BT-Drucksache 14/9022

Entwurf eines Gesetzes über eine finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR (Dopingopfer-Hilfegesetz - DOHG)

Vom 14. Mai 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/9022
14. Wahlperiode 14. 05. 2002

Gesetzentwurf
der Abgeordneten Klaus Riegert, Friedrich Bohl, Peter Letzgus, Walter Link
(Diepholz), Dr. Klaus Rose, Norbert Barthle, Dirk Fischer (Hamburg),
Dr. Reinhard Göhner, Hans-Peter Repnik, Wilhelm Josef Sebastian und der
Fraktion der CDU/CSU
sowie des Abgeordneten Dr. Klaus Kinkel und der Fraktion der FDP

Entwurf eines Gesetzes über eine finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR
(Dopingopfer-Hilfegesetz – DOHG)

A. Problem und Ziel
In der ehemaligen DDR wurden Hochleistungssportler und -nachwuchssportler
im staatlichen Auftrag gedopt, in der Regel mit Anabolika. Etliche dieser Sport-
ler haben dadurch erhebliche gesundheitliche Schäden erlitten. Aus humanitä-
ren und sozialen Gründen sollen sie finanziell und moralisch unterstützt wer-
den.

B. Lösung
Einrichtung eines Hilfefonds beim Bundesverwaltungsamt.

C. Alternativen
Keine Alternativen inhaltlicher Art. Zu Alternativen organisatorischer Natur
siehe Begründung Allgemeiner Teil IV.

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand

2 Mio. Euro
2. Vollzugsaufwand

Durch zusätzliche Aufgaben beim Bundesverwaltungsamt wird in geringem
Umfang – nach Angaben des Dopingopfer-Hilfe-Vereins ist mit etwa 500 bis
1 000 Anträgen zu rechnen – personeller Mehrbedarf entstehen, der sich zur
Zeit nicht beziffern lässt. Für den beim Bundesministerium des Innern ein-
zurichtenden Sachverständigen-Beirat werden ebenfalls nicht bezifferbare
Kosten für Aufwandsentschädigungen und Reisekosten der Mitglieder ent-
stehen. Weitere unbezifferbare Kosten können entstehen durch die in Zwei-

Drucksache 14/9022 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

felsfällen vom Sachverständigen-Beirat geforderten zusätzlichen medizini-
schen Untersuchungen von Antragstellern.

E. Sonstige Kosten
Keine

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/9022

Entwurf eines Gesetzes über eine finanzielle Hilfe für Dopingopfer der DDR
(Dopingopfer-Hilfegesetz – DOHG)

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
§ 1

Grundsatz
(1) Beim Bundesverwaltungsamt wird aus humanitären

und sozialen Gründen ein Fonds in Höhe von 2 Mio. Euro
eingerichtet, aus dem nach Maßgabe der folgenden Vor-
schriften finanzielle Hilfe an Dopingopfer der ehemaligen
Deutschen Demokratischen Republik gewährt wird.

(2) Der Fonds ist berechtigt, Zuwendungen von dritter
Seite anzunehmen. Er erlischt, wenn das Fondsvermögen an
die Anspruchsberechtigten ausgekehrt worden ist.

§ 2
Anspruchsberechtigung

(1) Anspruch auf finanzielle Hilfe nach diesem Gesetz
haben Personen, die erhebliche Gesundheitsschäden erlitten
haben, weil
1. ihnen als Hochleistungssportlern oder -nachwuchssport-

lern der ehemaligen Deutschen Demokratischen Repub-
lik ohne ihr Wissen oder gegen ihren Willen Dopingsub-
stanzen verabreicht worden sind,

2. ihrer Mutter während der Schwangerschaft unter den Be-
dingungen der Nummer 1 Dopingsubstanzen verabreicht
worden sind.
(2) Der Anspruch ist nicht übertragbar und nicht vererb-

lich, es sei denn, der Anspruchsberechtigte verstirbt nach
Antragstellung. In diesem Fall wird die auf Grund des An-
trags bewilligte Leistung seinem Ehegatten, Verlobten, Le-
benspartner, seinen Kindern oder Eltern ausgezahlt, wenn
und soweit sie erben.

§ 3
Begriffsbestimmungen

1. Dopingsubstanzen im Sinne dieses Gesetzes sind Wirk-
stoffe, die zur unphysiologischen manipulativen Steige-
rung der körperlichen Leistungsfähigkeit den Stoffwech-
sel aktivieren sollten, das Muskelwachstum fördern soll-
ten, die Herausbildung bestimmter Koordinationsfähig-
keiten fördern oder die Wiederherstellungsvorgänge
nach hohen Belastungen im Training und Wettkampf un-
terstützen sollten. Insbesondere gehören dazu anabole
Steroide.

2. Erhebliche Gesundheitsschäden sind solche, die zu
schwerwiegenden körperlichen Beeinträchtigungen füh-
ren oder geführt haben. Zu berücksichtigen sind insbe-
sondere folgende Kriterien:
a) Schwere der Schädigung,
b) Dauer der Schädigung,
c) eventuell notwendige Operationen,
d) Rückbildungsfähigkeit der Schädigung,

e) Auswirkungen auf die Lebensführung,
f) Arbeitsfähigkeit, Ausfallzeiten.

§ 4
Verfahren

(1) Die Ansprüche sind bis zum 31. Dezember 2002 beim
Bundesverwaltungsamt anzumelden. Dem Antrag sind bei-
zufügen:
1. ein fachärztliches Gutachten, in dem Art und Ursache

des erheblichen Gesundheitsschadens angegeben und
begründet werden, sofern bekannt unter Angabe der ver-
abreichten Dopingsubstanz,

2. eine eigenhändig unterzeichnete Erklärung der Antrag-
stellerin oder des Antragstellers, durch wen und in wel-
chem Zeitraum ihr oder ihm Dopingsubstanzen ohne ihr
oder sein Wissen oder gegen ihren oder seinen Willen
verabreicht wurden.
(2) Verspätet gestellte Anträge sind unzulässig. Unvoll-

ständige Anträge sind innerhalb einer vom Bundesverwal-
tungsamt gesetzten Frist zu vervollständigen.

