BT-Drucksache 14/9438

zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Ernstber, Uta Zapf, Rainer Arnold, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD sowie der Abgeordneten Angelika Beer, Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt, weiterer Abgeordneter und der Fraktion BÜDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/8858- Für eine Weiterentwicklung der humanitären Rüstungskontrolle bei Landminen

Vom 12. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9438
14. Wahlperiode 12. 06. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Auswärtigen Ausschusses (3. Ausschuss)

zu dem Antrag der Abgeordneten Petra Ernstberger, Uta Zapf, Rainer Arnold,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Angelika Beer, Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt,
weiterer Abgeordneter und der Fraktion von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 14/8858 –

Für eine Weiterentwicklung der humanitären Rüstungskontrolle bei Landminen

A. Problem
In allen Teilen der Welt stellen Minen eine immense Gefahr für die Bevölke-
rung dar. Weltweit wird der Bestand an Antipersonenminen auf 230 Millionen
geschätzt. Vor vier Jahren wurde in Ottawa das Übereinkommen über das Ver-
bot des Einsatzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Anti-
personenminen und über deren Vernichtung durch 122 Staaten unterzeichnet.
Die Bundesrepublik Deutschland hat das Abkommen bereits im Frühjahr 1998
ratifiziert.
Das geänderte Protokoll II zum VN-Waffenübereinkommen verschärft die Ein-
satz- und Exportbestimmungen für Landminen und beinhaltet ein Verbot für
nichtdetektierbare Antipersonenminen. Angesichts mehrerer Tausend ziviler
Minenopfer jährlich halten es die Antragsteller für erforderlich, im Rahmen des
VN-Waffenübereinkommens zu einem Verbot von Antifahrzeugminen zu
kommen, die ein Gefährdungspotenzial für die zivile Bevölkerung darstellen
können. Darüber hinaus sollte Schritt für Schritt die Universalisierung des
Ottawa-Übereinkommens und des VN-Waffenübereinkommens erreicht wer-
den. Von besonderer Bedeutung ist hierbei die Einbeziehung derjenigen Staaten
in das Ottawa-Übereinkommen, die Besitzer und Produzenten von Antiperso-
nenminen sind.
Die Bundesregierung soll u. a. aufgefordert werden, den Prozess der Universa-
lisierung des Geltungsbereiches des Ottawa-Übereinkommens weiterhin aktiv
zu betreiben und auf diejenigen Staaten einzuwirken, die das Übereinkommen
bislang noch nicht unterschrieben bzw. ratifiziert haben. Darüber hinaus solle
sie auf die Mitgliedstaaten des Ottawa-Übereinkommens einwirken, dass alle
Minen, deren Zündmechanismen von ihrer Konstruktion her die Auslösung
durch Personen einbeziehen, als Antipersonenminen anzusehen sind und durch
die Vorschriften des Ottawa-Übereinkommens erfasst werden. Auch im
Rahmen des VN-Waffenübereinkommens soll mit Nachdruck auf Regelungen

Drucksache 14/9438 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

hingewirkt werden, durch die Antifahrzeugminen, die durch Personen ausgelöst
werden können, nicht zugelassen werden.

B. Lösung
Zustimmung zum Antrag in geänderter Fassung mit den Stimmen der
Fraktionen SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS bei Stimmenthal-
tung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP

