BT-Drucksache 14/8858

Für eine Weiterentwicklung der humanitären Rüstungskontrolle bei Landminen

Vom 24. April 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8858
14. Wahlperiode 24. 04. 2002

Antrag
der Abgeordneten Petra Ernstberger, Uta Zapf, Rainer Arnold, Wolfgang Behrendt,
Hans Büttner (Ingolstadt), Ulla Burchardt, Monika Griefahn, Monika Heubaum,
Hans-Ulrich Klose, Dr. Elke Leonhard, Lothar Mark, Markus Meckel, Ursula Mogg,
Christoph Moosbauer, Volker Neumann (Bramsche), Johannes Pflug, Reinhold
Robbe, Dieter Schloten, Wilhelm Schmidt (Salzgitter), Volkmar Schultz (Köln),
Dr. Angelica Schwall-Düren, Joachim Tappe, Gert Weisskirchen (Wiesloch), Inge
Wettig-Danielmeier, Verena Wohlleben, Dr. Peter Struck und der Fraktion der SPD
sowie der Abgeordneten Angelika Beer, Rita Grießhaber, Dr. Helmut Lippelt,
Winfried Nachtwei, Christian Sterzing, Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch
und der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Für eine Weiterentwicklung der humanitären Rüstungskontrolle bei Landminen

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Weltweit wird der Bestand an Antipersonenminen auf ca. 230 Millionen ge-
schätzt. Jahr für Jahr sind mehrere tausend zivile Minenopfer zu beklagen. In
allen Teilen der Welt gibt es Länder, in denen Minen in einer so großen Menge
verlegt wurden, dass sie eine immense Gefahr für die Bevölkerungen darstel-
len, zum Beispiel in Afghanistan, Mosambik und Angola.
Vor vier Jahren wurde in Ottawa das Übereinkommen über das Verbot des Ein-
satzes, der Lagerung, der Herstellung und der Weitergabe von Antipersonen-
minen und über deren Vernichtung durch 122 Staaten unterzeichnet. Die Bun-
desrepublik Deutschland hat das Übereinkommen bereits im Frühjahr 1998
ratifiziert. Leider sind die bedeutenden Minenbesitzer und Minenproduzenten
dem Übereinkommen noch nicht beigetreten. Im Hinblick auf die Universali-
sierung des Übereinkommens ist jedoch der Beitritt der USA, von Russland
und China und weiterer Staaten wie Indien, Irak, Iran, Laos, Nord- und Südko-
rea, Pakistan, Sri Lanka und Vietnam unerlässlich.
Die Staaten, die dem Übereinkommen verbindlich beigetreten sind, verfügten
über ca. 20 Millionen Antipersonenminen, von denen mittlerweile etwa die
Hälfte vernichtet wurde. Im Hinblick auf den weltweiten Bestand von 230 Mil-
lionen Landminen wird die große abrüstungspolitische Herausforderung deut-
lich.
Das geänderte Protokoll II zum VN-Waffenübereinkommen verschärft die Ein-
satz- und Exportbestimmungen für Landminen und beinhaltet ein Verbot für
nichtdetektierbare Antipersonenminen. Das Ottawa-Übereinkommen ächtet
demgegenüber die gesamte Waffenkategorie der Antipersonenminen.
Zurzeit laufen als eines der Ergebnisse der Überprüfungskonferenz zum VN-
Waffenübereinkommen Verhandlungen über solche Antifahrzeugminen, die
auch ein Gefährdungspotential für die Zivilbevölkerung darstellen können.