(3) Das Bundesverwaltungsamt kann durch Bescheid
über die Anspruchsberechtigung entscheiden.

(4) Die Hilfe wird als Einmalzahlung in Höhe von 5 000
Euro ausgezahlt. Nicht aus dem Fond in Anspruch genom-
mene Mittel werden dem Dopingopfer-Hilfe-Verein e. V. in
Weinheim zugewiesen.

§ 5
Beirat

(1) Sind die Voraussetzungen für die Gewährung der
Hilfe zweifelhaft, so werden die Antragsunterlagen einem
beim Bundesministerium des Innern eingerichteten Beirat
zur Stellungnahme vorgelegt. Der Beirat nimmt schriftlich
gegenüber dem Bundesverwaltungsamt Stellung.

(2) Der Beirat setzt sich zusammen aus einem Vertreter
des Bundesministeriums des Innern, zwei Personen mit ärzt-
licher Approbation, einer Person mit Befähigung zum Rich-
teramt, einem Sporthistoriker, einem Interessenvertreter der
Dopingopfer und einem Vertreter einer Spitzenorganisation
des Deutschen Sports. Der Vorsitzende muss die Befähi-
gung zum Richteramt haben.

(3) Die Mitglieder des Beirats und ihre Mitarbeiter dür-
fen die während ihrer Tätigkeit erlangten Kenntnisse und
Unterlagen auch nach Beendigung ihrer Tätigkeit nicht of-
fenbaren oder verwerten.

§ 6
Aufklärung des Sachverhalts

(1) Die Antragstellerin oder der Antragsteller soll an der
Aufklärung des Sachverhalts durch das Bundesverwaltungs-
amt und den Beirat mitwirken, insbesondere durch persönli-
ches Erscheinen, Duldung zusätzlicher medizinischer Un-
tersuchungen, eigene Sachverhaltsangaben und Benennung

Drucksache 14/9022 – 4 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

von Zeugen. Kosten für vom Beirat geforderte zusätzliche
medizinische Untersuchungen werden erstattet.

(2) Zur Anerkennung eines erheblichen Gesundheits-
schadens genügt die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen
Zusammenhangs mit der Verabreichung von Dopingsub-
stanzen.

(3) Wurden der Antragstellerin oder dem Antragsteller
Dopingsubstanzen vor Vollendung des 18. Lebensjahres
verabreicht, so wird vermutet, dass ihr oder ihm die manipu-
lative Wirkungsweise dieser Mittel nicht bekannt war.

§ 7
Datenschutz

(1) Das Bundesverwaltungsamt und der Beirat dürfen
personenbezogene Daten des Betroffenen erheben, spei-
chern, verändern und nutzen, soweit dies zur Erfüllung der
Aufgaben nach diesem Gesetz erforderlich ist.

(2) Eine Übermittlung von personenbezogenen Daten an
öffentliche und nichtöffentliche Stellen ist zulässig, soweit
sie erforderlich ist

1. für die Erfüllung der Zwecke, für die sie erhoben worden
sind,

2. zur Erfüllung eines mit der Aufgabenerfüllung nach die-
sem Gesetz zusammenhängenden gerichtlichen Verfah-
rens einschließlich Strafverfahrens.

§ 8
Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften

(1) Ansprüche wegen desselben Lebenssachverhalts aus
anderen Rechtsgründen bleiben unberührt. Auf Grund die-
ser Ansprüche bereits gewährte Leistungen werden nicht
auf die Leistungen nach diesem Gesetz angerechnet.

(2) Leistungen nach diesem Gesetz werden nicht auf
Leistungen der Sozialhilfe angerechnet.

§ 9
Inkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in
Kraft. Es tritt mit Ablauf des Jahres 2007 außer Kraft.

Berlin, den 10. Mai 2002
Klaus Riegert
Friedrich Bohl
Peter Letzgus
Walter Link (Diepholz)
Dr. Klaus Rose
Norbert Barthle
Dirk Fischer (Hamburg)
Dr. Reinhard Göhner
Hans-Peter Repnik
Wilhelm Josef Sebastian
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion
Dr. Klaus Kinkel
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 5 – Drucksache 14/9022

Begründung

A. Allgemeiner Teil
I. Zielsetzung und bisherige Aufarbeitung
Zweck dieses Gesetzes ist es, den Doping-Opfern der DDR
außerhalb einer Rechtspflicht mittels eines pauschalierten
Einmalbetrages eine finanzielle Hilfe zu gewähren, mit der
gleichzeitig das erlittene Unrecht in der DDR moralisch als
solches anerkannt wird. Betroffen waren nach Schätzungen
des Doping-Opfer-Hilfe e. V. (DOH), der etwa 250 Do-
ping-Opfer registriert hat, ca. 10 000 Sportler zwischen
1970 und 1989. Der DOH e. V. hat bisher nach eigenen An-
gaben an ca. 50 Opfer etwa 45 000 DM ausgekehrt, die sich
aus Spenden und Geldauflagen (nach Verfahrenseinstellung
gemäß § 153a StPO) zusammensetzen (Stand: Februar
2002). Die Kosten für erforderliche medizinische Behand-
lung werden überwiegend von den Krankenkassen getragen.
Juristisch aufgearbeitet wurde der Komplex bisher vor al-
lem in Strafverfahren gegen ehemalige Trainer, Ärzte und
Funktionäre. Ein von einem geschädigten Sportler gegen die
Bundesrepublik Deutschland angestrengtes Zivilverfahren
blieb erfolglos, weil die Bundesrepublik Deutschland inso-
fern weder Einzelrechtsnachfolger noch mangels Universal-
sukzession Gesamt-Rechtsnachfolger der DDR geworden
ist (OLG Dresden Urteil vom 29. Februar 1996 – 4 U 1226/
95 – = DtZ 1997, 291).

