BT-Drucksache 14/8698

Konkrete Schritte gegen die Bedrohung durch biologische Waffen

Vom 22. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8698
14. Wahlperiode 22. 03. 2002

Antrag
der Abgeordneten Petra Bläss, Wolfgang Gehrcke, Uwe Hiksch, Carsten Hübner,
Heidi Lippmann, Dr. Winfried Wolf, Roland Claus und der Fraktion der PDS

Konkrete Schritte gegen die Bedrohung durch biologische Waffen

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Die Überprüfungskonferenz zum Abkommen über die Ächtung biologischer
Waffen, die vom 11. November bis zum 9. Dezember 2001 in Genf stattfand, ist
ergebnislos vertagt worden. Doch die dort gestellte Aufgabe, Mechanismen zur
zuverlässigen Überprüfung des B-Waffen-Verbotes zu entwickeln, wird immer
drängender. Im November 2002 wird die Überprüfungskonferenz fortgesetzt.
Bis dahin muss die Bundesregierung verschiedene Schritte einleiten, um einem
erneuten Scheitern der Konferenz und damit der Gefahr eines biologischen
Wettrüstens zu begegnen.
Vor genau 30 Jahren wurde die B-Waffen-Konvention verabschiedet. Bis heute
ist es nicht gelungen, vorhandene Schlupflöcher des Vertrages zu beseitigen.Vor
allem stehen wirkungsvolle Regelungen zur Überprüfung des Vertragsgegen-
standes – der völligen Beseitigung biologischer Waffen – aus. Die aus diesen
Mängeln herrührende mangelnde Transparenz trägt dazu bei, dass heute von
neuen Bedrohungen durch B-Waffen die Rede ist. Doch die Antwort auf diese
Entwicklung kann nur darin bestehen, energisch eine Verifikationsregelung aus-
zuhandeln und weltweit durchzusetzen.
Werden biologische Waffen erst einmal eingesetzt, gibt es kaum noch einen
wirksamen Schutz für die Zivilbevölkerung. Der einzige wirkliche Schutz vor
Biowaffen liegt darin, von vornherein ihre Entwicklung zu verhindern. Selbst
terroristische Gruppen sind für erfolgreiche B-Angriffe auf staatliche Pro-
gramme angewiesen. Diese zu verhindern oder zumindest extrem zu erschwe-
ren, muss das erste Ziel internationaler Initiativen gegen Biowaffen sein. Ver-
bindliche Offenlegungspflichten und Laborkontrollen sind ein wichtiger Bau-
stein, um staatliche Offensivprogramme zu verhindern.
Die Bundesregierung wie auch der EU-Ministerrat haben sich wiederholt für
eine Stärkung der Biowaffen-Konvention ausgesprochen. Allerdings drohen die
internationalen Verhandlungen, nachdem die USA im August einem rechtlich
verbindlichen Protokoll zur Stärkung der Konvention eine Absage erteilt haben
und im Dezember die 5. Überprüfungskonferenz der Biowaffen-Konvention ha-
ben platzen lassen, zu scheitern. Die Bundesrepublik Deutschland ist daher ge-
fordert, aktiv zu werden, damit nicht ein weiterer Eckpfeiler internationaler Ab-
rüstung und Rüstungskontrolle umgestürzt wird.

Drucksache 14/8698 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
folgende Maßnahmen zur Rettung und Stärkung des B-Waffen-Abkommens zu
entwickeln:
a) Eine Initiative von „like-minded countries“ fördern
Die US-Regierung hat die Ablehnung rechtlich bindender Maßnahmen zur
Stärkung des globalen Biowaffen-Verbots deutlich gemacht, insbesondere von
Offenlegungspflichten und Laborkontrollen. Es ist davon auszugehen, dass sich
daran kurzfristig nichts ändern wird. Die einzige Möglichkeit, die internationale
Norm gegen biologische Waffen zu stärken und auszubauen, liegt deshalb im
Moment in Initiativen von gleichgesinnten Staaten innerhalb und außerhalb (!)
Europas. Damit kann der politische Druck auf die USA und andere Staaten, sich
diesem Prozess anzuschliessen, erhöht werden.

