BT-Drucksache 14/9428

a) zu dem GE der Fraktion der SPD und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN -14/9029- Entwurf eines Gesetzes zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern b) zu dem GE der Abg. Burgbacher, Schüßler, Solms, weiterer Abg. und der Fraktion der FDS -14/9061-Entwurf eines Gesetzes zru Ädnerung des Einkommen.. (Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung)

Vom 12. Juni 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9428
14. Wahlperiode 12. 06. 2002

Beschlussempfehlung und Bericht
des Finanzausschusses (7. Ausschuss)

a) zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN
– Drucksache 14/9029 –

Entwurf eines Gesetzes zur Steuerfreistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern

b) zu dem Gesetzentwurf der Abgeordneten Ernst Burgbacher, Gerhard Schüßler,
Dr. Hermann Otto Solms, weiterer Abgeordneter und der Fraktion der FDP
– Drucksache 14/9061 –

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Einkommensteuergesetzes
(Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung)

A. Problem
Beide Gesetzentwürfe sehen die vollständige Einkommensteuerbefreiung frei-
willig gezahlter Trinkgelder vor. Die Koalitionsfraktionen begründen ihren Ge-
setzesantrag damit, dass die steuerliche Belastung im Niedriglohnsektor – vor
allem in Dienstleistungsberufen, bei denen Trinkgelder traditionell einen wich-
tigen Bestandteil der Entlohnung darstellten – mitursächlich für die Nichtaus-
schöpfung des Beschäftigungspotenzials seien. Zudem sei die Gleichmäßigkeit
der geltenden Besteuerung von Trinkgeldern in der Praxis mit schwierigen
Vollzugsproblemen und hohem Verwaltungsaufwand verbunden. Die Fraktion
der FDP hingegen argumentiert, dass die Rechtsauffassung zur Besteuerung
solcher Trinkgelder überholt sei, weil freiwillig gewährte Trinkgelder nicht als
zusätzliches Entgelt für die erhaltene Dienstleistung gewährt würden, sondern
als Ausdruck der Zufriedenheit mit der Qualität der Dienstleistung, die aus-
schließlich an die Person des Dienstleistenden gebunden sei. Sie führt gleich-
falls die in diesem Bereich bestehende Vollzugsproblematik an, aufgrund derer
die Gleichheit der Besteuerung nicht gewährleistet sei.

B. Lösung
Annahme des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen in der vom Ausschuss
veränderten Fassung. Ablehnung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP.
Einstimmige Annahme des Gesetzentwurfs der Koalitionsfraktionen in der
Ausschussfassung

Drucksache 14/9428 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Ablehnung des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP mit den Stimmen
der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/
CSU, FDP und PDS

C. Alternativen
Annahme des Gesetzentwurfs der Fraktion der FDP.

D. Kosten
Steuermindereinnahmen von etwa 6 Mio. Euro.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9428

Beschlussempfehlung

Der Bundestag wolle beschließen,
a) den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9029 mit der Maßgabe anzunehmen,

dass in Artikel 1 der § 3 Nr. 51 folgende Fassung erhält: „Trinkgelder, die
anlässlich einer Arbeitsleistung dem Arbeitnehmer von Dritten freiwillig
und ohne dass ein Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag
gegeben werden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen ist.“,

b) den Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9061 abzulehnen.

Berlin, den 12. Juni 2002

Der Finanzausschuss
Christine Scheel
Vorsitzende

Jörg-Otto Spiller
Berichterstatter

Heinz Seiffert
Berichterstatter

Carl-Ludwig Thiele
Berichterstatter

Dr. Barbara Höll
Berichterstatterin

Drucksache 14/9428 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Bericht der Abgeordneten Jörg-Otto Spiller, Heinz Seiffert, Carl-Ludwig Thiele
und Dr. Barbara Höll

I. Allgemeines

1. Verfahrensablauf
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen zur Steuer-
freistellung von Arbeitnehmertrinkgeldern – Drucksache
14/9029 – und der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP zur
Abschaffung der Trinkgeldbesteuerung – Drucksache
14/9061 – sind dem Finanzausschuss in der 236. Sitzung
des Deutschen Bundestages am 16. Mai 2002 zur feder-
führenden Beratung sowie den Ausschüssen für Wirtschaft
und Technologie, für Arbeit und Sozialordnung und für
Tourismus zur Mitberatung überwiesen worden. Die mitbe-
ratenden Ausschüsse haben sich in ihren Sitzungen am
5. Juni 2002 mit den Vorlagen befasst. Im Finanzausschuss
sind die Gesetzentwürfe am 5. und 12. Juni 2002 behandelt
worden.

