbestimmungen nachweislich nicht umgesetzt werden, indem z. B.
Exportquoten überschritten oder Handelsverbote umgangen werden?

25. Trifft es zu, dass die Anzahl der Wildtiere, die in deutschen Zoogeschäften
angeboten und verkauft werden, unbekannt ist und sich darüber hinaus der
Handel mit Wildtieren über das Internet, über Kleinanzeigen oder Tier-
börsen nahezu jeglicher Kontrolle entzieht?

26. Wenn ja, wie bewertet die Bundesregierung diesen Sachverhalt gegebenen-
falls und sieht die Bundesregierung vor diesem Hintergrund Handlungsbe-
darf in Bezug auf eine verbesserte Erfassung und Kontrolle des Handels
mit Wildtieren?

27. Welche diesbezüglich konkreten Maßnahmen gedenkt die Bundesregierung
innerhalb welchen zeitlichen Rahmens einzuleiten?

28. Wie hat sich nach Kenntnis der Bundesregierung die nach Deutschland im-
portierte Menge an Tropenholz in den vergangenen zehn Jahren im All-
gemeinen sowie im Besonderen aus dem Herkunftsland Indonesien ent-
wickelt?

29. Wie beurteilt die Bundesregierung die in Indonesien angewandten Metho-
den und Techniken der Holzgewinnung und Holzverarbeitung aus ökologi-
scher Sicht?

30. Beabsichtigt die Bundesregierung auf die dort angewandten Verfahren Ein-
fluss zu nehmen, und wenn ja, in welcher Form gedenkt die Bundesregie-
rung dies gegebenenfalls zu tun?

31. Sieht die Bundesregierung einen Zusammenhang zwischen der Mengen-
entwicklung der Tropenholzimporte und der Einführung so genannter öko-
logischer Gütesiegel (z. B. FSC-Zertifikate) und wie kennzeichnet die Bun-
desregierung diesen Zusammenhang gegebenenfalls?

32. Plant die Bundesregierung, die in den vergangenen Jahren zu beobachtende
Entwicklung von Tropenholzimporten zu beeinflussen, und wenn ja,
welche Maßnahmen erwägt die Bundesregierung dabei im Einzelnen?

33. Welche Position nimmt die Bundesregierung bezüglich der Jagd auf vom
Aussterben bedrohte Tierarten (z. B. Geparde, Nashörner, Grizzlybären,
Eisbären oder Elefanten) ein?

Drucksache 14/9627 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
34. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, diese Jagden zu verhin-
dern, wie beurteilt die Bundesregierung insbesondere den Vorschlag, die
Jagd auf solche Tiere in freier Wildbahn auch in Deutschland strafrechtlich
zu verfolgen?

35. In welchen Bereichen des Tier- und Artenschutzes sieht die Bundesregie-
rung gegenwärtig drängende Probleme und welche Lösungsansätze zieht
sie in Erwägung?

36. Welche Position wird die Bundesregierung zum künftigen Schutzstatus be-
stimmter Tierarten im Rahmen der internationalen Tagung des Washing-
toner Artenschutzübereinkommens im November dieses Jahres im Hin-
blick auf folgende Themenbereiche einnehmen:
– Lockerung des Handelsverbotes für Elfenbein (Anträge u. a. aus Süd-

afrika, Sambia, Simbabwe),
– Freigabe des Handels mit Fleisch von Zwergwalen und Brydeswalen

(Antrag Japans),
– Unterschutzstellung des Riesenhais (Antrag Großbritanniens),
– Freigabe des Handels mit Schildpatt von Meeresschildkröten (Antrag

Kubas)?
37. Wie bewertet die Bundesregierung die rechtlichen Grundlagen zur Ver-

folgung von Straftaten gegen den internationalen Artenschutz und deren
Vollzugspraxis im Eindruck der Ergebnisse der jüngsten WWF-Studie
„International Wildlife Trade and Organised Crime“?

38. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, um den in der vorge-
nannten Studie berichteten Fehlentwicklungen auf nationaler und auf inter-
nationaler Ebene zu begegnen?

Berlin, den 25. Juni 2002
Birgit Homburger
Marita Sehn
Ernst Burgbacher
Jörg van Essen
Horst Friedrich (Bayreuth)
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Ulrich Heinrich
Dr. Heinrich L. Kolb
Gudrun Kopp
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Dr. Irmgard Schwaetzer
Gudrun Serowiecki
Carl-Ludwig Thiele
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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