Drucksache 14/8858 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

Der Deutsche Bundestag sieht großen Handlungsbedarf, im Rahmen des VN-
Waffenübereinkommens zu einem Verbot von Antifahrzeugminen zu kommen,
die ein Gefährdungspotential für die Zivilbevölkerung darstellen können. In
einem ersten Schritt geht es um das Verbot von nichtdedektierbaren Antifahr-
zeugminen sowie um das Verbot von Antifahrzeugminen, die aufgrund ihrer
technischen Beschaffenheit und der Art ihrer Verlegung die Zivilbevölkerung
gefährden.
Der Deutsche Bundestag ist der Überzeugung, dass die Universalisierung des
Ottawa-Übereinkommens und des VN-Waffenübereinkommens Schritt für
Schritt erreicht werden muss. Von besonderer Bedeutung sind hierbei die Ein-
beziehung der Staaten in das Ottawa-Übereinkommen, die Besitzer und Produ-
zenten von Antipersonenminen sind.
Das Landminenproblem ist durch das Ottawa-Regime jedoch nur teilweise ent-
schärft. Wie die Landminenbeobachtergruppe feststellte, wurden z. B. im Jahre
2000 in 23 militärischen Auseinandersetzungen sowohl von Regierungstruppen
wie von irregulären Einheiten Antipersonenminen verwendet. Zwar ist die Zahl
der Opfer zurückgegangen, wird aber immer noch auf 8 000 im Jahre 2000 ge-
schätzt.
Auch einige Typen von Antifahrzeugminen, insbesondere solche mit sensiblen
Zündmechanismen (wie z. B. Magnetfeldsensoren), können von Personen und
damit auch von Zivilisten ausgelöst werden. Sie wirken dadurch wie Antiperso-
nenminen. Sie sind unterschiedslos wirkende Waffen, deren Einsatz nach den
Bestimmungen des Kriegsvölkerrechts untersagt ist. Im Sinne einer Weiter-
entwicklung der humanitären Rüstungskontrollpolitik sollten im Rahmen des
VN-Waffenübereinkommens Initiativen zum Verbot von derartigen Landminen
vorangetrieben werden.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
1. weiterhin aktiv den Prozess der Universalisierung des Geltungsbereiches des

Ottawa-Übereinkommens zu betreiben und auf diejenigen Staaten einzuwir-
ken, die das Übereinkommen bislang noch nicht unterschrieben bzw. ratifi-
ziert haben;

2. auf alle Staaten einzuwirken, die zwar das Ottawa-Übereinkommen unter-
schrieben und ratifiziert haben, aber dennoch gegen die darin enthaltenen
Verpflichtungen verstoßen;

3. auf die Mitgliedstaaten des Ottawa-Übereinkommens einzuwirken, dass
Antifahrzeugminen, die aufgrund sensibler Zündmechanismen auch von
Personen ausgelöst werden können, als Antipersonenminen anzusehen sind
und durch das Ottawa-Übereinkommen erfasst werden. Eine entsprechende
Initiative sollte in die Vorbereitung der Ottawa-Überprüfungskonferenz im
Jahre 2004 eingehen;

4. auch im Rahmen des VN-Waffenübereinkommens mit Nachdruck darauf
hinzuwirken, dass Antifahrzeugminen mit sensiblen Zündmechanismen, die
von Personen unbeabsichtigt ausgelöst werden können, verboten werden;

5. sich auf allen internationalen Ebenen, insbesondere im Rahmen des VN-
Waffenübereinkommens für das Ziel einzusetzen, alle Minen zu verbieten,
die nicht detektierbar sind oder die über keine Möglichkeit der Wirkzeit-
begrenzung/Selbstneutralisierung oder Selbstzerstörung verfügen;

6. auf nationaler Ebene Antifahrzeugminen, die ein Gefährdungspotential für
die Zivilbevölkerung darstellen, aus dem Bestand der Bundeswehr schritt-
weise zu entfernen;

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8858

7. weiterhin national und im Rahmen internationaler Organisationen wie der
EU und der UNO humanitäre Minenräumprojekte und Minenopferhilfe zu
unterstützen und ihre Beiträge in diesem Bereich zu verstärken.

Berlin, den 24. April 2002
Dr. Peter Struck und Fraktion
Kerstin Müller (Köln), Rezzo Schlauch und Fraktion

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