BT-Drucksache 14/8656

Effiziente Strukturen für einen effizienten Verbraucherschutz

Vom 20. März 2002


Deutscher Bundestag Drucksache 14/8656
14. Wahlperiode 20. 03. 2002

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marita Sehn, Ulrich Heinrich, Gudrun Kopp, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth),
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Joachim Günther (Plauen),
Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Dr. Helmut Haussmann, Walter Hirche,
Birgit Homburger, Dr. Werner Hoyer, Dr. Heinrich L. Kolb, Jürgen Koppelin,
Ina Lenke, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting, Detlef Parr, Cornelia Pieper,
Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Gerhard Schüßler, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Dr. Hermann Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Jürgen Türk, Dr. Wolfgang
Gerhardt und der Fraktion FDP

Effiziente Strukturen für einen effizienten Verbraucherschutz

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung für die Neuorganisation des gesund-
heitlichen Verbraucherschutzes ist den Verbänden zugestellt worden und wird
dort heftig kritisiert. So wird zum Beispiel bemängelt, dass die vorgesehene
Behördenstruktur bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln mit vier Einver-
nehmensbehörden nicht praktikabel ist. Ebenso soll das bewährte System für die
Zulassung von Tierarzneimitteln zerschlagen und durch ein System mit mehre-
ren Einvernehmensbehörden ersetzt werden. Es entsteht damit der Eindruck,
dass der Gesetzentwurf der Bundesregierung zu mehr Bürokratie, aber nicht un-
bedingt zu mehr Verbraucherschutz führt. Auch bei den beteiligten Behörden
stößt der Entwurf der Bundesregierung auf Kritik. So kritisierenWissenschaftler
des Bundesamtes für Veterinärmedizin und gesundheitlichen Verbraucherschutz
(BgVV) die erhebliche Diskrepanz zwischen den in dem von Wedel-Gutachten
erhobenen Forderungen und dem Gesetzentwurf des Bundesministeriums für
Verbraucherschutz, Ernährung und Landwirtschaft (BMVEL).

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Sieht die Bundesregierung einen Widerspruch zwischen der Einbindung der

„Wissenschaftlichen Stelle“ in die Verwaltung, z. B. als Einvernehmens-
behörde bei Produktzulassungsverfahren, und der im von Wedel-Gutachten
erhobenen Forderung, dass die „Wissenschaftliche Stelle“ nicht in die for-
malen Entscheidungsabläufe der Verwaltung eingebunden sein darf?

2. Wie beurteilt die Bundesregierung den Einwand, dass die vorgesehene Be-
hördenstruktur, z. B. bei der Zulassung von Pflanzenschutzmitteln, der im
Von-Wedel-Gutachten erhobenen Forderung nach „einer zweckmäßigen
Bündelung der Aufgaben“ widerspricht?

3. Wie beurteilt die Bundesregierung die Befürchtung, dass ein Zulassungsver-
fahren wie z. B. beim Pflanzenschutz mit vier Einvernehmensbehörden zu
Kompetenzstreitigkeiten zwischen den Behörden und damit zu mehr Büro-
kratie aber nicht zu mehr Umwelt- bzw. Verbraucherschutz führt?

Drucksache 14/8656 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
4. Wie ist nach Ansicht der Bundesregierung die Ausdehnung der Produktzu-
lassungsverfahren auf mehrere Behörden mit der Forderung nach einem
„schlanken Staat“ und klaren Zuständigkeiten vereinbar?

5. Erwartet die Bundesregierung durch die neu geschaffene Einvernehmens-
Regelung für die vier bei der Zulassung z. B. von Pflanzenschutzmitteln
beteiligten Behörden Verzögerungen?

6. In welcher Form hat die Bundesregierung sichergestellt, dass die Einverneh-
mens-Regelung nicht als Blockadeinstrument missbraucht werden kann?

7. Mit welcher Zahl an neu einzurichtenden Stellen rechnet die Bundesregie-
rung insgesamt im Rahmen der Neuorganisation des gesundheitlichen Ver-
braucherschutzes?

8. Ist nach Ansicht der Bundesregierung mit der vorgesehenen Behörden-
struktur in den Produktzulassungsverfahren wie z. B. im Pflanzenschutz
mit einer Verlängerung der Dauer des Zulassungsverfahrens bzw. mit höhe-
ren Zulassungskosten zu rechnen?

9. Sieht die Bundesregierung in der Integration des neu zu schaffenden „Bun-
desinstitutes für Risikobewertung“ in den Senat der Bundesforschungsan-
stalten eine Gefährdung für schnelle und unabhängige Stellungnahmen?

10. Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt, dass sich die „Neu-
organisation des Verbraucherschutzes“ auch nach dem derzeitigen Stand
weitestgehend auf den Lebensmittelbereich beschränkt?

11. Inwieweit entspricht die von der Bundesregierung vorgesehene Aufgaben-
verteilung im Verbraucherschutz den administrativen Strukturen auf euro-
päischer Ebene und in den verschiedenen Mitgliedstaaten der EU?

12. Wie bewertet die Bundesregierung die These, dass eine Neustrukturierung
des gesundheitlichen Verbraucherschutzes mit einem Schwerpunkt auf na-
tionalen Zuständigkeiten der Behörden den aktuellen Entwicklungen in der
EU, wie z. B. im Tierarzneimittelbereich bei der Festlegung von Rück-
standshöchstmengen, nicht mehr gerecht wird?

13. Welche Defizite bei der Zulassung von Tierarzneimitteln haben die
Bundesregierung zu den vorliegenden Reformen veranlasst?

14. Erwartet die Bundesregierung durch die Zerschlagung des bisher einheit-
lichen Zulassungsbereiches in einer Bundesbehörde negative Auswirkun-
gen auf die Beteiligung der Bundesrepublik Deutschland an den europäi-
schen Zulassungsentscheidungen im Tierarzneimittelbereich?

15. Strebt die Bundesregierung eine einheitliche europäische Zulassung im Be-
reich der Pflanzenschutzmittel an?
Wenn ja, was hat sie zu deren Realisierung bereits unternommen und wie
soll die mögliche Zusammenarbeit zwischen einer europäischen und den
nationalen Behörden ausgestaltet werden?

16. Welche Gründe sprechen nach Ansicht der Bundesregierung gegen den
Ausbau der im von Wedel-Gutachten vorgeschlagenen „Wissenschaft-
lichen Stelle“ zu einem unabhängig arbeitenden Kompetenzzentrum, das
übergeordnete Fragestellungen bearbeitet?

Berlin, den 19. März 2002
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.