In diesem Rahmen muss sich die Bundesregierung dafür einsetzen,
l den vorliegenden Entwurf für ein Verifikations-Protokoll zunächst auch

ohne die USA gemeinsam mit den verbliebenen 143 Vertragsstaaten zu ver-
abschieden;

l mit gleichgesinnten Staaten aus aller Welt eine neue Initiative für mehr
Transparenz und Offenheit in der zivilen und militärischen biomedizinischen
Forschung auf den Weg zu bringen;

l unilaterale Schritte zur Erhöhung der Transparenz in der Biowaffen-
Abwehrforschung zu unternehmen und umfangreiche Details der eigenen
Abwehrforschung international zu veröffentlichen.

b) Die uneingeschränkte Gültigkeit der Biowaffen-Konvention bekräftigen
Die überwiegende Mehrheit der Vertragsstaaten der Biowaffen-Konvention
geht von einem uneingeschränkten Verbot jeglicher biologischer Waffen aus.
Demgegenüber versucht die US-Regierung derzeit, verschiedene Ausnahmen
in die Konvention hineinzuinterpretieren. Entsprechende Forschungsprojekte
werden bereits in den USA durchgeführt.

Die Bundesregierung muss die Auffassung unterstreichen, dass
l jeglicher Einsatz von lebenden Organismen und Toxinen für feindselige

Zwecke ohne Ausnahme verboten ist, unabhängig davon, ob er gegen Men-
schen, Tiere, Pflanzen oder Material gerichtet ist;

l insbesondere die Nutzung von lebenden Organismen gegen drogenproduzie-
rende Pflanzen – z. B. der Einsatz von Pilzen oder Insekten zur Vernichtung
von Koka, Cannabis oder Schlafmohn – unter das Verbot der Biowaffen-
Konvention fällt;

l der Einsatz von Biowaffen in allen Konfliktsituationen verboten ist, auch im
Rahmen von Bürgerkriegen, internen Konflikten oder polizeilichen Maß-
nahmen;

l klare Grenzen für die zivile und militärische Defensivforschung existieren
und die Ausnahme der Biowaffen-Konvention für Biowaffen-Schutz-
forschung nur in begründeten Ausnahmefällen gelten darf. Die reine Erklä-
rung einer defensiven Absicht darf nicht als Persilschein für jegliche Art der
Biowaffen-Forschung ausreichen.

Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode – 3 – Drucksache 14/8698

c) Das zivilgesellschaftliche Monitoring voranbringen
Angesichts der gegenwärtigen Verhandlungsblockade der Vertragsstaaten fällt
der Zivilgesellschaft künftig eine wichtige Rolle zu. Rüstungskontrolle von
innen und Transparenz nach außen sind zwei Felder, in denen zivilgesellschaft-
liche Institutionen eine sinnvolle Rolle spielen können und müssen. In anderen
Bereichen der Rüstungskontrolle, zum Beispiel bei den Landminen, ist ein
zivilgesellschaftlicher Beitrag mittlerweile fest etabliert. Die Bundesregierung
ist aufgefordert, ihr Interesse an einer biologischen Rüstungskontrolle, an inter-
nationaler Transparenz und Kooperation auch dadurch zu dokumentieren, dass
sie schnellstmöglich Mittel für den Aufbau eines zivilgesellschaftlichen „Bio-
waffen-Monitors“ bereitstellt.
So ist daran zu denken, eine zivile Informations- und Forschungsstelle über bio-
logische Waffen einzurichten, die im Rahmen von Institutionen, die bereits mit
der Technikfolgenabschätzung der modernen biomedizinischen Techniken be-
fasst sind, angesiedelt werden sollte.

Berlin, den 22. März 2002
Petra Bläss
Wolfgang Gehrcke
Uwe Hiksch
Carsten Hübner
Heidi Lippmann
Dr. Winfried Wolf
Roland Claus und Fraktion

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