2. Inhalt der Vorlagen
a) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9029
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen bezieht sich auf
die geltende Rechtslage und ständige Rechtsprechung zur
Trinkgeldbesteuerung, derzufolge Trinkgelder, die Arbeit-
nehmer von dritter Seite erhalten, als Arbeitslohn grund-
sätzlich steuerpflichtig sind, soweit sie einen Freibetrag von
1 224 Euro überschreiten. Da diese Besteuerung eine Belas-
tung des Niedriglohnsektors darstelle und nur mit großem
Verwaltungsaufwand durchgeführt werden könne, sollten
ohne eine Infragestellung der höchstrichterlichen Recht-
sprechung zum Lohnbegriff Arbeitnehmertrinkgelder in
vollem Umfang steuerfrei gestellt werden.
b) Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9061
Der Gesetzentwurf der Fraktion der FDP erklärt die herr-
schende Rechtsauffassung von freiwillig gezahlten Trink-
geldern als Lohnbestandteil für überholt, weil solche Trink-
gelder nicht als zusätzliches Entgelt für die erhaltene
Dienstleistung gewährt würden, sondern als Ausdruck der
Zufriedenheit mit der Qualität der Dienstleistung, die aus-
schließlich an die Person des Dienstleistenden gebunden sei.
Die Fraktion der FDP führt gleichfalls die in diesem Bereich
bestehende Vollzugsproblematik an, aufgrund derer die
Gleichheit der Besteuerung nicht gewährleistet sei. Sie
schlägt daher eine Änderung des Einkommensteuergesetzes
in dem Sinne vor, dass freiwillig gezahlte Trinkgelder kei-
nen Lohn darstellen und somit keiner Besteuerung unterlie-
gen.

3. Stellungnahmen der mitberatenden Ausschüsse
a) Zum Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9029
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt
die Annahme des Gesetzentwurfs einstimmig bei Abwesen-
heit der Fraktion der FDP.

Ein Änderungsantrag der Fraktion der CDU/CSU, den gel-
tenden § 3 Nr. 51 EStG in der Weise zu ändern, dass in die-
ser Vorschrift die Worte „, soweit sie 1 224 E nicht überstei-
gen“ gestrichen werden, ist mit den Stimmen der Koali-
tionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktion der CDU/
CSU bei Stimmenthaltung der Fraktion der PDS und Abwe-
senheit der Fraktion der FDP abgelehnt worden. Diesen Än-
derungsantrag hat die Fraktion der CDU/CSU wie folgt be-
gründet:
„Nach bisheriger Rechtslage sind Trinkgelder, die Arbeit-
nehmern von Dritten gezahlt werden, steuerpflichtig, soweit
sie einen Freibetrag von 1 224 E im Kalenderjahr nicht
überschreiten.
Um zukünftig eine vollständige Befreiung von Trinkgeldern
zu erreichen, wird der letzte Halbsatz (Begrenzung auf
1 224 Euro) aus der bisherigen Gesetzesfassung gestrichen.
Damit sind sämtliche Personengruppen, die bisher unter die
Freibetragsregelung gefallen sind, zukünftig bei der An-
nahme von Trinkgeldern von der Steuer freigestellt.
Im Gegensatz zum Gesetzentwurf der Fraktion der SPD und
BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN erfolgt also keine Einschrän-
kung der Steuerbefreiung auf Trinkgelder, die dem Arbeit-
nehmer anlässlich einer Dienstleistung von Kunden oder
Gästen freiwillig und zusätzlich zu dem Betrag gegeben
werden, den diese für die erhaltene Leistung zu zahlen
haben. Die Einschränkung hätte zur Folge, dass unter ande-
rem folgende Personengruppen nicht mehr unter die Steuer-
befreiung fallen würden und damit gegenüber der bisheri-
gen Rechtslage schlechter gestellt wären:
– Trinkgelder an Arbeitnehmer des Handels wie z. B. Ver-

kaufsfahrer oder Verkaufspersonal, da diese Trinkgelder
nicht anlässlich einer Dienstleistung gewährt werden,

– Trinkgelder an Krankenhauspflegepersonal von Angehö-
rigen der Patienten, da Angehörige von Patienten nicht
Kunden oder Gäste des Krankenhauses sind,

– Trinkgelder an Postboten sowie Trinkgelder von Mitglie-
dern eines Automobilvereins an Pannenhelfer, da diese
Trinkgelder nicht zusätzlich zu einem Betrag gegeben
werden, den Kunden für die erhaltene Leistung zu zahlen
haben. Vielmehr erhalten diese Arbeitnehmer die Trink-
gelder von Leuten, die für die Hauptleistung nichts zu
zahlen haben, weil diese unentgeltlich ist oder von ande-
ren bezahlt wird.

