BT-Drucksache 14/8919

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung -14/8524, 14/8892- Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches

Vom 25. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8919
14. Wahlperiode 25. 04. 2002

Änderungsantrag
der Abgeordneten Norbert Geis, Ronald Pofalla, Dr. Jürgen Gehb, Dr. Wolfgang
Götzer, Volker Kauder, Dr. Norbert Röttgen, Dr. Rupert Scholz, Dr. Wolfgang
Freiherr von Stetten, Dr. Susanne Tiemann, Andrea Voßhoff, Bernd Wilz
und der Fraktion der CDU/CSU

zu der zweiten Beratung des Gesetzentwurfs der Bundesregierung
– Drucksachen 14/8524, 14/8892 –

Entwurf eines Gesetzes zur Einführung des Völkerstrafgesetzbuches

Der Bundestag wolle beschließen:
1. In Artikel 3 werden die Nummern 1 bis 3 wie folgt neu gefasst:

,1. In § 100a Satz 1 Nr. 2 werden die Wörter „einen Mord, einen Totschlag
oder einen Völkermord (§§ 211, 212 oder 220a des Strafgesetzbuches)“
durch die Wörter „einen Mord oder einen Totschlag (§§ 211, 212 des
Strafgesetzbuches), einen Völkermord, ein Verbrechen gegen die
Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen (§§ 6 bis 12 des Völkerstraf-
gesetzbuches)“ ersetzt.

2. In § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buchstabe a werden die Wörter „einen Mord,
einen Totschlag oder einen Völkermord (§§ 211, 212 oder 220a des
Strafgesetzbuches)“ durch die Wörter „einen Mord oder einen Tot-
schlag (§§ 211, 212 des Strafgesetzbuches), einen Völkermord, ein Ver-
brechen gegen die Menschlichkeit oder ein Kriegsverbrechen (§§ 6 bis
12 des Völkerstrafgesetzbuches)“ ersetzt.

3. In § 112 Abs. 3 werden nach den Wörtern „einer Straftat nach“ die
Wörter „§ 6 Abs. 1 Nr. 1, § 7 Abs. 1 Nr. 1 oder § 8 Abs. 1 Nr. 1 des
Völkerstrafgesetzbuches oder“ eingefügt und die Angabe „220a Abs. 1
Nr. 1, §§“ gestrichen.‘

2. Nach Artikel 7 wird folgender Artikel 7a eingefügt:
„Artikel 7a

Einschränkung von Grundrechten
Das Recht auf Freiheit der Person (Artikel 2 Abs. 2 Satz 2 des Grundgeset-

zes), das Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis (Artikel 10 des Grundgeset-
zes) und die Unverletzlichkeit der Wohnung (Artikel 13 des Grundgesetzes)
werden nach Maßgabe dieses Gesetzes eingeschränkt.“

Drucksache 14/8919 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Berlin, den 25. April 2002
Norbert Geis
Ronald Pofalla
Dr. Jürgen Gehb
Dr. Wolfgang Götzer
Volker Kauder
Dr. Norbert Röttgen
Dr. Rupert Scholz
Dr. Wolfgang Freiherr von Stetten
Dr. Susanne Tiemann
Andrea Voßhoff
Bernd Wilz
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

Begründung
I. Allgemeines
Das Bedürfnis für eine Weiterentwicklung des Völkerstrafrechts ist auch mit
Blick auf die Bekämpfung des internationalen Terrorismus unabweisbar. Die
Fraktion der CDU/CSU begrüßt daher nachdrücklich die Einführung eines
Völkerstrafgesetzbuches, und zwar nicht nur im Hinblick auf die komplemen-
täre Verfolgungszuständigkeit des Internationalen Strafgerichtshofes.
So erfreulich die breite Zustimmung für dieses Gesetzgebungsvorhaben ist, so
bedauerlich und unverständlich ist es, dass die Bundesregierung und die sie tra-
genden Fraktionen in den Beratungen des federführenden Rechtsausschusses
lediglich bereit waren, einen Teil derjenigen Verbesserungen an dem Entwurf
vorzunehmen, die auch der Bundesrat zu Recht angemahnt hat und deren Ein-
beziehung seitens des mitberatenden Ausschusses für Menschenrechte und
humanitäre Hilfe einhellig empfohlen worden ist.
Die vorgeschlagenen Änderungen der Strafprozessordnung (StPO) zielen da-
rauf ab, die Verfolgung der im Völkerstrafgesetzbuch geregelten Verbrechen
noch zu intensivieren. Es mutet schon seltsam an, dass die Bundesregierung
und die sie tragenden Fraktionen dies ablehnen, obwohl sie ausdrücklich aner-
kennen, dass es sich um schwerste Verbrechen handelt, welche die internatio-
nale Gemeinschaft als Ganzes berühren.