II. Einsatz von Dopingsubstanzen in der DDR,gesundheitliche Folgen
In der DDR erfolgte der gezielte Einsatz von so genannten
unterstützenden Mitteln, wie Dopingsubstanzen verschlei-
ernd genannt wurden, bereits ab 1966. Betroffen waren
überwiegend weibliche Sportler. Der Begriff „unterstüt-
zende Maßnahmen“ („u. M.“) wurde meistens im engeren
Sinn, d. h. für Anabolika, benutzt. Besonders häufig einge-
setzt wurde Oral-Turinabol („Blauer Blitz“/„Blaue Pille“)
des VEB Jenapharm. Die schädlichen Nebenwirkungen,
insbesondere der Anabolika, waren in der DDR seit Anfang
der 70er Jahre, spätestens ab 1975 bekannt. Nach den Olym-
pischen Spielen in Montreal 1976 wurde wegen der Neben-
wirkungen eine Aussetzung der Applikationen angeordnet,
die praktisch jedoch folgenlos blieb. Eingesetzt wurden
„u. M.“ vor allem in den Sportarten Schwimmen (da dort
das Höchstleistungsalter besonders früh erreicht wird, er-
hielten schon sehr junge Mädchen Anabolika), Leichtathle-
tik, Rudern, Gewichtheben, Skilanglauf, Biathlon, Eiskunst-
lauf.
Durch „u. M.“ wurden zahlreiche Gesundheitsschäden her-
vorgerufen. Während sonstige Dopingklassen eher zu aku-
ten Gefahren führten, wirkte sich die Verabreichung von
Anabolika und Wachstumshormonen meist langfristig aus.
Typische Anabolika-Schäden sind z. B. Gynäkomastie beim
Mann/Mastopathie bei der Frau, Virilisierungserscheinun-
gen bei der Frau (Stimmvertiefung, Seborrhoe, Ste-
roid-Akne, vermehrte Körperbehaarung, Klitorishypertro-
phie, Alopezie = Kahlköpfigkeit, Brustverkleinerung) und
Muskelhartspann. Häufig kam es infolge von Anabo-
lika-Einnahme auch zu Leberschäden, Wachstumsretardie-
rungen, polyzystischen Ovarialsyndromen und teratogenen

Schäden (= Fehlbildungen der Leibesfrucht). Indirekte
Schäden aufgrund einer erst durch das Doping ermöglichten
Überanstrengung betreffen vor allem Wirbelsäulenschädi-
gungen, Veränderungen des Körperbaus/Skelettverformung
und Arthrosen. Typisch für ein Doping mit Wachstumshor-
monen ist die Akromegalie (= Vergrößerung von Händen,
Füßen, Nase, Kinn).
III. Geschichtlicher Hintergrund und Organisation desDopings in der DDR
Der Hochleistungssport bot der DDR in besonderem Maße
die Möglichkeit, internationales Ansehen zu erwerben. Zur
optimalen Förderung des Hochleistungssports existierte da-
her ein organisiertes Gesamtkonzept der Staats- und Sport-
führung, das in einem geheimgehaltenen Teilaspekt die An-
wendung von Dopingsubstanzen betraf, die nach europäi-
schen und internationalen Statuten der Sportverbände ver-
boten waren. „Rechtliche“ Grundlage des Dopings in der
DDR war insbesondere das Forschungsthema/Staatsplan-
thema 14.25 „Unterstützende Mittel“ im Komplex 08 „Wis-
senschaft und Technik“, das auf Initiative des Vizepräsiden-
ten des Deutschen Turn- und Sportbundes (DTSB) geschaf-
fen wurde. In Ausführung dieses Staatsplanthemas wurde
1975 das Forschungsinstitut für Körperkultur und Sport
(FKS) vom Präsidenten des DTSB mit der Verantwortung
und Federführung der wissenschaftlichen Dopingforschung
beauftragt. Die praktische und organisatorische Umsetzung
oblag dem Sportmedizinischen Dienst (SMD).
Hintergrund war zum einen, dass die vom IOC für die
Olympischen Spiele erstellte Auflistung verbotener Wirk-
stoffgruppen, deren Applikation als Doping definiert wird,
seit 1974 auch Anabolika enthielt. Zum anderen konnte seit
1974 aufgrund verbesserter Nachweismöglichkeiten ein un-
kontrolliertes Doping bei internationalen Wettkämpfen fest-
gestellt werden (erstmalige Anabolika-Kontrolle bei der
Leichtathletik-EM 1974 in Rom). Um der Gefahr einer Auf-
deckung der gesundheitsschädlichen Manipulation zu ent-
gehen, bemühte man sich in der DDR um eine systemati-
sche staatliche Lenkung des bis dahin „wild“ verordneten
Dopings.
Einzelheiten der Doping-Planung und -Vergabe wurden in
Richtlinien festgelegt, die vom Leiter der Arbeitsgruppe
„unterstützende Mittel“ beim SMD (zugleich Leiter des Be-
reichs Leistungssport II beim SMD) in Zusammenarbeit mit
der Forschungsgruppe „u. M.“ des FKS erarbeitet wurden.
IV. Konzeption des Gesetzes und organisatorischeAusgestaltung des Fonds
Inhaltlich orientiert sich das Gesetz an Gesetzen mit ver-
gleichbarem Regelungsgehalt, insbesondere dem Gesetz
über die Errichtung einer Stiftung „Hilfswerk für behinderte
Kinder“ vom 17. Dezember 1971 (BGBl. I S. 2018) i. d. F.
des Änderungsgesetzes vom 22. Juli 1976 (BGBl. I S. 1876)
und dem Gesetz über die humanitäre Hilfe für durch Blut-
produkte HIV-infizierte Personen vom 24. Juli 1995 (BGBl.
I S. 972). Anders als nach dem HiWerkbehKG und dem
HIVHG wird für den Fonds jedoch keine eigene Einrich-
tung in Form einer Stiftung geschaffen. Um den Verwal-