C. Alternativen
Keine

D. Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9438

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
den Antrag auf Drucksache 14/8858 in folgender Fassung anzunehmen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Weltweit wird der Bestand an Antipersonenminen auf ca. 230 Millionen ge-
schätzt. Jahr für Jahr sind mehrere Tausend zivile Minenopfer zu beklagen. In
allen Teilen der Welt gibt es Länder, in denen Minen in einer so großen Menge
verlegt wurden, dass sie eine immense Gefahr für die Bevölkerungen darstel-
len, zum Beispiel in Afghanistan, Mosambik und Angola.
Vor vier Jahren wurde in Ottawa das Übereinkommen über das Verbot des Ein-
satzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonen-
minen und über deren Vernichtung durch 122 Staaten unterzeichnet. Die Bun-
desrepublik Deutschland hat das Übereinkommen bereits im Frühjahr 1998
ratifiziert. Leider sind die bedeutenden Minenbesitzer und Minenproduzenten
dem Übereinkommen noch nicht beigetreten. Im Hinblick auf die Universali-
sierung des Übereinkommens ist jedoch der Beitritt der USA, von Russland
und China und weiterer Staaten wie Indien, Irak, Iran, Laos, Nord- und Süd-
korea, Pakistan, Sri Lanka und Vietnam unerlässlich.
Die Staaten, die dem Übereinkommen verbindlich beigetreten sind, verfügten
über ca. 20 Millionen Antipersonenminen, von denen mittlerweile etwa die
Hälfte vernichtet wurde. Im Hinblick auf den weltweiten Bestand von 230 Mil-
lionen Landminen wird die große abrüstungspolitische Herausforderung deut-
lich.
Das geänderte Protokoll II zum VN-Waffenübereinkommen verschärft die Ein-
satz- und Exportbestimmungen für Landminen und beinhaltet ein Verbot für
nichtdetektierbare Antipersonenminen. Das Ottawa-Übereinkommen ächtet
demgegenüber die gesamte Waffenkategorie der Antipersonenminen.
Zurzeit laufen als eines der Ergebnisse der Überprüfungskonferenz zum VN-
Waffenübereinkommen Verhandlungen über solche Antifahrzeugminen, die
auch ein Gefährdungspotenzial für die Zivilbevölkerung darstellen können.
Der Deutsche Bundestag sieht großen Handlungsbedarf, im Rahmen des VN-
Waffenübereinkommens zu einem Verbot von Antifahrzeugminen zu kommen,
die ein Gefährdungspotenzial für die Zivilbevölkerung darstellen können. In ei-
nem ersten Schritt geht es um das Verbot von nichtdetektierbaren Antifahrzeug-
minen sowie um das Verbot von Antifahrzeugminen, die aufgrund ihrer techni-
schen Beschaffenheit und der Art ihrer Verlegung die Zivilbevölkerung gefähr-
den.
Der Deutsche Bundestag ist der Überzeugung, dass die Universalisierung des
Ottawa-Übereinkommens und des VN-Waffenübereinkommens Schritt für
Schritt erreicht werden muss. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Ein-
beziehung der Staaten in das Ottawa-Übereinkommen, die Besitzer und Produ-
zenten von Antipersonenminen sind.
Das Landminenproblem ist durch das Ottawa-Regime jedoch nur teilweise ent-
schärft. Wie die Landminenbeobachtergruppe feststellte, wurden z. B. im Jahr
2000 in 23 militärischen Auseinandersetzungen sowohl von Regierungstruppen
wie von irregulären Einheiten Antipersonenminen verwendet. Zwar ist die Zahl
der Opfer zurückgegangen, wird aber immer noch auf 8 000 im Jahr 2000 ge-
schätzt.

Drucksache 14/9438 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Auch einige Typen von Antifahrzeugminen, insbesondere solche mit sensiblen
Zündmechanismen (wie z. B. Magnetfeldsensoren), können von Personen und
damit auch von Zivilisten ausgelöst werden. Sie wirken dadurch wie Antiperso-
nenminen. Sie sind unterschiedslos wirkende Waffen, deren Einsatz nach den
Bestimmungen des Kriegsvölkerrechts untersagt ist. Im Sinne einer Weiterent-
wicklung der humanitären Rüstungskontrollpolitik sollten im Rahmen des VN-
Waffenübereinkommens Initiativen zum Verbot von derartigen Landminen vor-
angetrieben werden.
II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. weiterhin aktiv den Prozess der Universalisierung des Geltungsbereiches des

Ottawa-Übereinkommens zu betreiben und auf diejenigen Staaten einzuwir-
ken, die das Übereinkommen bislang noch nicht unterschrieben bzw. ratifi-
ziert haben;

2. auf alle Staaten einzuwirken, die zwar das Ottawa-Übereinkommen unter-
schrieben und ratifiziert haben, aber dennoch gegen die darin enthaltenen
Verpflichtungen verstoßen;

3. auf die Mitgliedstaaten des Ottawa-Übereinkommens einzuwirken, dass alle
Minen, deren Zündmechanismus von seiner Konstruktion her auch die Aus-
lösung durch Personen einbezieht, als Antipersonenminen anzusehen sind
und durch die Vorschriften des Ottawa-Übereinkommens erfasst werden.
Eine entsprechende Initiative sollte in die Vorbereitung der Ottawa-Überprü-
fungskonferenz im Jahre 2004 eingehen;

