BT-Drucksache 14/7400

Stärkung der Lebensmittelüberwachung durch Nurzung privatwirtschaftlicher Kapazitäten

Vom 7. November 2001


Deutscher Bundestag Drucksache 14/7400
14. Wahlperiode 07. 11. 2001

Kleine Anfrage
der Abgeordneten Marita Sehn, Gudrun Kopp, Ulrich Heinrich, Rainer Brüderle,
Ernst Burgbacher, Jörg van Essen, Ulrike Flach, Horst Friedrich (Bayreuth), Hans-
Michael Goldmann, Dr. Karlheinz Guttmacher, Klaus Haupt, Walter Hirche, Birgit
Homburger, Dr. Werner Hoyer, Jürgen Koppelin, Dirk Niebel, Günther Friedrich
Nolting, Hans-Joachim Otto (Frankfurt), Detlef Parr, Cornelia Pieper, Dr. Hermann
Otto Solms, Carl-Ludwig Thiele, Dr. Wolfgang Gerhardt und der Fraktion der FDP

Stärkung der Lebensmittelüberwachung durch Nutzung privatwirtschaftlicher
Kapazitäten

Die Präsidentin des Bundesrechnungshofs, Dr. Hedda von Wedel, fordert in ih-
rem Gutachten „Organisation des gesundheitlichen Verbraucherschutzes“ eine
drastische Erhöhung der Kontrolldichte in der Lebensmittelüberwachung, um
eine präventive Wirkung zu erzielen. Berichte in den Medien belegen, dass die
Kontrollbehörden schon heute nicht in der Lage sind, die notwendigen Unter-
suchungen in einem entsprechenden Umfang durchzuführen. Private Kapazitä-
ten könnten hier sinnvoll ergänzend eingesetzt werden. Durch entsprechend ge-
staltete Ausschreibungen lassen sich denkbare Interessenskonflikte umgehen.
Auch der in dem Gutachten geforderte „rotierende Personaleinsatz“ zur Ver-
meidung des „Man-kennt-sich-Effektes“ bei der Kontrolle von Betrieben ließe
sich bei der Einbeziehung privater Kapazitäten leichter vermeiden. Durch eine
entsprechende Auftragsvergabe könnte außerdem sichergestellt werden, dass
die staatliche Lebensmittelüberwachung dauerhaft dem Stand der Technik fol-
gen kann. Dieses lässt sich in einem staatlichen Kontrollsystem nur über einen
erheblichen Einsatz an finanziellen Mitteln sicherstellen, da diese Ressourcen
kaum betriebswirtschaftlich sinnvoll ausgelastet und betrieben werden können.
Die in dem von-Wedel-Gutachten aufgestellten Forderungen nach einer Erhö-
hung der Lebensmittelkontrollen lassen sich, insbesondere in Anbetracht der
Haushaltslage der öffentlichen Kassen, nur realisieren, wenn privatwirtschaftli-
che Ressourcen in sinnvoller Weise ergänzend eingesetzt werden. Der Präsi-
dent des Deutschen Sachverständigentages, Michael Staudt, hat in einem
Schreiben an die Bundesministerin für Verbraucherschutz, Ernährung und
Landwirtschaft, Renate Künast, die Öffnung der amtlichen Lebensmittelkont-
rolle auch für freiberufliche Lebensmittelsachverständige gefordert. Freiberuf-
liche Lebensmittelsachverständige könnten das bestehende System entlasten
und damit zu einer höheren Lebensmittelsicherheit beitragen.

Wir fragen die Bundesregierung:
1. Wie beurteilt die Bundesregierung den Stand der amtlichen Lebensmittel-

kontrolle auf Bundes- und Länderebene?

Drucksache 14/7400 – 2 – Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
2. Sind die Lebensmittelbehörden nach Ansicht der Bundesregierung finan-
ziell und personell darauf vorbereitet, neue Aufgaben, wie z. B. die Über-
prüfung der Dioxin-Höchstmengenregelung, zu übernehmen?

3. Welche Möglichkeiten sieht die Bundesregierung, privatwirtschaftliche
Kompetenz im Bereich der Lebensmittelüberwachung verstärkt zu nutzen?

4. Lassen die gesetzlichen Grundlagen eine verstärkte Einbeziehung der in
der Wirtschaft und besonders in den Freien Berufen vorhandenen Kapazi-
täten sowie des Sachverstandes zu?

5. Inwieweit sind bereits heute freiberufliche Lebensmittelsachverständige in
die amtliche Lebensmittelkontrolle mit einbezogen und welche Erfahrun-
gen liegen der Bundesregierung dazu vor?

6. Wenn ja, trifft es zu, dass diese dabei auch hoheitliche Aufgaben wahr-
nehmen?

7. Verfügt die Bundesregierung über Informationen bezüglich der Kosten
einer Lebensmitteluntersuchung im staatlichen und im privatwirtschaft-
lichen Bereich?

8. Ist die Bundesregierung der Auffassung, dass die Zahl der amtlichen
Lebensmittelkontrolleure ausreicht, um ein hohes Niveau des Verbraucher-
schutzes zu gewährleisten?

9. Wenn nein, welche Maßnahmen plant die Bundesregierung, um die Zahl
der Lebensmittelkontrolleure zu erhöhen?

10. Hält die Bundesregierung es für möglich, durch gesetzliche Bestimmungen
bzw. vertragliche Vereinbarungen im Falle einer Privatisierung der Lebens-
mittelüberwachung, auch auf privatwirtschaftlicher Ebene eine Unabhän-
gigkeit der Eigenkontrolle der Firmen und der amtlichen Kontrolle zu rea-
lisieren?

11. Was müsste nach Meinung der Bundesregierung getan werden, um die
Lebensmittelüberwachung so zu stärken, dass sie sowohl in personeller als
auch in materieller Hinsicht dauerhaft in die Lage versetzt wird, ihre Auf-
gaben umfassend wahrzunehmen?

12. Wie beurteilt die Bundesregierung die Möglichkeit, die amtliche Lebens-
mittelüberwachung durch ein privatwirtschaftlich organisiertes Qualitäts-
management sowie eine entsprechende Zertifizierung zu entlasten?

13. Sieht die Bundesregierung einen signifikanten Unterschied in der Kompe-
tenz sowie in der Qualität der geleisteten Arbeit zwischen privaten Lebens-
mittelsachverständigen sowie amtlichen Lebensmittelkontrolleuren?

14. Wie beurteilt die Bundesregierung die Chancen, dass die amtliche Lebens-
mitteluntersuchung mit den Entwicklungen auf dem Gebiet der Labor- und
Analysetechnik schritthalten kann und damit auch neuen Herausforderun-
gen gewachsen ist?

15. Wie beurteilt die Bundesregierung den Sachverhalt, dass staatliche Labora-
torien die z. B. in der Lebensmittelüberwachung tätig sind, zunehmend
auch Aufträge aus der Privatwirtschaft annehmen?

16. Inwieweit können Zertifizierungssysteme, wie z. B. das kürzlich vorge-
stellte Gütesiegel für die Fleischproduktion, einen Beitrag zu einer Ent-
lastung der amtlichen Lebensmittelüberwachung leisten?

Berlin, den 6. November 2001
Dr. Wolfgang Gerhardt und Fraktion

x

Schnellsuche

Suchen Sie z.B.: "13 BGB" oder "I ZR 228/19". Die Suche ist auf schnelles Navigieren optimiert. Erstes Ergebnis mit Enter aufrufen.
Für die Volltextsuche in Urteilen klicken Sie bitte hier.