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tungsaufwand gering zu halten, wird der Fonds stattdessen
als unselbständiges Sondervermögen beim Bundesverwal-
tungsamt eingerichtet.
In Betracht kam auch die Anbindung an eine bereits beste-
hende Einrichtung, die öffentlich-rechtlicher Natur sein
sollte, um die Herkunft der Gelder deutlich zu machen (da-
her z. B. keine Beleihung eines Vereins oder einer privaten
Stiftung). Die thematisch am ehesten denkbare Anbindung
bei der Stiftung nach dem Häftlingshilfegesetz oder der Stif-
tung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur (Errichtungsgesetz
BGBl. I 1998, 1226) hätte jedoch als Gleichsetzung poli-
tisch Verfolgter mit ehemals privilegierten Hochleistungs-
sportlern missdeutet werden können. Eine Übertragung auf
die Versorgungsämter der Länder schied aus systematischen
Gründen aus.
V. Zuständigkeit zur Gesetzgebung
Soweit sich die Gesetzgebungskompetenz nicht aus
Artikel 74 Abs. 1 Nr. 19 GG ergibt (nicht ausnahmslos alle
Dopingsubstanzen stellen Arzneimittel dar), hat der Bund
eine ungeschriebene, ausschließliche Gesetzgebungskompe-
tenz, die sich als eine mit dem Beitritt der DDR verbundene
zwangsläufige und unaufschiebbare gesetzgeberische Auf-
gabe aus der Natur der Sache ergibt (BVerfGE 84, 133
(148)). Das Gesetz löst ein gesamtstaatliches Problem, das
trotz des humanitären Charakters der vorgesehenen Hilfen
zwangsläufige Folge der Wiedervereinigung ist. Klarheit
über das Ausmaß des Dopings in der DDR besteht erst seit
kurzem aufgrund der fachgerichtlichen Urteile (s. insbeson-
dere Strafurteile des LG Berlin, Urteil vom 7. Dezember
1998 – (534) 28 Js 39/97 KLs (33/97), und Urteil vom
18. Juli 2000 – (538) 28 Js 14/98 KLs (23/99)). Mit diesen
Urteilen konnten die Rehabilitierungsinteressen der teil-
weise schwer geschädigten Opfer jedoch nicht hinreichend
befriedigt werden. Da ein weiteres Abwarten ein Jahrzehnt
nach dem Ende der DDR zu gravierenden Kausalitätspro-
blemen führen und den Opfern keine hinreichende Genugtu-
ung verschaffen würde, ist eine humanitäre Hilfeleistung
unaufschiebbar.
Eine Gesetzgebungskompetenz aus der Natur der Sache er-
gibt sich aus dem Regelungsgehalt auch insofern als die
Verteilung von Hilfegeldern des Bundes geregelt wird, über
die die Länder auch im Wege einer Selbstkoordination nicht
entscheiden können.
Als Annex zur Sachkompetenz für das DOHG kann der
Bund das Verwaltungsverfahren mitregeln, das vorliegend
ausschließlich Bundesbehörden betrifft.
VI. Auswirkungen auf den Bundeshaushalt und diePreise
Im Bundeshaushalt sind für das Jahr 2002 2 Mio. Euro für
einen Fonds zugunsten von Doping-Opfern der DDR bereit-
gestellt worden. Die ausgekehrten Hilfegelder werden ge-
messen an den Gesamtkosten für die Lebenshaltung oder für
die Wirtschaft nicht ins Gewicht fallen. Auswirkungen auf
das Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau,
sind nicht zu erwarten.

B. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu § 1 (Grundsatz)

Absatz 1
Absatz 1 stellt klar, dass die Hilfeleistung nicht in Anerken-
nung einer Rechtspflicht, sondern aus humanitären und so-
zialen Gründen erfolgt. Begünstigt sind ehemalige Hoch-
leistungssportler und -nachwuchssportler der DDR (§ 2
Abs. 1), die durch Gesundheitsschäden aufgrund nichtvor-
sätzlicher Einnahme von Dopingsubstanzen zu Doping-Op-
fern wurden. Die (letzte) schädigende Dopingmittel-Verab-
reichung muss vor dem 3. Oktober 1990 erfolgt sein, um als
Ursache für einen erheblichen Gesundheitsschaden in Be-
tracht zu kommen..
Der beim Bundesverwaltungsamt eingerichtete Fonds ent-
hält 2 Mio. Euro. Hinzu kommen eventuelle Beiträge von
dritter Seite (§ 1 Abs. 2), z. B. des Deutschen Sports und der
Pharmaindustrie. Der Fonds untersteht als Einrichtung beim
Bundesverwaltungsamt der Fachaufsicht des Bundesminis-
teriums des Innern.
Absatz 2
Satz 1
Die moralische Verpflichtung, einen Beitrag zur Unterstüt-
zung der Doping-Opfer der DDR zu leisten, ist gesamtge-
sellschaftlicher Natur. Insbesondere der autonome Sport ist
aufgerufen, hierzu einen Beitrag zu leisten. Daher stellt
Satz 1 klar, dass Zuwendungen von dritter Seite zulässig
sind. Aufgrund der am 31. Dezember 2002 ablaufenden An-
tragsfrist ist eine Zahlung in den Fonds nur bis zu diesem
Datum möglich. Finanzielle Beiträge Dritter zum Fonds
sind nach § 13 Abs. 1 Nr. 15 ErbStG von der Erbschaft- und
Schenkungsteuer befreit.
Satz 2
Die Einrichtung des Fonds ist nicht auf Dauer angelegt; er
erlischt, wenn die Hilfegelder verteilt worden sind (vgl. § 14
HIVHG).
Zu § 2 (Anspruchsberechtigung)
Absatz 1
Anspruchsberechtigt sind in erster Linie die gedopten Sport-
ler selbst (Absatz 1 Nr. 1). Der Anspruch von im Mutterleib
geschädigten Kindern (Absatz 1 Nr. 2) wird davon abhängig
gemacht, dass die Mutter ohne ihr Wissen oder gegen ihren
Willen gedopt wurde (Akzessorietät des Anspruchs). Kin-
der, die erst nach der letzten Doping-Einnahme gezeugt
wurden, haben von vornherein keinen Anspruch.
Der Begriff der Verabreichung impliziert, dass die Ein-
nahme der Dopingsubstanzen (s. Legaldefinition in § 3
Nr. 1) auf den vorsätzlich missbräuchlichen Entschluss ei-
nes Dritten (z. B. Trainers oder Arztes) zurückzuführen sein
muss. In welcher Form die Verabreichung von Dopingsub-
stanzen erfolgte (Einnahme, Injektion oder Sonstiges), ist
ebenso unerheblich wie die Frage, zu welchen Anlässen sie
erfolgte (vor oder während eines Wettkampfs, im Training)
und durch wen (die Sportlerin/den Sportler selbst oder eine
Hilfsperson wie Mannschaftsleiter, Trainer, Betreuer, Arzt,
Pfleger oder Masseur).
Die Einnahme der Dopingsubstanzen darf nicht vorsätzlich
geschehen sein. Das Tatbestandsmerkmal „ohne Wissen”