4. auch im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens mit Nachdruck auf Rege-
lungen hinzuwirken, durch die Antifahrzeugminen, die durch Personen aus-
gelöst werden können, nicht zugelassen werden;

5. sich auf allen internationalen Ebenen, insbesondere im Rahmen des VN-
Waffenübereinkommens für das Ziel einzusetzen, alle Minen zu verbieten,
die nicht detektierbar sind oder die über keine Möglichkeit der Wirkzeitbe-
grenzung/Selbstneutralisierung oder Selbstzerstörung verfügen;

6. auf nationaler Ebene Antifahrzeugminen, die ein Gefährdungspotenzial für
die Zivilbevölkerung darstellen, aus dem Bestand der Bundeswehr schritt-
weise zu entfernen;

7. weiterhin national und im Rahmen internationaler Organisationen wie der
EU und der UNO humanitäre Minenräumprojekte und Minenopferhilfe zu
unterstützen und ihre Beiträge in diesem Bereich zu verstärken.

Berlin, den 12. Juni 2002

Der Auswärtige Ausschuss
Hans-Ulrich Klose
Berichterstatter

Uta Zapf
Berichterstatterin

Ruprecht Polenz
Berichterstatter

Christian Sterzing
Berichterstatter

Dr. Helmut Haussmann
Berichterstatter

Wolfgang Gehrcke
Berichterstatter

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/9438

Bericht der Abgeordneten Uta Zapf, Ruprecht Polenz, Christian Sterzing,
Dr. Helmut Haussmann und Wolfgang Gehrcke

I.
Der Deutsche Bundestag hat den vorliegenden Antrag auf
Drucksache 14/8858 in seiner 233. Sitzung am 25. April
2002 beraten.
Der Antrag wurde an den Auswärtigen Ausschuss federfüh-
rend sowie an den Verteidigungsausschuss, den Ausschuss
für Menschenrechte und Humanitäre Hilfe und an den Aus-
schuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwick-
lung zur Mitberatung überwiesen.
Der Auswärtige Ausschuss hat den vorliegenden Antrag auf
Drucksache 14/8858 in seiner 101. Sitzung am 15. Mai
2002 zur gutachtlichen Stellungnahme an den Unteraus-
schuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und Nichtverbrei-
tung“ überwiesen.

II.
Der Verteidigungsausschuss hat den Antrag in geänderter
Fassung in seiner 104. Sitzung am 12. Juni 2002 beraten. Er
empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen der CDU/CSU und FDP und bei Abwesenheit
der Fraktion der PDS die Annahme in geänderter Fassung.
Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
Hilfe hat den Antrag in seiner 88. Sitzung am 5. Juni 2002
beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen SPD

und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bei Stimmenthaltung der
Fraktionen der CDU/CSU, FDP und PDS die Annahme.
Der Ausschuss für Menschenrechte und Humanitäre
Hilfe gibt der Erwartung Ausdruck, dass sich der feder-
führende Ausschuss auf einen interfraktionellen Beschluss
einigt.
Der Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit und
Entwicklung hat den Antrag in seiner 83. Sitzung am
12. Juni 2002 beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der
Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gegen
die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU und FDP bei
Abwesenheit der Fraktion der PDS die Annahme.
Der Unterausschuss „Abrüstung, Rüstungskontrolle und
Nichtverbreitung“ hat den Antrag in seiner Sitzung am
15. Mai 2002 gutachtlich beraten. Er empfiehlt mit den
Stimmen der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU und FDP in Abwesenheit der Fraktion der PDS die
Annahme.

III.
Der Auswärtige Ausschuss hat in seiner 103. Sitzung am
12. Juni 2002 den Antrag in geänderter Fassung abschlie-
ßend beraten. Er empfiehlt mit den Stimmen der Fraktionen
SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS bei Stimm-
enthaltung der Fraktionen der CDU/CSU und FDP die An-
nahme.

Berlin, den 12. Juni 2002
Uta Zapf
Berichterstatterin

Ruprecht Polenz
Berichterstatter

Christian Sterzing
Berichterstatter

Dr. Helmut Haussmann
Berichterstatter

Wolfgang Gehrcke
Berichterstatter

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