BT-Drucksache 14/9129

Zur Umsetzung des "Grundsicherungsgesetzes"

Vom 15. Mai 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9129
14. Wahlperiode 15. 05. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Dr. Irmgard Schwaetzer, Ernst Burgbacher, Ina Albowitz,
Rainer Brüderle, Jörg van Essen, Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann,
Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Ulrich Heinrich, Walter Hirche,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Gudrun Kopp,
Jürgen Koppelin, Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Hans-Joachim
Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Gerhard Schüßler, Marita Sehn,
Dr. Hermann Otto Solms, Dr. Max Stadler, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Zur Umsetzung des „Grundsicherungsgesetzes“

Die Bundesregierung hat ein „Gesetz über eine bedarfsgerechte Grundsiche-
rung im Alter“ (GsiG) im Rahmen des Gesetzes zur Reform der gesetzlichen
Rentenversicherung und zur Förderung eines kapitalgedeckten Altersvermö-
gens am 26. Juni 2001 verabschiedet. Dieses soll zum 1. Januar 2003 von den
Kreisen und Kommunen umgesetzt werden. Der Zweck des Gesetzes soll darin
bestehen, dass für alte und dauerhaft voll erwerbsgeminderte Menschen der
grundlegende Bedarf für den Lebensunterhalt, soweit er nicht über genügend
eigene Mittel gedeckt werden kann, durch eine eigenständige soziale Leistung
gewährleistet wird, um Sozialhilfe möglichst zu vermeiden. Die Furcht vor Un-
terhaltsrückgriff bei den Kindern halte – so die Intention des Gesetzes – vor al-
lem ältere Menschen vom Gang zum Sozialamt ab. Problematisch ist neben ge-
wichtigen ordnungspolitischen Bedenken das Vorgehen der Bundesregierung,
Gesetze zu erlassen, die daraus entstehenden Kosten aber auf die Länder, vor
allem die Kreise und Kommunen, abzuwälzen. So befürchten die Kreise und
Kommunen, letztendlich auf den Kosten für die „Grundsicherung“ – trotz Ver-
sprechungen der Bundesregierung um Ausgleichsleistungen – sitzen zu blei-
ben. Eine solche weitere Verlagerung von Kosten auf die Kommunen durch-
bricht erneut das Konnexitätsprinzip („Wer Aufgaben im Auftrag gibt, kommt
finanziell dafür auf“).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sieht die Bundesregierung die Problematik, dass die vom Bund den Ländern

versprochene Erstattung der Kosten in Höhe von 409 Mio. Euro jährlich zu
niedrig sein dürfte?

2. Wie begegnet die Bundesregierung den Bedenken des Deutschen Landkreis-
tages, nach deren vorläufigen Berechnungen von Mehrkosten bei den Kom-
munen in Höhe von mindestens 500 Mio. Euro auszugehen sei; hinzu
komme, dass den Trägern der Grundsicherung der Personal- und Sachauf-
wand nicht ersetzt werde?

Drucksache 14/9129 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
3. Wie steht die Bundesregierung dazu, dass im Rahmen der Gesetzgebung
nicht geregelt wurde, auf welche Weise die Länder den vom Bund gewähr-
ten finanziellen Ausgleich an die Kommunen weitergeben?
Hält die Bundesregierung die Überlegung für sinnvoll, eine Verteilung ent-
sprechend dem Verfahren des „besonderen Mietzuschusses“ vorzunehmen?

4. Geht die Bundesregierung davon aus, dass der mit Einführung des Grund-
sicherungsgesetzes zum 1. Januar 2003 wegbrechende Unterhaltsrückgriff
durch den Bundeszuschuss kompensiert werden kann?

5. Wie steht die Bundesregierung zur Befürchtung der Kommunen, dass ein
Gesetz, welches die Altersarmut bekämpfen will, genau das Gegenteil errei-
che, wenn und weil es alte Menschen möglicherweise veranlasse, vor einer
Antragstellung ihr gesamtes Vermögen den Kindern zu vererben, damit sie
an Leistungen der Grundsicherung gelangten?

6. Kann die Bundesregierung darlegen, wie sich der vergleichsweise hohe
Schwellenwert von 826 Euro errechnet, ab dem die Rentenversicherungsträ-
ger voraussichtlich Ende September 2002 alle Rentner darüber informieren,
dass sie einen Antrag beim – neu geschaffenen – Grundsicherungsamt des
Landratsamtes stellen können?

7. Teilt die Bundesregierung die Einschätzung, dass ausweislich des Daten-
materials des Verbandes Deutscher Rentenversicherungsträger e.V. (VDR)
zwischen 30 bis 35 % derMänner und 60 und 67 % der Frauen in Deutschland
mit ihren Renteneinkünften unterhalb dieses Schwellwertes von 826 Euro lie-
gen und damit potenzielle Antragsberechtigte nach dem Grundsicherungs-
gesetz sind, und geht sie nach wie vor davon aus, dass angesichts dieser hohen
Prozentsätze der zugesagte Bundeszuschuss von 409 Mio. Euro jährlich aus-
reicht?

Berlin, den 14. Mai 2002
Dr. Irmgard Schwaetzer
Ernst Burgbacher
Ina Albowitz
Rainer Brüderle
Jörg van Essen
Rainer Funke
Hans-Michael Goldmann
Dr. Karlheinz Guttmacher
Klaus Haupt
Ulrich Heinrich
Walter Hirche
Birgit Homburger
Dr. Werner Hoyer
Dr. Heinrich L. Kolb

Gudrun Kopp
Jürgen Koppelin
Ina Lenke
Dirk Niebel
Günther Friedrich Nolting
Hans-Joachim Otto (Frankfurt)
Detlef Parr
Cornelia Pieper
Gerhard Schüßler
Marita Sehn
Dr. Hermann Otto Solms
Dr. Max Stadler
Carl-Ludwig Thiele
Jürgen TürkDr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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