BT-Drucksache 14/7504

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN sowie Bundesregierung -14/6949, 14/7154, 14/7473- Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Leistung bei häuslicher Pflege von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf (Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz-PflEG)

Vom 14. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7504
14. Wahlperiode 14. 11. 2001

Entschließungsantrag
der Abgeordneten Detlef Parr, Dr. Dieter Thomae, Dr. Irmgard Schwaetzer,
Ina Albowitz, Hildebrecht Braun (Augsburg), Rainer Brüderle, Ernst Burgbacher,
Jörg van Essen, Ulrike Flach, Paul K. Friedhoff, Horst Friedrich (Bayreuth),
Rainer Funke, Hans-Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt,
Walter Hirche, Dr. Werner Hoyer, Ulrich Irmer, Dr. Heinrich L. Kolb, Ina Lenke,
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Dirk Niebel, Günther Friedrich Nolting,
Cornelia Pieper, Dr. Edzard Schmidt-Jortzig, Marita Sehn, Dr. HermannOtto Solms,
Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

zu der dritten Beratung des Gesetzentwurfs der Fraktionen SPD und BÜNDNIS 90/
DIE GRÜNEN sowie Bundesregierung
– Drucksachen 14/6949, 14/7154, 14/7473 –

Entwurf eines Gesetzes zur Ergänzung der Leistungen bei häuslicher Pflege
von Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinen Betreuungsbedarf
(Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz – PflEG)

Der Bundestag wolle beschließen:
Der Gesetzentwurf der Bundesregierung greift ein wichtiges Thema auf, das
zunehmend an Bedeutung gewinnt. Die Zahl der Demenzkranken wird in den
nächsten Jahren deutlich steigen. Um so wichtiger ist es, die Versorgung und
Betreuung dieser Menschen zu optimieren und Hilfen für die Angehörigen zu
schaffen, dass sie die Betreuung zu Hause so lange wie möglich sicherstellen
können.
Einige der Ansätze des Gesetzentwurfs sind geeignet, zu einer Verbesserung
der Situation beizutragen, so z. B. der Versuch, mehr qualifizierte ehrenamt-
liche Helfer zu gewinnen, die dazu beitragen können, die Situation in den Fami-
lien zu entspannen. Auch die finanzielle Unterstützung von Projekten, die neue
Versorgungsformen für Demenzkranke erproben, ist zu begrüßen. Das gleiche
gilt vom Grundsatz her für die finanzielle Unterstützung der ambulanten Hos-
pizarbeit. Andere Schritte sind hingegen von einem viel zu großen Misstrauen
gegenüber den Pflegenden geprägt. Statt den pflegenden Angehörigen finanzi-
elle Hilfe mit der Auflage zur Verfügung zu stellen, dass sie qualitätsgesicherte
Betreuungsleistungen in Anspruch nehmen, wäre es sinnvoller, ihnen die Ent-
scheidung frei zu überlassen, welche Unterstützung in ihrer Situation am besten
weiter hilft. Das kann z. B. auch ein Geldbetrag für den Nachbarn/die Nach-
barin sein, der/die bereit ist, für ein paar Stunden auf den gerontopsychiatrisch
Erkrankten aufzupassen. Wir müssen denjenigen, die die Betreuung sicherstel-
len, viel mehr Flexibilität ermöglichen. Die Angst, dass das Geld für andere

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Dinge ausgegeben wird, ist nicht gerechtfertigt. Nur diejenigen sind bereit, die
ungeheuer schwere Aufgabe der Betreuung eines Demenzkranken zu überneh-
men, die per se über eine hohe soziale Kompetenz verfügen.
Der Kernfehler des Gesetzentwurfs liegt jedoch darin, dass die Bundesregierung
die Chance nicht genutzt hat, die Problematik der Pflegeversicherung in diesem
Zusammenhang grundsätzlich anzugehen. Sie greift statt dessen auf die zur Zeit
noch vorhandenen finanziellen Reserven zurück, um die von ihr vorgeschlage-
nen Verbesserungen zu finanzieren, wohl wissend, dass diese Reserven in abseh-
barer Zeit aufgebraucht sein werden. Das gilt insbesondere auch vor dem Hinter-
grund, dass die Pflegesätze seit Inkrafttreten des Pflegeversicherungsgesetzes
zum … nicht angepasst worden sind, der Druck aufgrund steigender Kosten
dementsprechend zunimmt, eine Erhöhung vorzusehen. Anderenfalls werden
den Pflegebedürftigen auf kaltem Wege, ohne das deutlich zu sagen, zusätzliche
Lasten aufgebürdet, die in einer zunehmenden Zahl von Fällen dazu führt, dass
Menschen wiederum auf die Sozialhilfe angewiesen sind. In der Rentenversiche-
rung hat man, wenn auch unvollkommen, begonnen, der Tatsache Rechnung zu
tragen, dass ein zunehmender Anteil älterer Menschen an der Bevölkerung in
umlagefinanzierten sozialen Sicherungssystemen ein Umdenken notwendig
macht. Genauso wichtig, wenn nicht noch viel wichtiger, ist das in der Pflegever-
sicherung. Deutlich gemacht werden muss, dass es sich bei der Pflegeversiche-
rung um eine Teilkostenversicherung handelt. Dies muss in den Köpfen der
Menschen fest verankert werden. Wenn aber die Pflegeversicherung nur eine
Teilkostenversicherung ist, dann muss auch klar und deutlich zum Ausdruck
kommen, was genau die Solidargemeinschaft finanziert und was der Einzelne zu
tragen hat. Es kann nicht angehen, durch eine Nichtanpassung von Pflegesätzen
ein Ausschleichen anzustreben. Ergänzend zu der umlagefinanzierten gesetzli-
chen Pflegeversicherung ist der Aufbau einer privaten Absicherung dringend er-
forderlich, die durch steuerliche Anreize begünstigt werden muss.

Der Deutsche Bundestag fordert die Bundesregierung deshalb auf,
bis Juli 2002 zu prüfen,
– ob es Wirtschaftlichkeitsreserven im Bereich der Pflege gibt und wie diese

ggf. nutzbar gemacht werden können,
– wie die Abgrenzung zwischen den diversen Kostenträgern im Rahmen der

Pflege so verbessert werden kann, dass eine für die Versorgung der Pflege-
bedürftigen optimale Lösung gefunden wird,

– welchen Umfang die gesetzliche Pflegeversicherung im Hinblick auf die
demografische Entwicklung haben soll,

– welchen Maßnahmen zum Aufbau einer kapitalgedeckten Säule der privaten
Vorsorge für das Pflegerisiko denkbar sind und welcher Finanzrahmen hier-
für erforderlich wäre,

– welche Anreize zur privaten Vorsorge, insbesondere steuerliche Vergünsti-
gungen, gesetzt werden können,

– inwiefern eine Imagekampagne dazu beitragen kann, die Situation in der
Pflege zu verbessern und

– wie die Haushaltsmittel für Zuschüsse zur Erprobung von alternativen Pfle-
gekonzepten insbesondere für Demenzkranke aufgebracht werden können.

Berlin, den 14. November 2001
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

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