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 7 – Drucksache 14/9022

bezieht sich nicht auf die Applikation als solche, sondern
auf die Kenntnis vom manipulativen Charakter der einge-
nommenen Substanzen. Fahrlässige Nichtkenntnis bei Ein-
nahme der Dopingsubstanzen schadet insofern nicht, direk-
ter oder bedingter Vorsatz schließt einen Anspruch aus. Dies
gilt auch, wenn der Betroffene die Dopingsubstanzen wis-
sentlich, jedoch in Unkenntnis der damit verbundenen ge-
sundheitlichen Risiken eingenommen hat (zu Beweiser-
leichterungen s. § 6 Abs. 3). In diesem Fall hat er an dem
sportlichen Betrug mitgewirkt, der durch Verbot und Äch-
tung von Dopingmitteln gerade verhindert werden soll. Er
ist daher kein Doping-Opfer, sondern allenfalls Opfer eines
Medikamentenmissbrauchs. Bei anderer Betrachtungs-
weise würden diejenigen benachteiligt, die sich gegen die
Dopingverabreichung wehrten und deshalb Repressalien bis
hin zum Ausschluss aus den Leistungskadern in Kauf ge-
nommen haben. Unerheblich ist es für die Beurteilung des
Vorsatzes, wenn der Betroffene in sportlicher Hinsicht vom
Doping profitiert hat.
Der Verabreichung ohne Wissen des Betroffenen steht die
Verabreichung gegen seinen Willen gleich, d. h. eine Verab-
reichung mit Gewalt (vis absoluta und vis compulsiva) oder
durch Täuschung. Psychischer Druck allein reicht nicht aus.

Absatz 2
Der Anspruch ist grundsätzlich weder übertragbar noch ver-
erblich. Eine Ausnahme, die § 16 Abs. 5 Satz 2 HIVHG ent-
spricht, gilt für Personen, die zum Antragsteller in einem
besonderen Näheverhältnis stehen. Die Formulierung
„wenn und soweit” stellt klar, dass diese Personen nur einen
ihrem Erbteil entsprechenden Teil der Hilfezahlung erhal-
ten, so dass die bewilligte Zahlung unter Umständen teil-
weise verfällt.

Zu § 3 (Begriffsbestimmungen)
Nummer 1
Die Definition orientiert sich an der Definition des Deut-
schen Sportbundes von 1977 i. V. m. § 2 Nr. 1 der Rah-
men-Richtlinien zur Bekämpfung des Dopings des DSB
vom 26. September 1970, zuletzt geändert am 1. Dezember
2001, und Artikel 2 des Übereinkommens des Europarats
gegen Doping vom 16. November 1989.
In der DDR wurde der zur Verschleierung des Begriffs Do-
pingsubstanz gebräuchliche Begriff „unterstützende Maß-
nahmen“ überwiegend im engeren Sinn, d. h. für Anabolika
benutzt. Anabolika ist der Oberbegriff für Testosteron und
Testosteron-Derivate (= androgene (männliche) Sexualhor-
mone) in Form anaboler Steroide. Zu den bekanntesten
Anabolika zählten Oral-Turinabol („Blauer Blitz“/„Blaue
Pille“; in geringerer Dosierung hellrosa), Turinabol-Ampul-
len und STS 646 (= Mestanolon; STS stand für Steroid-Sub-
stanz). In den letzten Jahren wurden auch Wachstumshor-
mone eingesetzt. Auf eine abschließende Aufzählung ein-
zelner Dopingsubstanzen wurde bewusst verzichtet. Eine
Orientierungshilfe bietet die Bekanntmachung der Neufas-
sung des Anhangs zu dem o. g. Europarats-Übereinkommen
vom 21. Januar 2002 (BGBl. II S. 128), wobei allerdings zu
berücksichtigen ist, dass die zu DDR-Zeiten eingesetzten