Um die beispielhaft aufgezählten Personengruppen zukünf-
tig nicht schlechter zu stellen, wird in der bisherigen Formu-
lierung in § 3 Nr. 51 EStG lediglich die Begrenzung auf
1 224 Euro gestrichen. Damit sind sämtliche Trinkgelder,
die von Dritten gezahlt werden, von Steuer freigestellt.“
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung empfiehlt
einstimmig die Annahme des Gesetzentwurfs.
Der Ausschuss für Tourismus empfiehlt einstimmig die
Annahme des Gesetzentwurfs.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/9428

b) Zum Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9061
Der Ausschuss für Wirtschaft und Technologie empfiehlt
die Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU und PDS bei Abwesenheit der Fraktion der FDP.
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialordnung empfiehlt
die Ablehnung des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der
Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, FDP und PDS.
Der Ausschuss für Tourismus empfiehlt die Ablehnung
des Gesetzentwurfs mit den Stimmen der Koalitionsfraktio-
nen gegen die Stimmen der Fraktionen der CDU/CSU, FDP
und PDS.

4. Ausschussempfehlung
Bei der Beratung der beiden Gesetzentwürfe im federfüh-
renden Finanzausschuss hat die Fraktion der CDU/CSU
zunächst zu dem Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen
einen Änderungsantrag eingebracht, der darauf abzielte, auf
die in dieser Gesetzesvorlage vorgesehene Formulierung
zur Änderung des § 3 Nr. 51 EStG zu verzichten und statt-
dessen in der geltenden Fassung dieser Vorschrift die Be-
grenzung der Steuerfreiheit von Trinkgeldern auf 1 224
Euro zu streichen. Diese Formulierung stelle sicher, dass
sämtliche von Dritten gezahlte Trinkgelder an Arbeitneh-
mer von der Steuer freigestellt werden. Begründet hat die
Fraktion der CDU/CSU diesen Antrag damit, dass nach dem
Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen bestimmte Perso-
nengruppen nicht mehr unter die Steuerbefreiung fielen und
dadurch gegenüber dem geltenden Recht schlechter gestellt
würden. Beispielhaft dafür hat sie angeführt: Trinkgelder an
Arbeitnehmer im Handel wie Verkaufsfahrer oder Verkaufs-
personal, da solche Trinkgelder nicht anlässlich einer
Dienstleistung gewährt würden; Trinkgelder an Kranken-
hauspflegepersonal von Angehörigen von Patienten, da An-
gehörige von Patienten nicht Kunden oder Gäste des Kran-
kenhauses seien; Trinkgelder an Postboten sowie Trink-
gelder von Mitgliedern eines Automobilvereins an Pannen-
helfer, da solche Trinkgelder nicht zusätzlich zu einem
Betrag gewährt würden, den Kunden für eine erhaltene
Leistung zu zahlen haben.
Die Koalitionsfraktionen haben die Auffassung vertreten,
dass ihr Gesetzentwurf eine praxisnahe Definition des Be-
griffs „Trinkgeld“ beinhalte. Demgegenüber wolle die Frak-
tion der CDU/CSU mit dem genannten Änderungsantrag
auf eine solche Definition verzichten und lediglich den bis-
herigen Freibetrag von 1 224 Euro aufheben. Dies könne je-
doch insofern unerwünschte Folgen nach sich ziehen, als
eine Tendenz zum Ersatz regulärer Lohnleistungen durch
Trinkgelder ausgelöst werde. Die im Gesetzentwurf der
Koalitionsfraktionen vorgesehene Formulierung vermeide
dies. Sie umfasse entgegen der Auffassung der Fraktion der
CDU/CSU auch die von dieser genannten Fälle.
Gleichwohl haben sich die Koalitionsfraktionen bereit er-
klärt, die von ihnen in ihrem Gesetzentwurf für § 3 Nr. 51
EStG vorgesehene Formulierung in einer interfraktionellen
Arbeitsgruppe zu überarbeiten, um den von der Fraktion der
CDU/CSU geäußerten Bedenken ggf. Rechnung zu tragen.
Ergebnis dieser Arbeitsgruppe ist folgender Änderungsan-
trag, der nachstehende Neufassung des § 3 Nr. 51 EStG vor-