II. Im Einzelnen
1. Zu Artikel 3 Nr. 1 bis 3 (§ 100a Satz 1 Nr. 2, § 100c Abs. 1 Nr. 3 Buch-

stabe a, § 112 Abs. 3 StPO)
Der Entwurf der Bundesregierung schlägt vor, die Anpassung der Straftaten-
kataloge in den §§ 100a, 100c Abs. 1 Nr. 3 und § 112 Abs. 3 StPO später un-
abhängig von dem vorliegenden Gesetzentwurf im jeweiligen spezifischen
Sachzusammenhang zu prüfen (vgl. Einzelbegründung zu Artikel 3 Nr. 1
bis 3 i. V. m. Artikel 2 [Bundestagsdrucksache 14/8524, S. 37]). Dies über-
zeugt nicht. Wenn in der StPO ein Straftatenkatalog vorgesehen ist (und
nicht etwa der Begriff der „Straftat von erheblicher Bedeutung“ verwendet
wird), so bedeutet dies, dass jeweils deliktsbezogen zu prüfen ist, in welchen
Fällen das strafprozessuale Instrumentarium zur Verfügung stehen soll. Es
gibt daher kein sachnäheres Gesetzgebungsverfahren als das vorliegende,
mit dem die Straftatbestände des Verbrechens gegen die Menschlichkeit und
der Kriegsverbrechen formuliert werden.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8919

In der Sache ist es geboten, neben Völkermord (§ 6 des VStGB-E) auch Ver-
brechen gegen die Menschlichkeit (§ 7 VStGB-E) sowie Kriegsverbrechen
(§§ 8, 9, 10, 11 oder 12 VStGB-E) in die Kataloge der §§ 100a, 100c Abs. 1
Nr. 3 StPO aufzunehmen. Es handelt sich hierbei um schwerste Verbrechen,
welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes berühren. Deshalb ist es
auch geboten, in § 112 Abs. 3 StPO nicht nur Völkermord in den Fällen des
§ 6 Abs. 1 Nr. 1 VStGB-E, sondern auch Verbrechen gegen die Menschlich-
keit in den Fällen des § 7 Abs. 1 Nr. 1 VStGB-E sowie Kriegsverbrechen in
den Fällen des § 8 Abs. 1 Nr. 1 VStGB-E aufzunehmen.
Entgegen der Auffassung der Bundesregierung ist es nicht zweckmäßig, auf
die Ergebnisse der vom Bundesministerium der Justiz beim Max-Planck-In-
stitut in Auftrag gegebenen rechtstatsächlichen Untersuchung zur „Rechts-
wirklichkeit und Effizienz der Überwachung der Telekommunikation nach
den §§ 100a, 100b StPO und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen“
zuzuwarten. Die Fraktion der CDU/CSU hat insbesondere im Zusammen-
hang mit der Bekämpfung von Sexualstraftaten und Korruptionsdelikten be-
reits mehrfach darauf hingewiesen, dass die Ablehnung der Bundesregierung
gegen sinnvolle Ergänzungen des § 100a StPO sachlich nicht gerechtfertigt
ist (vgl. u. a. Bundestagsdrucksache 14/5299, 14/6709, 14/6834), zumal wei-
terhin ungewiss ist, wann mit dem Abschluss des Forschungsvorhabens ge-
rechnet werden kann. Für die hier zur Erörterung stehenden Fälle ist ein Zu-
warten gänzlich unerfindlich, weil es sich ausnahmslos um schwerste
Verbrechen handelt, welche die internationale Gemeinschaft als Ganzes be-
rühren und Gründe, die einer Aufnahme in den Straftatenkatalog des § 100a
StPO entgegenstünden, weder von der Bundesregierung dargetan noch sonst
ersichtlich sind. Entsprechendes gilt für den Straftatenkatalog des § 100c
StPO, zumal die Bundesregierung insoweit bereits einen eigenen ausführli-
chen Erfahrungsbericht vorgelegt hat (Bundestagsdrucksache 14/8155).

2. Zu Artikel 7a – neu – (Einschränkung von Grundrechten)
Mit der Vorschrift wird dem in Artikel 19 Abs. 1 Satz 2 GG enthaltenen Zi-
tiergebot Rechnung getragen.

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