von den heutzutage gebräuchlichen Dopingsubstanzen ab-
weichen können.
Nummer 2
Der durch Dopingsubstanzen erlittene Gesundheitsschaden
muss erheblich sein. Dies rechtfertigt sich mit der Zweckbe-
stimmung des Gesetzes (vgl. auch § 1 Abs. 1 VwRehaG,
wonach verwaltungsrechtliche Maßnahmen der DDR nur
dann aufgehoben werden, wenn sie mit tragenden Grundsät-
zen des Rechtsstaats unvereinbar sind; ähnlich § 1 Abs. 1
StrRehaG: Aufhebung von strafrechtlichen Entscheidungen
der DDR nur, soweit sie mit wesentlichen Grundsätzen ei-
ner freiheitlichen rechtsstaatlichen Ordnung unvereinbar
sind). Eine Wiedergutmachung im Sinne einer Schadenser-
satzleistung ist nicht beabsichtigt.
Keine Rolle spielt es, ob der Gesundheitsschaden direkt auf
einer Dopingmittel-Verabreichung beruht (z. B. Virilisie-
rungserscheinungen bei Frauen nach Anabolika-Einnahme)
oder indirekt z. B. aufgrund einer nur durch Dopingmittel
ermöglichten Überanstrengung des Körpers hervorgerufen
wurde (z. B. Wirbelsäulenschäden bei gedopten Gewichthe-
berinnen); dies ergibt sich aus der Definition des Begriffs
Dopingsubstanzen in § 3 Nr. 1.
Ebenfalls ohne Relevanz ist es, ob der erhebliche Gesund-
heitsschaden gegenwärtig noch vorliegt oder Folgen hinter-
lassen hat. Bestand in der Vergangenheit ein erheblicher Ge-
sundheitsschaden, der z. B. durch eine Operation behoben
werden konnte oder anderweitig ausgeheilt ist, steht dies
dem Anspruch nicht entgegen.
Die zu berücksichtigenden Gesichtspunkte sind im Rahmen
einer vergleichenden Gesamtbetrachtung zu gewichten, wo-
bei die aufgeführten Kriterien nicht abschließend sind. Hin-
sichtlich der Dauer der Schädigung bieten § 30 Abs. 1
Satz 3 und 4 BVG einen Anhaltspunkt, wonach vorüberge-
hende Gesundheitsstörungen nicht zu berücksichtigen sind
und als vorübergehend ein Zeitraum bis zu sechs Monaten
gilt (s. auch § 3 SGB IX). Rein kosmetische Beeinträchti-
gungen (z. B. Narben nach Steroid-Akne) scheiden mangels
Erheblichkeit im Sinne dieses Gesetzes ebenso aus wie
bloße Befindlichkeitsstörungen. Bei psychischen Schäden,
die nicht Folge eines physischen Gesundheitsschadens sind,
wird es regelmäßig an der Wahrscheinlichkeit des Ursa-
chenzusammenhangs fehlen.
Zu § 4 (Verfahren)
Das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsamt richtet sich
nach dem VwVfG. §§ 4 bis 6 enthalten ergänzende Rege-
lungen.
Absatz 1
Satz 1
Die Antragsfrist ist, wie sich aus Satz 3 ergibt, eine materi-
elle Ausschlussfrist. Sie ist gerechtfertigt, weil die letzten
Doping-Fälle der DDR bereits mehr als ein Jahrzehnt zu-
rückliegen und die darauf beruhenden Gesundheitsschäden
inzwischen weitestgehend zu Tage getreten sind. Ein länge-
res Abwarten würde die Kausalitätsproblematik verschärfen
und zudem diejenigen benachteiligen, deren Ansprüche of-
fensichtlich begründet sind.

Drucksache 14/9022 – 8 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Satz 2
Nummer 1
Dem Antrag ist ein ärztliches Gutachten über Art und Ursa-
che des erheblichen Gesundheitsschadens beizufügen (s. zur
Mitwirkungspflicht des Antragstellers auch § 6 Abs. 1), um
das Bundesverwaltungsamt in die Lage zu versetzen, über
einfach gelagerte Fälle selbst zu entscheiden. Um der Ge-
fahr von Gefälligkeitsgutachten vorzubeugen, muss das
Gutachten substantiiert und von einem Facharzt erstellt
worden sein. Sofern dies dem Antragsteller bekannt oder für
den Facharzt anderweitig erkennbar ist, muss auch die ver-
abreichte Dopingsubstanz angegeben werden.
Nummer 2
Der Antragsteller hat im Rahmen einer persönlichen Erklä-
rung die in Nummer 2 aufgeführten Angaben zu machen,
die für eine Entscheidung über den Antrag wesentlich sind.
Satz 3
Ist dem Antrag kein Gutachten und/oder eine persönliche
Erklärung beigefügt, ist der Antrag unbeachtlich und muss
grundsätzlich innerhalb der Ausschlussfrist, spätestens in-
nerhalb einer vom Bundesverwaltungsamt gesetzten Frist,
nachgeholt werden. Hierauf weist das Bundesverwaltungs-
amt den Antragsteller im Rahmen seiner allgemeinen Bera-
tungs- und Auskunftspflicht nach § 25 VwVfG hin. Zusätz-
liche Hilfestellung kann eine Anlaufstelle leisten, die vom
Doping-Opfer-Hilfe e. V. bei der Stiftung zur Aufarbeitung
der SED-Diktatur eingerichtet werden soll.
Absatz 2
Um eine möglichst schnelle Abwicklung und Auszahlung
zu ermöglichen, kann das Bundesverwaltungsamt über ein-
zelne Anträge bereits vor dem Vorliegen aller Anträge am
31. Dezember 2002 entscheiden.
Absatz 3
Die finanzielle Hilfe wird als einmaliger Betrag ausgezahlt.
Sie wird ausgezahlt, wenn die materielle Ausschlussfrist
nach Absatz 1 Satz 1 abgelaufen ist. Die Hilfeleistungen
werden angesichts der humanitären Motivation des Geset-
zes (s. Begründung zu § 1 Abs. 1) und im Interesse einer
möglichst unbürokratischen Abwicklung nicht gestaffelt.
Durch das Erfordernis des erheblichen Gesundheitsscha-
dens werden von vornherein Fälle ausgeschlossen, in denen
eine vergleichsweise geringe Beeinträchtigung eine diffe-
renzierte Kategorisierung geboten erscheinen ließe. Für den
Fall, dass einige Antragsteller gegen ablehnende Bescheide
Rechtsbehelfe einlegen sollten und somit der auf den einzel-
nen entfallende anteilige Betrag erst zu einem späteren Zeit-
punkt berechnet werden kann, kann das Bundesverwal-
tungsamt nach Absatz 2 Abschlagszahlungen leisten, deren
Höhe sich nach der Gesamtzahl der Antragsteller richtet.
Zu § 5 (Beirat)
Absatz 1
Die Einrichtung eines Beirats ist erforderlich, um die Ent-
scheidungen über die Hilfegewährung in Zweifelsfällen auf
sachverständiger Grundlage treffen zu können (s. auch