sieht: „Trinkgelder, die anlässlich einer Arbeitsleistung dem
Arbeitnehmer von Dritten freiwillig und ohne dass ein
Rechtsanspruch auf sie besteht, zusätzlich zu dem Betrag
gegeben worden, der für diese Arbeitsleistung zu zahlen
ist.“ Diese Formulierung soll Schwierigkeiten bei der Aus-
legung des Gesetzes vermeiden.
Dieser Änderungsantrag ist zunächst von den Koalitions-
fraktionen allein im Ausschuss eingebracht worden. Insbe-
sondere die Fraktion der CDU/CSU, aber auch die Fraktio-
nen der FDP und PDS haben gegen dieses Vorgehen nach-
haltig protestiert, da der Änderungsantrag interfraktionell
erarbeitet worden sei. Dieser sei überhaupt erst entstanden,
weil die Fraktion der CDU/CSU Defizite an der im Gesetz-
entwurf der Koalitionsfraktionen vorgesehenen Gesetzes-
formulierung kritisiert habe. Ein gemeinsam formulierter
Änderungsantrag müsse im Ausschuss auch gemeinsam ein-
gebracht werden. Die Koalitionsfraktionen haben darauf be-
standen, diesen Änderungsantrag nicht interfraktionell zu
stellen. Zur Begründung dafür haben sie zum einen erklärt,
dass dieser Antrag auf der Formulierung im Gesetzentwurf
der Koalitionsfraktionen basiere. Zum anderen haben sie an-
geführt, dass die Fraktion der CDU/CSU bei der Beratung
der Problematik zu „Basel II“ gleichfalls die Gemeinsam-
keit verlassen habe, indem sie einen eigenen Antrag einge-
bracht habe, obwohl ein gemeinsamer Antrag vereinbart
worden sei. Diese Argumentation hat die Fraktion der CDU/
CSU mit dem Argument zurückgewiesen, dass sie ihren
Antrag zu „Basel II“ gestellt habe, bevor ein gemeinsamer
Antrag dazu eingebracht worden sei.
Da die Koalitionsfraktionen es abgelehnt haben, den ge-
nannten Änderungsantrag als gemeinsamen Antrag einzu-
bringen, haben sowohl die Fraktion der CDU/CSU als auch
die Fraktion der FDP als auch die Fraktion der PDS die For-
mulierung dieses Änderungsantrags wortgleich als jeweils
eigenen Änderungsantrag eingebracht. Bei der Abstimmung
über die vier identischen Änderungsanträge ist der Ände-
rungsantrag der Koalitionsfraktionen einstimmig angenom-
men worden. Die Änderungsanträge der Fraktionen der
CDU/CSU, FDP und PDS sind bei Stimmenthaltung der
Koalitionsfraktionen und Zustimmung der Fraktionen der
CDU/CSU, FDP und PDS ebenfalls angenommen worden.
Die Koalitionsfraktionen haben ihre Stimmenthaltung damit
begründet, dass über den Sachverhalt mit der Abstimmung
über den Änderungsantrag der Koalitionsfraktionen bereits
entschieden worden sei. Ein vor der Abstimmung über die
vier Änderungsanträge gestellter Antrag der Fraktion der
PDS, diese vier Anträge zu einem gemeinsamen Antrag zu-
sammenzuführen und darüber abzustimmen, ist mit den
Stimmen der Koalitionsfraktionen gegen die Stimmen der
Fraktionen der CDU/CSU, FDP und PDS abgelehnt wor-
den.
Ihren Änderungsantrag, in § 3 Nr. 51 EStG den Freibetrag
von 1 224 Euro zu streichen, so dass sämtliche von Dritten
gezahlte Trinkgelder an Arbeitnehmer steuerbefreit würden,
hat die Fraktion der CDU/CSU zurückgezogen.
Der Gesetzentwurf der Koalitionsfraktionen – Drucksache
14/9029 – unter Einbeziehung des Änderungsantrags der
Koalitionsfraktionen ist vom Ausschuss mit den Stimmen
aller Fraktionen angenommen worden. Der Gesetzentwurf
der Fraktion der FDP – Drucksache 14/9061 –, über den
zuvor abgestimmt worden ist, ist mit den Stimmen der Koa-

