BT-Drucksache 14/7786

Ausgleich für die nukleare Entsorgungsstandorte Gorleben und Salzgitter (Schacht Konrad) in Niedersachsen und Morsleben in Sachsen-Anhalt

Vom 11. Dezember 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7786
14. Wahlperiode 11. 12. 2001

Antrag
der Abgeordneten Kurt-Dieter Grill, Jochen-Konrad Fromme, Reinhard Freiherr
von Schorlemer, Sylvia Bonitz, Manfred Carstens (Emstek), Dr. Hans Georg Faust,
Carl-Detlev Freiherr von Hammerstein, Klaus-Jürgen Hedrich, Dr. Karl-Heinz
Hornhues, Dr.-Ing. Dietmar Kansy, Eckart von Klaeden, Eva-Maria Kors, Thomas
Kossendey, Dr. Martina Krogmann, Dr. Hermann Kues, Walter Link (Diepholz),
Erich Maaß (Wilhelmshaven), Bernd Neumann (Bremen), Dr. Friedbert Pflüger,
Marlies Pretzlaff, Heinrich-Wilhelm Ronsöhr, Dr. Erika Schuchardt, Dr. Rudolf
Seiters, Werner Siemann, Dr. Rita Süssmuth, Monika Brudlewsky, Hartmut Büttner
(Schönebeck), Peter Letzgus, Dr. Manfred Lischewski, Dr. Peter Paziorek, Clemens
Schwalbe, Margarete Späte, Cajus Caesar, Marie-Luise Dött, Georg Girisch,
Helmut Lamp, Dr. Paul Laufs, Vera Lengsfeld, Bernward Müller (Jena), Franz
Obermeier, Christa Reichard (Dresden), Hans-Peter Repnik, Dr. Christian Ruck,
Hans Peter Schmitz (Baesweiler), Werner Wittlich und der Fraktion der CDU/CSU

Ausgleich für die nuklearen Entsorgungsstandorte Gorleben und Salzgitter
(Schacht Konrad) in Niedersachsen und Morsleben in Sachsen-Anhalt

Der Bundestag wolle beschließen:

I. Der Deutsche Bundestag stellt fest:
Aufgrund der einstimmigen Beschlüsse des Bundes und der Länder von 1979,
1981 und 1990 hat das Land Niedersachsen Standorte für Entsorgungsanlagen
für nukleare Abfälle zur Verfügung gestellt. Die Folge dieses von SPD/FDP
und CDU/CSU getragenen Entsorgungskonsenses sind:
– in Salzgitter das geplante und nach Auffassung des Bundesamtes für Strah-

lenschutz genehmigungsfähige Endlager „Schacht Konrad“,
– in Gorleben die Errichtung der Pilotkonditionierungsanlage, das Zwischen-

lager für abgebrannte Brennelemente und die HAW-Abfälle aus den Wieder-
aufarbeitungsanlagen in Frankreich und England sowie das Erkundungs-
bergwerk im Salzstock Gorleben,

– nach der Wiedervereinigung wurde das Endlager Morsleben genutzt.
Von Anfang an hat der Bund dem Land Niedersachsen und den Standortregio-
nen einen Lastenausgleich gezahlt, der insbesondere im kommunalen Bereich
besondere finanzielle Lasten abgefedert hat. Die bis 1996 gültigen Verträge und
Abmachungen sind nicht verlängert worden, weil seit 1991 die rot-grüne Mehr-
heit im Kreistag Lüchow-Dannenberg Verhandlungen strikt abgelehnt hat. Der
niedersächsische Ministerpräsident hat das bereits damals als falsch angesehen.
Seit zwei Jahren hat nun der Kreistag Lüchow-Dannenberg einmütig einen Ent-
wicklungsfonds von Bund und Land gefordert. Die Bundesregierung hat bisher

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z. B. mit der Antwort auf die Kleine Anfrage der CDU/CSU-Bundestagsfrak-
tion (Drucksache 14/5504) eine besondere Belastung verneint und einen finan-
ziellen Beitrag abgelehnt. Der Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und
Reaktorsicherheit hat bei seinem jüngsten Besuch in Gorleben erkennen lassen,
dass er bereit sei, sich für eine finanzielle Unterstützung einzusetzen. Dies gilt
wohl nunmehr auch für die niedersächsische Landesregierung.
Ein Lastenausgleich begründet sich insofern aus folgenden Tatsachen:
– Die Anlagen zur Entsorgung von Nuklearabfällen aus Energieerzeugung,

medizinischer Anwendung, Industrie- und Forschung stehen am Ende einer
Wertschöpfungskette. Ihr Betrieb stellt die gleichen oder höhere Anforde-
rungen an die Infrastruktur wie eine andere Produktionsstätte. Entsorgungs-
anlagen unterscheiden sich jedoch dadurch von auf regelmäßige Gewinn-
erzielung abgestellten Produktionsstätten, dass hier nach Beendigung der
wirtschaftlichen Nutzung kein Interesse an einer Wertschöpfung mehr be-
steht.

– Öffentlich-rechtliche Entsorgungseinrichtungen dürfen keine Gewinne er-
wirtschaften. Auch wenn entsprechend dem Verursacherprinzip jetzt zuneh-
mend den Herstellern die Beseitigungspflicht für die Abfälle ihrer Produkte
auferlegt wird, handelt es sich doch um einen wenig attraktiven Prozess am
Ende der Gebrauchs- und Verwertungsfähigkeit eines Wirtschaftsgutes.

– Auch bei der privatwirtschaftlichen Wahrnehmung wird regelmäßig kein
Gewinn erzielt. Allein die Rechtsform der öffentlich-rechtlichen Träger-
schaft und die damit verbundene Gemeinnützigkeit führen dazu, dass keine
Steuern entstehen. Selbst wenn es sich um voll wirtschaftende privatrecht-
liche Rechtsformen wie GmbH oder Aktiengesellschaften handelt, fallen
regelmäßig keine Gewinne an, weil diese Betriebe kostendeckend arbeiten
oder sogar Verluste erwirtschaften. Nach Abschaffung der Gewerbekapital-
steuer werden von solchen Einrichtungen faktisch keine Steuern mehr be-
zahlt.

– Die Standortgemeinden haben aber für diese, für die Gesellschaft notwendi-
gen Einrichtungen erhebliche Infrastrukturaufwendungen zu tragen und
nicht selten auch einen großen Imageverlust zu erleiden. Der dafür notwen-
dige Ausgleich an Steuern fehlt, weil durch die Abläufe und die Stellung am
Ende der Wertschöpfungskette, nämlich nach der eigentlichen wirtschaft-
lichen Verwertung der Güter, keine Gewinne mehr anfallen, die zu Abgaben
führen. Diese Nachteile werden auch nicht annähernd durch die Arbeits-
plätze, die durch solche Einrichtungen entstehen, ausgeglichen.

– Da die Erzeugung von Energie aber ebenso wie deren Verbrauch eine ge-
samtgesellschaftliche Dimension hat, sind die Folgen auf alle Beteiligten
umzulegen. Deshalb ist ein besonderer Ausgleichsfaktor für die Entsor-
gungsstandorte Gorleben und Salzgitter gerechtfertigt.

II. Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung auf,
unverzüglich auf der Basis der Vereinbarung von 1990 bis 1996 mit den Län-
dern Niedersachsen und Sachsen-Anhalt und den Vertretern der Standorte Ver-
handlungen über einen Lastenausgleich aufzunehmen und sie bis zum 31. März
2002 erfolgreich abzuschließen.

Berlin, den 11. Oktober 2001
Friedrich Merz, Michael Glos und Fraktion

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