Kommissionen nach § 18 Abs. 2 HIVGH und § 19 Abs. 2
und 3 HiWerkbehKG). Die Stellungnahmen des Beirats sind
nicht selbständig anfechtbar. Sie müssen jedoch in schriftli-
cher Form abgegeben werden, damit der Entscheidungspro-
zess dokumentiert ist und für den Antragsteller im Falle der
Akteneinsicht beim Bundesverwaltungsamt nach § 29
VwVfG nachvollziehbar wird.
Absatz 2
Absatz 2 legt die Zusammensetzung des Beirats fest. Die
Entscheidung im Einzelnen trifft das Bundesministerium
des Innern. Als Spitzenorganisationen des Deutschen
Sports, die einen Vertreter in den Beirat entsenden sollen,
kommen vor allem der Deutsche Sportbund und das Natio-
nale Olympische Komitee in Betracht. Das Nähere (organi-
satorischer Ablauf, Aufwandsentschädigung) wird durch
Satzung geregelt. Ergänzend gelten § 88 ff. VwVfG (s. zu
§ 4).
Absatz 3
Mit Rücksicht auf die Sensibilität der gesundheitlichen Da-
ten wird in Absatz 3 eine ausdrückliche Verschwiegenheits-
pflicht der Beiratsmitglieder verankert. Für die zuständigen
Mitarbeiter im Bundesverwaltungsamt ergibt sich dies be-
reits aus der allgemeinen dienstrechtlichen Verschwiegen-
heitspflicht, so dass es insofern keiner Regelung bedarf
(§ 61 BBG, § 39 BRRG, § 9 BAT/BAT-Ost, § 11 MTArbG).
Zu § 6 (Aufklärung des Sachverhalts)
Absatz 1
Satz 1
Für das Verfahren vor dem Bundesverwaltungsamt gilt der
Untersuchungsgrundsatz nach § 24 VwVfG. Den Antrag-
steller treffen allerdings zusätzlich zu den Mitwirkungs-
pflichten nach § 26 Abs. 2 VwVfG besondere Obliegenhei-
ten, weil die Ursächlichkeit der Doping-Einnahme für den
Gesundheitsschaden im Einzelfall schwer festzustellen sein
kann. Von Bedeutung ist vor allem die Benennung des zu-
ständigen Vereins sowie damaliger Ärzte und Trainer des
Antragstellers. Das Erfordernis zur Beibringung eines ärztli-
chen Gutachtens ergibt sich bereits aus § 4 Abs. 1 Nr. 1.
Aus datenschutzrechtlichen Gründen sind die über § 4
Abs. 1 hinausgehenden Mitwirkungserfordernisse in Anleh-
nung an §§ 60 ff. SGB I nicht als zwingende Verpflichtung
ausgestaltet worden. Wenn der Antragsteller weitere Ermitt-
lungen seines Gesundheitszustandes zum Schutz seiner In-
timsphäre ablehnt, kann er seine Mitwirkung unter Verzicht
auf die weitere Anspruchsverfolgung verweigern. Bei
Nichterweislichkeit der Kausalität gilt der allgemeine
Normbegünstigungsgrundsatz, wonach derjenige die Folgen
der Ungewissheit einer Tatsache trägt, der aus dieser Tatsa-
che eine ihm günstige Rechtsfolge ableiten will.
Als sonstige, von Amts wegen heranzuziehende Beweismit-
tel kommen z. B. in Betracht Akten beim BStU und die An-
hörung von Sachverständigen.
Satz 2
Generell trägt die Behörde die Kosten für die Aufklärung
des Sachverhalts. Zeugen und Sachverständige werden ge-

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 9 – Drucksache 14/9022

mäß § 26 Abs. 3 Satz 2 VwVfG auf Antrag in entsprechen-
der Anwendung des Gesetzes über die Entschädigung von
Zeugen und Sachverständigen entschädigt. Der Beteiligte
hingegen trägt nach allgemeinen Grundsätzen die Kosten
seiner Mitwirkung selbst, hier insbesondere die Kosten für
das dem Antrag beizufügende fachärztliche Gutachten. Ei-
nen Erstattungsanspruch sieht Satz 2 nur hinsichtlich etwai-
ger zusätzlich erforderlicher medizinischer Gutachten vor.
Absatz 2
Die Regelung orientiert sich an § 1 Abs. 1 und Absatz 3
Satz 1 BVG. Ursache im versorgungsrechtlichen Sinn ist die
Bedingung im naturwissenschaftlich-philosophischen Sinn,
die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu des-
sen Eintritt wesentlich beigetragen hat. Haben mehrere Um-
stände zum Erfolg beigetragen, so sind sie versorgungs-
rechtlich nur dann nebeneinander stehende Mitursachen
(und wie Ursachen zu werten), wenn sie in ihrer Bedeutung
und Tragweite für den Eintritt des Erfolgs annähernd gleich-
wertig sind. Kommt einem der Umstände gegenüber dem
anderen eine überragende Bedeutung zu, ist dieser Umstand
allein als Ursache im Sinne des Versorgungsrechts anzuse-
hen.
Während im Versorgungsrecht zwischen schädigendem Er-
eignis, gesundheitlicher Schädigung und Gesundheitsstö-
rung unterschieden wird, wird hier von einem lediglich
zweiteiligen Schadensvorgang (Verabreichung von Doping-
substanzen und erheblicher Gesundheitsschaden) ausgegan-
gen. Beide Umstände müssen vor der Beurteilung eines ur-
sächlichen Zusammenhangs bewiesen sein. Für den ursäch-
lichen Zusammenhang selbst reicht dagegen aus Gründen
der Beweiserleichterung ebenso wie im Versorgungsrecht
die Wahrscheinlichkeit aus. Sie ist dann gegeben, wenn
nach der geltenden medizinisch-wissenschaftlichen Lehr-
meinung mehr für als gegen einen ursächlichen Zusammen-
hang spricht.
Absatz 3
Absatz 3 enthält eine Beweiserleichterung in Hinblick da-
rauf, dass die Anspruchsberechtigung einen fehlenden Vor-
satz in Hinblick auf die leistungssteigernd-manipulative
Wirkungsweise der Doping-Mittel voraussetzt. Bei minder-
jährigen Sportlern ist im Zweifel vom Nichtwissen auszuge-
hen, da ihnen gegenüber regelmäßig die Legende der Ver-
sorgung mit Vitaminen und Mineralstoffen verwendet
wurde und der Kreis der Eingeweihten bewusst klein gehal-
ten wurde. Irrelevant ist allerdings die Kenntnis oder Nicht-
kenntnis der gesundheitsschädigenden Wirkung (s. Begrün-
dung zu § 3 Abs. 1). Je nach Einzelfall muss unterschieden
werden zwischen dem Zeitraum, in dem der Sportler unwis-
sentlich/unwillentlich Dopingsubstanzen erhielt und dem
Zeitraum, in dem er vorsätzlich Dopingsubstanzen zu sich
nahm (s. Begründung zu § 2 Abs. 1). Nur sofern der Ge-
sundheitsschaden nach den Kausalitätskriterien des § 6
Abs. 2 in dem erstgenannten Zeitraum begründet wurde, be-
steht ein Anspruch auf Hilfeleistung.
Zu § 7 (Datenschutz)
Die Angaben des Antragstellers über seine Gesundheit sind
besondere Arten personenbezogener Daten nach § 3 Abs. 9
BDSG. Die Regelungen des § 7 DOHG sind Regelungen