Drucksache 14/9428 – 6 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

litionsfraktionen gegen die Stimmen der Fraktionen der
CDU/CSU, FDP und PDS abgelehnt worden.
Zur Gesamtbewertung des Gesetzentwurfs in der vom Aus-
schuss geänderten Fassung haben die Koalitionsfraktionen
erklärt, die beschlossene Neufassung des § 3 Nr. 51 EStG
sei deshalb wichtig, weil sie eine klare Abgrenzung zwi-
schen Arbeitsentgelt und Trinkgeld sicherstelle. Diese For-
mulierung mache deutlich, das reguläres Arbeitsentgelt
nicht steuerlich vorteilhaft durch Trinkgeld ersetzt werden
könne. Diese Gefahr hätte bestanden, wenn lediglich der
geltende Freibetrag von 1 224 Euro gestrichen worden
wäre, so wie es der erste Änderungsantrag der Fraktion der
CDU/CSU vorgesehen habe. Das Ziel, ohne Rechtsan-
spruch gezahlte Arbeitnehmertrinkgelder von der Besteue-
rung freizustellen, wäre sicher auch mit der im Gesetzent-
wurf der Koalitionsfraktionen ursprünglich vorgesehenen
Neufassung des § 3 Nr. 51 erreicht worden, doch sei die
Neuformulierung hilfreich, weil sie klarstellend sei. Zu be-
grüßen sei, dass der beschlossene Gesetzentwurf von allen
Fraktionen getragen werde. Es sei jedoch zu betonen, dass
die Initiative dazu von den Koalitionsfraktionen ausgegan-
gen sei.
Die Fraktion der CDU/CSU hat darauf verwiesen, dass sie
im Deutschen Bundestag in dieser Legislaturperiode mehr-
fach Initiativen zur steuerlichen Entlastung von Trinkgel-
dern ergriffen habe. Diese seien jedoch von den Koalitions-
fraktionen abgelehnt worden. Es sei zu begrüßen, dass die
Koalitionsfraktionen ihre Haltung in dieser Frage nunmehr
geändert hätten. Zu begrüßen sei gleichfalls, dass durch die
vom Ausschuss empfohlene Steuerbefreiung steuerlichen
Grauzonen in bestimmten Branchen künftig der Boden ent-
zogen werde. Die alleinige Einbringung des gemeinsam er-
arbeiteten Änderungsantrags zu § 3 Nr. 51 EStG durch die

Koalitionsfraktionen hat die Fraktion der CDU/CSU nach-
haltig kritisiert.
Die Fraktion der FDP hat die Auffassung vertreten, dass die
Steuerbefreiung von Trinkgeldern in dieser Legislaturperi-
ode vor allem von ihr und insbesondere ihrem Abgeordne-
ten Ernst Burgbacher vorangetrieben worden sei. Sie hat
dazu auf die von ihr im Deutschen Bundestag – neben dem
Gesetzentwurf auf Drucksache 14/9061 – eingebrachten
Gesetzentwürfe verwiesen, die von den Koalitionsfraktio-
nen abgelehnt worden seien. Wenn diese ihre bisherige Po-
sition in dieser Frage positiv verändert hätten, sei dies nur
zu begrüßen. Die empfohlene Steuerbefreiung freiwillig ge-
zahlter Trinkgelder sei eine wichtige Maßnahme zugunsten
der Tourismusbranche, die ein bedeutender Wirtschaftsfak-
tor sei und mehr Arbeitnehmer beschäftige als z. B. die Au-
tomobilbranche. Die Fraktion der FDP hat ihre Ansicht un-
terstrichen, dass freiwillig gezahlte Trinkgelder keinen Ar-
beitslohn, sondern Schenkungen des Leistungsempfängers
an den Arbeitnehmer darstellten, die weder der Steuer-
pflicht noch der Sozialversicherungspflicht unterlägen.
Die Fraktion der PDS hat erklärt, dass sie das Anliegen,
Trinkgelder von der Besteuerung freizustellen, seit Beginn
dieser Legislaturperiode unterstützt habe. Sie habe dabei
allerdings betont, es müsse vermieden werden, dass Trink-
gelder in bestimmten Bereichen als Lohnergänzung mit der
Folge entsprechend geringerer regulärer Löhne angesehen
würden. Zu begrüßen sei, dass die Koalitionsfraktionen ihre
bisher ablehnende Haltung zu einer Steuerbefreiung von
Trinkgeldern revidiert hätten. Auch die Fraktion der PDS
hat kritisiert, dass es die Koalitionsfraktionen abgelehnt
haben, den gemeinsamen erarbeiteten Änderungsantrag in-
terfraktionell einzubringen.

Berlin, den 12. Juni 2002
Jörg-Otto Spiller
Berichterstatter

Heinz Seiffert
Berichterstatter

Carl-Ludwig Thiele
Berichterstatter

Dr. Barbara Höll
Berichterstatterin

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