i. S. von § 13 Abs. 2 Nr. 1, 1. Alternative BDSG. Soweit
sich aus Absatz 1 und 2 nicht anderes ergibt, gilt das BDSG.
Absatz 1
Absatz 1 beschränkt mit Rücksicht auf die datenschutz-
rechtlichen Interessen der Doping-Opfer und nach dem Vor-
bild der § 11 Abs. 2 und § 14 Abs. 4 des Transfusionsgeset-
zes vom 1. Juli 1998 (BGBl. I S. 1752) die Möglichkeiten
der Erhebung, Speicherung, Veränderung und Nutzung auf
den Zweck der Aufgabenerfüllung nach diesem Gesetz. Die
Vorschrift ist vorrangig gegenüber den weitergehenden Re-
gelungen des § 13 Abs. 2 BDSG (Datenerhebung bei beson-
ders sensiblen Daten) und § 14 Abs. 5 und 6 BDSG (Daten-
speicherung, Veränderung und Nutzung bei besonders sen-
siblen Daten).
Absatz 2
Die Vorschrift ist lex specialis gegenüber § 15 BDSG (Da-
tenübermittlung personenbezogener Daten an öffentliche
Stellen) und § 16 Abs. 1 Satz 2 BDSG (Datenübermittlung
an nicht-öffentliche Stellen bei besonders sensiblen Daten)
und orientiert sich an § 69 Abs. 1 Nr. 1 und 2 SGB X. Eine
Übermittlung von Daten an öffentliche und nicht-öffentli-
che Stellen (z. B. Zeugen und Sachverständige) ist nach
Nummer 1 nur für die Erfüllung der Zwecke zulässig, für
die sie erhoben wurden, d. h. soweit dies zur Erfüllung der
Aufgaben dieses Gesetzes erforderlich ist. Auch die Ge-
richtsverfahren, für die eine Übermittlung nach Nummer 2
zulässig ist, müssen damit in Zusammenhang stehen. Eine
Übermittlungsbefugnis für Gerichtsverfahren, in denen die
Anspruchsberechtigung nach diesem Gesetz geklärt werden
soll, ergibt sich bereits aus Nummer 1; Gleiches gilt für die
Übermittlungsbefugnisse zwischen Bundesverwaltungsamt
und Beirat.
Wegen der restriktiven Übermittlungsregelung bedarf es
keines § 76 Abs. 2 Nr. 1 SGB X (Einschränkung der Über-
mittlungsbefugnis bei besonders schutzwürdigen Sozialda-
ten als verlängerter Schutz des Arztgeheimnisses) entspre-
chenden Widerspruchsrecht des Betroffenen hinsichtlich der
Daten, die von Ärzten zugänglich gemacht wurden. Da der
Betroffene mit der Antragstellung konkludent sein Einver-
ständnis zur Datenübermittlung für Zwecke dieses Gesetzes
erklärt und die Hilfe nach dem DOHG keine notwendige
Sozialleistung darstellt, bestehen an der Freiwilligkeit die-
ses Einverständnisses keine Zweifel.
Die Berichtigung, Löschung und Sperrung von Daten richtet
sich nach § 20 BDSG.
Zu § 8 (Verhältnis zu anderen Rechtsvorschriften)
Absatz 1
Wegen des humanitären Charakters der Hilfeleistungen be-
stimmt Absatz 1 vorsorglich, dass etwaige sonstige Ansprü-
che (z. B. nach dem VwRehaG i. V. m. dem BVG) unbe-
rührt bleiben. Eine Regelung zur Behandlung etwaiger an-
hängiger Rechtsstreitigkeiten mit demselben Streitgegen-
stand erübrigt sich daher. Rückforderungsansprüche der
Krankenkassen hinsichtlich bereits erbrachter medizinischer
Leistungen bestehen in Hinblick auf den „Schmerzensgeld-
charakter“ der Hilfeleistung nicht.

Drucksache 14/9022 – 10 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Absatz 2
Die Regelung findet eine Entsprechung in § 17 Abs. 2
HIVHG und § 22 HiWerkBehKG. Eine Anrechnung auf
Leistungen der Sozialhilfe erfolgt auch nach dem Tod des
Anspruchsberechtigten nicht, sofern der Hilfebetrag noch in
einer vom sonstigen Vermögen unterscheidbaren Form im
Nachlass vorhanden ist (etwa bei Ansparung). Ebenfalls
keine Anrechnung erfolgt unter den Voraussetzungen des
§ 2 Abs. 2 Satz 2, wenn der Anspruchsberechtigte nach An-
tragstellung stirbt.
Auf eine § 3 Nr. 68 und 69 EStG entsprechende Regelung,
derzufolge die ausgezahlten Gelder einkommensteuerfrei

bleiben sollen, wurde an dieser Stelle verzichtet. Stattdessen
ist beabsichtigt, eine solche Vorschrift bei nächster Gelegen-
heit in das Einkommensteuergesetz aufzunehmen, falls er-
forderlich mit rückwirkender Kraft.

Zu § 9 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes und sein
Außerkrafttreten nach Erreichen des Gesetzeszwecks. Da
die Fälle in etwa fünf Jahren abgewickelt sein dürften, tritt
das Gesetz zum 31. Dezember 2007 außer Kraft. Zu diesem
Zeitpunkt noch anhängige Gerichtsverfahren werden hier-
von nicht berührt.

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